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hebung aller Unterschiede, in der Nivellirung aller Besonderheit, in der Vereinerleiung alles für sich bestehenden Seins, das Individuelle soll in dem Universellen aufgehen.

Eine solche Vereinerleiung widerspricht dem Wesen des Christenthums, welches eben dadurch ein neues, von der alten Welt verschiedenes Leben ist, dass in ihm das Individuelle und das Universelle in ein vollkommenes Gleichgewicht gesetzt worden sind. Der ganze Leib gilt nicht mehr als alle seine Glieder, eine einzige Seele ist gleich der Gesammtheit aller geachtet.') Nicht Aufgehen des Individuums. in der Gesammtheit wird verlangt, sondern ein Eingehen des Theiles in das Ganze, 2) des Gliedes in den Leib, den Gesammtorganismus; Einheit, nicht Einerleiheit ist also hier das Ziel der Weltentwickelung. 3)

Hiermit ist der nivellirenden Tendenz des Kosmopolitismus die Spitze abgebrochen, und es ist das Recht des Individuums gegenüber dem Allgemeinen voll gewahrt.

Weit entfernt daher, als ob das Christenthum die Nationalität der Völker beeinträchtigte, hilft es ihnen vielmehr erst zu ihrer wahren Individualität. Daher haben sich gerade im christlichen Völkerleben die Völkerindividualitäten am schärfsten herausgebildet). Allerdings lässt sich nicht ver

the central thought of this First Noble Truth in the language of the nineteenth century by saying that pain results from existence as an individual. It is a struggle to maintain one's individuality which produces pain a most pregnant and far reaching suggestion. See for a fuller exposition the Fortnightly Review for December 1879. Vgl. ch. Mahû-Sudassana Introd. 343: One of the many ideas involved in Arahatship was the absolute dissolution of individuality. Gotama wether rightly or wrongly is here of no importance held that freedom from pain, absolute ease, happiness, was incompatible with existence as a distinct individuol (wether animal, god, or man); und auf diesen ,,barbarischen“ Standpunkt hofft die ,,Religion des Geistes" die Menschheit wieder zurückführen zu können! Vgl. Ed. v. Hartmanus Rel. d. Geistes S. 119, 1, 256, siche dagegen die vorzüglichen Bemerkungen Oldenberg's, a. a.O. 191, 1. 1) Luk. 15, 10. 2) Joh. 15, 4. 3) Joh. 17, 21.

4) Es irrt also Feuerbach, welcher (b. Bastian, d. Mensch i. d. Gesch. II, 51) sagt: Der Heide ist Patriot, der Christ Kosmopolit; folglich ist auch der Gott der Heiden ein patriotischer, der Gott der Christen ein kosmopolitischer.

kennen, dass auch die Völker, in deren Mitte das Christenthum entstand, am meisten zu jener Individualisirung präformirt waren; was z. B. von den Völkern, zu denen der Buddhismus und Muhamedanismus gekommen sind, nicht in dem Maasse gesagt werden kann. Aber das Christenthum hat die Nationalitäten nicht bloss nicht unterdrückt und verwischt

was doch durch den kosmopolitischen Hellenismus und das Römerthum in bedeutendem Maasse geschehen war sondern unter seinem Einfluss haben sich die nationalen Typen des Völkerlebens in einer Schärfe herausgebildet, wie dies im ganzen vorchristlichen Alterthum nicht dagewesen, noch neben dem Christenthum da ist. Der schlagendste Beweis aber dafür, dass diese individualisirende Bewegung durch das Christenthum befördert wird, liegt in der augenscheinlichen Thatsache vor, dass das Christenthum selbst eben bei dieser Individualisirung erst zur vollen und kräftigen Entfaltung seines Princips gelangt, sowie sie unter den nivellirenden Tendenzen des Römerthums gar nicht zu erreichen gewesen ist.1) Mit andern Worten, das Christenthum hat den Reichthum der in seinem Princip eingeschlossenen besonderen Lebensmomente erst seit der Reformation des 16. Jahrhunderts auseinanderzulegen angefangen, seitdem es die kirchlichkatholische Form gesprengt und in den nationalen Formen wirksam zu werden begonnen hat. Oder sollte das Christenthum vielleicht eine Einbusse an seinem Gehalt erlitten haben, seitdem es nicht blos ein römisches, sondern auch ein deutsches, slavisches u. s. w. Christenthum giebt?

