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Kaiser Karl VI. und sein Hof (1712-1740)

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Fux wird kaiserlicher Hofkapellmeister (1715) Seine musicalische Thätigkeit (1714-1716) Darstellung seiner Oper Angelica (1716) Ant. Caldara, ViceHofkapellmeister (1716–1736) — Die Hofcompositoren Francesco Conti (1713–1732) — Giuseppe Porsile (1720–1736).

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Ein glücklicher Feldzug in Spanien war eben (1710) beendet, als König Karl III. von Spanien durch den Tod seines Bruders, des Kaisers Josef I. genöthigt war, nach Deutschland und in seine Erbstaaten zurückzukehren. Nachdem er 22. December 1711 in Frankfurt als römischer Kaiser Karl VI.1 gekrönt worden war, hielt er am 26. Jänner 1712 seinen Einzug in Wien, das von dieser Zeit an seine bleibende Residenz wurde. Er nahm hinfort auch keinen persönlichen Antheil mehr an den kriegerischen Unternehmungen und widmete seine Regententhätigkeit nur den Künsten des Friedens. Das Glück schien ihn mit allen Gaben bedacht zu haben, welche es seinen Günstlingen aufbewahrt. Er hatte einnehmende Gesichtszüge, eine edle Haltung und ein gewinnendes Wesen. Schon in früher Jugend bewunderte man die Sanftmuth seines Characters, die Klarheit seines Verstandes, mit welchem er seinem Studium sich hingab. Er besass das ernste, abgemessene Wesen seines Vaters, weshalb er auch dem Herzen desselben theuer war. Apostolo Zeno entwirft in einem Briefe vom 20. December 17223 an seine Freunde in Italien folgende Characteristik von ihm: „Ein Brief ist nicht im Stande, die Würdigung meines Monarchen zu fassen. Sein grosses Herz, geschmückt mit jeder Tugend, kann man nie in seinem ganzen Umfange vollständig erkennen, und könnte man es, so vermöchte man es nie genug zu bewundern und zu lieben. Ich erwähne hier nur, dass er in litterarischen Dingen bis auf den

1 Geboren 1. Oct. 1685. 2 Arneth, Prinz Eugen. I. 23. tere. III. 361.

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Grund dringt, und sein Gedächtniss ist so treu, dass ich öfter darüber erstaunt war. Unter anderen erinnere ich mich, dass als wir eines Tages im Gespräche auf die stoische Philosophie kamen, er mir ihre Vorzüge herzählte und die Mängel der anderen Ethiker bemerkte, indem er die Beweisesstellen mit den eigenen Worten des Epictet und Seneca anführte, dass ich meinte, er müsse diese Schriftsteller absichtlich eben erst studiert haben, während er mir versicherte, es seien bereits vierzehn Jahre, dass er sie nicht in der Hand gehabt habe. Ausser seiner Muttersprache spricht er vollkommen latein, italienisch, französisch, castillanisch und catalonisch; bewahrt sein Reich einen dauernden Frieden, so werden Künste und Wissenschaften einen kaiserlichen Beschützer an ihm haben." Der Kaiser war auch persönlich einer der emsigsten Arbeiter: nichts glich der Aufmerksamkeit, womit er die ihm vorgelegten Berichte durchgieng und sie oft mit seitenlangen Randglossen versah1.

Wie sehr dem Kaiser die Förderung der Wissenschaften in Oesterreich am Herzen lag, hatte er auch durch die Berufung des Historiographen und Poeten Apostolo Zeno bewiesen, ferner durch seine Bemühungen, den Philosophen Leibnitz für Oesterreich wegen Gründung einer „Societät der Wissenschaften in Wien zu gewinnen, welcher Plan zwar nicht zur Wirklichkeit wurde, den Kaiser aber nicht hinderte, Leibnitz als Anerkennung seines wissenschaftlichen Verdienstes zum Reichshofrath mit einer Pension von 2000 Gulden zu ernennen und in den Freiherrenstand zu erheben. Seiner besonderen Gunst erfreuten sich ferner die beiden gelehrten Geschichtsforscher Bernhard3 und Hieronymus Pez*, Conventualen des Benedictinerstiftes Melk, mit denen ebenfalls wegen einer

