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In demselben Jahre 1725, in welchem Fux durch die Herausgabe des Gradus ein besonderes Zeichen kaiserlicher Huld zu Theil wurde, sollte dem alten, gichtleidenden Manne eine schwere Kränkung bereitet werden, welche ein Erlass des Cavalier Direttore di musica Principe Pio verursacht hatte.

Der Principe Luigi Antonio Pio di Carpi, mit dem Prädicate di Savoia1 hatte im spanischen Successionskriege zwischen dem Hause Oesterreich und Bourbon die kaiserliche Partei ergriffen, während sein Bruder Franz auf der entgegengesetzten Seite kämpfte, wie diess in den Kriegen in Italien öfter der Fall war. Luigi Antonio diente mit Auszeichnung unter den Truppen Karl III. von Spanien, des nachmaligen Kaisers Karl VI. Als es diesem gelang, die Franzosen aus Italien zu vertreiben, wollte derselbe 1709 aus Grossmuth ihm die Lehen überlassen, welche in Italien dem erstgebornen Bruder waren confisciert worden. Luigi Antonio wurde 1710 Commandant des Regiments Lucini, dann Kammerherr und 1716 General-Feldwachtmeister. 1721 wurde er Cavalier direttore di musica Karl VI. und blieb es, bis er 1732 zum Gesandten in Venedig ernannt wurde. Apostolo Zeno und Metastasio wiederholen, dass er dem Kaiser sehr ergeben gewesen und bei demselben in hoher Gunst gestanden sei. Diess liess sich bei seinen mannigfachen geselligen Talenten, darunter auch in der Musik kaum anders erwarten und diesen Eigenschaften hatte er zugleich die Ernennung zum

1 Pio ist daher der Familien name, nicht der Taufname Pius, wie hie und da irrig geglaubt wird. Der Principe Luigi Antonio Pio entsagte 1743 allen Aemtern und zog sich nach Padua zurück, wo er am 18. März 1755 starb. Litta, famil. celebre ital. fasc. XII. Milano 1824.

Cavalier Direttore der Hofmusik zu danken, ein Hofamt, worin die Leitung der damals so beliebten italienischen Oper verbunden war. Da durch dieses Amt der frühere Wirkungskreis der Hofkapellmeister, als der Chefs der gesammten Hofmusik (Capi di musica) beschränkt wurde, so liess sich begreifen, dass es an Competenzstreitigkeiten und anderen Conflicten zwischen den beiden Musikmächten nicht fehlte, wie diess in den Referaten des Obersthofmeister-Amtes öfter betont wurde.

Nun geschah es, dass Fux im guten Glauben, innerhalb der ihm zustehenden Disciplinargewalt als Hofkapellmeister zu handeln, dem kaiserlichen Organisten Georg Reinhardt - ohne vorausgegangene Anzeige erlaubte, auf einige Tage nach Prag zu reisen um dort bei dem heil. Johann von Nepomuk seine Andacht zu verrichten.

Kaum war dieser wieder nach Wien zurückgekehrt, so erhielt er von dem Principe Pio wegen dieser Entfernung einen sehr strengen Verweis, und Fux folgende empfindliche Note1: „Der Principe Pio begrüsst mit Achtung den Herrn Kapellmeister Joh. Jos. Fux und gibt ihm bekannt, dass der durchlauchtigste Kaiser befiehlt, dass von jetzt für die Zukunft kein Angestellter der kais. Musik sich von den kaiserlichen Diensten entfernen dürfe ohne Vorwissen des hier Schreibenden, welcher als Chef der Musik (Capo della Musica) Rechenschaft geben muss dem Allergnädigsten Herrn von seinen Untergebenen, da ihm (dem Principe Pio) niemals das Recht zugestanden wurde, irgend jemand die Erlaubniss zu geben, auswärts über Nacht zu bleiben ohne vorausgegangene Kenntniss und. Genehmigung Sr. Majestät, dessen Befehle hier nachgekommen wird.“

Fux fühlte sich hierdurch sowohl für seine Person als auch in seinen Rechten als Hofkapellmeister schwer verletzt und wendet sich um Aufklärung und Abhilfe an den Obersthofmeister Graf Sigmund Sinzenstorf in einer Beschwerdeschrift, welche der Ausdruck des Unmuths über diese und mehrere vorausgegangene Kränkungen ist. Er sagt darin: „Obwohl ich Eure Excellenz ungern mit Klagen behellige und mich ungehindert verschiedener hierzu gehabten beweglichen Ursachen bisher ent

