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Aber auch in dem Texte der Bruchstücke ist hinsichtlich des überlieferten Wortlautes nicht Alles in Ordnung, ein Umstand, der sicherlich bisher dazu beigetragen hat, das Verständniss der überaus tiefsinnigen, so trefflich philosophisch begründeten Gedanken der Schrift, in ihrer etwas wortreichen und schwerfälligen Fassung zu erschweren. Ich halte es nämlich für sehr fraglich, ob in allen Stellen der Bruchstücke von der zéroots die Rede ist. Zur Stütze dieser Ansicht glaube ich Folgendes anführen zu können.

Die von Sirmond gewählte Lesart διὰ τὴν κένωσιν (Lag. S. 58, 17) muss unbedingt der von dem Cod. Reg. und dem Cod. Colbert. des Nikephoros und von Anastasios bezeugten die Tv Evoor weichen. Es handelt sich hier, wie schon Basnage richtig sah, um die Vereinigung des Göttlichen und Menschlichen in Christus, von der es nach wenigen Zeilen S. 59, 2 -4 heisst: ἄρρητός τις καὶ ἄρρηκτος εἰς μίαν ὑπόστασιν ἀμφοτέρων γέγονεν ἕνωσις, πᾶσαν παντὸς γεννητοῦ παντελῶς διαφεύγουσα γνῶσιν.

Ganz ebenso liegt die Sache S. 61, 18 ff. Handschriftliches Zeugniss steht uns hier nicht zur Seite, wie an jener ersten Stelle. Wohl aber liegt es sehr nahe, Schreibversehen oder schlechte Schreibgewohnheit anzunehmen. Blass berichtet1) von dem Schreiber derjenigen Handschrift der Leichenrede des Hypereides, von welcher H. Stobart 1856 Bruchstücke aus Aegypten mitbrachte, dass er die Endbuchstaben N und C häufig ausliess, und somit TOY für TOYC, TO für TON, TH für THN, H für HN schrieb, ETOIC für ENTOIC, umgekehrt aber auch HN für THN und HC für THC. Bei ähnlicher Beschaffenheit des Schreibers würden wir in unserem Falle entweder AIATHENWCIN erwarten, woraus AIAKENWCIN wurde, oder AIAHNENWCIN, woraus AIAKENWCIN wurde. Das Nächstliegende scheint mir paläographisch das Erstere zu sein, so zwar, dass, besonders wenn die Schrift etwas eng war und die Querlinien der Buchstaben T und H, wie dies Blass (a. a. O. S. VIII)

1) Hyperidis orationes IV. Lipsiae, Teubner 1869. Praef. S. XVIII.

von den Buchstaben TIJHEO in den Harris'schen und Arden'schen Bruchstücken des Hypereides berichtet, zu dem nächsten Buchstaben herübergezogen waren, durch letzteren Umstand eine Buchstabenverknüpfung herbeigeführt wurde, welche die Schrift stellenweise entschieden schwer leserlich machte und zu Missverständnissen Anlass gab. Wenn die Meinung Beron's und seiner Gesinnungsgenossen im fünften Bruchstück (Lag. S. 61, 17 f.) dabin angegeben wird: λέγοντες τὴν μὲν προσληφθεῖσαν τῷ λόγῳ σάρκα γενέσθαι ταύ τουργὸν τῇ θεότητι διὰ τὴν πρόσληψιν, τὴν θεότητα δὲ γενέσθαι ταὐτοπαθῆ τῇ σαρκὶ διὰ κένωσιν, so erwarten wir, da im unmittelbaren Anschluss die Worte folgen τροπὴν ὁμοῦ καὶ φύρσιν καὶ σύγχυσιν καὶ τὴν εἰς ἀλλήλους ἀμφοτέρων μεταβολὴν δογματίζοντες, nothwendig nicht bloss statt xévwow das durch den Zusammenhang bedingte und allein zutreffende ἕνωσιν, sondern auch, entsprechend dem διὰ τὴν πρόσληψιν, das Wort mit dem Artikel τὴν. Wie leicht konnte der mit dem dogmatischen Begriff der κένωσις vielleicht besonders vertraute theologische Abschreiber, möglicherweise Anastasios selbst, die eben nach Lagarde mitgetheilte Lesart niederschreiben, wenn er in seiner Vorlage AIATHENWCIN oder AIAHNENWCIN fand. Ist nun die Verwechselung der eng aneinandergerückten Buchstaben TH oder HN mit K sehr leicht erklärlich, so nicht minder die von N mit K. Eine solche ist ohne Frage anzunehmen. in den auf die letzte Stelle unmittelbar Bezug nehmenden weiteren Ausführungen: καὶ εὶ γέγονε κενωθεῖσα τῇ σαρκὶ ταὐτοπαθὴς ἡ θεότης, δῆλον ὅτι καὶ φύσει σὰρξ μεθ' ὅσων φυσικῶς γνωρίζεσθαι πέφυκε σάρξ. In der Vorlage stand ΓΕΓΟΝΕΝΕΝΩΘΕΙΣΑ, woraus der füchtige oder besser wissen wollende SchreiberЄгONEKENWOEICA machte. Die Stelle lautet nun im Zusammenhange: καὶ εἰ γέγονεν ἑνωθεῖσα τῇ σαρκὶ ταὐτοπαθὴς ἡ θεότης, δῆλον ὅτι καὶ φύσει σάρξ μεθ' ὅσων φυσικῶς γνωρίζεσθαι πέφυκε σάρξ. Sie entspricht so nunmehr genau jener zuvor mitgetheilten Stelle des ersten Bruchstücks (Lag. S. 59, 2-4), in welcher Ένωσις ohne jedes Schwanken der Ueberlieferung bezeugt ist.