1 Arneth, Prinz Eugen. III. 156. 2 Unter den Förderern des Planes zur Societät der Wissenschaften gehörte auch Prinz Eugen, der 1714 in ein näheres Verhältniss zu Leibnitz getreten war. (Otto Klopp. Archiv für Österr. Gesch. XL. p. 154–255.) Prinz Eugen bewahrte das Manuscript der "Monadologie", das Leibnitz eigens für ihn aufgesetzt hatte, wie ein Kleinod in einem besonderen Kästchen. (Arneth, Prinz Eugen. III. 60 f.) 3 Geb. 22. Febr. 1683 zu Ips, gest. 27. März 1735. 4 Geb. 24. Febr. 1685, gest. 14. Oct. 1762. Ueber ihr Wirken schreibt J. F. Keiblinger, Gesch. des Benedictiner Stiftes Melk. I. 966 ff.

Köchel, J. J. Fux.

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Academie der Wissenschaften berathen wurde. Die Vermehrung der kaiserlichen Bibliothek unter seinem verdienten Bibliothekar Gentilotto war nicht minder ein Gegenstand seiner Vorsorge und durch den Prachtbau der Hofbibliothek wurde nebst der Anerkennung des Werthes wissenschaftlicher Werke zugleich eine Zierde der Hauptstadt geschaffen, welche diesem Kaiser ausserdem eine Reihe von Monumentalbauten verdankt.

Gleich seinem Bruder Josef I. hielt Kaiser Karl VI. einen glänzenden Hofstaat. Ein Blick in das bewegte Treiben des damaligen Lebens am Hofe ist ausser dem allgemeinen culturhistorischen Interesse auch für die musikgeschichtliche Entwicklung in Oesterreich von Belang.

Der jährliche Wechsel des Hofhaltes in der Burg, in Laxenburg und in der Favorita wurde regelmässig eingehalten, indem man gegen Ende April nach Laxenburg, Ende Juni in die Favorita, Ende October in die Burg übersiedelte. Damit zusammen hiengen auch die Darstellungen der verschiedenen musicalischen Productionen, je nachdem ein Geburts- oder Namensfest mit einem oder dem anderen Aufenthaltsorte zusammenfiel. Ueber einige Verhältnisse bei Hofe und in den höheren Kreisen der Gesellschaft schreibt der feine Beobachter Baron Ludwig Pöllnitz, der in den Jahren 1719 und 1729 sich länger in Wien bewegte: „Man findet an diesem Hofe mehr Annehmlichkeiten, als in Paris und London, was die Leichtigkeit betrifft, Bekanntschaften zu machen. Hat man sich bei Hofe vorgestellt, und ist nur in einem einzigen Hause eingeführt, so ist man es auch bald in allen andern, und hat den Vortheil, dass man dort überall deutsch, französisch, italienisch und spanisch spricht; deutsch kann man leicht entbehren. Die Minister und grossen Herren am Hofe sind höflich und anständig, auch leicht zugänglich. Der Kaiser ist in der öffentlichen Erscheinung ernst und scheint denen streng, die ihn nicht näher kennen. Dessungeachtet ist er leicht umgänglich und herablassend. Spricht man mit ihm, so hört er aufmerksam zu und antwortet mit vieler Güte." Das prächtige Theater in der Burg hebt auch er hervor.

1 Apost. Zeno, lettere. III. p. 20. 2 Mémoires. Nouv. édit. 1734. III. p. 287 ff.

Zu den bedeutendsten nächsten Umgebungen des Kaisers, welche zugleich die Hauptmittelpunkte der Geselligkeit vorstellten, gehörten ausser den unter Kaiser Josef I. erwähnten Personen Graf Friedrich Karl von Schönborn, Reichs-Vicekanzler, ein Mann von ungemein bestechenden Umgangsformen. Niemand glich ihm in Wien an fürstlichem Aufwande und Entfaltung glänzendster Pracht; allgemein pries man den Geschmack seiner Bauten und den Luxus bei zahlreichen Festen1. Prinz Eugen kannte keine willkommenere Erholung von seinen zahlreichen Geschäften, als die Gesellschaft eines Kreises von Freunden, unter denen die Gräfin Batthyany, des geistvollen Hofkanzlers Strattmann gleichbegabte Tochter, den ersten Rang einnahm, in deren Cirkel er niemals zu fehlen pflegte2.

