Obrazy na stronie
PDF
ePub

Die Negation.

(Moment des Hässlichen.)

Sonett 67. Ah! wherefore with infection should he live,
And with his presence grace impiety,

That sin by him advantage should achieve,
And lace itself with his society?

Why should false painting imitate his cheek,
And steal dead seeing of his living hue?
Why should poor beauty indirectly seek *)
Roses of shadow, since his rose is true?
Why should he live, now nature bankrupt is,
Beggar'd of blood to blush through lively veins?
For she hath no exchequer now but his,

And, proud of many, lives upon his gains.

O! him she stores, to show what wealth she had
In days long since, before these last so bad.

Es ist schon wiederholt angedeutet worden, dass die Verwirklichung des Allgemeinen in dem Besondern vermittelst des Begriffs der Negation (Beraubung) Ursache der Klagen in den Sonetten ist.

Die zerstörende Wirkung desselben, in Beziehung auf die Muse des Dichters, ist gleich der That des Tarquin in „The rape of Lucrece" und der ideelle Vorwurf das Allgemeine dieser Dichtung dem die geschichtliche Episode angepasst und nach welchem dieselbe bearbeitet worden ist, dürfte sich auf jene be raubende und zerstörende Wirkung beziehen.

Die negative Thätigkeit lässt auch den Dichter und die Muse desselben so erscheinen, wie es in "A lover's complaint, by

*) Die Negation, welche das Moment des Hässlichen, Kranken und Falschen ist, begründet die Klage auch in dem obigen characteristischen Sonette; wie wir am Schlusse des vorigen Abschnittes erwähnten, bezieht die Scene Polonius und Reinhold sich auf die Negation durch die Formbestimmung, (cfr. das »former lecture and advice« des Polonius) um zur Wahrheit zu gelangen, dort wird die Anwendung der Negation (des Negirens des moralischen Zustandes des Laertes) als »bait of falsehood<< und als das Indirecte (»by indirections find directions out«) bezeichnet, ähnlich bezeichnet der Sonettist dieselbe oben als das Indirecte. »Sinnlichkeit und Denken verhalten sich zu einander wie die krumme zur geraden Linie; diese entspricht, insofern sie Princip der krummen Linie ist, der unveränderlichen Formbestimmung, während die krumme Linie der Einzelform vergleichbar ist, indem sie erst durch die gerade in ihrer Wahrheit erkannt wird.« (Biese I. 330.) In dem Geliebten, dem denkenden Geiste der unveränderlichen Formbestimmung ist das Directe, während die Negation das Suchen nach dem Indirecten, worüber geklagt wird, bewirkt. Auch in dem Sonett 121 bedient der Dichter sich bei nachdrucksvoller Andeutung seines eigentlichen Geisteszustandes des Bildes vom Graden und Krummen, »straight« und »bevel.<

William Shakespeare" welche Klage mit den Sonetten zugleich veröffentlicht geschildert worden ist.

[ocr errors]

Gleichfalls dürfte die Vernichtung des Adonis, dem ideellen Vorwurf der beschreibenden Dichtung Venus and Adonis" nach, sich auf den Effect der negativen thätigen Wirksamkeit beziehen. (Cfr. Sonett 53, in welchem über den Geliebten, den denkenden Geist, gesagt wird: „describe Adonis, and the counterfeit is poorly imitated after you.")

Wie schon in dem kurzen Abriss der philosophischen Systeme bemerkt, vermittelt Aristoteles, durch den Begriff der Negation den Uebergang des Ideellen in das Reale. Indem wir darüber, wie sich die Negation darstellt in den Dingen auf die Metaphysik des Stagiriten (V. 22) verweisen, beschränken wir uns hinsichtlich derselben hier auf folgende Bemerkungen unter Zugrundelegung der Bieseschen Darstellung der Philosophie des Aristoteles (cfr. B. I. 638 sq. 640 Anmk. 6).