Diese individualisirende, näher nationalisirende Tendenz des Christenthums wird aber noch durch zwei besondere Umstände begünstigt.

Erstlich beschränkt sich das Christenthum principiell auf den Kern der moralischen Natur des Menschen. Es ist principiell die Liebe, die in Wahrheit nicht blos eines, sondern des Gesetzes Erfüllung ist. 2) Dieser Kern erscheint

1) Vgl. m.,,Relig. Anlage" S. 377 ff.

2) Röm. 13, 10; vgl. 1. Joh. 3, 11. 4, 11 u. s. f. Vgl. Fortlage, a. a. O. 6: Für das Christenthum giebt es daher kein feststehendes Sitten gesetz sondern nur ein Sitten princip. . .

Jahrb. f. prot. Theol. IX.

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in der That unverwüstlich, so lange die menschliche Natur bleibt, wozu sie ursprünglich angelegt ist, und worauf hin sie letztlich unter allen Umständen tendiren muss. Es kann keine Gestaltung des Völkerlebens geben, kein wirklich organisches Wachsthum des Völkerlebens statthaben, ohne dass das Princip der Liebe, so wie es im Christenthum ursprünglich in Wirksamkeit getreten ist, im Centrum der Entwickelung bliebe und den innersten Kern des organischen Wachstums bildete.1) Auf diesen Kern beschränkt sich das Christenthum aber auch, es will nicht mehr und nicht weniger sein als vollkommene (Gottes- und Nächsten-) Liebe; es ist grundsätzlich frei von allem blos Statuarischen, von allen äusserlichen Ordnungen und Festsetzungen, welche immer nur örtlicher und zeitlicher Art sein können, daher wegfallen müssen. sobald die Constellationen des Völkerlebens sich einmal gründlich zu ändern begonnen haben. Während der Muhamedanismus und Buddhismus unablöslich mit diesem statuarischen und also zeitlichen und vorübergehenden Wesen verkoppelt sind, kann das Christenthum mit Leichtigkeit in die verschiedensten Formen, welche jeweils nothwendig werden, eintreten, und auch wieder mit derselben Leichtigkeit, ohne an seiner Lebenskraft Schaden zu nehmen, sich der altgewordenen Formen entledigen. 2)

Zweitens liegt jene die mannigfaltige, reiche und kräftige Entwickelung des Völkerlebens befördernde Macht des Christenthums auch darin, dass es principiell einen historischpolitischen Charakter im höchsten Sinne des Wortes hat,3) denn seine oberste Tendenz ist von Haus aus von Israel die Herstellung des Reiches Gottes; was Israel im Kleinen und in lediglich typischer und elementarer Weise gewesen,1) das soll am Völkerleben im Grossen durchgeführt

aus

1) Vgl. die trefflichen Bemerkungen von Reinhard, a. a. O. 84. 85. 1. 99. Fortlage. a. a. O. 6.

2) Vgl. hierzu Kuenen, Univ. and Nat. Religg. 292 ff.

3) Vgl. Fortlage, a. a. O. 14. 15. Keim, Gesch. Jesu II, S. 51, 1. Reinhard, a. a. O. 94, 101. 102. 103.

4) Vgl. hierzu die folgende treffende Bemerkung J. P. Lange's, in seinem Bibelwerk, Ev. Joh. 10, 16:,,Bei der Einheit des alttestament

werden, ein Staatenorganismus" also, und nicht eine Universalkirche.

V.

Und hiermit kommen wir zum fünften Punkte, in welchem das Christenthum vom Buddhismus sich fundamental unterscheidet, nämlich zu der symbolisch-kirchlichen Form. Die letztere ist dem Buddhismus wesentlich, es kann für ihn keine andere geben; denn wie für die indische Weltanschauung überhaupt, so auch für ihn insbesondere ist das reale Dasein nur ein schattenhaftes, ist die ganze reale Welt nur ein,,Gleichniss", nicht der Same, aus dem eine höhere Weltordnung entwickelt werden soll, sondern das an sich Schlechte Niedrigere, Finstere, welches schlechthin abgethan, völlig aufgerieben, vernichtet werden soll; nur die rein ideale Existenz ist das wahrhaft Seiende, Nirwana.

