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Grundsätze wurden verboten. Den Unterthanen war es verwehrt, nach Reutlingen) zu gehen und in Efslingen3) die Evangelische Predigt anzuhören, oder auch nur daselbst in Wirthshäusern sich ins Gespräch über Religionsfragen einzulassen. Aus Stuttgart hatte sich nach Reuchlins Abzuge auch der Lateinische Schulmeister Alexander Marcoleon (Märklin) nach Efslingen geflüchtet, und D. Joh. Mantel, vom Augustinerorden, der in S. Leonhard das Evangelium unerschrocken predigte, ward ins Gefängnifs gelegt). Im übrigen Lande wurden die Lutherischen Prädicanten verdrängt und liefsen ihre Gemeinden zurück, worin nun die Sehnsucht nach dem lautern Worte Gottes zum heimlichen Lesen der heiligen Schrift und reformatorischer Schriften und zu verborgenen Zusammenkünften gleichgesinnter Seelen trieb. Es scheint sogar Marcoleons schnelle Uebersiedelung nach Efslingen damit zusammenzuhangen, dafs man seiner Begünstigung der neuen Lehre in dieser Richtung auf die Spur gekommen war. Ohne solches Zusammenhalten im Stillen und ohne die Ausbreitung der reineren Lehre im Verborgenen wäre die leichte und nach wenigen Monaten vollzogene Einführung der Reformation in dem seinem angestammten Fürstenhause im Jahre 1534 durch den Sieg Philipps des Grofsmüthigen bei Laufen wiederum zugefallenen Lande nicht wohl zu erklären. Auch der Bauernkrieg, der von Franken her über den untern Theil von Schwaben sich ausdehnte ), hatte mit den neuen Evangelischen Lehren, unter einer freilich unklaren Auffassung, in Berührung gestanden, und auf dem Böblinger Felde durch den Schwäbischen Bundeshauptmann Georg Truchsefs von Waldburg grausam unterdrückt, liefs er von dem Inhalte der zwölf Artikel des Christlichen Bauerstandes am gewissesten das Verlangen nach der rechten Gerechtigkeit und dem lautern Evangelium", anstatt des Dimperlin Damperlin, wie die Landleute von der Katholischen Messe sprachen, zurück. Mit den religiösen und politischen Vorwänden und Ursachen des Bauernaufstandes hatte damals auch die Secte der Wiedertäufer nahe Verwandtschaft. Aus allen Ecken Schwabens war sie her

S. 8. Ein drittes vom 20. Aug. 1527. Eben das. S. 15. Ein Befehl vom 20. Aug. 1532 betrifft die Behandlung der Lutherischen, Zwinglischen und andern Lehren, und ein Ausschreiben vom 12. Nov. 1533 verbietet aufs Neue das Feilhaben von Büchern der neuen Secte. Eben das. S. 31 u. 33. 2) Mandat vom 18. September 1524. Eben das. S. 13. 3) Befehl vom Jahre 1532. Eben das. S. 29.

4) Siehe meine Schrift: Denkblatt der Reformation der Stadt Stuttgart zur Jubelfeier des 2. Februars 1835 (Stuttg 1835. 8.), S. 24 f. 5) Pahl, Geschichte von Wirtemberg, 3. Bändchen (Stuttg. 1828) S. 14 ff.

