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aus der längern sey, der vornehmlich zu Gunsten der unter dem Einflusse von Marcellus und Athanasius kirchlich angenommenen Lehren im 4. Jahrhundert veranstaltet seyn dürfte, ist nicht nur von Rothe 2) mit so guten Gründen widerlegt wor den, dafs Baur 3), trotz seiner Polemik gegen Rothe, bekennt, die genaue und gründliche Untersuchung, welcher derselbe die Meierschen Argumente unterworfen, habe es wenigstens für ihn aufser Zweifel gesetzt, dafs die kürzere Recension den Vorzug der Originalität vor der längeren besitze, sondern auch von Arndt) in ihrer Unhaltbarkeit so offenbar nachgewiesen, dafs dieselbe für jeden unbefangenen Beurtheiler als vollkommen beseitigt betrachtet werden muss. Deshalb ist es auch nicht nöthig, die von Rothe und Arndt gegen Meier beigebrachten Beweise noch durch neue zu verstärken, wiewohl sich denselben allerdings noch manche hinzufügen liefsen). Das ist demnach aufser allem Zweifel gewifs, dafs, wenn eine der beiden Recensionen die ächte Grundlage der Ignatianischen Briese ent- ́ hält, diefs offenbar die kürzere und nicht die längere ist. Nun aber ist bekannt, dafs mehrere Gelehrte gerade jene Meinung überhaupt in Zweifel gezogen haben. Ich erwähne hier nur des Dalläus ), der es zwar nicht leugnet, dafs Ignatius

2) Die Anfänge der Christlichen Kirche und ihrer Verfassung. Ein geschichtlicher Versuch von Richard Rothe. 1. Bd. (Wittenberg 1837) S. 739 ff.

3) Ueber den Ursprung des Episcopats in der christlichen Kirche. Prüfung der neuestens, von Hrn. D. Rothe hierüber aufgestellten Ansicht. Von Prof. Dr. Baur. In der Tübinger Zeitschrift für Theologie, Jahrg. 1838. 3. Heft S. 148 f.

4) Beitrag zur Entscheidung des Streites über die Echtheit der Briefe des Ignatius von Antiochien, vom Director und Professor Arndt zu Ratzeburg. In den theol. Stud, u. Krit., Jahrg. 1839 1. Heft, S. 136 ff.

5) Ich will hier gegen Meier nur noch anführen, dafs die gewöhnlicheren Prädicate Christi in der kürzern Recension nicht fehlen. Christus wird auch hier genannt: & owing nμwv (Brief an die Smyrn. Cap. 7, an die Ephes. Cap. 1), viòs τоυ пατoòs (Cap. 4), óỏ viòs àvθρώπου καὶ υἱὸς Θεοῦ (Cap. 20), ὁ Θεὸς und ὁ θεὸς ἡμῶν (an mehrern Stellen, wie an die Smyrn. Cap. 1, an die Röm. Cap. 3), u. s. w. 6) Jo. Dallaeus, de scriptis, quae sub Dionysii Areopagitae et Ignatii Antiocheni nominibus circumferuntur (Genev. 1666. 4), Lib. I

wirklich mehrere Briefe geschrieben habe, wohl aber, dafs diese in einem nachweisbaren Zusammenhange mit unsern beiden Recensionen stehen. Diels ist jedoch eine willkürliche Annahme. Wie ist es denkbar, dafs die ächten Briefe schon zur Zeit des Eusebius, ohne irgend ein Andenken an sich zurückgelassen zu haben, sollen verloren gewesen seyn, während ganz und gar erdichtete an ihrer Stelle bald allgemeine Anerkennung gefunden? Woher hat sodann Dalläus die Kunde davon, dafs Ignatius wirklich Briefe geschrieben habe, wenn er meint, dafs Eusebius doch nur die unächten gekannt habe? Diese Meinung ist so willkürlich, dafs sie keiner weitern Widerlegung bedarf.

