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schah unter den schonendsten Formen: er erhielt den Fortbezug eines Ruhegehaltes von 1000 fl. mit der Gestattung, seinen Aufenthalt in Italien zu nehmen und mit der einzigen Verpflichtung, soweit es seine Kräfte zulassen, zu schreiben, was etwa der Dienst benöthigt, wobei ihm freigelasse wurde, zu jeder Zeit wieder nach Wien zurückzukehren, wo man ihn immer gerne aufnehmen werde. Von dieser letzten Gestattung machte er bekanntlich keinen Gebrauch, er blieb und starb in seiner Heimat. Einige Texte schickte er jedoch bis zum Jahre 1737 nach Wien ein.

Metastasio, von Febroni zu einem Urtheile über Zeno's Opern aufgefordert, äussert sich darüber (opp. post. II. 409.) in folgender Weise: „Wenn dem Herrn Apostolo Zeno auch jedes andere poetische Verdienst gemangelt hätte, so hätte er doch unsere Dankbarkeit und die Achtung der Nachwelt dadurch verdient, indem er zeigte, dass unsere Oper und die Vernunft keine unvereinbaren Dinge seien; dass er nicht glaubte von den Gesetzen des wahrscheinlichen enthoben zu sein, dass er sich stemmte gegen die Pest des damals herschenden albernen und schwülstigen Stiles, und dass er endlich den Cothurn befreite von der Possenhaftigkeit des Soccus". - Apostolo Zeno hatte aber auch noch anderweitige Verdienste, worunter nicht das geringste war, dass er die Allegorien und Personificationen, wenn auch nicht gänzlich verbannte, doch auf ein Mimimum beschränkte, dass er in der Oper gute geschichtliche Grundlagen aufstellte und jede Unnatürlichkeit fernhielt, dass sein Dialog, von einer ausgebreiteten Gelehrsamkeit getragen, niemals unbedeutend wurde, dass er in der Anlage seiner Stücke nicht, wie bis auf ihn gewöhnlich geschah, schabelonenartig verfuhr, dass er das Liebesgetändel mindestens von Unsinn frei machte, indem er sich in einer Vorrede bei dem Leser sogar entschuldigt, in der Anlage des Stückes ein Liebesverhältniss aufnehmen zu müssen, da man ohne ein solches heutzutage kein Stück sehen wolle. Wenn nun Zeno in diesen Richtungen vieles Verdienst in Anspruch nehmen darf und durch sein Beispiel zahlreiche Nachahmer nach sich ziehend auch als bahnbrechend anzusehen ist, so ist doch wieder nicht zu läugnen, dass seine Hervorbringungen mehr den Verstand als die Empfindung anzusprechen geeignet waren und eben deshalb der Hauptforderung der Musik, welche das Gefühl zu beleben

bestimmt ist, weniger zusagen konnte, insbesondere ist die Liebe ganz stiefmütterlich von ihm behandelt, man merkt dass er dabei sich Zwang anlegen musste und wird dadurch verstimmt", zugleich machten die langen, mehr rhetorisch als poetisch gehaltenen Recitative keine geringen Zumuthungen an den Componisten und auch an den Zuhörer; allein hier dürfen wir an den Verfasser der Texte keinen zu strengen Masstab anlegen, da das Begnügen seiner Zeit nicht den Forderungen der unsrigen gleichsteht.