1 Beil. II. 23, vom 30. Oct. 1725. 2 Beil. II. 23.

schlagen habe, so kann ich jedoch, nachdem mir immer grössere Beeinträchtigung zugefügt wird, nicht länger an mich halten, und Denenselben dasjenige womit ich mich beschwert fühle, gehorsamst vorzustellen. . . . Von der Zeit an, dass des Herrn Prinçipe Pio Excellenz die Carica als Protector der kais. Musik angetreten haben, war aus dem von Derselben öftermalen gethanen Versuch und allerhand Eingriffen, die ich mit Stillschweigen übergehe, sattsam abzunehmen, dass Ihre Absicht dahin gerichtet sei, den Kapellmeister zu unterdrücken, und dessen von verschiedenen kais. Majestäten befestigte und in ruhigem Besitz hergebrachte Gerechtigkeiten über den Haufen zu werfen; wie denn Herr Principe Pio Excellenz mit der Ihnen zuständigen Protection und Besorgung des kaiserlichen Theaters nicht zufrieden, auch die Direction der völligen (gesammten) Musik, die von Niemand als einem in arte perito der Gebühr nach versehen werden kann, wider den Gebrauch an sich zu ziehen trachten und laut hier anverwahrter Abschrift eines mir jüngsthin zugeschickten Billets1 Sich als ein Capo der ganzen kaiserlichen Musik benennen, wohingegen in der von Ihro kais. Majestät Leopoldo herabgegebenen und von der jetzt regierenden kais. Majestät auf meine einst geschehene unterthänigste Anfrage allergnädigst gutgeheissene Instruction artic. 132 die Kapellmeister für Capi der Musik erklärt sind, welcher ihnen zugeeigneter Character um so mehr bekräftigt wird, als die Kapellmeister der gesammten Musik vorgestellt worden und der erstere beeidigt ist: in dem ganzen Inhalt der besagten Instruction von dem jeweiligen als Protector der Musik angestellten Cavaliere keine Meldung gemacht ist". (Nun folgt die Auseinandersetzung des Falles mit

1 Des obigen Erlasses.

2 Der Artikel 13 dieser Instruction (Beil. II. 24) lautet in der Uebersetzung „dass sie (die Hofmusiker) unter sich eine gute aufrichtige Herzlichkeit und Eintracht pflegen, indem sie einander wechselseitig die gebührende Achtung bezeigen, so wie das gleiche erweisen gegen den Kapellmeister und Vicekapellmeister als ihre von mir eingesetzten Chefs (Capi), und sollte jemals eine Verstimmung oder Unzufriedenheit zwischen ihnen und dem Kapellmeister oder Vicekapellmeister entstehen, so hat derjenige der sich beschwert findet, sich an meinen Obersthofmeister zu wenden, welcher als ihre Obrigkeit die volle Macht haben wird, die Differenzen beizulegen und jedem Recht zuzuerkennen.