In der Platonschen Speculation war das Sein und Nichtsein einander entgegengesetzt, da wie früher bemerkt, in derselben die Vermittelung für den Uebergang des Ideellen in das Materielle fehlte. Diese wird in der Aristotelischen Speculation gewonnen durch die Negation als solche, von welcher der Philosoph sagt, dass sie leicht übersehen werden und als nichtiger Begriff er· scheinen konnte, wenn man bloss das Zerstörende *) derselben

[ocr errors]

*) Der Dichter hat seine thätige Wirksamkeit als eine Heilthätigkeit nach der Lehre des Aristoteles von der durch die Tragödie zu bewirkenden Katharsis der Pathemata, durch eine organisch-bildende schöpferische Thätigkeit, aus sich selbst. aufgefasst. Die Negation hat auf den vollendeten Zustand des Dichters die Wirkung von Kathäretika (von schwächenden, das Leben zerstörenden Mitteln). Nach dem Sonett 118, in welchem ein stetiger Krankheitszustand constatirt wird, kann man den Dichter, nach dem dort gebrauchten Bilde von der Purgation (Katharsis) gewissermaassen als Magenkranken, als Koiliakos (Durchfallskranken; koilia: der Magen, die Bauchhöhle) ansehen und es muss hiernach auch das in dem Monologe »Sein oder Nichtsein« vorkommende bedeutsame >>mortal coil (coil im Englischen: zusammengelegte Taue, auch Aufruhr; also bildlich für jenen krankhaften Aufruhr im Magen, welcher wiederum sinnbildlich ist für den krankhaften Geisteszustand. den der Dichter präsentirt und mit dem er identificirt ist, (vgl. das »dross« im Sonett 146) erklärt werden. Der Dichter ist an sich selbst ein Zerstörer (Blaster) und muss das häufig im Drama Hamlet vorkommende »blast‹ auf das Zerstörende der Negation bezogen werden. »To blast = to damage, to blight, hurt, ruin, verderben, wird zunächst von schädlichen Einflüssen der Atmosphäre auf Pflanzen gebraucht, dann bei lebenden Wesen als Wirkung übernatürlicher Kräfte« (nach Heussi). Es findet auf diese sich selbst zerstörende, aber das geistige Leben erhaltende Thätigkeit, welche in Hamlet von dem man in dieser Beziehung gesagt hat, dass er seine besten Eigenschaften selber zerpflücke, (cfr. Gervinus II. 133) aber auch, dass sein Denken eine ewige Thätigkeit sei hypostasirt ist, das Wort Schiller's Anwendung: »Was unsterblich im Gesang soll leben, muss im Leben untergehn.« »Das ist das Loos des Schönen auf der Erde.<<

[ocr errors]

berücksichtige. Diese Negation, welche als das eine Glied des Gegensatzes von der Materie selbst zu unterscheiden ist, macht erst das Materielle, an welchem sie erscheint, zu einem in sich bedürftigen Sein und für die Formbestimmung empfänglich, so dass es nach dieser strebt, wie das Hässliche nach dem Schönen.*)

*) Die Worte des nypocritischen Königs Claudius in dem gewissermaassen die erste Wesenheit in dem Bewegt-Bewegenden, in dem mit der Negation behafteten Materiellen (die Discretion_cfr. die Rede des Königs im Anfange der 2. Scene des 1. Actes; vgl. Biese I. 546 sq.) personificirt ist, drücken das in sich bedürftige Sein und das Streben des Hässlichen nach dem Schönen aus. Dieselben gehen dem Monologe »Sein oder Nichtsein< unmittelbar vorher und stehen durch den Gedanken des Dichters, den ideellen Vorwurf, im nàchsten Zusammenhange mit demselben. Der König äussert nämlich auf die Worte seines Rathgebers, des Denkkünstlers, Philosophisten Polonius über die Sophistication oder das Ueberzuckern des Teufels: (vgl. »We are oft to blame in this; 't is too much prov'd, that, with devotion's visage, and pious action, we do sugar o'er the devil himself.<)

[ocr errors]

»O allzuwahr! wie trifft

Dies Wort mit scharfer Geissel mein Gewissen,
Der Metze Wange, schön durch falsche Kunst,
Ist hässlicher bei dem nicht, was ihr hilft,
Als meine That bei meinem glattsten Wort.
O schwere Bürde!<<