Mit Apostolo Zeno gleichzeitig an Lebensjahren und in der Thätigkeit als Theaterdichter, zuletzt auch in der Anstellung am Hofe zu Wien war Pietro Pariati1. Er ercheint in den Hofrechenbüchern und Schematismen als Hofpoet vom 1. Jänner 1713 nach Silvio Stampiglia und P. Bernardoni bis zu seinem Tode im Jahre 1733. Seine poetische Thätigkeit für Wien scheint aber schon mit 1729 abgeschlossen gewesen zu sein, nachdem über 50 Texte für Opern und Oratorien seiner fleissigen Feder in kaum 16 Jahren entflossen waren. Er hatte auch mit Apostolo Zeno gemeinschaftlich an Operntexten schon vor ihrer Ankunft in Wien gearbeitet und in Apostolo Zeno's Poesie drammatiche Vol. IX-XI sind 10 solcher gemeinschaftlicher Texte aufgenommen mit der ausdrücklichen Bezeichnung, dass sie von Zeno insieme con P. Pariati" verfasst sind. Von den in Wien zuerst zur Aufführung gekommenen gibt Don Chisciotte in Sierra Morena (Beil. VIII. 549) und Alessandro in Sidone (570) Zeugniss, dass Pariati, was Gewandtheit in Erfindung und theatralischer Anordnung der Stoffe betrifft, seinem Mitarbeiter nicht nachstand, in der Sangbarkeit der Texte sogar einen Vorrang verdiente 2. Auch in jenen Opern, welche von Pariati allein herrühren, wie Costanza e fortezza, zeigt sich ein Dichter von höherer Begabung.

1 Er war zu Reggio (in der Lombardie) 27. März 1665 geboren und starb 1733. Quadrio, Stor. VIII. P. II. 483. Ant. Lombardi III. 392.

2 Apostolo Zeno erkennt auch in den Briefen das Verdienst Pariati's an und gesteht den Erfolg dieser Stücke ehrlich zu.

VIII.

Fux, Kirchenmusik.

In dasselbe Jahr 1718 fällt die Composition der berühmten Missa canonica des Fux, an welche sich eine nähere Beleuchtung seiner sämmtlichen Kirchencompositionen anknüpfen lässt, da ohnehin bei den wenigsten derselben die Zeit ihres Zustandekommens mit Sicherheit zu ermitteln ist.

Der volle Inhalt des Gradus ad Parnassum legt Zeugniss ab über die Richtung des Verfassers zum strengen Satze in der Musik überhaupt und zu Compositionen für die Kirche insbesondere, wo jener seinen höchsten Ausdruck zu finden berufen ist. Ein weiterer Beleg dafür ist die grosse Verhältnisszahl seiner Kirchencompositionen (289) zur Gesammtzahl seiner nachgelassenen bekannten Werke (405), also nahe drei Viertel der ganzen Summe, wichtiger noch ist aber die Art der Auffassung und Behandlung derselben. Ueber seine eigene Stellung zu der ihm vorausgegangenen glänzenden Periode der Musik besonders in Italien, legt Fux in der Widmung seiner berühmten Missa canonica an K. Karl VI. ein selbstbewusstes Bekenntniss ab, wenn er sich in folgender Weise äussert: „Ich habe es für meine Pflicht gehalten, diese ruhmreiche Kunst (die Musik) von der unbegründeten Meinung einiger zu befreien, welche behaupten, im Laufe der Zeit habe sich das Wesen der alten Musik so verringert, dass sich nach und nach selbst der Begriff derselben verloren habe und uns nichts mehr als der Schatten ihres Namens geblieben sei, den die moderne Musik eingenommen hat. . . . Ich schmeichle mir, Eure Majestät werden in dieser Messe erkennen,

...

1 In dem Verzeichnisse der Compositionen desselben (Beil. X.) werden 56 Messen, 57 Vespern, 22 Litaneien, 12 Gradualien, 14 Offertorien, 22 Mottette und 106 Hymnen aufgezählt.

2 Beil. IV. 6.

dass die alte Musik noch nicht gänzlich verschwunden, und dass uns darin sogar ein Gewinn erwachsen ist, der durch Nachdenken und Forschen gepflegt bewirken kann, dass der Geschmack und die Würde derselben noch fortlebend erscheine. Das ist immer mein Ziel gewesen, und mein geringes Talent hat zum alleinigen Ende, das zu erhalten, was von alter Musik uns noch übrig blieb, alle ihm mögliche Kraft zusammengenommen, in der Hoffnung, durch das Verdienst dieses mühsamen Strebens alle meine übrigen Unvollkommenheiten erträglicher zu machen."

