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Landschaft 17): das aber, was davon zu den neuen geistlichen Besoldungen kam, war zu gering; es mufste deshalb bei den früheren Quellen, so weit sie noch offen waren, nicht nur bleiben, sondern es mussten, wie gesagt, auch noch andere derartige aufgesucht werden. Spätere Theologen und andere Kirchenrechtslehrer klagen auf mehr oder minder dringende Weise über solche Quellen 18), obschon sie in früheren Zeiten als weniger auffallend erscheinen mufsten, da die weltlichen Diener auf ähnliche Art ihre Besoldungen bezogen 19). Man vertheidigt an ihnen das Althergebrachte, so wie die Geneigtheit zum Geben in Fällen, wo fromme Gefühle vorwalten. Aber warum hat man dort nicht ebenfalls das Althergebrachte berücksichtigt? Und wie sehr wird auch der seine gute Gesinnung zeigen können, der die in der Regel dürftige Kirchenkasse bei solcher Gelegenheit beschenkt!

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Geben wir daher die Hoffnung nicht auf, dafs die Zeit. kommen werde, wo jene eleemosynarum exactiones potius quam postulationes (die Niemand übler, als dem Geistlichen anstehen können) noch weichen und, zum Troste gemeiner (und armer) Landschaft und ihrer Prediger, auf ehrlicheren und untadeligeren Unterhalt derselben gedacht werden wird.

17) Vergl. Hering a. a. O. S. 143.

18) Seckendorff, Christen-Stat (Leipzig, 1693. 8.) 3. Buch S. 504,,So ist auch die Art der Accidentien an vielen Orten, wann man es genau betrachtet, nicht recht wohlständig, sondern macht dem PredigAmt kein fein Ansehen, erreget Streit und Unwillen, und könte viel besser auf ehrlichen und untadelichen Unterhalt gedacht werden." Ledderhose, Versuch einer Anleitung z. Hessencasselschen Kirchenrecht (Cassel, 1785), S. 311: Wie es aber unleugbar ist, dafs der Weg, die Prediger durch Accidentien zu besolden, keinen vortheilhaften Einfluss hat auf das Ansehen, welches sie haben müssen, und dafs die sogenannten Stolgebühren den Stand des Predigers und der Religion herabsetzen, auch oft etwas Grausames und Unmenschliches haben,

u. S. W.

19) Rommel, Gesch. v. Hessen, V. 712. (im Jahre 1585): „Alle Landvoigte und Beamten zogen ihre Nutzungen aus den Amtsgefällen." Die Kammer (Staatskasse) war damit nirgend beschwert.

V.

Michael Soriano's

Bemerkungen über die Verhältnisse Frankreichs beim Anfange der Religionskriege. Mitgetheilt

von

Heinrich Julius Kämmel,

Lehrer am Gymnasium zu Zittau.

Die Berichte der Zeitgenossen, meist in Tagen entstanden, wo weder die Einseitigkeit des Standpunctes, Alles zu überschauen, noch die so leicht erregte Perteileidenschaft Jegliches unbefangen anzusehen und nach Gerechtigkeit zu beurtheilen erlaubte, sind selten so zuverlässig und treu, dafs man nicht beim Gebrauche derselben fortgesetzte Wachsamkeit und strenge Sichtung nöthig habe. Dennoch kehrt Jeder, dem es um mehr als oberflächliche Kenntnifs eines Zeitalters zu thun ist, gerade zu diesen Darstellungen so gern zurück, und selbst da, wo die spätere Forschung beinahe abgeschlossen und das Gebäude zur Vollendung gebracht hat, fühlt man das Bedürfnifs, zuweilen auch die ersten Berichterstatter wieder zu befragen. Es ist nicht Mifstrauen gegen jene, nicht launenhafte Vorliebe für diese; aber der frische Geist, der aus den Erzählungen der letztern uns anweht, die lebensvolle Färbung, in welcher ihre Darstellungen uns vor das Auge treten, die Theilnahme, die sie uns für sich selbst als Mithandelnde und Mitleidende abnöthigen, die Möglichkeit, in der Beschäftigung mit ihnen die Zeit, die sie gelebt, noch einmal mitzuleben: das ist es, was auch Solche, die nicht eigentlich das Forscheramt verwalten, zu den Berichten der Augenzeugen zurückführt. Auch wird uns erst alsdann ein selbstständiges Urtheil möglich, wenn wir in den Kindern der Zeit der Zeit selber gleichsam in das Herz gesehen, wenn wir ihre Hoffnungen und Befürchtungen

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V. Kämmel: Soriano, die Verhältn. Frankreichs. 155

getheilt, ihre Schlachten mitgeschlagen und so allmälig gelernt haben, wenige Menschen zu bewundern, keinen zu hassen und viele zu beklagen.

