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einzelne jener Christen, die sie kannten, Einwirkung ausgeübt und ihnen das Institut empfohlen und werth gemacht haben. Doch mag diefs auch gewesen seyn: das Christenthum in irgend eine Abhängigkeit von jenem Orden zu setzen, werden wir dadurch auf keinen Fall berechtigt. Gütergemeinschaft im Sinne der Essäer ist eben so wenig im Geiste der Christlichen Religion gelegen, als die Aufhebung des Unterschiedes der Stände. Denn sie will wahrlich eben so wenig der Trägheit und Genufssucht, als der Empörungssucht und Frechheit Vorschub leisten. Es liegt nun einmal im natürlichen Laufe der irdischen Dinge und mufs darum als göttliche Ordnung an. gesehen werden, dafs das bürgerliche Leben sich in die Gegensätze von Armen und Reichen, Herrschenden und Gehorchenden scheide. Seinen göttlichen Character bewährt das Christenthum hier dadurch, dafs es diese Gegensätze in so fern ausgleicht, als aus dem Wesen der Christlichen Frömmigkeit die richtige Gesinnung für jede der entgegenstehenden Seiten fliefst und danach auch das richtige Verhältnifs der einen zu der andern sich bestimmt. So haben die Begüterten die Pflicht wohlthätiger Mittheilung aus herzlicher Liebe, wie es den Herrschenden auf Christliche Weise natürlich ist, mit ihrer weisen Milde und Sorge das ganze Daseyn der untergebenen Brüder zu umfassen. Daher Christus wohl sehr eindringliche Ermahnungen zur Wohlthätigkeit ertheilt, aber fern davon ist, eine Aufopferung des Eigenthums oder Gleichmachung der Güter zu empfehlen*). Auch hier gilt das Wort: Das Reich

55) Wenn also Olshausen a. a. O. meint, „die Differenz des Besitzes sey Nichts als eine Folge der Sünde, und der ideale Zustand sey einzig und allein der, wo es weder Arme noch Reiche gebe, sondern Jeder seine Nothdurft habe": so ist weder das Eine noch das Andere richtig. Denn mit dem Letztern ist so viel wie Nichts gesagt, da die Begriffe Armuth, Reichthum und Nothdurft sehr relativ sind. Das Erstere ist aber darum, so schlechthin gesagt, unwahr, weil die Verschiedenheit des Besitzes mit der Verschiedenheit des Standes und beide wieder mit der Verschiedenheit der geistigen Anlagen und des Talentes zusammenhangen. Die beiden letzten Verschiedenheiten aber als Folgen der Sünde ansehen zu wollen, würde doch aber mehr als bedenklich seyn. Allen menschlichen Lebensverhältnissen ist es eigen, von der Sünde dermalen getrübt zu seyn. Wenn nun diese Trübung in dem einen stärker hervortritt, als in den

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Gottes kommt nicht mit äufserlichen Geberden und Einrichtungen, sondern der Geist ist es, der das eigenthümliche Leben der Christen bestimmt, und der macht denn auch die Christliche sogenannte Gütergemeinschaft zu etwas von der Essäischen wesentlich Verschiedenem.

Mehrere andere Puncte, welche theils Aehnlichkeiten in der Organisation theils im Cultus beider Parteien betreffen und gleichfalls beweisen sollen, dafs das Christenthum nach dem Essäismus geformt sey, brauchen wir nur ganz kurz zu berühren, weil die Anknüpfungspuncte für die Essäer, wie für die Christengemeinde, in den Sitten und der Verfassung der Jüdischen Synagoge lagen. So ist es gewifs, dafs die Essäer in ihren niμɛhŋtal, wie sie Josephus nennt, und in ihren Quästoren ähnliche Vorstände hatten, wie die Christen in ihren Presbyteren und Diaconen, wiewohl beiderlei Aemter doch hier und dort wieder auch in ihren Verrichtungen von einander abwichen, wie es aus der Verschiedenheit der beiderseitigen Gesellschaftsverhältnisse, namentlich der finanziellen, herrührte. Eben so gewifs ist es aber, dass beiderlei Aemter sich auch in der Jüdischen Synagogenverfassung vorfinden, an welche die Christliche Gemeindeverfassung sich anschlofs 5 6). Eben so war ferner die bei Christen und Essäern übliche Ordnung der gottesdienstlichen Versammlungen, dafs dieselben mit Vorlesen der Alttestamentlichen Schriften begannen, dann der vorgelesene Abschnitt ausgelegt ward und dafs auch wohl religiöse Gesänge dabei gesungen wurden, von beiden aus der Synagoge herübergenommen. Sie beweist also wieder keine Abhängigkeit des Christenthums vom Essäismus. Hiermit hängt nun aber noch ein anderer Umstand zusammen, den wir, oben (S. 15) schon berührt haben und hier noch einmal aufnehmen müssen. Die Art der religiösen Vorträge zeigt nämlich, wie wenig wir hier eine Verwandtschaft der beiden Institute anzunehmen berechtigt sind. In den Essäischen und Therapeutischen Versammlungen bestanden dieselben darin, dafs andern: so kann es darum doch auch sehr wohl ein ursprünglich von Gott geordnetes seyn und braucht nicht gleich an und für sich als sündhaft angesehen zu werden.

