dings noch ein anderes, ein deutsches Stück böhmischer Erde das Recht mindestens dasselbe gute Recht wie das Layener Ried im Eisackthale - um die Ehre zu streiten, Walthers Geburtsort genannt zu werden. hat II. Das Durer Stadtbuch von 1389. Stadtrath Franz X. Reidl in Dur, ein eifriger und kundiger Freund der vaterländischen Geschichte, veröffentlichte im Jahre 1875 unter dem Titel „Beitrag zur Geschichte von Dur" eine Uebersicht der äußeren und inneren Entwicklung dieser Stadt, welche Schrift im Jahre 1886 unter dem gleichen Titel in zweiter, vermehrter Auflage erschien. Die neue Auflage war namentlich darum von großem Werthe, weil sie zum überwiegenden Theil aus den urkundlichen Nachrichten einer bisher unbekannten, höchst verläßlichen Quelle geschöpft war, einem von Herrn Reidl im Duxer Rathhause entdeckten „Gerichtsbuche“, das bis zum Jahre 1389 zurückreicht und, nach Art solcher Bücher, eine Fülle der gediegensten historischen Details enthält. Seit einem Menschenalter mit der Erforschung der Geschichte des nördlichen Böhmen, insbesondere meiner engeren und engsten Heimat, des Thals von Töplig, eifrigst beschäftigt, erkannte ich, wie begreiflich, sofort die hohe Bedeutung der hiemit erschlossenen Fundgrube. Anderweitige Berufsgeschäfte ließen mich leider lange Zeit nicht dazu kommen, in das fragliche Buch unmittelbar Einblick zu nehmen. Die Mittheilung, dasselbe enthalte zu den Jahren 1390 und 1396 die Namen,,Pezold Vogelweid" und Walter von der Vogelweide", wurde alsbald anderweitig aufgegriffen. Dr. R. Wolkan, als deutsch-böhmischer Literarhistoriker rühmlich bekannt, reproducirte in der „Germania“1) die betreffenden Notizen Reidls, und der Herausgeber versäumte nicht, die ausdrückliche Bemerkung beizufügen: Dadurch erhält die Nachricht eines Meistergesanges, wodurch Walther ,ein landherr in Böhmen gewesen, eine gewisse urkundliche Beglaubigung." Inzwischen war es mir vergönnt, der Sache näher zu treten. Vor Jahresfrist wurde mir durch besondere Gefälligkeit des Bürgermeisters und Landtagsabgeordneten Herrn Johann Franzl in Dur jenes „Gerichtsbuch“ im Originale zur Verfügung gestellt, so daß ich dessen Inhalt mit aller Muße zu prüfen und zu nügen vermochte. Es scheint mir nothwendig, dasselbe hier des Näheren zu besprechen. 1) Germania, herausgeg. von C. Bartsch, Bd. XXXI (1886), S. 431. "I Dieses Gerichtsbuch", richtiger: „Stadtbuch", wie es sich wiederholt selbst nennt, ist ein Foliant von 350 paginirten und mehreren später zugehefteten, unpaginirten Blättern starken Papiers und umfaßt die Jahre 1389 bis 1739. Der jeßige Einband mit Lederrücken stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Spuren einer ursprünglichen Foliirung (bis Blatt 62) zeigen, indem sie mit Blatt 3 beginnt, daß nunmehr die früheren beiden ersten Blätter des Textes fehlen. Beim späteren (wohl wiederholten) Einbinden des Buches hat dasselbe durch Beschneiden, sowie durch ungeschicktes Ueberkleben schadhafter Stellen hie und da, jedoch nicht übermäßig, gelitten. Das erste, ursprüngliche Vorsagblatt (unpaginirt) zeigt auf der ersten Seite in den Zügen des 15. Jahrhunderts einen Vermerk „zcu gedachtnuß der Burger, waß gerechtikeyt ist von Stadtbuch." Die zweite Seite eben dieses Blattes enthält die Anfänge eines Inhaltsverzeichnisses, das jedoch über den Inhalt des 9. Blattes nicht hinausreicht. Das zweite, gleichfalls ursprüngliche (unpaginirte) Vorsagblatt ist mit zwei Urkunden des 17. Jahrhunderts beschrieben. Auf dem folgenden, jezt ersten wie bemerkt, ehemals dritten― (paginirten) Blatte beginnen die eigentlichen stadtbücherlichen Eintragungen, zunächst undatirt, da eben die mit dem