vorgetreten, und es hatte sich die Oesterreichische Regierung allen Ernstes zu ihrer Unterdrückung im Lande mit Wort 6) and That ?) angeschickt. Besonders waren es die Reichsstädte Ulm, Efslingen, Aalen, Reutlingen, worin die Wiedertäufer ihr Unwesen trieben und von wo sie ins Herzogthum kamen und namentlich auf dem Schwarzwalde im Verborgenen ihre Grundsätze ausstreuten. Ein noch vorhandener Befehls) weist einige Städte des Landes zur Aufsicht auf die Wiedertäufer an und macht zwei derselben aus Efslingen,,,Mathis Dritschler, ongevarlich Fünfftzig järig, in guter leng, rotbrecht, in einem roten Toscheten har vnd roten bart mit growem vermischt", und,,auch einen, genant der Jung von efslingen, bey 30 Jarn alt, in zimlicher leng, in einem falben bertlin, So im Honbach sefshafft gewesen", sodann einen dritten,,,So sich genent Christoff von Wien, ein lateinischer schulmaister", kenntlich, um,,in allen flecken ewers ampts vnd sonderlich vmb efslingen gelegen " dieser leichtfertigen Buben und Wiedertäufer habhaft zu werden. Da mufsten eben jene heimlichen Versammlungen und Winkelpredigten vorkommen, gegen welche sich auch Herzog Ulrich bald nach seinem Wiederantritte des Regiments in einem ernstlichen Befehl erklärt 9).

Dieselbe Abmahnung galt jedoch auch einer andern religiösen Erscheinung. Im Jahre 1533 war Junker Caspar Schwenkfeld von Ossing, ein Schlesier, von Strafsburg, wo er sich eine Zeitlang aufgehalten hatte, nach Schwaben herüber und auch ins Württembergische hereingekommen 10). Er fand sich zunächst bei seinem Schwager, dem Erbmarschall Conrad von Thumm, ein und verweilte einige Zeit bei dessen Bruder, dem eifrigen Beförderer der Reformation Hans Friedrich von Thumm, Herrn von Köngen. Aber die Anfeindungen, die ihn schon aus Strafsburg vertrieben hatten,

6) Befehl vom 26. Jan. 1528. Reyscher a. a. O. S. 23. 34.

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7) Augustin Bader, Kürschner von Ulm, wurde in Stuttgart mit demselben Schwerte, welches er sich zur Herrschaft im tausendjährigen Reiche hatte fertigen lassen, öffentlich hingerichtet. Sattler, Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Herzogen, II. S. 202 f. Aehnliche Hinrichtungen geschahen in Horb, Tübingen, Blaubeuren, Nürtingen, Aalen. Sattler S. 169 ff. 203. Pahl a. a. O.S.12. 8) Vom 26. Febr. 1528. Reyscher S. 26. 9) Vom 15. April 1535.

Eben daselbst S. 36.

10) Vergl. hierüber den trefflichen Aufsatz vom Stadtpfarrer Heyd in Markgröningen: Blaurer. Schnepf. Schwenkfeld. Ein Bruchstück aus dem ersten Capitel der Reformationsgeschichte Wirtembergs. In der Tübinger Zeitschrift für Theologie, Jahrg. 1838 Heft 4 S. 26-48.

verfolgten ihn auch hier, wo es hiefs, er wolle sich, wahrscheinlich weil im Württembergischen Lande noch die Oesterreichische Herrschaft den Katholischen Glauben aufrecht erhielt, trotz des Schutzes, den ihm etwa seine adeligen Verwandten auf ihren Schlössern hätten gewähren können, zu freierer Entfaltung seiner Wirksamkeit in Efslingen niederlassen 11). Er ging aber nach Augsburg und kam erst im J. 1535 um die Zeit der ersten Vollziehung des Reformationswerkes nach Württemberg zurück. Er hielt zu Stetten im Remsthale auf dem Schlosse seines Schwagers Zusammenkünfte von Gleichgesinnten und Vorträge an dieselben, und es hat allen Anschein, dafs er solche Versammlungen auch zu Schorndorf, Canstadt, Köngen und Justingen veranstaltet habe. Die Regierung bekam von dem im Schorndorfer Amte Vorgefallenen Bericht, befahl, dem Schwenkfeld Einhalt zu thun und verdächtige Personen, so wie namentlich die Sprecher in heimlichen Versammlungen festzunehmen 12). Sie verbot auch in Canstadt und den umliegenden Flecken das Laufen zu dem Prädicanten in Stetten, und Efslingen wurde gemahnt, gleiche Vorschrift an die Seinigen zu erlassen13). Schwenkfeld selber zwar, ein Mann, nicht nur, wie Blaurer ihm bezeugt, von ehrbarem Wandel und klugem Verstande1 4), sondern auch von treuem Gemüthe und lebendigem Eifer, wollte, dafs man zusammenkomme, um von der Gottseligkeit mit einander zu reden und einander in Gott zu erbauen 15); er suchte frommes Leben zu wecken und zu nähren; es war ihm, wer dieses suchte, willkommen, wie er immer heifse und von wannen er sey. Daher verschmähete er in diesem Falle auch Katholische nicht und nahm sogar Wiedertäufer bei sich auf. Aber eben hierbei trat er den letzteren auch in mehrern Ansichten nahe, indem er die Kindertaufe für nichts Nothwendiges hielt und vielmehr den Glauben als die Bedingung der Taufe forderte, indem er die Geltung des Predigtamts in der Kirche hintansetzte und in der Lehre vom Abendmahle von einem vergotteten Fleische des erhöheten Christus sprach, womit der Mensch durch das Organ des Glaubens gespeiset werde.