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Im Winter und zur Faschingszeit kamen ausser den Hofbällen regelmässig komische italienische Opern, Burlesken des Adels und Maskeraden an die Reihe, wobei die Faschingswirthschaft oder Bauernhochzeit niemals fehlen durfte, in welcher der Kaiser den Wirth zum schwarzen Adler, die Kaiserin die Wirthin vorstellte. Aehnliche Costümebälle fanden auch bei den Gesandten der fremden Mächte und bei verschiedenen hohen Würdenträgern statt. Ebenso erhielten sich aus früheren Zeiten die prachtvollen Schlittenfahrten, als eine willkommene Gelegenheit, in Pferden, Schlitten und Gefolgen einen reichen Prunk zu entfalten.

Mit besonderer Vorliebe trieb der Kaiser die Jagd, das Scheibenschiessen und mehr noch als beides die Musik. Fuchsprellen, Dachshetzen, Jagden auf Wildschweine, Hirsche und anderes Rothwild, Fasanen, die Reigerbeizen, ein Hauptzweig der eifrig betriebenen Falknerei, werden in regelmässiger Folge das ganze Jahr hindurch gepflegt, auch Bären und Wölfe bisweilen in den nächsten Umgebungen Wiens gefällt, wobei die Kaiserin den Kaiser gewöhnlich begleitete 3.

1 Arneth, Prinz Eugen. II. 358. 2 Arneth, Prinz Eugen. III. 39. f. 3 Den Freunden des Jagdsports sei aus dem Wiener Diarium jener Zeit mitgetheilt, dass 1713 ein Bär im Erdbergermoos, 1715 ein solcher in Hütteldorf und 1717 einer bei Gainfarn gefällt, und 1733 sechs Wölfe bei Laab erlegt wurden.

Das Vergnügen des Scheibenschiessens, das in der Burg, in der Favorita, in Laxenburg und Schönbrunn durch das ganze Jahr sich oft wiederholte, wurde ebenfalls von der Kaiserin getheilt und diese hielt mit den Damen auch besondere Schiessen ab, welche Frauenzimmerschiessen" genannt wurden, und woran. die Herren keinen Antheil nahmen.

Die Kaiserin Elisabeth aus dem Hause BraunschweigWolffenbüttel entwickelte sich nach ihrer Vermählung (damals 16 Jahre alt) zu einer der schönsten und edelsten Frauen ihrer Zeit. Lady Mary Wortley - Montague sagt von ihr 1: Wenn sie lächelt, so geschieht dies mit solchem Liebreiz, dass sie in der That zur Anbethung zwingt. Um von ihrer Gestalt zu reden, muss die Sprache der Dichter zu Hilfe genommen werden.“ So wie sie durch ihre äussere Erscheinung bezauberte, so wusste sie auch durch Bildung des Geistes und seltene Eigenschaften des Gemüthes dauernd zu fesseln. In Wien, wie in Barcelona, wohin sie ihrem Gemahle in den Krieg gefolgt war, hatte sie alles in Enthusiasmus versetzt 2.

Pöllnitz sagt (Mém. 1. c. Lettre XII.) von ihr: „die Kaiserin ist wahrhaft fromm ohne Gepränge, wohlthätig und grossmüthig. Die Erzherzoginen, ihre Töchter erzieht sie äusserst sorgfältig; die älteste Erzherzogin, Maria Theresia wird mit Aussicht auf den Thron erzogen. Sie hat viele Aehnlichkeit im Aeusseren mit ihrer Mutter, möge sie ihr auch in ihren Tugenden gleichen“.

Die ausgesprochene Neigung des Kaisers für Musik war nicht nur im väterlichen Hause K. Leopold I. geweckt und genährt worden, sondern wurde auch durch seine natürliche Anlage zu dieser Kunst wesentlich unterstützt. Er hatte gründlichen Unterricht darin erhalten, spielte selbst Clavier, „wie ein Professor mit Meisterschaft" 3 und versuchte sich auch in der Composition, von welcher eine Probe, ein gutgearbeitetes Miserere für vier Singstimmen und Begleitung in der kaiserlichen Hofbibliothek sich befindet, und das gewöhnlich am Freitage nach dem Aschermittwoche in der Hofkapelle gegeben wurde. Da er auch mit Fertig

1 Im Jahre 1726. Letters. p. 29. 3 Apost. Zeno, Lettere. III. p. 446. Köchel, Hofmusikkap. p. 137.

2 Arneth, Prinz Eugen. II. 181. Kil. Reinhardt, Rubr. gen. in

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