Reinhardt) und Fux fährt dann fort: „dass der Prinz den Organisten desswegen mit Arrest bedroht habe, nicht zwar aus Eifer für die kais. Dienste, die durch solche Abwesenheit, indem ein Ueberfluss an Organisten dermalen vorhanden ist, nicht gelitten, sondern allein um den Kapellmeister hierdurch zu kränken, als ob derselbe derlei Erlaubniss zu ertheilen nicht befugt wäre; da doch nicht allein ich als dreissigjähriger Diener, sondern auch noch ältere Musici bezeugen mögen, dass der Kapellmeister oder in Abgang dessen der Vice-Kapellmeister einem Musiker auf eine kurze Zeit zu verreisen, hat erlauben können, als welchem am besten die Zeit und Gelegenheit bekannt ist, wie und wann solches ohne Nachtheil der kais. Dienste sich thun lasse. Ohne Zweifel auch aus dieser Ursache, damit Ihro kais. Majestät mit dergleichen Kleinigkeiten nicht beunruhigt werden und auf dass derjenige, so die Musiker zur Schuldigkeit anhalten muss, ihnen auch eine Ergötzlichkeit zu gestatten bevollmächtigt sei. Es möchte vielleicht eingewendet werden, alle derlei Eingriffe geschehen darum, weil der Kapellmeister nicht jederzeit im Stande sei, dem Dienst vorzustehen, welches ich zwar bekenne, und höchst bedaure, zu diesem Ziel und Ende aber und dessen Stelle zu vertreten ist der Vice-Kapellmeister, ein Mann von grosser virtù und Capacität angestellet. Bei dieser Bewandtniss der Sache gelangt an Eure Excellenz mein gehorsamst angelegenstes Bitten, Dieselbe geruhe den bedrückten Kapellmeister in Schutz zu nehmen, und bei Sr. Majestät dahin zu wirken, dass die Kapellmeister bei ihren alten zur Besorgung des kaiserlichen Dienstes so nothwendigen Gerechtigkeiten erhalten werden, und ich meines Orts von den mir nachkommenden den üblen Nachklang, dass unter meinem Magisterio ein oder anderes abgebracht worden nicht zu befahren habe. Sollte aber Sr. kaiserl. Majestät allergnädigster Befehl und Wille sein, dass diese umgekehrte Administration Fortgang habe, so unterwerfe ich mich in Demuth dieser allergnädigsten Verordnung und muss gedenken, dass, weil ich etwa meiner Vorfahren Fähigkeit nicht besitze, die ihnen ertheilten Prärogative zu geniessen unwürdig sei, obwohl ich an Eifer keinem nachgegeben zu haben erachte. In diesem schmerzlichen Falle bäthe ich Se. kais. Majestät allergnädigst zu entscheiden, was für Gerechtigkeiten dem Kapellmeister eigentlich zustehen

und eingeräumt bleiben würden, auf dass ich mich hiernach richten könne und in meinem ohnehin betrübten Zustande nicht eine Mortification über die andere leiden müsste, sondern die noch übrigen wenigen Tage in gewünschter Ruhe beschliessen möge". Ueber diese Beschwerdeschrift erfolgte keine schriftliche Erledigung, und da nach diesem Vorfalle der Principe Pio noch durch sieben, Fux durch fünfzehn Jahre in ihren Stellungen blieben, wie bisher, so wird dieser Zwischenfall wahrscheinlich in begütigender Weise mündlich beigelegt worden sein. Die Beschwerdeschrift zeigt aber, dass der alte würdige Kapellmeister in seinem Amte keine Einsprache auch von sehr hochgestellten und einflussreichen Persönlichkeiten duldete und seine Sache mit Gewandtheit und Festigkeit zu vertreten wusste.

Neben den zahlreichen Vereinen, welche unter Kaiser Leopold I. und seinen beiden Reichsnachfolgern in Wien florierten und ausser religiösen Uebungen auch verschiedenartige humanitäre oder ähnliche weltliche Ziele sich setzten, und Bruderschaften hiessen, wurde im Jahre 1725 eine neue, die Cäcilien-Bruderschaft, begründet, welche auch die Bruderschaft der Tonkünstler unter dem Schutze der heiligen Cäcilia bei St. Stephan genannt wurde. „Diese Bruderschaft wurde zum Lobe Gottes und zu Ehren seiner Heiligen, besonders zu Ehren der heil. Cäcilia, der Patronin der Tonkunst, und zum Nutzen der Seelen errichtet. Weil aber die Urheber davon andächtige Tonkünstler waren und sie diese Bruderschaft verwalteten, wurde sie die musicalische Congregation genannt. Das Hauptfest feierten sie an dem Cäcilientage, daher man sowohl am Vorabende in der Vesper, als an dem Festtage selbst bei dem Hochamte und der zweiten Vesper die vortrefflichste Musik hörte. Den Tag darauf wurden nebst vielen heil. Messen für die todten und lebenden Mitglieder die Exequien für alle verstorbenen Brüder und Schwestern gehalten. Die Kosten bestritten sie von den Beiträgen die theils jährlich, theils bei der Einverleibung gemacht wurden". Mit dieser Characterisierung in Ogesser's

1 Von Compositionen des Fux wurde nach den Aufzeichnungen Dixit Dominus (Beil. X. 75) an drei Cäcilientagen, Nisi Dominus (Eb. 107) an sieben solchen Tagen gemacht.

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