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Oper Clotilda (Beil. VIII. 421), welche ursprünglich für Wien componiert und zuerst daselbst 1706 mit vielem Beifalle gegeben wurde, kam 1709 in England zur Darstellung und bahnte ihm. auch dort den Weg zum Ruhme als Componist an, nachdem er schon lange vorher als der erste aller Teorbisten gepriesen worden war. Sein hervorragendes Talent zur komischen Oper wurde sogleich erkannt und hinreichend ausgebeutet, da ihm in dieser Richtung seine sämmtlichen grossen Opern zur Aufgabe gestellt wurden.

Das bedeutendste Aufsehen auch auf fremden Bühnen erregte sein Don Chisciotte in Sierra Morena (549) mit voller Berechtigung; die niedrige Komik des Sancho und der Maritorne, so wie der hohle Pathos des irrenden Ritters von der traurigen Gestalt fanden in Conti's Musik einen drastischen Ausdruck, wiewohl schwerlich ein anderer Sterblicher auf Mattheson's abgeschmackten Einfall, dass Conti in Abbildungen der Gebärden durch musicalische Noten ungemein erfahren" war1, jemals gerathen wäre. Es wäre aber ein Irrthum anzunehmen, dass sein Talent nur auf das Komische beschränkt gewesen sei. Schon in den komischen Opern sind Stimmungen und Charactere des Ernstes und der Würde vollkommen angemessen musicalisch aufgefasst; nicht minder sind zartere Empfindungen in den Cantaten, andächtige in den Oratorien zum Ausdrucke gebracht, welche zugleich den Beweis seiner tüchtigen Schulung liefern. Wenn Conti den Strömungen Aless. Scarlatti's folgte, so bewegte er sich nur in derselben Weise, als die meisten seiner Zeitgenossen, ohne jedoch den Namen eines selbstständigen Künstlers aufzugeben. Auch darin theilte er das Los eines hervortretenden Talentes, dass ihn die Scheelsucht herabzudrücken versuchte und wie dies Mattheson in seinem „vollkommenen Kapellmeister" (p. 40) unternahm, durch lügenhafte Anschuldigung seinen sittlichen Character zu verunglimpfen. Die Darstellung des hierauf bezüglichen Sachverhaltes giebt die Beilage III. 7—11.

Gleichzeitig mit dem Vater, und mit diesem öfter verwechselt, componierte für den Hof sein Sohn Ignazio Conti (geb. 1699, gest. in Wien 28. März 1759, 60 J. alt) von 1727 bis 1739

1 Vollkommener Kapellmeister. p. 40.

7 Serenaden und 6 Oratorien, welche aber nicht entfernt an die Begabung seines Vaters reichen. Er wird uns noch als ältester Hofscholar begegnen; denn ungeachtet er in manchen Textbüchern als Compositore eingedruckt wurde, war er doch nie Hofcompositor und auch Fux hatte ihn vergeblich dazu 1739 vorgeschlagen. Sein strafwürdiges Vergehen gegen einen Geistlichen, das jedoch ohne weitere Folgen blieb, hatte Anlass zur Beschuldigung seines Vaters gegeben, mit dem er zufällig oder absichtlich verwechselt wurde. Leichten Sinnes blieb er aber sein ganzes Leben lang, denn nachdem er als Erbe aus dem Nachlass seines Vaters im Jahre 1732 14.000 fl. erhalten hatte, bestand sein eigener Nachlass im Jahre 1759 actenmässig aus einem Rock, einem Degen und einem spanischen Rohr, welehe aus Noth um 3 fl. 18 kr. verkauft wurden.