Andere Gelehrte glauben nun allerdings, dafs unsere Briefe mit den ächten in einem bestimmten Zusammenhange stehen und die kürzere Recension den Vorzug vor der längeren verdiene, dafs aber auch diese den ächten Text nicht unverfälscht wiedergebe, sondern mit mannichfachen Interpolationen versetzt sey. Diels ist unter andern Neanders 7) Meinung, der sich folgendermafsen darüber ausspricht: ,,Allerdings enthalten diese Briefe Stellen, welche wenigstens den Charakter des Alterthums durchaus an sich tragen. Dies sind besonders die gegen den Judaismus und gegen den Doketismus gerichteten Stellen; aber auch die zuverlässigere kürzere Rezension ist sehr stark interpolirt." Solche allgemeine Urtheile dürfen uns jedoch durchaus nicht bestimmen. Finden sich wirklich Interpolationen: so müssen sich dieselben doch auch irgendwie zu erkennen geben. Verzweifelt man daran, dieselben zu entdecken: so ist diefs gewiss mit Recht als ein Zeugnifs gegen diese Annahme selbst zu betrachten. Wirklich hat man es nun auch versucht, einzelne Stellen als eingeschoben nachzuweisen. Diefs ist in neuerer Zeit namentlich von Lobegott Lange) und von Netz9)

7) Allg. Gesch. der christl. Religion u. Kirche, Bd. 1 Abthl. 3, S. 1107.

8) Beyträge zur ältesten Kirchengeschichte, 2tes Bdchn. (Lpz. 1831), S. 140 ff.

9) Versuch über den Brief des Ignatius von Antiochien an Polykarpus von Smyrna. Von G. C. Netz, Candidaten der

geschehen, indem der Letztere vorzüglich diejenigen Stellen, welche die Trinitätslehre und das Hervorheben der Bischofswürde enthalten, als späteren Ursprungs in Anspruch nimmt. Allein Arndt hat in der angeführten Abhandlung aufs Schlagendse gezeigt, dafs die als unächt bezeichneten Stellen sich keinesvegs aus dem Zusammenhange lostrennen lassen, wenn nicht dieser selbst dadurch ganz und gar zerrissen werden soll. Gegen diese Annahme ", sagt Arndt (S. 169), sträubt sich der feste, lückenlose Zusammenhang in diesen Briefen durchaus, der nirgends durch eine bemerkbare Fuge ein eingeschobenes Stück, ja nur einen eingeschobenen Satz verräth.“

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Bei einer unbefangenen Betrachtung mufs man zu dem Resultate kommen, dafs jeder der Briefe, wie sie in der kürzern Ausgabe vorliegen, so sehr ein in sich verbundenes Ganze bildet, dafs eine Ausscheidung einzelner Stücke durchaus unthunlich ist. Namentlich durchdringt die besonders in Anspruch genommene Idee des Episcopats den Zusammenhang dermafsen, dafs man getrost behaupten kann, dass die Briefe überhaupt nur mit dieser Idee bestehen. Dazu kommt, dafs in denjenigen Stellen, in denen die Bischofswürde hervorgehoben wird, ganz derselbe Character herrscht, der sich in allen übrigen Theilen der Briefe zu erkennen giebt. Dieselbe Hand, von der das Eine herrührt, hat auch das Andere geschrieben, wie sich denn die Briefe ganz und gar nicht als ein Flickwerk, sondern als eine Arbeit aus einem Gusse darstellen.

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Mufs nun dieses zugegeben werden: so ist damit die weitere Untersuchung über die Authentie der Ignatianischen Briefe um ein Bedeutendes weniger verwickelt. Es bleibt nur die eine Frage zur Beantwortung übrig: Haben wir triftige Gründe dafür, die Autorschaft derselben, wie wir sie in der kürzern Recension besitzen, dem Antiochenischen Bischof Ignatius, von dem sie verfafst seyn wollen, abzusprechen?

Es haben sich freilich in neuerer Zeit mehrere bedeutende Stimmen, zuletzt besonders Rothe und Arndt, für die Aechtheit der Briefe in der kürzeren Form entschieden ausgespro

Theologie zu Darmstadt. In den theol. Studien u. Krit. Jahrgang 1835 4. Heft, S. 881 ff.

chen1o), und namentlich hat Rothe seine Ueberzeugung von derselben durch manche Gründe zu rechtfertigen gesucht: alein andererseits sind doch auch gerade in der neuesten Zeit manche Stimmen dagegen laut geworden, namentlich hat Baur (a. i. 0. S. 148 ff.) es versucht, die Argumente Rothe's zu wide egen und die entgegengesetzte Ansicht zu begründen. Es läßt sich auch nicht leugnen, dafs die Beschaffenheit der Briefe gay manche Bedenken gegen ihre Aechtheit erregt. Diese einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen, ist der Zweck dieser Abbandlung.