betreffenden Datum versehen gewesenen früheren Blätter gegenwärtig fehlen; sie gehören ohne Zweifel in das Jahr 1389. Schon nach drei kürzeren Notizen dieses Jahres folgt, auf derselben Seite, die erste datirte Urkunde, welche anhebt: „Anno domini Mo. CCCo. LXXXXo. Judicium actum proxima feria iiija. post Epiphanie (12. Januar)." Weiteres davon folgt an späterer Stelle. Fünfmal wird im Jahre 1390 „Judicium“ oder „ding" gehalten. Bis 1425 läßt sich nach dieser Richtung eine gewisse Regelmäßigkeit constatiren. Doch schon im Jahre 1421 fand nur ein einziges „ding" statt, Mittwoch nach der Octave Epiphanie (15. Januar); ebenso 1422 (Mittwoch nach Michaelis = 30. September) und 1423 (ohne Angabe des Tages). Im Jahre 1424 trat das Gericht viermal zusammen; fünfmal wieder tagte es 1425. Dann brechen die Eintragungen (S. 123) plöglich ab. Ein leerer Raum wird später durch eine erbrechtliche Bestimmung ausgefüllt, worauf (S. 124) die neuen Eintragungen, u. zw. mit dem Jahre 1436, somit nach zehnjähriger Unterbrechung, beginnen. Es heißt: „Anno Domini Mo. CCCCo. XXXVJo. Ist eyne wilkur geschen von arm vnd rych vnd vor geheketer banc, daz dis buch sal craft vnd macht haben, alzo is vor ye gehad had. Feria quarta post Epiphanie locati sunt consules: Paulus ygel Judex | Brunasko magister ciuium | hanns Melczer | lunako | Cwaro | Nickel Nuwen- Im Jahre 1426 wurde, wie aus der Landesgeschichte bekannt, die Stadt Dur, die schon fünf Jahre zuvor von husitischen Banden heimgesucht und seit dieser Zeit fast ununterbrochen schwer bedrängt worden war, von Prokop dem Kahlen eingenommen und zerstört. Die Zerstörung muß eine gründliche gewesen sein, daß sich die Stadt nach einem Decennium kaum wieder erholen konnte. Es fehlt im Stadtbuche eine Eintragung vom Jahre 1437. Dagegen findet 1438 das regelmäßige „ding" statt. Wieder im Jahre 1439 wird kein Gericht gehalten, wohl aber 1440, 1441 und 1442; im folgenden Jahre abermals keines, wohl aber 1444, während von 1445 bis einschließlich 1448 das Gericht neuerlich ruht. Erst mit dem Jahre 1452 kommt wieder bessere Ordnung in das Buch, die allerdings nicht mit der peinlichen Genauigkeit der älteren Jahre verglichen werden darf. Der Krieg, der furchtbare Husitenkrieg, war für das übrige Böhmen seit 1434, seit der Schlacht bei Lipan, so viel wie beendet: im nordwestlichen Böhmen dauerte er fort mit ungeschwächter Kraft bis 1459 - durch volle vierzig Jahre. Wie durch ein Wunder hat sich in allen Drangsalen und Verheerungen, die in Folge dessen unvermeidlich waren, unser Stadtbuch beinahe unversehrt erhalten: abgesehen von wenigen lateinischen Brocken, nicht nur von Anfang an, sondern auch nach dem Husitenkriege bis zum Schlusse durchaus deutsch geführt. Der Werth des Buches erhöht sich durch die beachtenswerthe Thatsache, daß es auf der ganzen, meilenweiten Strecke Landes von Aufsig bis Brüx, etwa ein paar Urkunden des Stiftes Offegg ausgenommen, die gerettet werden konnten, das einzige Schriftdenkmal darstellt, das hier aus vorhusitischer Zeit bewahrt wurde; außer diesem Buche hat jener Krieg in der bezeichneten Gegend auch nicht ein Blatt Papier oder Pergament verschont. Während eines mehr als dreißigjährigen Suchens und Forschens war daselbst ein ähnliches Originaldocument nicht aufzufinden. Das Bild, das dieses Buch in seinen Eintragungen von unserer Stadt am Ausgange des vierzehnten Jahrhunderts entwirft, ist ein im Ganzen überaus ansprechendes, in vielen Stücken höchst eigenthümliches. Ein ziemlich volkreiches, mit Privilegien wohlversehenes, kerndeutsches Gemeinwesen, erkennt die Stadt als ihre unmittelbare Obrigkeit die Herren von Riesenburg. Auf sie weist