Giuseppe Porsile geboren zu Neapel, gestorben zu Wien 29. Mai 1750, 78 Jahre alt (Wr. Diar.), war in Barcelona bis 1711 Kapellmeister König Karl III. von Spanien, dann Gesanglehrer der Kaiserin Amalia, wurde im Jahre 1720 nach Genuesi's Tode Hofcompositor und starb nach dreissigjähriger Anstellung. Von seinen Compositionen aus der Zeit von 1717 bis 1737 kamen in Wien 3 Opern, 18 Serenaden und 11 Oratorien1 zur Aufführung. Fux nennt ihn einen Virtuoso von gutem Gusto; Hasse war von der Natürlichkeit und Kraft seiner Compositionen gelegentlich seines Oratorium Giuseppe reconosciuto (Beil. VIII. 717) ganz entzückt. Dieses Urtheil dürfte nur von einigen Oratorien und kleineren dramatischen Werken gelten, in grösseren Opern, worin er sich auch seltener versuchte, reichte seine Kraft nicht aus. Seine Gesangsbegleitungen und Ouvertüren sind ziemlich dürftig, und seine Erfindungen von Melodien bewegen sich in altherkömmlichen ausgefahrenen Geleisen.

1 Opern: Beil. VIII. 571. 625. 753. — Serenaden: 529. 532. 544. 574. 587. 594. 615. 627. 632. 639. 643. 660. 667. 692. 694. 696. 736. 758. Oratorien: 558. 566. 578. 588. 600. 610. 620. 674. 687. 717. 761.

VII.

Chronik (1717-1718) - Fehde mit J. Mattheson wegen der Solmisation und Kirchentöne (1717-1718) - Die Operndichter Apostolo Zeno

(1718-1731) und Pietro Pariati (1713–1733).

Das Jahr 1717 kündete sich mit zwei grossen für Oesterreich folgenreichen Ereignissen an: am 23. April ward die Erzherzogin Maria Theresia, die nachmalige Kaiserin Maria Theresia geboren, und am 18. August erstürmte Prinz Eugen nach einem grossen Siege Belgrad. Ueber die Niederlage der Türken jubelte ganz Europa, den Segen, welcher aus der Geburt der Erzherzogin Maria Theresia entspriessen sollte, konnte erst eine spätere Zeit enthüllen. Gegen diese Weltereignisse war der Streit, den J. Mattheson über die Solmisation mit Fux erhub, allerdings kleinlich und widerlich zugleich, dennoch können wir ihn nicht mit Stillschweigen übergehen, da in allen Werken über Musikgeschichte seiner erwähnt wird. Ehe wir aber an diese unabweisliche Aufgabe gehen, haben wir für dieses Jahr die Festa teatrale Diana placata, Text von Pariati1 und das Oratorium Il Disfacimento di Sisara2, so wie für das Jahr 1718 das Oratorium Cristo nell' orto3, sämmtlich Compositionen von Fux zu verzeichnen.

Wir kommen an eine minder erquickliche Episode in dem Leben unseres Fux, den Streit über Solmisation nnd Kirchentonarten, in welchen der alte ruhige Hofkapellmeister von dem jüngeren beweglichen Mattheson in Hamburg durch dessen Neueröffnetes Orchestre" (Hamburg 1717) verwickelt wurde.

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1 Beil. VIII. 534. 2 Beil. VIII. 535. 3 Beil. VIII. 547.

4 Der vollständige Titel davon lautete:

„Das Neu-Eröffnete Orchestre, Oder Universelle und gründliche Anleitung, Wie ein Galant - Homme einen vollkommenen Begriff von der Hoheit und Würde der edlen Music erlangen, seinen Gout darnach formiren,

Köchel, J. J. Fux.

7

Es wurden Briefe darüber gewechselt, welche aber die Zahl vier nicht überschritten, von denen zwei von Fux, und ebensoviele von Mattheson geschrieben wurden und in des letzten ,,Critica musica" abgedruckt sind. Da dieser rührige und jedenfalls nicht unbedeutende Mann im Verlaufe dieses Werkes und besonders an der gegenwärtigen Stelle hervortritt, so müssen wir auf ihn und seine Eigenthümlichkeiten etwas näher eingehen.

