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denke, gegeben habe, sind vorzugsweise drei neue Forscher auf den Plan, und zugleich, jeder in seiner Weise, mir entgegen getreten. In erster Linie ist zu nennen der Professor der Kunstgeschichte in Christiania, Dr. L. Dietrich son, mit seinem 1880 in Kopenhagen norwegisch erschienenen Buche,,Christusbilledet. Studier over den typiske Christusfremstillings Oprindelse, Udvikling og Oplosning," zu deutsch: „Das Christusbild, Studien über die typische Christusdarstellung, ihre Entstehung, Entwickelung und Auflösung." Da er sich darin u. A. auch mit mir auseinandersetzt (S. 77f.), hat er mir ausser dem norwegischen auch einen deutschen Text zugestellt mit dem Wunsche, letzteren der Oeffentlichkeit übergeben zu sehen. Obgleich ich aber das deutsche Exemplar um ein namhaftes gekürzt hatte, gelang es mir nicht, einen Verleger ausfindig zu machen, und habe ich die Sache mittlerweile in die Hände des als Uebersetzer aus dem Dänischen bekannten Pastors Michelsen gelegt, der sich über die Herausgabe mit F. A. Perthes verständigen wird. Ohne Abbildungen schien, allerdings im Widerspruch mit meiner eigenen Auffassung von der Sachlage, das Buch nicht brauchbar; die fast hundert Bilder des norwegischen Druckes aber wurden nicht ohne Grund als zu klein und ausdruckslos, die Herstellung neuer, grösserer und schönerer, als zu kostspielig befunden. Einstweilen habe ich durch eine gedrängte Darstellung des Inhaltes das Buch in den Kreisen der Fachmänner und Kunstverständigen einigermaassen bekannt zu machen gesucht (in Ianitscheks Repertorium, V. S. 436-443). An gegenwärtigem Orte dagegen beabsichtige ich mich eingehender besonders mit dem dritten Kapitel auseinanderzusetzen, welches den Ursprung des Christusbildes aus den Idealen der antiken Kunst (S. 145-216) in positiver Weise und an der Hand der vorhandenen Denkmäler auf der einen, der literarischen Zeugnisse auf der anderen Seite entwickelt. Dabei werde ich jede Bereicherung oder Ergänzung meines Wissens, die ich ihm verdanke, gewissenhaft verzeichnen.

Unter uns ist seither der Gegenstand namentlich in der ansprechenden und belehrenden Schrift von Hauck „die Entstehung des Christustypus in der abendländischen Kunst"

(in Frommels und Pfaffs Sammlung von Vorträgen, III, Nr. 2, Heidelberg 1880) behandelt worden, und zwar in fortlaufendem, wenngleich nicht ausgesprochenem Gegensatze gegen meinen früheren Aufsatz. Ausdrücklich betont hat seinen grundsätzlichen Dissensus endlich Victor Schultze, theils in seinem Werke,,Die Katakomben" (1882, vgl. besonders S. 155), theils auch in einem werthvollen und originellen Aufsatz über „Ursprung und älteste Geschichte des Christusbildes" in Luthardts ,,Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben" (1883, S. 201-315), darin er übrigens nur noch von allgemeinen Reminiscenzen" spricht, welche dem bartlosen Typus eine gewisse Authentie zu sichern. vermögen (S. 305. 307), und an die Stelle des völligen Bruches, welchen der Erlanger Theologe zwischen bartlosem und bärtigem Typus statuirt, ein allmähliches Ueberwachsen des einen in den andern treten lässt, den Anschauungen Haucks auch noch in anderer Beziehung den Krieg erklärend (vgl. Zeitschrift für Kirchengeschichte, V, S. 462).

Gleichzeitig hat übrigens F. X. Kraus in seiner „,RealEncyklopädie der christlichen Alterthümer" (II, S. 15—29, vgl. auch den Aufsatz von Heuser ebend. S. 7-15) das Christusbild der alten Kirche mit gewohnter Sachkenntniss (vgl. namentlich die Statistik S. 24-27) und im Gegensatze wie zu mir, so auch zu den drei Genannten behandelt. Ich bin also in der Lage, über einen komplicirten Thatbestand der Kontroverse berichten zu müssen.

