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Doctorpromotionen eingeführten Angelöbniß bezweckt, daß man bei der reinen evangelischen Lehre, wie solche in den alten Symbolen und der A. C. zusammengestellt sei, verbleiben wolle, wie auch bei der Verabredung der evangelischen Fürsten auf dem Convent zu Braunschweig 1538 (daß sie ihre Staatsdiener auf die sincera evangelii doctrina verpflichten lassen wollten 2), in der hessischen Presbyterialordnung von 1539 und in der wittenberger Confiftorialordnung von 15423). Hierbei war es schon auf die Aufrechthaltung einer gewissen Lehreinheit abgesehen. Doch an eine eigentliche Symbolisirung der A. C. wurde dabei noch nicht gedacht, indem es Niemanden einfiel zu behaupten, daß die Kirche selber an diese Schrift als an eine unabänderliche Lehrnorm gebunden sei, sondern man wollte damit nur von dem Einzelnen die Erklärung, daß er dieses Bekenntniß der Gesammtheit gebührend respectiren und nicht muthwillig den Frieden der Kirche stören wolle, während man dabei der Kirche selber bei jeder Gelegenheit das Recht wahrte, ihren Lehrbegriff in einer andern Schrift einmal besser und genauer darzustellen. Man wollte sich so gegen den eindringenden Anabaptismus und Antitrinitarismus schüßen, ohne gerade eine völlige Uniformität der Lehre zu beabsichtigen, und es muß in dieser Beziehung wohl beachtet werden, was Melanchthon über jenes Wittenberger Statut später (1553) gegen Osiander's Vorwürfe schrieb: Voluit Senatus bona ingenia de modestia commonefacere et metas ostendere, extra quas non temere erumpendum esset, voluit etiam frenare, quantum posset, minus quietos.... Tunc enim vagabantur multi fanatici homines, qui subinde nova deliramenta spargebant, Anabaptistae, Servetus, Campanus, Stenkfeldius et alii, 4) womit zu vergleichen Apolog. p. 148: Et haec Ecclesia proprie est columna veritatis. Retinet enim purum

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2) Seckendorfii Commentar histor. de Lutheranismo, III, p. 174. 3) Richter, die Kirchenordnungen des 16. Jahrh. S. 292 f. Ph. Heber über die Anfänge der hefsischen Landeskirche, in der allgem. K. Zeitung 1849, Nr. 200 f. Schenkel, über das ursprüngliche Verhältn. der K. zum Staate, in den Studien und Kritiken 1850, p. 453 ff.

4) Ph. Mel. Oratio, in qua refutatur calumnia Osiandri, reprehendentis promissionem eorum, quibus tribuitur testimonium doctrinae. Declamm. III, 696 ff. Strobel's Beiträge III, 192 ff.

Evangelium, et ut Paulus inquit (1 Cor. 3, 12.) fundamentum; hoc est, veram Christi cognitionem et fidem; etsi sunt in his etiam multi imbecilles, qui supra fundamentum aedificant stipulas perituras, h. e. quasdam inutiles opiniones, quae tamen, quia non evertunt fundamentum, tum condonantur illis, tum etiam emendantur. Und ohne eine gewisse Beschränkung der Lehrfreiheit im Volksunterricht ist ja auch eine Kirche ganz unmöglich. So lange eine Kirche in dem Bekenntniß ihrer Lehre einig ist, wie es damals war, muß ihr dafselbe auch gegen alle Störungen eines doctrinellen Subjectivismus gesichert sein. Etwas Anderes aber ist es, wenn man auch den Gelehrten unter einander jede freie Discussion über die Lehre verbieten und die Kirche selber an ihre Confesston als an eine unabänderliche Lehrnorm binden will.