56) Vgl. Rheinwald, die kirchl. Archäologie (Berl. 1830), §.21.22.

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man mittelst allegorischer Interpretation den mystischen Sinn, d. h. die theosophischen und mystisch-ascetischen Lehren, die der Orden als sein heiliges Eigenthum bewahrte, aus den heil. Schriften zu entwickeln suchte 7). So weit nun unsere, freilich sehr beschränkte Kunde von den gottesdienstlichen Einrichtungen der ersten Christen zu Jerusalem nach den Andeutungen der Apostelgeschichte reicht, beschäftigte sich die Predigt damals mit der Verkündigung des Evangeliums von dem erschienenen Erlöser, so wie mit der Erweckung und Befestigung des Glaubens an ihn, vornehmlich durch die Nachweisung, wie die prophetischen Verheifsungen des A. T. in ihm erfüllt seyen und die gesammte theokratische Entwickelung in ihm ihre Vollendung erreicht habe, woran sich dann hierdurch eigenthümlich bestimmmte sittliche Ermahnungen schlossen. Eine Sitte, die so naturgemäfs aus dem Wesen des Evangeliums hervorging, dafs nur gänzliches Verkennen desselben hier eine Ableitung aus dem Essäerthum versuchen kann. Die allegorisch moralische Deutung des A. T. lag, wie dem gesunden Christlichen Sinne, so dem Bedürfnisse der Apostolischen Gemeinden ganz fern. Freilich hat man sich darauf berufen, dass doch auch die Apostel sich mit allegorischer Interpretation abgaben: allein sollte diefs wirklich Etwas beweisen, so müfste man vergessen, einmal, dafs nur Paulus und der Verfasser des Briefes an die Hebräer, und zwar jener nur sehr selten, beide aber aus besonderen Gründen, diefs thun, Solchen gegenüber, die an eine Auslegung und Beweisführung dieser Art gewöhnt waren, und in deren Standpunct und Anschauungsweise formell eingehend, sodann, dafs diese Methode eben ganz und gar nicht ein ausschliefsliches Eigenthum der Essäer und Therapeuten, sondern damals allgemein verbreitet und sogar den Griechen geläufig war, die sie auf Homer und Hesiod anwendeten 58).

Doch wir müssen unsere Aufmerksamkeit jetzt noch auf die beiden Christlichen Gebräuche der Taufe und des Abendmahles richten, welche, wie wenigstens Stäudlin (S. 578) will,

57) Philo, p. 877.

58) Vgl. Plato, de republ. Lib. II. u. III. Ion, p. 530. Zeitschr. f. d. histor. Theol. 1841. II.