Vielleicht ist diefs schon ausreichend, um vor den Lesern dieser Zeitschrift es zu entschuldigen, wenn wir zur Geschichte eines so vielfach geschilderten Kampfes hier einen Beitrag geben in dem Berichte eines Augenzeugen. Ueberdiefs aber glauben wir, dafs derselbe, von den Bewegungen umber nicht unmittelbar berührt und in den Sturm der Ereignisse nicht mit hineingerissen, kälter und unbefangener den Ausbruch der Kriege und Verwirrungen, welche die zweite Hälfte des 16ten Jahrhunderts über Frankreich gebracht, habe beurtheilen können. Und darf man ihn auch von einer gewissen Parteilichkeit nicht frei sprechen: die Redlichkeit seiner Gesinnung und das Streben nach Wahrheit sind unverkennbar; auch möchte die Characteristik der Hauptpersonen im Ganzen und im Einzelnen uns ein so treues Bild von ihnen geben, dafs schon dadurch eine Mittheilung sich rechtfertiget. - Unser Augenzeuge ist der Venetianer Michaël Soriano, ein Diplomat, dessen Berichte über Römische und Spanische Verhältnisse schon Ranke1) benutzt hat und dessen Denkschrift über die Wirren Frankreichs nach dem Tode Franz II. nun auch durch Eduard Mennechet, im zweiten Bande der von ihm herausgegebenen Histoire de l'éstat de France, tant de la république que de la religion, sous le règne de François II, par Regnier, Sieur de la Planche (Paris, Techener 1836, 2 Voll. 8.), nach einem Manuscript auf der Königlichen Bibliothek zu Paris (Nr. 790, St. Germain), bekannt gemacht worden ist. Sie gehört in das Jahr 1561, ist also nur zwei Jahre später geschrieben, als der Bericht über die Spanische Gesandtschaftsreise. Marsand, der (nach seiner. Beschreibung der Manuscritti Italiani della bibliotheca Parigina p. 760.) auch diesen kennt, nennt Soriano's Darstellung der damaligen Französischen Verhältnisse ein Meisterwerk. Wir geben hier natürlich die Denkschrift in verkürzter Form, namentlich mit Weglassung desjenigen, was die rein politischen Angelegenheiten zum Gegenstande hat. Soriano beginnt mit einer lebendigen Schilderung der Französischen Königsmacht, beschreibt ihre Entwickelung, ihre Stützen, ihren Einflufs, geht dann zur Betrachtung der Zerrüttung über, welche

1) Fürsten und Völker von Süd-Europa im 16ten und 17ten Jahrhundert. Es ist kaum nöthig, daran zu erinnern, wie grade dieser Forscher den Werth der gesandtschaftlichen Berichte, namentlich der Venetianischen, erst recht in's Licht gestellt hat.

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,,die neuen Secten" in den Staat gebracht, tadelt mit grofsem Ernste den Mangel an Nachdruck, welchen Franz I. und Heinrich II. in der Bekämpfung der Häretiker bewiesen (obwohl er die blutigen Maafsregeln, welche sie dann und wann für nothwendig gehalten, sehr wohl kennt), und schildert hierauf den unter Franz II. gemachten Versuch, die Ketzerei mit einem Schlage zu Boden zu werfen. Lassen wir ihn jetzt weiter reden.

