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des Apolloniusfalles erblicken. Der Julius unserer Acten ist also lediglich ein apokrypher Heiliger, und somit ist die freilich zaghaft genug vorgetragene Vermuthung des Baronius (Ann. eccl. II, S. 200, § VI), der ihn mit dem auf Befehl des Commodus mit seiner ganzen Familie gemordeten Senator Julius Proculus (vgl. Lamprid. Commod. c. 7) identificiren möchte, gänzlich hinfällig.

VIII. Eusebius und Genossen werden zuerst schrecklich gefoltert und dann zu Tode gegeisselt. Beides widerspricht aber der echten Geschichte der scillitanischen Märtyrer, die, wie Apollonius, in schonender Anwendung des TrajanRescriptes ohne vorhergegangene Tortur auf Befehl des Statthalters, der nur sehr ungern Blut vergiesst, zur Enthauptung verurtheilt werden.

Das Urtheil Tillemonts (a. a. O.), wonach sich in den Acten verschiedene Einzelheiten finden, die sich vom geschichtlichen Standpunkte nicht vertreten lassen (... où il se rencontre diverses particularités que nous ne voyons pas moyen soutenir) ist also noch zu günstig. Man muss vielmehr mit Aubé (S. 50 f.) das ganze klägliche Actenstück als apokryph verwerfen und in Consequenz davon annehmen, dass die Gefährten des Julius, falls sie nicht wie Jener geradezu fingirte Heiligen sind, jedenfalls zur Regierungszeit des Commodus gar keine Beziehung haben.') - Schliesslich noch ein Wort über die angebliche Grabstätte des ungeschichtlichen Märtyrers Julius. Nach den Acten wurde er im ,,Cömeterium des Calepodius" beerdigt. Dieses Cömeterium lag an der via Aurelia drei Miglien westlich von Rom3) und heisst zuweilen ,,coemeterium s. Julii", wie Kraus (a. a. O.) meint, entweder weil der römische Bischof Julius I. dem Pseudo - Damasus oder dem felicianischen Bischofskatalog zufolge hier begraben lag (vgl. den Pseudo-Damasus bei Lipsius a. a. O.

1),, Ces diverses considérations sont suffisantes, croyons nous, pour faire rejeter comme apocryphe la pièce... ou tout ou au moins pour nous permettre de n'en tenir nul compte pour l'époque qui nous occupe".

2) Vgl. Kraus a. a. O. S. 530 und den der Kraus'schen R. S. (2. Aufl.) beigefügten, von Kraus selbst gezeichneten, Situationsplan der römi

schen Katakomben.

S. 279; vgl. auch Lipsius S. 261), oder weil der soeben als ungeschichtlich nachgewiesene Senator Julius ebenda begraben sein sollte.

2. Die h. Eugenia.

Die beiden Calendarien der griechischen Kirche, das Menologium Basilii (Ughelii Italia sacra T. X [Venetiis 1721] S. 314. s. 24. Decemb.) und das Menologium Sirleti (ed. Canisius Jac. Basnagius, Thesaurus monumentor, eccles. Tom. III [Antverpiae 1725] s. eod. die, S. 498 u. 499), versetzen in die Regierungszeit des Commodus auch noch das Martyrium der Jungfrau Eugenia, die gleichfalls zu Rom ihre religiöse Ueberzeugungstreue mit dem Tode besiegelt haben soll. Aber auch dieses Martyrium steht zur Regierungszeit des genannten Imperators in gar keiner Beziehung. Denn erstens muss die betreffende Chronologie Misstrauen erregen wegen des allgemeinen Charakters der Quelle. Jene beiden Menologien gehören nämlich gleich den Märtyrergeschichten des Simeon Metaphrastes zu den erbärmlichsten Quellen der älteren Kirchengeschichte: Erst gar spät, im zehnten resp. elften Jahrhundert, redigirt, repräsentiren sie in ihren Notizen über die Märtyrer eine erschreckende Fülle widerwärtiger Henkerscenen, abgeschmackter Wunder, von Anachronismen und ungeschichtlichen, mindestens höchst unwahrscheinlichen Voraussetzungen (vgl. meine „Licinianische Christenverfolgung", S. 81-91 und meinen Aufsatz,,Die Märtyrer der aurelianischen Christenverfolgung", in diesen Jahrbüchern VI [1880], S. 465). Ferner: Da die beiden Menologien bloss einen Auszug aus den Acten der h. Eugenia geben, diese Acten aber ausdrücklich das fragliche Martyrium auf die Regierungszeit des Gallienus resp. auf die gemeinschaftliche Regierung der Kaiser Valerianus und Gallienus, d. i. auf die valerianische Christenverfolgung datiren,1) so muss die Chronologie der griechischen Calendarien, die ohne