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Und so gestaltete sich die Sache nach Luthers Tode, in Folge der damals die Kirche zerrüttenden theologischen Streitigkeiten, in denen zuerst, der jest ziemlich allgemein gewordenen melanchthon'schen Lehrweise gegenüber, von einer kleinen, aber ganz eraltirten und vom weimarschen Hof begünstigten Reactionspartei auf die Wiederherstellung und Symbolisirung der ächten luther'schen Lehre gedrungen wurde, was denn auch die milder und freier gesinnten chursächsischen Theolo= gen wegen Sicherung ihrer Lehre zu falschen Schritten und Maßregeln verleitete. Jest wurden die evangelischen Fürsten, die sich ohnehin schon seit einiger Zeit vor Gott schuldig fühlten, ihre Unterthanen. vor allen Dingen mit der reinen Lehre des Evangelii zu versorgen und dann erst und daneben auch in zeitlicher Regierung nüßliche Ordnungen zu treffen," von den Theologen und durch die Umstände ordentlich gedrängt, durch förmliche Symbolistrung gewisser älterer und auch neuerer Schriften wenigstens in ihren Landen eine völlige Einheit in der Lehre herzustellen und die Reinheit derselben durch die strengsten Verordnungen zu wahren. Und so kam denn zunächst fast jedes Land zu einem s. g. Corpus doctrinae, zu einem Coder symbolischer Bücher, durch den die Lehre gesezlich normirt wurde (Corpus doctrinae Misnicum sive Philippicum von 1560, Thuringicum etc., f. unten), und 1576 wurde auch die A. C. von Herzog Julius von Braunschweig und Georg Cölestin zum ersten Mal das Symbol der Evangelischen genannt. Im J. 1580 aber kam dann, unter solchen Um

ständen gewissermaßen zum Glück, fast für die ganze lutherische Kirche Deutschlands ein neuer Lehrcoder heraus, das Concordienbuch, durch den hier das Symbolwesen seine leste einheitliche Vollendung erhielt. In diesem Buch wurden zunächst gewisse ältere Schriften als die Norm aufgestellt, secundum quam omnia alia scripta judicare et accommodare oportet, quatenus probanda et recipienda sint (p. 635), dann wurde eine neue Schrift, die Concordienformel, beigefügt: „ut publicum solidumque testimonium, non modo ad nos, qui nunc vivunt, sed etiam ad omnem posteritatem extaret, ostendens, quaenam Ecclesiarum nostrarnm de controversis articulis unanimis fuerit esseque perpetuo debeat decisio atque sententia (p. 637), und zulezt wurde von den vereinigten Fürsten und Ständen noch in der Vorrede erklärt, daß es ihr fester Vorsag sei, von dieser Lehre weder in Sachen noch in Phrasen einen Nagel breit abzuweichen, alle Controversen darnach zu untersuchen und ohne alle Umstände beizulegen, auch dies Concordienwerk durch genaue Kirchenund Schulvisitationen und eine scharfe Beaufsichtigung der Druckereien zu schüßen, woraus denn wohl erhellt, daß es mit demselben nicht etwa blos, auf eine genauere Darstellung", sondern auf die genaueste und strengste gesegliche Feststellung der Lehre für alle Zeiten abgesehen war 5)..

5) Auf Grund der oben mitgetheilten Stellen der F. C. (wie auch der Eingangsworte der Solid. Declarat.:,,weil zu gründlicher beständiger Einigkeit in der Kirchen vor allen Dingen vonnöthen ist“..) wurde nun den in der Kirche, wie sie einmal ist, nicht zu entbehrenden symb. Büchern cine necessitas non absoluta, sed hypothetica oder ein jus imperfectum divinum zugeschrieben. Auch wurde ihnen wohl öfters eine inspiratio mediata und eine auctoritas divina zuerkannt; vergl. Jo. Fechtius, brevis enodatio quaestionis, utrum libri symb. vere, an aequivoce dicantur divini, contra criminationes G. Arnoldi. Rost. 1705. Carpzov aber in der Isagoge p. 1137. bestreitet das als einen Mißbrauch, und ebenso Börner u. A.; es sollen die Symbole nicht Normen des Glaubens, sondern der öffentlichen Lehre sein, und zwar normae secundariae. Ueber das Historische des lutherischen Symbolwesens vergl. Büsching, Untersuchung, wenn, wo und durch wen der freien ev. K. die symb. Bücher zuerst auferlegt worden sind, Berlin 1789 und die Gegenschrift von G. Fr. Löber: Prüfung der Unter

In der katholischen Kirche dauerte natürlich der alte Symbolzwang fort, und zu den alten Symbolen und Conciliendecreten kam nun noch durch das tridentiner Concil (1545—63), zur Wiederconsolidirung der Kirche, eine erste legislative Zusammenstellung des gesammten (auch des bisher noch nicht firirt gewesenen) katholischen Lehrbegriffs, mit strenger Ausscheidung aller neuen Kezereien. Bei dieser Zusammenstellung aber verfuhr das Concil etwas klüger, nämlich praktischer und weniger doctrinär, als später die Lutheraner beim Concordienwerk, indem es bei der Feststellung gewisser bisher noch in den Schulen der Gelehrten streitig gewesenen Lehren nicht so ins Einzelne einging, wie jene es gethan haben würden, sondern manche scholastische Fragen unentschieden ließ oder so entschied, daß jede theologische Fraction damit leidlich zufrieden sein konnte. Und wie ärgerlich dies den alten lutherischen Polemikern auch gewesen sein mag, so hat doch die katholische Kirche nie Ursache gehabt, es zu bereuen.