Die symbolisch-kirchliche Form ist das allein geeignete Mittel, um die Flucht aus dem Diesseits in das Jenseits, aus der ewigen Unruhe des Sansâra, aus dem grob materiellen Dasein in das entmaterialisirte reine Sein zu bewirken. Während so diese Form dem Buddhismus als Charakter indelebilis anhaftet, bildet dieselbe für das Christenthum nur eine vorübergehende zeitliche Gestalt, gleichsam nur eine Hilfsconstruction für die Fundamentirung des Reiches Gottes nach universellem Maassstabe. Diese Form geht also nicht aus dem Wesen des Christenthums hervor, sondern war nothwendig um der Zeit- und Völkerverhältnisse willen, unter denen es entstand und in welche es eintreten und wirksam

lichen und neutestamentlichen Gottesreichs ist doch der Gegensatz zwischen der typischen alttestamentlichen Theokratie und dem realen neutestamentlichen Himmelreich nicht zu übersehen. S. Dan. 7, 14. Das Letztere geht nicht aus dem Ersteren hervor, sondern das Erstere geht dem Letzteren als Schatten voraus!“ „Das Himmelreich das der wahre Messias unerwartet an die Stelle der theokratisch-nationalen Reichsidee treten lässt, ist als eine reale gegliederte, individualisirte, von Thätigkeiten erfüllte Welt gedacht, von Gott durchdrungen und in Gott gipfelnd, aber nicht aufgelöst in Gott, geschweige aufgelöst in ein leeres Unendliches, das nur die Seligkeit des Freiseins übrig liesse. Seydel, a. a. O. 325, 2.

werden sollte. Einmal hätte das Christenthum bei der Auflösung der alten Weltformen sich gar nicht anders in seiner Eigenthümlichkeit erhalten können, als in der katholischkirchlichen Form; es wäre ohne dieselbe einfach weggeschwemmt und vom Strom des Völkerlebens verschlungen worden; Rückfall beziehungsweise ein Auseinanderfallen in ,,Judenthum" und ,,Heidenthum" wären die Folge gewesen. Insbesondere aber konnte das Christenthum nur auf diese Weise die ihm neuzukommenden Naturvölker in seine Zucht nehmen und sie seinem Princip gemäss bestimmen, ihr Leben nach seinem Geiste umgestalten und ausgestalten. Dazu hat laut Ausweis der Geschichte die Form der Universalkirche dem Christenthum die besten und unumgänglich nothwendigen Dienste gethan.

Mit der Entwickelung eines specifisch-christlichen Völkerlebens jedoch, auf dessen Gesetz wir bereits unter IV hingewiesen haben, konnte die kirchliche Form nur als eine lebenshemmende Schranke empfunden werden, die nothwendig um so vollständiger durchbrochen werden musste, je weiter und je intensiver sich das nationalbestimmte Christenthum zu entfalten begann. Eben nach dem Maasse und in dem Grade als dies letztere noch nicht der Fall ist, hat aber auch die Kirche ihre Existenzberechtigung; so dass sie überhaupt vor dem Abschluss der moralischen Entwickelung niemals völlig überflüssig wird: ja allemal dann wieder mehr Gewalt bekommt, wo die Partikularität der Staaten, beziehungsweise Nationen am stärksten hervortritt, wie in unserer Zeit; dagegen dann am schwächsten erscheint, wenn die kosmopolitische Form des Völkerlebens hervorgekehrt ist, wie dies am Ende des vorigen Jahrhunderts der Fall war. 1)

VI.

Wir haben endlich eine tiefgehende Verwandtschaft des Buddhismus und des Christenthums in der ausschliessend sittlichen Richtung beider Strömungen gefunden. Bei der immer mehr um sich greifenden Zersetzung der nationalen Form der Sitte, der überlieferten ,,väterlichen" Gestaltung der Sitt

1) Vgl. hierzu auch v. Hartmann, Relig. d. Geistes 328

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