-

In dem folgenden Monologe »Sein oder Nichtsein« wird über diese schwere Bürde, (»o heavy burden«) welche durch die Negation verursacht wird, in anderer Weise reflectirt. Wie wir schon früher andeuteten, so handelt es sich nach dem ideellen Vorwurfe in diesem Monologe um die Frage der Verwirklichung oder Nichtverwirklichung der Idee. Die Verwirklichung ist das Sein, wird aber durch die nothwendige Negation, durch das Eingehen in die Gegensätze der Endlichkeit, zu einem Leidens- und Ambiguitätszustande, auf denselben beziehen sich die Worte: »whether 't is nobler in the mind, to suffer the slings and arrows of outrageous fortune;<< die Nichtverwirklichung ist das Nichtsein und beziehen sich hierauf die Worte: »or to take arms against a sea of troubles, and by opposing end them?<«< Die Nichtverwirklichung, welche ein Nichtsein ist, kommt der Quiescirungsidee (der anscheinenden Selbstmordsidee) Hamlets gleich und ist diese Idee ähnlich dem Verlangen in dem Sonett 66 (vgl. das obige Sonett 67 pag. 75) nach restful death. Das Einstellen der negativen Thätigkeit welche die »sea of troubles« und das outrageous fortunes begründet worauf sowohl das Verlangen Hamlets nach Quiescirung, als das des Sonettisten nach »restful death» zurückzuführen, würde aber auch die Nichtverwirklichung der Idee zur Folge haben und wie im Sonett 66 angedeutet den Geliebten, den Geist, der die absolute Idee selbst, die vollendete Formbestimmung ist, allein lassen, da die Idee sich nur vermittelst der Negation, durch ein Eingehen in die Gegensätze der Endlichkeit, verwirklichen kann, worauf das in dem von der Tragödie zu bewirkenden Mitleid liegende ideale Moment der Trauer beruht. Ienes Eingehen in die Gegensätze, welches die ideale Schönheit zerstört, (cfr. Sonett 104, 127) bewirkt andererseits das »Fairing the foul, with art's false borrow'd face« (das Beschönigen des Hässlichen Identificiren des Schönen und Hässlichen vermittelst des erborgten falschen Scheins der Kunst) wie es in dem Sonett 127 bezeichnet wird. Cfr. die obgedachten Worte des als Schauspieler eine Rolle spielenden Königs: »the harlot's cheek, beautied with plastering art, is not more ugly to the thing that helps it, than is my deed to my most painted word. O heavy burden!< In der Parallelisirung der hypocritischen Thätigkeit mit der Beschönigung vermittelst der »plastering art« dürfte eine Andeutung des plastischen Characters der Kunstthätigkeit des Dichters liegen, hinsichtlich welcher wir uns auf die nachfolgende Anmerkung ad Sonett 119 beziehen.

Was daher in dem Materiellen durch die Formbestimmung negirt wird, ist nicht die Materie selbst, sondern die Negation, womit das Materielle behaftet ist, und durch diese Negation der Negation entsteht das wahrhaft Positive, das bestimmte Was der Einzeldinge. Dieses bleibt aber als ein Endliches mit der Negation behaftet *) und es heben sich daher die sinnlich wahrnehmbaren Wesenheiten bei der ihnen immanenten Negation auf in de immateriellen Wesenheiten; diese haben ihren Grund in de Denken der göttlichen Vernunft, welche das gegensatzlose Princi von Allem ist.**)

[ocr errors]
[ocr errors]

Was nun das Mittlere betrifft, insofern es das Weder Noch"" oder das in dem Entgegengesetzten mit sich Identische ist, so könnte die Materie, welche das für die Gegensätze zu Grunde liegende ist, als das Mittlere erscheinen. Doch die Materie ist als solche zwar das Substrat der Veränderung, sie selbst verhält sich aber noch gleichgültig gegen das Entgegengesetzte; durch die Negation treten die Gegensätze bestimmt einander gegenüber und erhalten ihre Vermittelung erst durch die thätige Wirksamkeit der Formbestimmung, welche die höhere Einheit ist. Daher bemerkt Aristoteles gegen die älteren Naturphilosophen, dass sie den Gegensatz als das Thätige, die Einheit aber als das Leidende angesehen hätten; dagegen aber habe Platon den Gegensatz als das Leidende und die Einheit als das Thätige erkannt. Ebenso ist auch für Aristoteles die Formbestimmung als der Zweck die gestaltende belebende Thätigkeit un die beherrschende Einheit des Materiellen. Die Formbestimmunga *) Durch das Behaftetsein und -bleiben mit der Negation (Beraubung) muss Hamlets Aeusserung vor dem die Auflösung bewirkenden Kampfe mit Laertes Act 5, S. 2 ihre Erklärung finden. Hamlet sagt daselbst über seine mentale Negation, den Scheinwahnsinn, die »antic disposition<: (cfr. in Beziehung auf den Dichter die Aeusserung in dem Sonett 119 über >the distraction of this madding fever!<)