11) Blaurer warnte vor ihm die Elslinger unterm 10. Nov. 1533, wie den Friedrich Thumm in einem Briefe an Stadtschreiber Machtolf in Elslingen vom 3. Oct. 1533. Siehe Schmid und Pfister, Denkwürdigkeiten der Würtembergischen und Schwäbischen Reformationsgeschichte (Tübingen 1817), Heft 1 S. 128. 184.

12) Heyd S. 32.

13) Schmid und Pfister, I. S. 184.

14) Am 2. Jan. 1534. Schmid u. Pfister, I. 184.
15) Heyd, S. 32 Anm. ***).

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Zudem neigte er sich auch darin zu den Enthusiasten, dafs er seine Ansicht vom Abendmahle einer besondern Erleuchtung vou Oben zu verdanken vorgab. Für die orthodoxen Lehrer der Kirche war diefs Grund genug, ihn, so wenig er selbst gemeinschaftliche Sache mit denselben haben wollte, doch in eine Classe mit den Wiedertäufern zu werfen, und diefs zumal in einer Zeit, wo es von Manchem hiefs:

Erdachten's andern Fund und Schein,

Mufst Mancher ein Widertäufer seyn 16).

So erfolgte nun auch in dieser Richtung jenes ernste Mandat, welches die Abstellung und Verhinderung heimlicher Versammlangen und Winkelpredigten anordnet 17). Obwohl Schwenkfeld nach einem in Tübingen abgehaltenen theologischen Gespräche 18) im Frieden schied, aber eben doch zu scheiden für gut fand, und hinfort bald in Ulm bald in Efslingen seine Tage zubrachte, auch sich später um so mehr hüten musste, wieder nach Württemberg zu kommen, als Herzog Christoph ihn im Betretungsfalle zu verhaften 19) befohlen hatte: so war doch sein Verkehr nicht unterbrochen2°); Anhänger von ihm fanden sich noch lange zu Stuttgart, Tübingen und Canstadt und hielten in seinem Sinne und nach seiner Art ihre heimlichen Erbauungsstunden 21); sogar mehrere Jahre nach seinem Tode 22) erging noch ein Verbot des Verkaufs seiner Schriften 23).

Mittlerweile hatten, nachdem zuerst von Mähren her die Wiedertäuferischen Grundsätze in das Land gedrungen waren, auch Münsterische sich eingefunden, gegen welche ausdrücklich ein eigenes Mandat erlassen wurde 24). Es folgte darauf in demselben Jahre noch eine Ordnung, wie die Wiedertäufer zu bestrafen 25), worin namentlich auf ihre abweichenden Ansichten über Taufe, Abendmahl, Eid, Amt, Kriegsdienst,

16) Handschriftlich, bei Heyd S. 31.

