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weniger vis comica haben als Herrn Müllers eigene Werke; Loosjes Moris Lynclagen aber interessirt als gutes Gemälde holländischer Sitten, und den Holländer doppelt; denn es versezt ihn in die bessere Vorzeit, die nicht mehr ist. Von Dänen kenne ich, außer Holbergs Climm, keinen Roman, ste haben nur komische Er= zählungen und Sagen der Vorzeit, wie die Schweden auch; doch rühmt man Kexelles Mappa scelestinae oder Geographie des großen Schelmenlandes... Von Rußlands, Polens und Ungarns komischen Romanen weiß ich gar nichts; im ganzen Norden und Often behilft man sich mit deutschen, französischen und englischen Waaren, und da können ste ja schwimmen im Ueberfluß.

Ich komme auf meinen Saß zurück. Wir gute Deutsche find für Wiz und Laune, für satirische, echtkomische Werke noch zu neu, zu schildbürgerlich, zu pedantisch und weinerlich, zu furchtsam und bescheiden phlegmatisch, auch zu unbehülflich, wir sind zu wenig fret, und darunter verstehe ich geistesfret, und zu provinziell; es thut mir leid, ich bitte um Verzeihung, aber es ist wahr, und das ist mir noch leider! Ich habe mehr als einmal recht guten und anständigen Wiz, der im Ausland beklatscht worden wäre, Unverschämtheit nennen hören, in Krähwinkel kann man dafür sogar mit Grobheiten bezahlt werden; wir fürchten uns vor dem Wiz in aller Unterthänigkeit. In England, Frankreich und Italien gibt es Männer genug, die nicht daran denken, sich unter Gelehrte zu zählen, aber den Wissenschaften im Stillen huldigen, und daher auch dem guten Schriftfteller huldigen und ihn achten - ignoti nulla cupido ; (1) aber auf wie viele rein mechanische Geschäftsmenschen bin ich nicht im Vaterlande gestoßen, die Wiz und Laune unter ihrer Würde hielten, hoch von ihrem (1) Zum Unbekannten herrscht keine Begierde.

Direktorialthron herabblickten auf den bloßen Gelehrten zu ihren Füßen, und hatten fle etwa ein Stückchen Seitenband im Knopfloche, so waren offenbar die Gehirnnerven in Fesseln!

Die Blüte deutscher Literatur scheint vorüber zu sein, und wo find die Früchte? Ich wüßte keinen komischen Roman, den wir kühn dem Ausland gegenüberstellen dürften; aber wer schreibt unsere Romane ? in der Regel die liebe Jugend: Studenten, Magistri, Hofmeister und arme privatistrende Gelehrte in Brodnoth. Ist es ein Wunder, wenn unsere Romane, wie unsere Luftspiele, nur Knorpel sind? Blut, Leben, Feuer und Farbe hat die Jugend, aber Kraft und Nerv, Mark und Knochen, Erfahrung, Welt und Menschenkenntniß hat nur der Mann, und das größte komische Gente zeigt sich in Jugendwerken nur hohl und leer, wie schon Plutarch von Menander bemerkte, dessen spätere Produkte er lobt. „Was würde er geleistet haben, hätte er länger gelebt," seste er hinzu, und Menander hatte doch zweiundfünfzig Jahre gelebt. Wir verstehen schon im zwanzigsten zu schreiben, auf Universitäten; aber Cervantes und Fielding schrieben ihre Meisterwerke erst als Männer.

Ein noch größeres Hindernis ist, daß unsere meisten Romane nicht der Kopf, sondern nur die Hand oder eigentlich der Magen schreibt; der Kopf würde nebenher an Ehre und Nachwelt denken, nur schreiben, wenn ihn der Geist treibt, aber der Magen hat an materiellere Dinge zu denken, und wenn man hungert und durftet, so geht das Denken schlecht und Lachen noch schlechter. Man malt die Genii als Flügelköpfe und mit Recht; aber gebt ihnen statt Hirn einen Magen und nichts dazu, so finken die Flügel. Man schreibt, der Verleger zahlt ein Lumpengeld, das Lesepublikum denkt nicht und Itest, die Zeit zu vertreiben; Romane rentiren weit besser als gelehrte Werke, Schmierer und Verleger lachen wie der Schacherjude zur Noth des Armen. Unsere Romane gleichen noch lange nicht der Tausend und einen Nacht, deren ewig leternder Anfang ist: „Wenn du nicht schlässt, liebe Schwester! so erzähle uns eines von den schönen Mährchen, die du weißt;" einige Spaßvögel pochten nun den unschuldigen französischen Ueberseker Galland Nachts aus dem Schlafe und ans Fenster: „Wenn Sie nicht schlafen, lieber Galland! so erzählen Sie uns eines von den schönen Mährchen, die Sie wissen!" und fort liefen fle. Dieser Spaß wäre viel, viel zu gnädig für unsere schamlose Schmierer und Verleger, und viel zu viel Ehre, ste zu nennen; aber etwas Komisches gewähren ste doch, wenn man die Bücherverzeichnisse recht gangbarer Lesekabinette - durchblättert und die Herren Verleger, die sich nicht nur für Gelehrte halten, sondern sich noch über den Gelehrten zu stellen belieben, einen Roman trefflich nennen hört, wenn er gut abgeht!

Die Makulatur von heute rühmt die Makulatur von gestern in Journalen; Pfefferdütenkredit gründet sich auf Pfefferdütenlob, und die Jubilatemesse von 1803 lieferte zwethundert und sechsundslebenzig Romane, die Michaelis= messe von 1817 nur vierundvierzig; wird das Publikum gescheiter? oder sind die Schmierer in den Schlachten gefallen? levis sit terra! (1) Sie gleichen indessen meistens den unschuldigen Kindlein, unter die kein Herodes zu fahren braucht, und ich erinnere mich, unwizige und freche Pasquille unter den søgenannten komischen Romanen betroffen zu haben, wie z. B. der zweiundvierzig= jährige Affe, worunter der edle große Joseph gemeint war, oder Saul II., der dicke König von Kanonenland, (1) Sanft sei ihnen die Erde!

der leicht zu errathen war. Keine Personalitäten, aber nügliche treue Gemälde; wie wohlthätig müßte ein recht bittersatirischer Roman wirken; das conftitutionelle Zeitalter, ein Repräsentantenklubb an Table d'hote oder zu Hause unter ihren Wählern und ihrer Suada, während fle im Ständehaus nichts als: Ja! und nein! von sich zu geben wußten. Wie hochkomisch eine Kaffee = oder Theegesellschaft von Somnambulen? Wir sind so reich an sehr folgereichen Lächerlichkeiten, daß vielleicht gerade dieser Reichthum uns arm macht und das komische Genie zurückschreckt, das lieber und auch klüger - allein lacht, tutto solo!

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