1) Allerdings lauten die Eingangsworte der Acten: Commodo post Marcum.. Romanum tenente imperium, cum iam septem annos in eo transegisset etc., aber diese Chronologie bezieht sich, wie der folgende Text ergibt, auf die Bestallung des Vaters der Eugenia, Philippus, zum Statthalter von Aegypten.

allen Grund statt des Gallienus den dritten Antoninus substituiren, als völlig willkürlich gelten. Bei dieser Sachlage hat es denn auch noch kein einziger Forscher gewagt, gestützt auf die trüben byzantinischen Quellen, das Martyrium der Eugenia zur Geschichte des Commodus in Zusammenhang zu bringen. Die acta s. Eugeniae (aus dem griechischen Texte des Metaphrastes in's Lateinische übersetzt bei Surius s. 25. Dec. S. 319-326 [37 Kapitel!], auch bei Vincenz von Beauvais im speculum historiale), von Baronius unbegreiflicher Weise, im Ganzen und Grossen wenigstens, für echt gehalten (Ann. eccl. II, S. 196 ad a. Chr. 188, § I-III, S. 237 u. 238 ad a. Chr. 204 § II. VI. VII.; S. 463 ad a. Chr. 262, § LV; M. R. s. 25. Dec. S. 799 und S. 803, Annotatio e), sind des Altmeisters der christlichen Mythologie vollständig würdig und werden daher von Tillemont (Mémoires, Tom. IV [Paris 1696], S. 12. 585) mit Recht als gänzlich gefälscht verworfen. Das Ganze wimmelt in der That von romanhaften Erfindungen (...,,tout l'air ne sent que la fiction et le roman"). Die widersinnige Angabe, Eugenias Vater Philippus, der ehemalige Statthalter von Aegypten, sei nach seiner Conversion Bischof des ägyptischen Alexandrien geworden, hat bereits Baronius selber (Ann. eccl. S. 238, § VII) mit Hülfe der echten uns durch Eusebius (in der Kirchengeschichte und der Chronik) aufbewahrten alexandrinischen Bischofsliste widerlegt. Weitere Monstrositäten hat Tillemonts dieses Mal recht scharfsinnige Kritik entlarvt. In diesen Zusammenhang gehört die Angabe, schon unter Commodus und Septimius Severus, ja lange Zeit vorher hätte es Männerund Frauenklöster gegeben. Widersinnig ist ferner die Mittheilung, damals wären die Bischöfe bei ihren Besuchen in den Klöstern von Tausenden von Christen begleitet gewesen. Weiter berichten die Acten über Helenus, den Bischof des ägyptischen Heliopolis, um 200 dasselbe, was Rufinus von Aquileja um 396 von einem gleichnamigen Einsiedler erzählt. Aber unsere Vita, wenn auch nach dem Gesagten ein vollständiger Roman, ist doch ziemlich alt: Nicht etwa erst die abendländischen Martyrologen des neunten Jahr

hunderts, Rhabanus, Ado und (durch ihn) Usuardus, kennen sie, geben einen Auszug davon und versetzen demgemäss das fragliche Martyrium in die Regierungszeit des Kaisers Gallienus (vgl. Martyr. Rhabani, ed. Canisius Jac. Basnag. Thesaurus S. 351, s. 25. Dec., Mart. Usuardi s. eod. die, S. 765 u. Observatio Sollerü S. 766, sondern bereits der Bischof Avitus von Vienne (um 500) reproducirt aus jenen Acten einige Züge in seinem Gedichte,,De laude castitatis ad Fuscinam sororem", 1. VI (vgl. Ruinart, praef. gen. S. 15, Nr. 20, Baronius, Ann. II, S. 196, § III); da heisst es z. B.:.... Christi quae (scil. Eugenia) cum pro nomine vitam | Fuderit, ante tamen fortes processit in actus. Namque habitum mentita viri etc. Die Acten erzählen nämlich, die Heilige hätte sich, statt einen ihr vom Vater als Bräutigam vorgeschlagenen vornehmen jungen Mann zu heirathen, aus dem väterlichen Hause heimlich entfernt und lange Zeit in männlicher Tracht in einem Männerkloster verborgen gelebt.

