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Tradition über gallische Blutzeugen aus der Zeit jenes Fürsten existirte. Mit noch weit mehr Recht dürfte man zu Gunsten der relativen Christenfreundlichkeit des Commodus die Thatsache geltend machen, dass die spätere getrübte Tradition, die fast allen römischen Imperatoren, auch den hervorragend christenfreundlichen, wie Nerva, Alexander Severus, Philippus Arabs, Gallienus, Martyrien, zum Theil recht zahlreiche, andichtet, von so auffallend wenigen Blutzeugen gerade aus der Zeit des dritten Antoninus zu berichten weiss, der spärlichen geschichtlichen Martyrien aus jener Epoche natürlich zu geschweigen.')

2. Aber wozu sich um negative resp. indirecte Zeugnisse abmühen, wo man, wie hier, unzweideutige positive hochauthentische Quellenbelege vorführen kann, und zwar zunächst zwei Zeitgenossen des Kaisers selber, einen, Irenäus, den berühmten Bischof von Lyon, aus dem Westen, und den andern, den antimontanistichen Anonymus (ap. Eus. h. e. V 16) vom Jahre 192 oder 193? Irenäus (Advers. haereses [ed. Joany, Ernest. Grabe, Oxonii 1702] 1. IV c. 30) schreibt noch bei Lebzeiten des Commodus:,,Die Welt hat Frieden, ohne Furcht wandeln wir zu Lande und reisen zur See, wo wir wollen." Und der Anonymus bezeichnet im zweiten Buche seiner verloren gegangenen antimontanistischen Schrift kurz vor oder bald nach der Ermordung des Commodes die ganze Regierungszeit dieses Kaisers als eine Epoche „unerschütterten Friedens", als eine „εigývý diáμoros“ auch für die Kirche.2) Weiter bezeugt Eusebius (h. e. V 21), die gesammte Christenheit hätte sich unter Commodus eines Zustandes der Ruhe und des Friedens erfreut.3) Endlich

1) Vgl. unten A, III, Nr. 5 (S. 241 ff.) und B, V, Nr. 4 u. 5.

2) S. den Wortlaut und die genauere Interpretation dieser überaus schwierigen Stelle weiter unten „Anhang“, I. — Die von Tertullian (De corona militis c. 1), gleichfalls einem (jüngeren) Zeitgenossen des dritten Antoninus, erwähnte Friedensepoche der Christenheit steht zur Regierungszeit des Commodus in gar keinem Zusammenhang (vgl. unten „Anhang“, II, 1).

3)Κατὰ δὲ τὸν αὐτὸν τῆς Κομόδου βασιλείας χρόνον μεταβέ βλητο μὲν ἐπὶ τὸ πρᾶον τὰ καθ' ἡμᾶς εἰρήνης σὺν θείᾳ χάριτι τὰς καθ' ὅλης οἰκουμένης διαλαβούσης ἐκκλησίας.“

berichtet die freilich spät, erst 628 u. Z., verfasste Osterchronik, Commodus hätte für die gesammte Dauer seiner Regierung die Christenverfolgungen beseitigt.1) Ein Zeugniss, das um so werthvoller ist, als die Osterchronik sich sonst so oft zum Medium der oben im Allgemeinen charakterisirten getrübten Traditionen über zahlreiche apokryphe Märtyrergeschichten hergiebt! Also noch im Anfang des 7. Jahrhunderts existirte im märtyrersüchtigen Orient keine Spur einer Tradition über eigentliche Christenverfolgungen zur Zeit des Commodus.

III. Speciellere Quellenbelege für die relative Schonung des Christenthums in den Jahren 180-192.

1. Dafür, dass wenigstens die hauptstädtische Christengemeinde mindestens eines leidlichen äusseren Friedens genoss, spricht zunächst ein mehr indirectes Zeugniss, die Thatsache nämlich, dass die beiden römischen Bischöfe, deren Pontificat in unsere Periode fällt, Eleutherus und Victor, damals weder Märtyrer noch auch nur Bekenner geworden sind.) Aber das Christenthum wurde damals nicht nur so

1) Chron. pasch. edit. Bonnens., vol. I, p. 489: „Ovios ó Kóμμoδος ἐπὶ τῆς αὐτοῦ κρατήσεως παύει τὸν διωγμὸν τῆς ἐκκλησίας".

