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Christus auferlegt seien. . . . . Nach Massgabe der von ihm befolgten typologischen Methode musste man auch erwarten, dass er das Gegenbild von Beschneidung, Reinigung, Enthaltung von unreiner Speise im Christenthum nachgewiesen haben würde, wenn er jene jüdischen Uebungen aus dem Kreise des christlichen Lebens ebenso verbannen wollte, wie die Opfer." Aber erstlich ist hier die Voraussetzung unbewiesen, dass es sich bei den Lesern erst noch um die Verbannung jener Gewohnheiten handelte; vielmehr soll ja eben dies erst bewiesen werden. Zweitens macht die Stelle selbst viel eher wahrscheinlich, dass jene Gewohnheiten von den Lesern schon überwunden waren. Auf sie, als auf den Opfern völlig analoge Dinge, scheint sich der Verfasser zu berufen; von ihnen scheint er als anerkannt vorauszusetzen, dass sie als δικαιώματα σαρκος nur επικείμενα μέχρι καιρου διορθωGεg sind, und ihnen stellt er nun die Opfer gleich. Was für einen Sinn soll denn die Anführung dieser drei weiteren Sitten haben? Der einzig denkbare ist der, dass er sie auch unter die Sizawμata oαoxos und somit auch unter die Bestimmung επικειμενα μεχρι κ. δ. subsummirt. Und was für einen Grund kann denn der Verfasser zu ihrer Herbeiziehung haben, als dass er durch diese Analogie den Lesern seine Beurtheilung des Opferkultus plausibler machen konnte, weil sie über jene drei Punkte schon länger im Klaren waren? Gegen den Versuch Ritschl's überhaupt, in den Zwecken des Verfassers zwischen einzelnen Gesetzesbestimmungen zu unterscheiden (wie er zu 7, 11-18 sagt, dass von einer Aenderung des mosaischen Gesetzes nur die Rede sei,,sofern das alte Priestergesetz durch das Priesterthum Christi thatsächlich ungültig gemacht worden ist") und zu v. 13, 10-12, dass,,des Verfassers Beweis der Ungültigkeit der Opfergesetze für seine Leser nicht so gemeint sei, dass er auch die andern Ordnungen der Beschneidung, der Reinigung u. dgl. aufgegeben wissen wolle") ist zu bemerken, dass die Aussprüche 7, 12 (μετάθεσις του νόμου), 7, 18 αθέτησις της εντολής),

1) Altk. K., S. 163 f.

2) St u. Kr., 1867. S. 98.

19. 8, 13. 9, 1 (ειχε μεν ουν και η πρωτη [διαθηκη] δικαιωpata hatquias, wozu doch gewiss alles 9, 10 Genannte gehört) in ihrer Kürze so allgemein und principiell lauten, dass es unmöglich ist, ihrer Allgemeingeltung durch den Einwand zu entgehen: „es ist eben nicht direkt ausgesprochen, was direkt ausgesprochen werden musste, wenn es gesetzestreue (aber dieser Charakter der Leser soll ja hiedurch eben erst bewiesen werden!) Judenchristen von der mosaischen Sitte abbringen sollte." Ferner hat aber Ritschl bei seiner Hypothese nicht genügend beachtet, wie sehr in der Anschauung jener Zeit das Gesetz ein untheilbares Ganze, ein Organismus war, dem gegenüber es sich nur um EntwederOder, nicht um Theils-Theils handeln konnte (vgl. ebensowohl Gal. 5, 3 als Mt. 5, 18f. als Jak. 2, 10).1)

Betreffend 13, 9-13 kann zunächst als erwiesen vorausgesetzt werden, dass es sich dort nicht um Opfermahlzeiten, sondern um Speisegebote handelt.2) Der typologische Beweis dafür, dass für den Christen Speiseregeln keine Geltung haben, ruht auf dem Resultat der früheren Auseinandersetzungen, dass Christus das Sühnopfer der neuen Stiftung sei; bei Sühnopfern aber schliesst das Gesetz jede Speisebestimmung aus. Ebenso der Nachweis des letzteren, wie das Bedürfniss, durch eine neue Analogie gelegentlich nachzuweisen, dass seine Thesis „,Christus vertritt das Sühnopfer des Gesetzes" richtig sei, führt ihn auf die geschichtliche Erinnerung, dass Christus ausserhalb des Thores litt (vgl. die Konjunktionen yag bei v. 11 und das nachtragende dio v. 12). Daran knüpft der unermüdliche Allegoriker mit neuer typologischer Verwendung der letzteren Thatsache die Mahnung an seine Leser: τοινυν εξερχώμεθα προς αυτόν εξω της παρεμβολης τον ονειδισμον αυτου φεροντες. — Wer den Ausdruck ɛɛozoμɛta wörtlich nimmt, muss Ritschls Meinung vom ungebrochenen Judenchristenthum der Leser