>> You must needs have heard, how I am punish'd
With sore distraction. What I have done,
That might your nature, honour, and exception,
Roughly awake, I here proclaim was madness.
Was 't Hamlet wrong'd Laertes? Never, Hamlet:
If Hamlet from himself be ta'en away.
And when he 's not himself does wrong Laertes,,
Then Hamlet does it not; Hamlet denies it.
Who does it then? His madness. If 't be so,
Hamlet is of the faction that is wrong'd;
His madness is poor Hamlet's enemy.

Sir, in this audience,

Let my disclaiming from a purpos'd evil

Free me so far in your most generous thoughts,
That I have shot mine arrow o'er the house,
And hurt my brother.<<

**) Cfr. oben pag. 22 sq.

selbst bleiben aber nicht, wie die Ideen des Platon dem Materiellen äusserlich, sondern die Form ist als das der Materie Immanente das gestaltende Princip. Sie steht daher in der genauesten Verbindung mit dem, was Wesenheit ist, und indem sie durch Aufhebung der Negation in dem Materiellen sich als das wahrhaft Positive erhält und ein bestimmtes individuelles Sein erzeugt, so ist sie als das Resultat der Gegensätze die höhere Einheit, in welcher sich das Widersprechende aufhebt, so dass sie demnach als das Beherrschende des Gegensatzes das Dritte oder dasjenige Mittlere ist, welches in dem Entgegengesetzten das mit sich Identische bleibt." Dies Mittlere tritt bestimmter als in dem Mittelbegriff des Schlusses wie derselbe in der Aristotelischen Logik entwickelt worden ist in der Ethik bei der Definition der Tugend hervor. Die Tugend selbst wird als die Mitte zwischen zwei Extremen bestimmt. Diese Mitte ist nicht eine, bloss quantitative, sondern sie wird durch die goóvnois (die practische Klugheit, die selbstbewusste Thätigkeit des Geistes, als richtige Einsicht besonders in Bezug auf das Handeln) zu einer qualitativen Bestimmung der Vernunft, welche die beherrschende Einheit der vernunftlosen Triebe ist und in diesen sich als besondere Tugend individualisirt und sich somit zu den einzelnen Trieben, die in ihrem natürlichen Zustande das Unbestimmte, das Maasslose sind, ebenso verhält, wie die thätig wirksame Formbestimmung zu dem Materiellen. Aristoteles bestimmt in dem Gegensatze des BewegtBewegenden, das unbewegt-bewegende Princip der göttlichen Vernunft, als ein Mittleres, welches ewig und Wesenheit und absolute Thätigkeit ist. Nach ihm ist das Denken der göttlichen Vernunft das sich in sich selbst Bewegende, denn der Geist verhalte sich denkend zu der gegenständlichen Welt nicht wie zu einem Anderen, sondern seine Richtung auf das Objective sei zugleich die Rückkehr in ihn selbst, ihn selbst, wie die Kreisbewegung in ihren Anfang zurück und nicht aus sich selbst hinausgehe; daher sagt er, WO er die Ansicht Platons widerlegt, dass die Seele dasjenige sei, was sich selber bewege oder bewegen könne, „nicht die empfindende und begehrende Seele ist eine solche Kreisbewegung, sondern nur die denkende Vernunft, welche das Weltall beherrscht." *)

In Beziehung auf die Kunst, welche nach Aristoteles gerade ausschliesslich eine Aeusserung der Vernunftthätigkeit des Menschen und sein Eigenthum ist, durch welches er sich von den übrigen lebenden Geschöpfen auszeichnet, sagt der Philosoph, dass da die *) Cfr. Biese a. a. O. I. 547. Amerk.

« PoprzedniaDalej »