Nur der Vollständigkeit und des Zusammenhanges wegen verweise ich zunächst auf Bekanntes. Die Kirche der ersten Jahrhunderte wies, zumal da, wo der Semitismus ihres Ursprunges noch stärker nachwirkte, im direkten Gegensatze zur heidnischen Vergötterung der Sinnlichkeit bis ins dritte theilweise sogar tief ins vierte Jahrhundert hinein Abbildungen Christi zurück, indem sie ihm auf Grund von Jes. 52, 14. 53, 2 äussere Missgestalt zuschrieb. So Justin der Märtyrer (Dial. 14, 85, 88); nur der Seele nach, meint Clemens von Alexandria, sei Christus ein Ideal von Schönheit gewesen (Paed. III. 1, 3. Strom. II. 5, 22. III. 17, 103. VI. 17, 151). Die Hässlichkeit der leiblichen Erscheinung

nimmt der Heide Celsus als zugegeben an und argumentirt daraus geradezu gegen die Göttlichkeit Christi. Der Widerspruch des Origenes (contra Cels. VI, 75—77) richtet sich nur gegen die Folgerung, concedirt dagegen in der Voraussetzung gerade den Hauptpunkt. Ebenso thut vorher Tertullian (de carne Christi, 9; adv. Iudaeos, 14) und noch hundert Jahre später Lactanz. Ein Zeitgenosse des Letzteren, Eusebius, vertritt ein anderes Motiv, von welchem sich die Kirche bei der Ablehnung des Christusbildes leiten liess. Von der geschichtlichen Gestalt des Heilandes so ermahnt er die nach einem authentischen Bilde Christi fragende Schwester Constantins in einem Schreiben, davon Fragmente sich in den Akten des zweiten nicänischen Concils (actio 6) erhalten haben könne man wohl aus den Zeugnissen der Evangelien, nicht aber aus todten Farben eine Anschauung gewinnen. Er vertröstet sie auf das zukünftige Schauen, meint also, dass sich das höchste Ideal an sich nicht dem irdischen Auge darstellen lasse. Aber schon ihm zeigte man alte Gemälde und Bilder Jesu, in welchen er Votivbilder zu erkennen glaubte; so namentlich jenes, auch das eben genannte bilderfreundliche Concil noch vielfach beschäftigende Erzbild in Paneas, welches den Herrn in dem Momente darstellen sollte, da er nach Matth. 9, 20-22 die kranke Frau in Kapernaum heilt. Der Kirchenschriftsteller, welcher uns darüber im Jahre 324 berichtet (Kirchengesch. VII, 18), zweifelt nicht daran, dass sie selbst aus Dankbarkeit die Erzgruppe auf dem hohen steinernen Postament habe errichten lassen. ein Andenken an die ihr widerfahrene Hülfe. Später wurde unter Kaiser Maximin oder unter Julian oder unter Beiden die Statue Jesu umgeworfen, der heidnische Pöbel schleifte sie durch die Strassen. Die Christen retteten die Ueberreste in eine Kirche, wo sie der Fortsetzer der Kirchengeschichte des Eusebius, Sozomenus, noch sah. Nach der Combination Dietrichsons wären die verschiedenen Berichte (zusammengestellt bei Kraus, S. 21) dahin zu vereinigen, dass Eusebius die Statue gesehen hätte, ehe sie Maximinus umstürzen liess, der wiederaufgerichteten aber später Julian seinen eigenen Kopf aufsetzen liess (S. 67 f.). Daher der Bericht des Sozo

menus (V, 21), der Kaiser habe die Christusstatue in eine Julianstatue verwandelt, aber der Kopf sei vom Blitz getroffen in den Hals hinabgefallen, worauf Heiden und Christen sich in entgegengesetzter Richtung um den Torso bemühten.