Wollten wir, abgesehen von der Beschaffenheit der Briefe selbst, uns blofs dem Eindrucke der äufseren Zeugnisse für dieselben überlassen und danach allein unser Urtheil über ihre Aechtheit bestimmen: so würde dieses nur günstig für dieselbe ausfallen können. Am bedeutendsten ist zunächst das Zeugnifs des Eusebius (Hist. eccl. III. 36. 38.). Dieser erwähnt nicht nur, dafs Ignatius mehrere Briefe geschrieben habe, sondern er berichtet auch, dafs derselbe, während er unter sorgfältiger Bewachung durch Asien geführt worden, in den Städten, durch welche er gekommen, die Gemeinden durch seine Worte gestärkt und besonders vor Ketzereien gewarnt, so wie ermahnt habe, der Apostolischen Tradition treu anzuhangen.,,Als er zu Smyrna war", sagt Eusebius,,,schrieb er 4 Briefe: an die Magnesianer, Epheser, Trallianer und Römer, von Troas aus aber drei: an die Philadelphier, die Smyrnäer und den Polycarp." Aufserdem aber führt Eusebius mehrere Stellen aus verschiedenen von diesen Briefen an, die es aufser Zweifel setzen, dafs derselbe eben dieselben Briefe, die wir besitzen, vor sich gehabt habe, was denn auch selbst von Dalläus anerkannt wird. Zu bemerken ist hierbei, dafs Eusebius diese Briefe ganz und gar nicht zu den avvikeyouévois rechnet, und auch keines Zweifels erwähnt, der von irgend Jemanden über die Authentie derselben erhoben worden sey. Für die Authentie sprechen aber noch ältere Zeugnisse. Origenes sagt in der von Hieronymus übersetzten Homilia VI. in Lucam: Eleganter in cujusdam

10) Siehe Rothe a. a. O. S. 715 ff. und 739. Rothe nennt in der letztern Stelle als Verfechter der Aechtheit: Schmidt, Gieseler, Möhler and Credner.

martyris epistola scriptum reperi, Ignatium dico, episcopum Antiochiae post Petrum secundum, qui in persecutione Romae pugnavit ad bestias: „Principem saeculi hujus latuit virginitas Mariae". Dieser Ausspruch aber findet sich in dem Briefe des Ignatius an die Epheser (Cap. 19). Im Prologus in Canticum Canticor. heilst es bei Origenes nach Rufins Uebersetzung: Denique memini aliquem sanctorum dixisse, Ignatium nomine, de Christo: „Meus autem amor crucifixus est“: ein Aussprnch, den wir in dem Briefe an die Römer (Cap. 7) finden. Vor Origenes beruft sich Irenäus (adv. haer. V. 28 am Ende) auf eine Aeufserung des Ignatius, welche gleichfalls in dem Briefe an die Römer (Cap. 4) vorkommt, indem er sagt: Quemadmodum quidam de nostris dixit, propter martyrium in Deum adjudicatus ad bestias: „Quoniam frumentum sum Christi et per dentes bestiarum molor, ut mundus panis Dei inveniar". Ja, das Zeugnifs für die Ignatianischen Briefe reicht noch weiter hinauf. Nachdem nämlich Eusebius (in der angegebenen Stelle) die Briefe des Ignatius angeführt hat, sagt er:,, Auch Polycarpus erwähnt derselben in seinem Briefe an die Philipper mit folgenden. Worten. Die Briefe des Ignatias, die uns von ihm geschickt worden sind, und andere, so viele wir bei uns haben, schicken wir euch, wie ihr uns aufgetragen habt, indem wir sie diesem Briefe beigefügt haben; aus ihnen könnt ihr grofsen Nutzen schöpfen: neqiéyovoi yàp πίστιν καὶ ὑπομονὴν καὶ πᾶσαν οἰκοδομὴν τὴν εἰς τὸν κύριον ἡμῶν ἀνήκουσαν.

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Haben unsere Briefe sich solcher Zeugnisse zu erfreuen: so ist es doch in der That fast unbegreiflich, wie Dallä us das sogenannte argumentum negativum gegen ihre Aechtheit glaubt geltend machen zu können. Baur (S. 168) erkennt denn auch das Gewicht derselben wenigstens in so weit an, dafs daraus so Viel mit Sicherheit zu schliefsen sey, dafs zur Zeit des Irenäus unsere Briefe schon für Ignatianisch gegolten haben. Zu verwundern ist dabei nur, dafs derselbe das Zeugnifs des Polycarp ganz mit Stillschweigen übergeht.

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Indessen darf man doch nicht glauben, dass durch Berufung auf diese äussern Zeugnisse allein die streitige Frage bean

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