Um derselben sachlichen, durch Rücksichtnahme auf

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Dräseke, Zu Pseudo-Hippolytos.

Schreibeigenthümlichkeiten gestützten Gründe willen, welche für die zuerst besprochene Stelle massgebend sind, muss es wahrscheinlich auch im zweiten Bruchstück (Lag. S. 59, 11 ff.) heissen: κατ' αὐτὴν ἅμα τὴν σωτήριον σάρκωσιν τῆς ἰδίας θεότητος ἐμποιήσας τῇ σαρκὶ τὴν ἐνέργειαν, οὐ περιγραφομένην αὐτῇ διὰ τὴν ἕνωσιν statt διὰ τὴν κένωσιν, und ebendaselbst Z. 20: τὴν ὑπὲρ ἡμῶν ἐπιστώσατο ἕνωσιν θεότητος, θαύμασι καὶ σαρκὸς παθήμασι φυσικώς βεβαι ουμένην statt κένωσιν, wobei vielleicht noch eine tiefere Verderbniss des Textes in dem merkwürdigen oτoαto stecken dürfte, das weder in des Anastasios Uebersetzung ...exinanitionem pro nobis indicavit divinitatis, miraculis et carmis passionibus naturaliter roboratam" noch durch Baunius' Verbesserung,,probavit, persuasit" verständlich wird.

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In der Reihe der scharf unterschiedenen und mehrfach gegenübergestellten Begriffe würden somit die der nooound der vwois von besonderer Wichtigkeit sein. Auch Fock hebt a. a. O. S. 560 diese beiden hervor, während er sonst, dem überlieferten Texte folgend, von rоóólŋyis und závwoię redet.

Mit diesen, wie mir scheint, nothwendigen Textesbesserungen wird auch ein erneuter Versuch, die Bruchstücke der merkwürdigen Schrift Κατὰ Βύρωνος περὶ θεολογίας xai ouozáσɛws befriedigender als bisher zu deuten, zu rechnen haben.

Zu den unter des Justinus Namen überlieferten christologischen Bruchstücken.

Von

Dr. Johannes Dräseke.