1) Vgl. auch Wieseler, St. u. Kr. 1867, S. 704ff. Holtzmann, Z. f. w. Th. 1867, S. 20 f.

2) Vgl. Holtzmann, Z. f. w. Th. 1867, S. 23:,,Die Bemerkungen von Delitzsch S. 674f. gegen die Auslegung von Opfermahlzeiten treffen ihr Ziel."

Recht geben. Da diese aber, wie eben gezeigt, unmöglich ist, muss man auf eine das Wort pressende Benutzung desselben verzichten und es nur durch die Vorstellung in v. 12 veranlasst denken. Dann beweist es aber überhaupt nichts mehr für den augenblicklichen, geschweige den früheren Stand der Leser in Beziehung aufs Judenthnm; sondern der Schwerpunkt des Gedankens liegt auf dem Participialsatz, durch den der Verfasser auf die Lage der Christen (10, 33. vgl. 12, 26) hinweist; und der Gedanke ist: statt dass Ihr Euch anlehnet an jüdische Gewohnheiten, stellt Euch frei hin in die Welt, wenn Ihr auch dadurch Schmach auf Euch ziehet.

2. Der Zweck des Briefes. Haben wir im Briefe keinen Ausdruck gefunden, der eine direkte Aussage des judenchristlichen Charakters der Leser enthielte, so bleibt die Möglichkeit offen, aus dem Zustand der Gemeinde, wie ihn uns der Zweck des Briefes erschliessen lässt, zu erkennen, dass sie einen judenchristlichen Charakter hatte. Der Schluss, der hier gemacht wird, lautet: der Brief bekämpft judaistische Neigungen; hieraus ist auf einen judenchristlichen Charakter der Leser zu schliessen. Nur darüber ist man nicht einig, ob die Leser in Gefahr stehen, nur in's Judenchristenthum, oder aber in's Judenthum abzufallen. (Das Letztere vertritt Grimm gegen Wieseler und Holtzmann mit der Begründung (S. 39), dass ,,die starke Aeusserung des Verfassers über die Abgefallenen in 10, 29 nun und nimmermehr auf einen Abfall zum Judenchristenthum passt"; womit er gewiss Recht hat; ob es sich aber darum nothwendig um einen Abfall zum Judenthum handelt?) In den bisherigen gelehrten Untersuchungen dieser Frage fällt das Fehlen jeglichen Beweises des Ausgangspunktes auf; dass die Bekämpfung judaistischer Neigungen der Zweck des Briefes sei, wird überall als selbstverständlich vorausgesetzt, z. B. bei Köstlin 53. S. 414: Der Brief,,bekämpft von Anfang bis zu Ende eine nur bei ehemaligen Juden denkbare Anhänglichkeit an das mosaische Gesetz, an das levitische Priesterthum und an den Tempelkultus". Wieseler (II. S. 11): „Der Brief kann, da er zum Hauptthema die Unvollkommenheit des