2) Eleutherus (vgl. 174 oder 175 bis 189, vgl. R. A. Lipsius, Chronologie der röm. Bisch. [Kiel 1869], S. 173. 185 f. 263) wird von Baronius im Martyr. Rom. (Coloniae 1603), s. 26. Maii, p. 335 Märtyrer genannt, dagegen legt ihm der Cardinal Annal. eccl. p. 201 ad a. Chr. 194, Nr 1. inconsequent genug wenigstens den Ehrentitel Bekenner bei. Aber weder im Bischofskatalog der liberianischen Chronik vom J. 354, obgleich dort zweimal eine „,Passio" (Martyrium der römischen Bischöfe Fabianus und Sixtus) und einmal ein „,cum gloria dormitionem accipere" (Bekenntniss des Cornelius) vorkommt (abgedruckt nach der Th. Mommsen'schen Edition bei Lipsius a. a. O. S. 264 ff.; vgl. S. 266 und F. X. Kraus, Roma Sotterranea, 2. Aufl., Freiburg i. Br. 1879, S. 593 ff.), noch in der,,Depositio martyrum“ und der „,Depositio episcoporum“ derselben Chronik (abgedruckt bei Ruinart, Acta martyrum sincera [Regensburg 1859, Abdruck nach der Veronenser Edition von 1731] S. 631f. und F. X. Kraus a. a. O. S. 598 f. 21 f.) noch bei Eusebius (h. e. V. 6) noch endlich

eben geduldet, es durfte sich auch mit Freiheit bewegen; das beweisen namentlich zwei Thatsachen: Die Verwendung vieler Christen bei Hof in niederen und höheren Chargen und die damals so erfolgreich betriebene christliche Propaganda unter den Heiden.

2. Das Wohlwollen des Kaisers zog Christen nicht bloss zu niederen Diensten im Palaste heran, sondern beförderte sie auch zu höhern einträglichen Chargen: Der schon erwähnte Irenäus bekundet ausdrücklich, dass es auch reichbesoldete Diener des Kaisers Commodus gab, die in der Lage waren, ihre unbemittelten Glaubensbrüder mit ihrem Ueberflusse zu unterstützen (Advers, haer. I. IV c. 49). 1) Wenn Tertullian um 198, freilich übertreibend, von unzähligen christlichen Palastbeamten spricht (Apologet. c. 37

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implevimus palatium...), so denkt er dabei allerdings in erster Linie an die ihm zunächst liegende Zeit, an die ersten Regierungsjahre des Septimius Severus, 193 -- 198. Da aber die unmittelbar vorhergehende Regierungszeit des Commodus für die Christen eine noch ungetrübtere Friedensepoche bedeutete, so darf man das Zeugniss des afrikanischen Apologeten auch auf die uns hier interessirende Periode, auf die Jahre 180-193, beziehen. Wir sind in der Lage, einzelne dieser christlichen Hofbeamten aus der Zeit des Kaisers Commodus namhaft zu machen: Zwei oder drei dieser Leute lernen wir aus 1. IX c. 11 u. 12 der „Philosophumena" des Pseudo-Hippolytus (ed. Emm. Miller, Oxonii 1851.

im sog. Pseudo-Damasus oder dem felicianischen Katalog von c. 530 (bei Lipsius S. 273) findet sich die geringste Spur eines Glaubenskampfes des Eleutherus. Von einem Bekenntnisse des römischen Bischofs Victor I. (reg. 189-198, vgl. Lipsius a. a. O. S. 171–174. 263), der erst unter Septimius Severus starb, zur Zeit des Commodus ist nicht das Geringste bekannt (vgl. meinen Aufsatz „Das Christenth. u. d. röm. Staat z. Zeit d. Kaisers Septim. Severus," Jahrbücher für protest. Theolog. IV. [1878], H. 2 [S. 273-327], S. 294, Anm. 1).

1) „,Quid autem et hi, qui in regali aula sunt fideles, nonne ex eis, quae Caesaris sunt, habent utensilia, et his, qui non habent, unusquisque eorum secundum suam virtutem praestat?"