Johann Mattheson ist in Hamburg (1681) geboren und (1764) gestorben. Er war bis 1705, wo ihn das Gehör zu verlassen begann, Tenorist und Componist an dem Theater, gab zugleich Unterricht im Singen, Clavierspiel und in der Composition, später war er eine Zeitlang grossbritannischer Gesandtschaftssecretär und zuletzt Canonicus an der Domkirche in Hamburg. Sein scharfer Verstand und seine bedeutenden sonstigen Anlagen besonders zur Musik verbunden mit einem ans fieberhafte grenzenden Thätigkeitstriebe setzten ihn in den Stand, sich eine ausgebreitete Belesenheit und vielseitige Kenntnisse anzueignen, die freilich oft nach Art der Polyhistoren seines Schlages mehr ins Breite sich entfalteten, als in die Tiefe niederstiegen. Seine rasche, gewandte, aber auch bei seinem leidenschaftlichen Temperamente gewöhnlich in Gift und Galle getränkte Feder, welche die heterogensten Publicationen in kürzester Zeit zu Tage förderte, machten ihn zum gefürchteten und durch mehr als dreissig Jahre lang zum alleinigen Dictator der musicalischen Gelehrtenre publik. Selbst Männer, wie Händel, Telemann, Keyser vermieden es mit diesem gefährlichen Streithahne anzubinden, der jeden hingeworfenen Handschuh begierig aufgriff und no ch öfter den Kampf geradezu hervorrief. Denkt man sich dazu die ihm eigene masslose Eitelkeit, den Eigendünkel, der keinen Widerspruch seiner eigenen Unfehlbarkeit duldete, und wie Domm er sagt, dem Gegner seine Feder als Zaunpfahl zu kosten gab, so kann man sich im allgemeinen eine Vorstellung von der Vortrags weise seiner

die Terminos technicos verstehen, und geschicklich von dieser vortrefflichen Wissenschaft raisonniren möge. Durch J. Matthe son, Secr. Mit beygefügten Anmerkungen Herrn Capell-Meister Keisers 12. Hamburg auf Unkosten des Autoris, und zu finden in Benjamin Schillers Wittwe Buchladen im Thurm, 1713“.

1 Handbuch der Musikgeschichte. 1868. p. 420.

Streitschriften bilden. Nur wer ihm Weihrauch streute, ward von ihm wieder beräuchert, doch wehe dem Unglücklichen, der an die höchst empfindlichen Leichdornen seines litterarischen Hochmuthes zu streifen so vermessen war, der wurde mit allen Geschossen des Hohnes, der Persifflage tiberschüttet, wobei es dem kleinen Diplomaten gelegentlich gar nicht darauf ankam, durch bare Lügen auch den sittlichen Ruf seines ehrenwerthesten Gegners anzutasten, wenn es nur zum Ziele der Vernichtung desselben führen konnte. Bei allen diesen groben Auswüchsen seines Characters hatte Mattheson doch auch Bücher von länger dauerndem Werthe geschrieben, während seine Compositionen längst im verdienten Staube der Vergessenheit modern. Zu den ersten zählen: Das Neueröffnete Orchestre (1713); das Beschützte Orchestre (1717); die Critica musica (1722-1725); die Grosse Generalbassschule (1731); die Kleine Generalbassschule (1735); vor allem aber der Vollkommene Kapellmeister (1739), der manche feine Bemerkung enthält; endlich die „Grundlage einer Ehrenpforte" 1 (1740), eine Reihe zum Theile werthvoller TonkünstlerBiographien enthaltend.

Mit einem solchen prickelnden, in allen Finten geriebenen Klopffechter sollte Fux, der Mann der Einfachheit und des Friedens aneinander gerathen. Armer Fux, deine Parthie war vor dem Anfange eine aufgegebene: zum Glücke hatte dieser Handel ausser einigen Stunden des Aergers keine weiteren Folgen und Fux gieng als Ehrenmann auf die Nachwelt über, während die ehrenrührigen Geschosse seines Antagonisten zuletzt den Schützen selbst trafen.

Eine ausführliche Erörterung beider Punkte des Streites zwischen Fux und Mattheson darf hier nicht erwartet werden. Sie würde für den Kenner ganz überflüssig, für denjenigen, welchem diese Dinge ganz fremd sind, ermüdend sein, während solche, die sich darüber genau unterrichten wollen, in C. F. Becker's musicalischer Litteratur die Werke angegeben finden, wo sie die gewünschte Belehrung erwarten können. Ueber beide Punkte die Solmisation und die Kirchentonarten (modi) soll nur

1 Vorzüglich seiner Ehrenpforte, indem darin aus seinem eigenen Leben auch das Unbedeutendste dem Leser nicht nachgesehen wird.

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