Es ist jetzt die Frage: Darf Eugenia, die sicher zur Regierungszeit des Commodus in gar keinem Zusammenhang steht, wenigstens überhaupt noch als geschichtliche Persönlichkeit gelten und welcher Zeit ist sie im Bejahungsfalle zuzuweisen? Da die Heilige bereits in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts von dem Poeten Venantius Fortunatus wiederholt als eine sehr berühmte Märtyrerin gefeiert wird,) noch mehr, da schon etwa 50 Jahre früher Avitus an der soeben citirten Stelle ihrer als einer schon längst in der ganzen Welt berühmten Heiligen gedenkt (,,Eugeniae dudum toto celeberrima mundo"), so könnte man, auf den ersten Blick wenigstens, versucht sein, trotz des

1) Carminum 1. VIII, Nr. 1, v. 45—47: „obsequio (scil. Radegundis Martham renovat lacrimisque Mariam, | pervigil Eugeniam, vult patiendo Theclam sensibus ista gerit, quidquid laudatur in illis“, I. VIII, Nr. 3, v. 35 u. 36:,,hic Paulina, Agnes, Basilissa, Eugenia regnant | et quascumque sacer vexit ad astra pudor, 1. VIII, Nr. 4, v. 13 u. 14: unde magis dulcis, hortamur, ut ista requiras, | quae dedit Eugeniae Christus et alma Theclae (Venantii Fortunati carmina, ed. Fridericus Leo, Berolini 1881, | Monumenta Germaniae historica. Auctorum antiquissimorum tom. II. pars prior], S. 179. 182. 192).

apokryphen Charakters der Acten wenigstens an der geschichtlichen Existenz der Heiligen festzuhalten. Verdächtig ist indess der Umstand, dass bereits Avitus die Acten kennt; da liegt denn die Vermuthung nahe, er könne jene soeben reproducirte Aeusserung nur im Hinblick auf die Acten selber gethan haben. Da aber in den Acten drei weitere Heilige resp. Märtyrer vorkommen, an deren Historicität gar nicht gezweifelt werden kann, insofern sie in der "Depositio martyrum" der Liberianischen Chronik Aufnahme gefunden haben, nämlich die Basilla, Prothus und Hyacinthus die beiden letzteren heissen in den Acten die Eunuchen der Eugenia (III. Id. Sept. Prothi et Hyacinthi

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in Basillae. X. Kal, Oct. Basillae Salaria vetere Diocletiano IX et Maximiano VIII consulibus 304 u. Z., Ruinart S. 633, Kraus S. 599)1), so wäre es voreilig, ohne Weiteres die Eugenia unter die fingirten Heiligen, zu verweisen. Es muss also zur Zeit mit einem ,,Non liquet" sein Bewenden haben.2)

Baronius, gestützt auf die Angabe der gefälschten Acten, versetzt das Martyrium der Eugenia in die Regierungszeit des Gallienus resp. in die letzte Zeit der valerianischen Verfolgung. Ich möchte aber, die Geschichtlichkeit der Heiligen vorausgesetzt, lieber mit Tillemont ihr Martyrium mit der grossen diocletianischen Verfolgung resp. mit dem Jahre 304 in Verbindung bringen, da die „,Depositio martyrum" der liberianischen Chronik den Glaubenskampf der gleichfalls in den Acten erwähnten Basilla gerade in dieses Jahr versetzt3).

1) Die Geschichtlichkeit der Märtyrer Prothus und Hyacinthus ist übrigens auch durch die im J. 1845 im Coemeterium Basillae entdeckte echte Grabinschrift derselben bezeugt (vgl. F. X. Kraus, R. S.2, S. 534-536).

2) Die h. Eugenia soll der späteren Tradition zufolge, z. B. nach der Angabe des sog. Hieronymus (s. 25. Dec. S. 1), in dem an der „via Latina" südöstlich von Rom belegenen,,coemeterium Aproniani“ ihre Ruhestätte gefunden haben (vgl. Kraus, S. 547 und hierzu den schon erwähnten Situationsplan der römischen Katakomben).

3) Die uns durch Cedrenus, den Byzantiner des elften (!) Jahrhunderts, aufbewahrte Tradition, wonach die hl. Eugenia eine Tochter des christenfreundlichen Kaisers Philipp des Arabers war, habe ich bereits in meiner „angeblichen Christenverf. des Kaisers Claudius II.“ (a. a. O. S. 40 ff.) als apokryph nachgewiesen.

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