17) Vom 15. April 1535. Reyscher, I. 36. 18) Heyd S. 35.

19) Am 14. Jun. 1554. Reyscher, I. 105. 20) Heyd S. 45. 46.

21) Eben daselbst S. 45. Andreas Neff, Bürger zu Canstadt, wurde deshalb in den Thurm gesteckt.

22) Weyermann, Neue Nachrichten von Gelehrten und Künstlern aus Ulm (Ulm 1829), S. 527., Er starb den 10. Dec. 1561. 23) Vom 16. Jan. 1564. Reyscher, I. 285.

24) Vom 22. Jun. 1535. Reyscher, I. 37. 25) Reyscher, I. 38 - 42,

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Unterthanenpflicht, Wiederbringung aller Dinge und Person Christi hingewiesen und nach Ort, Art und Anzahl ihrer Zusammenkünfte, so wie nach den Gegenständen ihrer Berathschlagungen und Reden zu fragen aufgegeben, die Bestrafung aber bei denjenigen, welche nicht widerrufen wollen, auf Gütereinziehung, Landesverweisung oder Todesstrafe bestimmt wird. Gleichwohl hielten sie auch ferner ihre nächtliche,,Zusammenschlupfung und Versammlungen, und fielen solche, die sich zur Entsagung schon hatten bestimmen lassen, ihnen aufs Neue zu. Daher lief ein Generalrescript im J. 1538 gegen sie aus 26), und ein späteres Mandat vom J. 155827) wurde im folgenden Jahre in die Grofse Kirchenordnung aufgenommen28), wobei auch die Schwenkfeldischen und andere Sectenmeinungen mit aufgezählt und verworfen sind. Es war jedoch schon nach wenigen Jahren 29) nöthig gefunden, den Druck und Verkauf der im sectirerischen Geiste abgefafsten Schriften streng und mit Verhaftandrohung gegen die Uebertreter zu untersagen. Auch wurden neue Berathungen, wie dem noch immer fortwuchernden Uebel Einhalt zu thun, von der Regierung und den Theologen angestellt, wobei die mildere Ansicht, welche, anstatt Verbannung, Todesstrafe und Gütereinziehung, zum höchsten mit lebenslänglichem Gefängnifs den beharrlichen Widerspruch gegen kirchliche Ordnung und Lehre zu ahnden vorschlug, den Beifall des wohlwollenden Herzogs Ludwig erhielt, zumal in dem hierüber erstatteten Gutachten gesagt war, dafs auch unter seinem Vater und Grofsvater niemals ein Wiedertäufer am Leben gestraft worden sey 30). Durch diese gelinderen Maafsnahmen scheint die Zahl der von der Landeskirche abtrünnig Gewordenen sich bald wiederum vermindert zu haben. Auch konnten die practischeren öffentlichen Vorträge und die ascetischen Schriften ausgezeichneter Kirchenlehrer einen gewinnenden Einflufs nicht verfehlen 31).

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29) Befehl vom 16. Jan. 1564. Reyscher, I. 285 ff.

30) Aus Urkunden des Staatsarchivs, bei Eisenlohr, geschichtliche Entwickelung der rechtlichen Verhältnisse der evangelischen Kirche in Würtemberg. Aus dem IX. Theile der Reyscherschen Gesetzsammlung abgedruckt. Tüb. 1836. (Siehe oben Note 1.) S. 91.

31) Vergl. Pfaff, Geschichte Wirtenbergs, B. 1. (Reutlingen und Leipzig, 1819) S. 516 f. Der durch seine beliebt gewordene Bauern-Postill practisch wirksame Lucas Osiander liefs auch drucken: Ein Predig von dem Widertauff. Lucas Osiander D. Sampt angehenckter Historien, Welcher gestalt sich die Widertäuffer Anno 1534 zu Münster gehalten u.s. w. Tübingen, 1582. 4.

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