2

S. 284 ff.) kennen 1), einen wohlhabenden Bediensteten Namens Carpophorus, dessen Sclaven Callistus, den spätern römischen Bischof (s. weiter unten A, III, Nr. 5 [S. 241 ff.] u. B. VI), dem Ersterer eine grosse Geldsumme anvertraut: Oixérns ètúyχανε (nämlich Κάλλιστος) Καρποφόρου τινὸς ἀνδρὸς πιστοῦ ὄντος ἐκ τῆς Καίσαρος οἰκίας κτλ. heisst es beim PseudoHippolytus. Der im Auftrage der Marcia nach Sardinien reisende halbverschnittene Presbyter Hyacinthus wird wohl auch zu den Bediensteten des Palastes resp. der Marcia gehört haben. Endlich kommt hier eine der ältesten und merkwürdigsten datirten altchristlichen Inschriften in Betracht. Sie ist abgedruckt bei Orelli-Henzen C. J. L., Nr. 6344 und F. X. Kraus (R. S., S. 456) und hat folgenden Wortlaut: „Marco Aurelio Augustorum liberto Prosenetia cubiculo Augusti, procuratori thesaurorum, procuratori patrimonii, procuratori munerum, procuratori virorum, ordinato a divo Commodo in Kastrense, patrono pissimo, liberti benemerenti surcophagum de suo adornaverunt. Prosenes receptus ad Deum quinto non (as). Praesente et Ertricato iterum (sc. consulibus = 217). Regrediens in urbem) ab expeditionibus scripsit Ampelius libertus". Diese Grabinschrift vom Jahre 217 macht uns mit einem ehemaligen Freigelassenen des Commodus Namens M. Aurelius Prosenes bekannt, den jener Kaiser selber im Palastdienst beförderte oder doch dazu heranzog. Henzen hat den Titulus als heidnisch behandelt, wohl das „,divo" allzu sehr betonend, aber mit Recht hält Kraus (a. a. O.) wegen des „,receptus ad Deum“ den Prosenes für einen Christen.

......

3. Nach Eus. h. e. V 21 fanden in den ruhigen Zeiten des Commodus manche Conversionen zum Christenthum statt; damals fingen auch reiche und vornehme Familien an, sich dem Glauben des Gekreuzigten zuzuwenden. Durch diese ganz dem historischen Zusammenhang entsprechende Angabe des palästinensischen Bischofs erhält auch die gewaltig über

1) Näheres über den Charakter und die Bedeutung dieser Schrift resp. dieser Stelle in anderem Zusammenhang weiter unten A, III Nr. 5, B, VI.

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treibende, einen vollständigen Anachronismus repräsentirende, Aeusserung Tertullians ihr Correctiv, der schon um das J. 198 von einem Ueberwiegen des christlichen Elements in allen Ständen und aller Orten zu sprechen wagt, also Massenbekehrungen in der ganzen Welt auch für 180-193, wenn auch erst in zweiter Linie, voraussetzt; Apolog. c. 37 heist es nämlich: Hesterni sumus, et vestra omnia implevimus, urbes, insulas, castella, municipia, conciliabula, castra ipsa, tribus, decurias, palatium, senatum, forum; sola vobis relinquimus templa." Am Bedenklichsten ist das „implevimus .senatum;" die christliche Propaganda in senatorischen Kreisen war damals ganz gewiss nur eine wenig erhebliche. Zu dieser These bin ich auf Grund folgender Erwägung gelangt: I. Der römische Senat war während der gesammten Kaiserzeit bis in's 5. Jahrhundert hinein ein Hauptbollwerk des griechisch-römischen Polytheismus und eine eminent christenfeindliche Macht: man denke nur an die verschiedenen Relationen des Symmachus in Betreff des Altars der Victoria. II. Keine römische Institution war mit dem Heidenthum enger verknüpft als der Senat; nach einer Verordnung des Kaisers Augustus musste jeder Senator vor Beginn jeder Sitzung dem Gott, in dessen Tempel die Verhandlungen stattfanden, ein Opfer darbringen. Ein senatorischer Convertit schwebte also stündlich in der Gefahr, entweder als Christ entdeckt und bestraft zu werden oder seine religiöse Ueberzeugung zu verleugnen. Einem zum Christenthum übergetretenen Senator blieb nichts übrig, als entweder ganz auszuscheiden oder unter Vorwänden den Sitzungen fern zu bleiben, was sich auf die Dauer auch nicht ausführen liess. Senatorische Convertiten mussten sich also für ihren neuen Glauben weit grösseren Gefahren unterziehen, als alle übrigen.')

Aus dem angedeuteten Grunde, weil es nämlich für senatorische Convertiten so ausserordentlich schwer war, ihren

1) Vgl. Sueton., August. c. 35: Quo autem lecti probatique (senatores) religiosius.. senatoria munera fungerentur, sanxit (Augustus), ut, prius, quam consideret, quisque thure ac mero supplicaret apud aram eius dei, in cuius templo coiretur" und die zutreffenden Ausführungen des Baronius (Ann. ecel. II, S. 199. 200 ad a. Chr. 192, § III).

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