zunächst folgende Stelle des Stadtbuches vom Jahre 1390:1) Item Is was also vorekomen, das plichte Camermålner sich der gemeyne vnderwunden hatte. do wart her von der gemeyne obirwunden vnd moste das vmbillich (?) abelegen Herrn Borssen hauptman Otten von Brudan; vnd was die gemeyne Irkenne, das czu der gemeyne gehörte, das sal her Ir abetreten an alle wedirrede. das ist noch nicht geschen." Das einst sehr reiche Erbe der Herren von Riesenburg war nach dem Tode Slawkos (V.) an dessen Söhne Borso den Aelteren und Borso den Jüngeren übergegangen, 2) von denen aber zur Zeit nur Ersterer großjährig gewesen zu sein scheint. Dafür spricht auch die weitere Eintragung: 3) „Item wir Scheppen bekennen, das heynerich, czu der czeit vnßers herren voyt, Bekant hot in gehegter bank, das vnßer herre her Borsse geheissen vnd geboten hot, das man die weisen der peniczen kynder des Rechten gönnen sal vnd bey der stat recht behalden; hot aber ymant czu en adir czu iren gute icht czu sprechen, der zal das mit dem rechte ansprechen." "" Im Namen Borsos d. Ae. gebietet 1392 der erber gestrenge man Vlrich von zrepnicz, czu der czeit vnßers herren voyt;" 6) zwei Jahre später der erber man peter von Gablencz, czu den geczeiten vnẞers herren voyt." 4) Er wird bereits nach abermals einem Jahre erseßt von „dem erbern manne herman von Stupnicz, czu der czeit vnßers herren voyt," der in derselben Eigenschaft auch 1396 erscheint, und zwar zugleich mit dem edelen herren herrn Borssen von Risemburg, hern Slawken son dem Jüngeren,“ 5) während in den Jahren 1397-98 als „vnßers herren voyt" ein ge= wisser „hanns“, auch „hannuschke", genannt wird.7) "" Die Herrlichkeit des ehemals mächtigen Dynastengeschlechtes der Herren von Riesenburg, deren Besizungen schon König Ottokar II. in Lehen umgewandelt hatte, war zur Zeit, von der die Rede, bereits längst 1) Stadtbuch, S. 4, ad 1390, fer. IV. ante Galli (12. October). 2) S. des Verf. Töplih. Eine deutsch-böhmische Stadtgeschichte (1886), S. 42 fg. 5) Daselbst, S. 14, ad 1394 in die Johannis ante portam lat. (6. Mai). 6) Daselbst, S. 15 und 17 fg., ad 1395 in Octaua Epiph. (13. Januar), resp. 1396 post festum pasce (5. April). 7) Ebendaselbst, S. 19–22, 1379, fer. IV. post Agnetem (24. Januar) und post festum pasce (25. April); 1398, post festum pasce (10. April). vorüber. Die Brüder Borso, obgleich wie ihre Vorfahren noch sehr frei- " Im Jahre 1410, nach dem Tode der Markgräfin Elisabeth, vollzieht sich wieder eine wichtige Umwandlung. Die Stadt Dux ist eine königliche Stadt geworden. Ihr Schöffengericht verhandelt „sub Serenissimo principe ac domino domino Wenceslao Romanorum Rege semper Augusto et Boemie Rege." Im Namen des Königs,vnßers gnädigen herren des königs wegen" gebietet vnßer hauptman her hyncze", das ist „her hyncze von kaufunge", u. zw. eilf Jahre lang. 3) " Da kam der Krieg, von dem gesprochen worden. König Wenzel war todt; König Siegmund konnte sich nicht behaupten. Vor Prag von den Husiten vollständig geschlagen, mußte er das Land räumen. Als jedoch die Empörer daran gingen, auch das nordwestliche Böhmen in ihre Gewalt zu bringen, und auch schon kommotau, Dug und andere Städte erobert hatten, wurden sie vor Brür am 5. August 1421 von Friedrich dem Streitbaren, Markgrafen von Meißen und Herzog von Sachsen, mit blutigen Köpfen zurückgewiesen, daß sie geraume Zeit sich nicht über Dur hinauswagten. Die Städte Brüx und Aussig aber übergab König Sieg 1) S. des Verf. Töplik a. a. D. Stadtbuch, S. 26: Es stirbt im Jahre 2) Ad presentationem famosi Guntheri de Boema w, capitanei de Rysen- Vergl. auch Liber VII. confirm., ed. 3) Stadtbuch, S. 68 und 76 fg. |