Die reformirte Kirche ist zwar vom Symbolwesen und Zwange nicht ganz frei geblieben, hat aber doch im Ganzen weniger darunter gelitten, als die unsere. Bei der örtlich getrennten Lage ihrer einzelnen Theile in allerlei auch durch Verschiedenheit der Sprache und politischen Verhältnisse von einander getrennten Ländern, hat sie es nie zu einer gemeinsamen geseßlich giltigen Normalschrift gebracht, aber auch nicht im Ernste darnach ein Verlangen gehabt und es nie für ein Unglück angesehen, daß jede einzelne Landeskirche immer am liebsten bei ihrer besondern Confesston und bei deren Vorstellungen und Ausdrücken geblieben. Wenn nur im Wesentlichen Uebereinstim= mung herrschte, so war man hier in Betreff des Andern gern tolerant. Auch war man hier gewohnt, immer das Praktische mehr im Auge zu behalten, auf dogmatische Subtilitäten in öffentlichen Bekenntnißschriften zu verzichten und hier die anstößigen Spißen und Consequen

suchung, wann 2c. Altenb. 1789 Walch, Introduct. p. 943. Johannsen, Untersuchung der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung auf 2c. Altona 1833. S. 317 ff. Derselbe, die Anfänge des Symbolzwanges unter den Proteftanten. Leipz. 1847. Köllner a. a. D. S. 106 ff. Derselbe, die gute Sache der luth. Symbole 2c. Göttg. 1847. Sartorius, über die Nothwendigkeit und Verbindlichkeit der kirchl. Glaubensbekenntnisse. Stuttg. 1845.

zen mancher Lehren aus Rücksicht auf das Volk und aus Friedensliebe möglichst abzustumpfen und zu verdecken; daher denn auch gerade die streng orthodoren reformirten Scholastiker des 17. Jahrh. auf jene Schriften nie den Werth gelegt haben, wie die Lutheraner auf ihre symb. Bücher. Aber trozdem hat es doch dort zu keiner Zeit an einem gewissen Lehrzwang gefehlt, indem gleich die ersten Bekenntnisse, wie Zwingli's 67 Säge in Zürich, die berner Thesen und die erste baseler Confession, von den Obrigkeiten der genannten Cantone als gesetzliche Lehrnormen bekannt gemacht und dann fast in jeder refor= mirten Landeskirche Lehrer, Geistliche und Staatsdiener (ja mitunter, wie in Basel und Genf, auch sämmtliche Bürger) auf die dort giltige Confesston verpflichtet wurden 6), wie das ja auch in Betreff der Geistlichen in den meisten reformirten Ländern heute noch geschieht 7. Und im 17. Jahrhundert, nach dem Ausbruch der arminianischen, amyrald'schen 2c. Streitigkeiten, war man ja auch an manchen Orten im besten Zug, durch Einführung der dordrechter Beschlüsse 8) und namentlich in der Schweiz durch die selber die Tertkritik der H. Schrift in Fesseln legende Formula Consensus Helvetica einen noch drückendern Symbolzwang zu üben, als solcher jemals in der luther. Kirche geübt worden war, so daß in dem leztern Falle endlich Brandenburg der Glaubensfreiheit in der Schweiz kräftig das Wort reden mußte.

Die Arminianer dagegen haben sich gleich in der Vorrede zu ihrer Confession und dann stets aufs entschiedenste gegen allen Symbolzwang erklärt und ihnen sind hierin die Socinianer, die Quäker und ein Theil der Mennoniten nachgefolgt, ohne davon jemals einen Schaden gehabt zu haben. Vergl. Praefat. Confessionis Remonstrant.: Non eo editur haec declaratio, ut novus conscientiarum laqueus hinc paretur, aut immota fidei norma seu

6) Trechsel, die protest. Antitrinitarier vor Faustus Socinus, I, S. 167. Richter, a. a. D. 2, 339.

7) Schenkel, im Gutachten der heidelb. theolog. Facultät über Dülon, 1852. S. 98 ff.

8) Vergl. die ächt römische Sententia Synodi Dordr. de Remonstrantibus und die Bestätigung derselben durch die Generalstaaten bei Niemeyer p. 725 ff.

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