Nachdem ich in meiner Abhandlung „Apollinarios von Laodicea der Verfasser der echten Bestandtheile der pseudojustinischen Schrift Ἔκθεσις πίστεως ἤτοι περὶ τριάδος 1) den Beweis erbracht zu haben glaube für die Thatsache, dass auch der Name des Justinus neben denjenigen der jüngeren Väter Gregorios Thaumaturgos, Athanasios, Julius und Felix von Rom von Fälschern verwendet wurde, um Schriften des so viel angefeindeten, von den Seinen aber hochverehrten Apollinarios in Umlauf zu setzen und mit dem nöthigen Ansehn zu umkleiden, dürfte auch die Vermuthung, dass in den unter des Justinus Namen überlieferten Bruchstücken noch solche enthalten sind, welche den grossen Bischof von Laodicea zum Verfasser haben, sehr bedeutend an Wahrscheinlichkeit gewonnen haben. Wenn wir von diesem Gesichtspunkte aus die von von Otto im fünften Bande seines ,,Corpus apologetarum" (3. Ausg. Jena, Fischer 1881) S. 368 ff. zusammengestellten Bruchstücke genauer durchmustern, so zeigt gleich das erste derselben entschieden apollinaristische Gedanken. Es lautet:

Δὶ ἀμφοῖν τοῖν ὀρνέοιν σημαίνεται ὁ Χριστός, καὶ τεθνεώς ὡς ἄνθρωπος καὶ ζῶν ὡς Θεός. Ορνιθίῳ δὲ παρεικάζεται διὰ τὸ ἄνωθεν καὶ ἐξ οὐρανοῦ νοεῖσθαι καὶ λέγεσθαι.

1) Zeitschrift für Kirchengeschichte, Band VI.

Βαπτισθὲν δὲ τὸ ζῶν ὀρνίθιον ἐν τῷ αἵματι τοῦ τεθνεῶτος ἀνεῖτο λοιπόν· ἐν γὰρ τῷ σταυρωθέντι καὶ ἀποθανόντι ναῷ ὁ ζῶν καὶ θεῖος ἦν λόγος, κοινωνὸς ὡς ἄνθρωπος τοῦ πάθους καὶ ἀπαθὴς ὡς θεός.

Dieses Bruchstück, welches im Cod. Coisl. 5, fol. 20b den Namen Justinus des Märtyrers trägt, wird zwar im Cod. Coisl. 6, fol. 24 und Cod. Reg. Par. 128, fol. 345 dem Kyrillos von Alexandria beigelegt, aber schon Maranus bemerkte zu demselben, wie von Otto anführt, mit Recht: „Nec Cyrillum nec Iustinum dixisse crediderim in templo crucifixo et mortuo fuisse logon viventem, ita ut particeps fuerit passionis ut homo et impassibilis ut deus." Wenngleich wir nun auch für die sinnbildliche Schrifterklärung der ersten Zeilen in des Apollinarios uns vollständig oder in Bruchstücken erhaltenen Werken nicht viele ähnlich lautende Stellen1) beizubringen vermögen, so ist doch, wie ich meine, bei der fast unglaublichen Vielseitigkeit des vielschreibenden Laodiceners die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, dass er in irgend welchem erbaulichen Zusammenhange oder in der Auslegung der diesbezüglichen Schriftstelle dergleichen Umdeutung getrieben: aber der Schlusssatz, der auch des Maranus Aufmerksamkeit erregte, ist in jeder Beziehung rein apollinaristisch. Apollinarios lehrte ja gerade von dem menschlichen лvεuμа Jesu, welches zugleich Logos ist, dass es nothwendig Mensch sein und an allem Menschlichen Antheil haben müsse; darum liess er folgerichtigerweise an diesem лvɛvμɑ zwei Seiten sich herausstellen, „die eine, wornach es Logos ist oder Gott, und schlechthin unveränderlich; die andre, wornach es der Endlichkeit zugewandt ist, sich wirklich erniedrigen und in das Mitgefühl der Leiden und Kämpfe eingehen kann".2)

1) Zum Vergleiche besonders geeignet erscheinen einige von den 16 in des unter Justinianus lebenden christlichen Sophisten Prokopios von Gaza Εἰς τὰ ἄσματα τῶν ᾀσμάτων ἐξηγητικῶν ἐκλογῶν ἐπιτομή aufbehaltenen und bei Mai, Class. auct. e Vatican. codicib. edit. tom. IX (Romae MDCCCXXXVII), S. 259, 261, 263, 266, 268, 288, 290, 308, 353, 382, 386, 390, 400, 403, 426, 430 sich findenden exegetischen Bruchstücken des Apollinarios.

2) Dorner, Entwicklungsgesch. der Lehre von der Person Christi. I, S. 1015. H. Voigt, Die Lehre des Athanasius von Alexandrien. S. 323.

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