Freilich lag hier ein grosser Irrthum vor. Zwar will V. Schultze jene etwas barocke Entstehungsgeschichte des Eusebius aufrecht erhalten (S. 306, vgl. Katakomben S. 146), zumeist darum, weil die Scene mit der Blutflüssigen auch auf einigen Gemälden und Sarkophagreliefs begegnet. Erfreute sie sich aber einer gewissen Celebrität, so wird nur um so begreiflicher, wie man auch die Erzgruppe von Paneas darauf beziehen konnte. Viel näher als die Annahme dass schon die vorconstantinische Christenheit in der Lage gewesen sei, ihrem Herrn und Meister öffentliche Standbilder aus Erz zu errichten, liegt die Vermuthung, dass sie ein heidnisches Bild annektirt und umgedeutet habe. Man sieht nicht ein, weshalb derartiges der ,,Volksmeinung" nicht zugetraut werden dürfte. Wahrscheinlich liegt hier derselbe Fall vor, wie bei der sog. Hippolytstatue des Lateran (vgl. Kraus, S. 371). Das Gegenstück dazu bietet jene Bildsäule des Semo Sancus, welche Justin auf den Simon Magus deutete. Auch in unserem Falle hat wohl die Aufschrift des Bildes Anlass zu seiner Deutung auf Christus gegeben. Indem wir uns vorbehalten, darauf zurückzukommen, wenden wir uns wieder zu den Kirchenvätern. Noch im Jahre 368 zerriss der Judenchrist Epiphanius den Vorhang einer Dorfkirche in Palästina, weil darauf das Bild Christi oder eines Heiligen er wusste es selbst nicht recht gemalt stand. Aber schon in den nächsten Jahrzehnten kamen, wie aus den Angaben der gleich zu nennenden Kirchenväter erhellt, Christusbilder in immer grösserer Anzahl in den Kirchen auf; und zwar gilt für sie von vornherein nicht etwa jenes jesajanische Wort „,ohne Gestalt noch Schöne", sondern die Losung lautete, wie Ps. 45, 3 geschrieben steht: „Du bist der Schönste unter den Menschenkindern." In seinem Commentar zu der Stelle spricht dies Chrysostomus aus, indem er zugleich das gegentheilige Signalement des Pro

pheten Jesaja ausschliesslich auf die Leidenszeit bezieht, und Hieronymus beschreibt mit Bezug auf dieselbe Psalmstelle (ad Principiam virg. bei Martianay, II, S. 684) das Christusbild der Weltkirche, wenn er sagt, Christus habe in dem Gesicht und in den Augen etwas Himmlisches gehabt, daraus der Glanz der verborgenen Gottheit hervorstrahlte Nach V. Schultze (S. 144) hätte sich dieser Umschwung unter der Einwirkung der Kunstdenkmäler vollzogen. Aber irgendwie geht die künstlerische Praxis auch Hand in Hand mit der ausreifenden Dogmatik. Es war die herrschend werdende alexandrinische Denkweise, welche die Herrlichkeit Christi betonte. Ihren im vierten Jahrhundert noch versuchten Widerstand gab die Theologie im fünften und sechsten Jahrhundert auf, und Nestorius konnte den Hauptschöpfer des christologischen Dogmas, den alexandrinischen Patriarchen Cyrill, zugleich als Urheber des Bilderdienstes bezeichnen. Ein Christusbild von der bezeichneten Art macht bekanntlich auch geradezu einen nothwendigen Artikel in der lutherischen Orthodoxie aus (singularis animi et corporis excellentia mit Berufung auf Ps. 45, 3), während für die nestorianisirende reformirte Kirche das Wort Zwinglis bezeichnend ist (ed. Schuler et Schulthess, II, 1, S. 37 f. und besonders III, S. 319): Christus quatenus visibilis est et homo nulla ratione colendus est . . . divinam ejus naturam nulla ars adumbrare potest nec debet.

Gerade so zu sagen auf dem Uebergange von der durch Jes. 53, 2 normirten zu der an Ps. 45, 3 sich anlehnenden Anschauung steht Origenes. Giebt er dem Celsus die Ungestalt zu, so behauptet er doch auch auf der anderen Seite wieder, die Herrlichkeit, in welcher der noch auf Erden wandelnde Christus den drei Jüngern auf dem Berge erschienen sei. Der Widerspruch gleicht sich ihm dahin aus, Christus habe überhaupt eine bestimmte Gestalt gar nicht gehabt. sondern sei einem jeden so erschienen, wie sein eigener Begriff und sein Bestes es verlangt habe (contra Celsum VI, 77). Hier ist, wie man sieht, die Idee schon vollkommen Meister geworden über die historische Erscheinung. Zur Christuslehre des Origenes hat Jesus von Nazareth eben nur die Gelegenheitsursache gegeben. Was dieser Jesus auf Erden gethan

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