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gleichfalls aus dem Essäismus von Jesus geborgt seyn sollen. Was nämlich zuerst das Abendmahl betrifft, so sollen die gemeinsamen Essäischen Mahle den entsprechenden vorbildlichen Ritus abgeben, wie auch neuerlich noch von Ammon wiederholt behauptet hat (s. oben S. 10). Es ist aber in der That nicht gleich zu begreifen, wo hier die Aehnlichkeit des Christlichen Sa cramentes mit der Essäischen Tischordnung liegen soll. Mir ist wenigstens keine andere Nachricht über die letztere zugekommen, als dafs die Essäer ihr Mittagsmahl täglich zusammen in einem eigends dazu bestimmten und jedem Fremden verschlossenen Gemache zu sich nahmen, dabei sehr dürftige Kost genossen und ernste, religiöse Gespräche führten, jedes überlaute Geräusch meidend 59). Eine religiöse Bedeutung hatten diese Mahlzeiten nicht. Josephus macht uns auf sie aufmerksam, um zu zeigen, wie derselbe ernste, ja, strenge und stille Geist alle Verhältnisse und Dinge des gemeinen Lebens bei den Essäern beherrschte. Es ist nun wahr, dafs nach Apostelgesch. 2, 46. die ersten Christen in Jerusalem auch täglich zusammen speisten; das hatten sie aber nicht von den Essäern gelernt, sondern diefs rührte, wie Olshausen a. a. O. richtig be merkt, daher, dafs jene Gemeinde in der allerersten Zeit ihres Bestehens sich wie eine Familie betrachtete und die innere geistige Gemeinschaft zugleich (und wie natürlich ist das!) auch eine äufsere hervorrief, die so lange bestand, als die Zahl der Mitglieder nicht zu ausgedehnt war. Ueberdiefs aber ist nicht zu vergessen, dafs jene Mahle der Christen durch die Anfügung des Abendmahles einen religiösen Character bekommen, der das wesentliche und unterscheidende Merkmal derselben ausmacht. Dieser Ritus kann doch auf keine Weise von jener Secte am Salzmeere hergeholt seyn. Weit eher könnten hier die Therapeuten in Betracht kommen, und es scheint auch, als ob diese mit den heiligen Mahlzeiten, welche sie an jedem siebenten Sabbathe mit einander hielten, eine heilige Nachtfeier damit verknüpfend, weit mehr, als die Essäer, die obige Behaup tung hervorgerufen haben. Der Verlauf dieser Mahle wird von Philo (de vita contempl., p.899 sqq.) also beschrieben. Sobald

59) Josephus, de bello Jud. II. 8, 2.

die Therapeuten sich versammelt hatten: so beteten sie erst zu Gott, dafs ibr Mahl ihm angenehm seyn möge. Dann legten sie sich zu Tische, rechts die Männer, links die Weiber. Nur klares Wasser wird aufgetragen, Brod mit Salz und höchstens mit etwas Ysop genossen; denn blutige Speisen dürfen diesen heiligen Tisch nicht beflecken. Die Gespräche drehen sich um Stellen der heil. Schrift, welche nach Grundsätzen der allegorischen Interpretation betrachtet werden. Hierauf wird das Mahl mit einem Lobgesange geschlossen.,,Nun bringen die dienenden Jünglinge einen Tisch herein, auf dem die sogenannte hochheilige Speise liegt, nämlich gesäuertes Brod, Salz undYsop, zur Unterscheidung von dem heiligen Tische im heiligen Vorhofe des Tempels. Auf diesem Tische liegt ungesäuertes Brod mit Salz ohne Beimi-schung von Ysop; denn es ist billig, dafs die reinsten und einfachsten Speisen ausschliefsliches Eigenthum des auserlesenen Priesterthums seyen zur Belohnung des heiligen Dienstes." Hierauf begann denn ein heiliger Festtanz. Männer und Frauen bildeten zwei Chöre: an der Spitze eines jeden ist ein Führer und Vorsänger. Diefs soll nämlich den Durchgang des Volkes durch das rothe Meer versinnbilden, nach welchem sich die Israeliten auch zu einem Lobgesange vereinigten, wobei Moses die Männer, Mirjam, seine Schwester, aber die Weiber anführte (2 Mos. 15). Offenbar ist wohl, dafs dieses heilige Mahl dem Passahmahle der Juden entsprechen sollte. Diefs wurde von den Israeliten gefeiert, ehe sie Aegypten verliefsen und das rothe Meer durchzogen. Nun aber war Aegypten in der mystisch-allegorischen Sprache der Juden Bezeichnung des Irdischen, Fleischlichen und Sinnlichen, das den Geist gefangen hält, ihn nicht zur Anschauung des Göttlichen und zur Einigung mit demselben gelangen läfst. Das Passahmahl aber bezeichnete, wie Philo an vielen Stellen aus einander setzt, bei den Alexandrinischen Theosophen den Uebergang aus der Sinnenwelt in das Ueberirdische, aus den Banden des Leibes in das reine Reich der Geister, aus dem Gebiete der Begierden und Sünden in das der Tugenden und der Ideen 6o). Eine andere Bedeutung hat nun das Mahl der Therapeuten auch nicht

60) Vgl. Gfrörer a. a. O. II. S. 294 f.

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