Seit dem Tode Franz II. hat die Verwirrung aufserordentlich zugenommen. Die Mittel, welche Heinrich II. vernachlässiget und das allzu kurze Leben seines Nachfolgers mit vollständigem Erfolge anzuwenden nicht erlaubt hat, haben von Carl IX., dem gegenwärtigen Regenten, nicht einmal versucht werden können, da ihn die Schwäche seiner Jugend nöthiget, durch Andere zu regieren. Es ist daraus eine noch grössere Unruhe entsprungen. Während die Geister mit der Entscheidung sich beschäftigten, wen man an die Spitze der Regierung stellen solle, gewann die Ketzerei ihre frühere Stärke, um so mehr, da Niemand vorhanden war, der sie aufhielt; und nachdem der König von Navarra zum Haupte des Staates erklärt worden war, wuchs sie dergestalt, dafs sie in wenig Monaten alle Hindernisse überstieg. Das Unglück des Königreichs vollendete jedoch die Gunst, welche der König allen Neuerungen zugestand, sey es, dafs er damals schon die Dinge vorbereitete, von denen ich nachher sprechen will, sey_es, dafs er sich seiner natürlichen Sorglosigkeit überliefs. Die Königin Mutter, in der Furcht, sich selber zu schaden, wagte nicht die neue Secte zu bekämpfen. Der Kanzler 2), der im Verdachte stand, ein Feind der Katholischen Kirche zu seyn, gab in den hohen Fähigkeiten seines Geistes alle zur Zerstörung derselben dienliche Mittel her, und die Grofsen allesammt waren nicht im Stande, den Einfluss des Königs von Navarra aufzųwiegen.

Solches sind die Ursachen der mancherlei Fehler, welche Frankreich stufenweise in den Jammer versenkt haben, wovon es jetzt erdrückt wird. Der allererste war, ein Edict zu geben,

2) Michaël Hospital. Auch Soriano's Urtheil zeigt, wie wenig der ehrwürdige Mann,,,der mit festem, ungebeugtem Gemüthe, mit heldenmüthiger Ausdauer gegen die Frevel und Leidenschaften aller Parteien kämpfte", von seinen Zeitgenossen verstanden wurde. Vergl. Raumer, Geschichte Europa's seit dem Ende des 15. Jahrh., II. 202. 207 ff. Capefigue, Hist. de la Réforme, II. (Bruxelles, 1834) 112 ff.

durch welches man ohne Weiteres Allen denjenigen verzieh, welche in Sachen der Religion angeklagt waren 3). Diefs hätte man niemals thun sollen, davon abgesehen, dafs dieses Recht nicht Laien zusteht, welche sich eine derartige Kirchengewalt niemals anmafsen dürfen. Man zerstörte Alles, was von den vorhergehenden Königen geschehen war, und regte das Volk zur Ungebundenheit auf, indem man es ungestraft liefs. Man machte es hierdurch Jedem leicht, die Verwirrung in das Königreich zu tragen; die Erfahrung selbst hat es bewiesen. Die Absicht der Regierung war, alle Verbannte nach Frankreich zurückkehren zu lassen; diefs eröffnete einer Menge Fremder das Thor, welche zugleich mit jenen einzogen: es kamen deren aus England, Flandern, der Schweiz, Italien, aus Lucca und Florenz, wie aus Venedig. Da begann man aller Orten zu predigen, und obwohl der gröfste Theil dieser Prediger aus Ignoranten und aus Leuten bestand, welche das Volk auf öffentlichen Plätzen durch Reden bearbeiteten: hatte doch jeder seinen Anhang.

SO

Ein zweiter Fehler bestand darin, dafs man gegen die Katholische Kirche offen zu sprechen erlaubte, bei den Reichsständen, in den öffentlichen Versammlungen, in Gegenwart des Königs und des Rathes; das Verkehrteste war, dafs man die anstöfsigen Schriften duldete, es in Frage stellte, ob man den Häretikern einen Ort gestatten solle, wo sie ihre Predigten und Zusammenkünfte halten können, und ob man ihnen die Freiheit zugestehen dürfe, ihre Meinungen in Gegenwart der Bischöfe abzuhandeln, als ob man die Spaltungen im Staate durch öffentliche Sanction hätte nähren müssen. Man erfuhr die traurigen Folgen dieser Unklugheit sehr bald, da sie viele Sectirer, welche früher hervorzutreten nicht gewagt hatten, ermuthigte, sich zu erklären, und worüber man am Hofe und in Gegenwart des Königs frei gesprochen hatte, das führte man mit gröfserer Kühnheit aus, als man ihn nicht mehr in jeder Provinz des Königreichs, in jeder Stadt und jedem Dorfe zum Zeugen hatte. Man begann die Bilder des Heilands und der Heiligen umzustürzen, die Kirchen zu berauben, die Priester und Bischöfe zu verhöhnen, die öffentlichen Gefängnisse zu erbrechen, die Diener des Königs, diejenigen, welche ihn und die Person der Königin Mutter selbst darstellten, gröblich zu beleidigen. Aus einer grofsen Menge von Thatsachen will ich nur eine erzählen, die sich schon vor mehrern Monaten zu

3) Das (keineswegs sehr milde) Gesetz vom Juli 1561.

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