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Vorwort.

en ersten Anlaß zu dem vorliegenden Werke gab das Gesez, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen, vom 28. Juli 1906. Durch § 40 dieses Geseßes ist hinsichtlich der Errichtung, Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen jüdischen Volksschulen, hinsichtlich der Anstellung jüdischer Lehrkräfte an den nichtjüdischen Volksschulen und des jüdischen Religionsunterrichts an solchen Anstalten bis auf weiteres im wesentlichen der bisherige Rechtszustand aufrechterhalten.

Diese Regelung führte zu der Frage: „Welches ist der bisherige Rechtszustand?" und diese Frage wiederum zu der Feststellung, daß es an einer erschöpfenden Beantwortung bisher gebricht.

Dieser Mangel veranlaßte den Verband der Deutschen Juden den Unterzeichneten mit einer Darstellung des durch § 40 VUG. umschriebenen Rechtszustandes zu betrauen.

Die gestellte Aufgabe führte von selbst zu einer weiteren und umfassenderen. Nicht nur für die Fragen, welche durch das Volksschulunterhaltungsgesetz berührt sind, sondern für das gesamte Volksschulrecht fehlt es bisher an einer eingehenden Darstellung des Sonderrechts der Juden. Eine derartige Darstellung zu bieten, ist der Zweck der vorliegenden Arbeit.

Der erste Teil behandelt die öffentlichen jüdischen Volksschulen, der zweite die Rechtsstellung der Juden hinsichtlich der öffentlichen nichtjüdischen Volksschulen, der dritte die jüdisch-christlichen Simultanschulen.

Die Form der Darstellung war geboten durch die zwiefache Aufgabe, die sich der Verfasser gestellt hatte: ein Buch zu schaffen, das auch dem Nichtjuristen, insbesondere dem Lehrer und Schulvorsteher die Möglichkeit leichter Orientierung böte; sodann auch dem Juristen, sowie demjenigen, der eingehendere Information bezüglich einer einschlägigen Frage wünschte, das den gewonnenen Ergebnissen zugrunde liegende Material in möglichster Vollständigkeit zu bieten. Der ersten Aufgabe sollte eine fortlaufende systematische Darstellung des Gegenstandes dienen, der zweiten der wörtliche Abdruck der einschlägigen Geseße, Verordnungen und höchstinstanzlichen Entscheidungen.

Um beiden Zweden gerecht zu werden: um einerseits dem Erfordernis
der Vollständigkeit zu genügen, ohne auf der anderen Seite den Fluß
der Darstellung durch lange Einschaltungen zu unterbrechen, ist dort, wo
die Sachlage es angezeigt erscheinen ließ, zu dem Auswege gegriffen
worden, die einschlägigen Materialien an den Schluß der Darstellung oder
in einen besonderen Kapitelanhang zu verweisen. Eine Zusammenstellung
sämtlicher auf das jüdische Volksschulwesen bezüglichen Geseßesbestimmungen
enthält der Anhang am Ende des ganzen Werkes.

Bei der Darstellung glaubte sich der Verfasser nicht auf das geltende
Recht beschränken zu sollen. Denn jedes Recht ist nur dann richtig zu
verstehen, wenn man es nicht als etwas Absolutes, Gegebenes, sondern
als etwas Gewordenes betrachtet. Deshalb ist darauf Bedacht genommen,
die einzelnen Materien nicht nur nach ihrem gegenwärtigen Rechtsstande,
sondern in ihrer geschichtlichen Entwicklung darzulegen.

Im Hinblick auf eine künftige Neugestaltung der Verhältnisse schien
es angezeigt, auch frühere legislative Versuche in den Bereich der Dar-
stellung zu ziehen. Um die Übersicht nicht zu stören, sind auch diese
Ausführungen in besondere Kapitelanhänge verwiesen.

Hinsichtlich der Behandlung des ersten Teiles ist noch folgendes zu
bemerken: In einer Reihe von Fragen gelten für die öffentlichen jüdischen
Schulen dieselben Normen wie für die öffentlichen Schulen überhaupt.
Da es sich um Bestimmungen handelt, die auch für die jüdischen Schulen
gelten, durften sie in einer systematischen Darstellung des Rechtes der
jüdischen Volksschule nicht fehlen. Da andererseits diese Fragen nicht nur
die jüdische Volksschule betreffen, so konnte von einer eingehenden Be-
handlung hier abgesehen werden.

Nach diesen Gesichtspunkten ist verfahren worden: Es sind auch die-
jenigen Fragen behandelt, hinsichtlich deren für die jüdischen Volksschulen
das gleiche Recht gilt, wie für die nichtjüdischen. Die Darstellung be-
schränkt sich hier aber auf die wesentlichsten Punkte, ebenso die Wieder-
gabe der Materialien auf den Abdruck der wichtigsten Geseße und einiger
grundlegender Ministerialerlasse, während im übrigen auf die amtlichen
Publikationen und die einschlägige allgemeine Literatur, insbesondere auf
die Werke von Schneider und v. Bremen und den siebenten Band von
Brauchitsch verwiesen wird.

Wie bereits hervorgehoben, ist die Anregung zu dem vorliegenden
Werke von dem Verbande der Deutschen Juden ausgegangen, in dessen
Auftrage dasselbe auch erscheint. Mehrere Herren des Verbandsausschusses
haben durch ihren Rat die Arbeit in dankenswerter Weise gefördert. Für
den Inhalt des Werkes übernimmt jedoch der Verband keinerlei Ver-
antwortung; diese trägt vielmehr lediglich der Verfasser.

Das dem Buche beigegebene chronologische Register der angeführten
Geseze, Verordnungen und Entscheidungen ist von Herrn Dr. Siegfried

Friedländer - Charlottenburg das alphabetische Sachregister von Herrn Dr. Martin Lewin-Berlin verfaßt. Beiden Herren sage ich für ihre freundliche Mühewaltung verbindlichsten Dank.

Das vorliegende Werk stellt einen ersten Versuch dar. Daß die Lösung keine vollständige ist, empfindet niemand lebhafter, als ich selbst. Immerhin hoffe ich aber eine Grundlage zu bieten, auf der weitergebaut werden kann. Jede Anregung, die mir zugehen sollte, jede Berichtigung und Ergänzung werde ich dankbar begrüßen als wertvollen Baustein für die Fortführung des Werkes. Möge das Fundament, das hier geboten wird, unter der Kritik der Praxis nicht als zu schwach befunden werden.

Berlin, im April 1908.

J. F.

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