mosaischen Gesetzes und namentlich seines Opferkultus und ihre Abschaffung durch Christum macht und vor dem Abfall in den alttestamentlichen Opferdienst warnt, nur an eine oder mehrere Gemeinden, welche vorwiegend aus Judenchristen bestanden, gerichtet sein." Vgl. S. 21, wo eine Menge Stellen angeführt sind, in denen von dem Vorheraufgestellten nichts zu finden ist. Ebenso S. 32 ff. Häufig werden völlig unbewiesene vermeintliche Thatsachen über die Gemeinde jenen Behauptungen über die ihr drohenden Gefahren zu Grund gelegt, z. B. bei Riehm S. 33f.: „die Leser nehmen fortwährend an dem Tempelkultus Theil"; sie erwarteten ebensosehr als die ungläubigen Juden von dem levitischen Priesterthume und den gesetzlichen Opfern die Vermittelung der Sündenvergebung u. s. w. Ritschl (St. u. Kr. 1866. S. 90, redet von der „Hinneigung eines Theils der Leser zur Begehung von jüdischen Opfermahlen, deren Widersinnigkeit für die Christen nachzuweisen der ganze Zweck des Briefes sei". Ebenso wird häufig aus jener Voraussetzung heraus eine einzelne Stelle kommentirt, um dann aus ihr die Voraussetzung als Schluss zu ziehen. Allgemein geschieht dies z. B. mit der Mahnung [10, 25], die Versammlungen nicht zu verlassen, wo stets als Grund Theilnahme am jüdischen Gottesdienst angenommen wird ohne jegliche Begründung im Zusammenhang. Die instruktivsten Beispiele liefert Hilgenfeld's Uebersicht über den Briefinhalt [Z. 72]: „Der Verfasser schreibt also an Leute, welche die christliche Gottesoffenbarung nicht genug beherzigten. Offenbar, weil sie noch zu sehr an dem durch Engel verkündigten Gotteswerke der Gesetzesreligion hingen." Woraus wird dies offenbar? Etwa aus dem Gedankengang 2, 2f.? „Das Bekenntniss' [3, 1] weist darauf hin, dass diese Hebräer ermahnt werden mussten, dem Christenthum treu zu bleiben und nicht wieder in den Mosaismus zurückzufallen." Soll das Letztere etwa durch die ausdrückliche Anerkennung der Treue des Moses [3,2] [3, 2] abgewehrt werden?,,Was diese Hebräer zum Abfall von dem lebendigen Gott [3, 12] zu verführen droht, ist nichts anderes als das Judenthum." Betet denn das Judenthum nicht den „,lebendigen Gott" an? u. s. w. Es erübrigt also

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trotz des allgemeinen Konsensus der Gelehrten noch, vorerst zu untersuchen, ob wirklich der Zweck unseres Briefes ist, die Leser vom Rückfall ins Judenthum (oder Judenchristenthum) abzuhalten, da hierauf die Annahme ihres judechristlichen Charakters sich stützen muss. Da und dort begegnen uns denn auch Aussprüche, welche zu einer anderen, wie uns dünkt, richtigen Auffassung des Briefs hinführen. So ist je die erste Hälfte der vorhin angeführten Sätze Hilgenfeld's gewiss richtig; so erkennt Delitzsch (Z. f. luth. Th. u. K. 1840, S. 283 ff.) wenigstens das Negative richtig, dass,,nirgends im Briefe der Besuch des Tempels oder die Beobachtung jüdischer Satzungen als das Wesentliche der Verleugnung Christi erscheine, vor welcher er warnt", und dass ,,überhaupt auf die Frage, ob die Leser selbst sich für noch gebunden an das jüdische Gesetz halten sollten oder nicht, nur 13, 9 in sehr indirekter Weise Bezug genommen wird". Positiv spricht er richtig von dem Zweck des Verfassers,,,die Erhabenheit der neutestamentlichen Gottesoffenbarung über die alttestamentliche darzulegen". Wieseler (St. u. Kr. 1867. S. 70) sagt gut: „,Abgesehen von einzelnen, die judaisirende Neigung zeigen 10, 25. 12, 13. 15. (in welchen Stellen freilich dies keineswegs bezeugt ist) 13, 9.verlangt der Verfasser von den Lesern keine Umkehr vom Judaismus, wohl aber Beharren in dem, was sie bereits haben, sie sollen den Anfang der Zuversicht bis zum Ende fest behaupten u. dgl. (3, 14. 6, 11. 12. 4, 14. 10, 23 u. ö.)." Ganz richtig charakterisirt Lipsius (Art. „,Gnosis" in Schenkel's Bibell.): „Man merkt es dieser Darstellung an, dass sie weniger eine Lösung dringender praktischer Fragen bezweckt, als vielmehr eine theoretische Würdigung der alttestamentlichen Religionsform. Indem der Verfasser das Gesetz fast lediglich als Kultusinstitut in Betracht zieht, nimmt er keineswegs Bezug auf die praktische Frage nach dem Verhältniss seiner Leser zum Tempelkultus sonst würde er schwerlich statt vom Tempel immer nur von der sicher der Vergangenheit angehörenden Stiftshütte geredet haben, sondern er will sich mit seinen Lesern über das Verhältniss von Judenthum und Christenthum principiell auseinandersetzen. Das prak

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