Es ist ausser allem Zweifel, dass Fux unter der alten Musik, deren Erhaltung er als den Zweck seines künstlerischen Wirkens aufstellt, keine andere gemeint habe als jene, deren Begründer und Vollender Palestrina war, den er1 mit Begeisterung das Licht von Präneste nennt, dem er alles was in diesem Zweige der Wissenschaft an ihm sei, zu verdanken habe, und dessen Andenken er, so lange er lebe, niemals aufhören werde mit dem höchsten Dankgefühle zu verehren. Er nennt ihn später den Fürsten des Stils a cappella, welchen nachzuahmen er seinem Schüler, wenn ihm um einen ungewöhnlichen Fortschritt zu thun ist, auf das dringendste empfiehlt.

Giovanni Pierluigi Palestrina3, der Gegenstand der Bewunderung der Mitwelt und Nachwelt, war es wohl werth, dass ihn ein anderer grosser Künstler so hoch stellte. Als in Italien wegen Ueberkünstelung durch die Niederländer die Kirchenmusik ihrem Zwecke der Verständlichkeit und Würde nicht zu entsprechen schien und es nahe daran war, dass die Figuralmusik aus der Kirche verbannt werden sollte, erhielt Palestrina, dessen Improperien* und die Messe Ut re mi fa sol durch Einfachheit und Grösse Staunen erregt hatte, von Papst Pius IV. (1564) den Auftrag, eine Messe zu schreiben, welche

1 Grad. praef. 2 Grad. p. 244.

3 Giovanni Pierluigi (Johann, Peter Alois), nach seinem Geburtsorte Palestrina (Praeneste) genannt, während sein Familienname Sante war, geboren 1514 (nach Schelle, neue Zeitschr. f. Mus. 1864), ward in Rom ein Schüler Goudimel's, 1544 Kapellmeister in der Cathedrale von Palestrina, von 1551 an in Rom theils als Kapellmeister im Vatican, theils als Componist der Kapelle Papst Pius IV., und starb dort 1594.

4 Gesänge am Gründonnerstage.

in jeder Hinsicht als dauerndes Muster echter Kirchenmusik hingestellt werden könne. Vermöchte sie den Anforderungen der Congregation Genüge zu leisten, so sollte die Figuralmusik in der Kirche ferner verbleiben. Das Schicksal derselben lag also in Palestrina's Hand. Er schrieb nun drei Messen, von denen die dritte aufgeführte, später Marcellusmesse genannt, entschieden durchschlug und allgemeines Staunen und Bewunderung hervorrief. Die Empfindungen, welche in der katholischen Kirche die alleinherschenden sein sollen, hatten darin einen tiefen und wahren Ausdruck gefunden, die höchste Kunst erschien als Natur, ein echt kirchlicher Stil hatte sich entfaltet, ernst, feierlich, gross, wie alle Leidenschaftichkeit so auch alle Künstelei ausschliessend, in tiefsinniger Tonsymbolik die Geheimnisse der Gottheit dem ahnenden Gefühle vermittelnd. Palestrina hatte mit diesem Werke nicht nur der Kirchenmusik ihren Antheil am katholischen Gottesdienste für alle Zeiten gesichert, sondern auch den Italienern einen nationalen Kirchenstil geschaffen, der noch immer Stile alla Palestrina genannt wird. Indess ist seine Schreibart keineswegs immer jener einfach erhabene der Improperien oder Marcellusmesse, sondern die contrapunktische Kunst findet sich auch bei ihm in allen Abstufungen, je nach der Anregung des Textes von der einfachen Accordenfolge des Josquin'schen Stile familiare bis zu den äussersten Verwicklungen des canonischen Satzes. Aber auch die grössten Schwierigkeiten überwand er scheinbar ohne Anstrengung und ohne im Ausdrucke jemals die Würde des Gegenstandes, der Kirche, zu vergessen oder die Technik zur Herscherin über den Gedanken sich erheben zu lassen 1.

Von Rom und Venedig giengen noch im XVI. Jahrhundert zwei grosse Schulen aus: in Rom die Schule des Giovanni, Maria Nanini, mit welchem in Verbindung Palestrina an der Bildung von Talenten sehr eifrigen Antheil nahm, die Gründer des erhabenen Stiles in der Musik — in Venedig hatte die Musik schon vor Claudio Monteverde (1613), Ciprian de Rore (1563) und Zarlino (1563) diesen und andern Meistern die Erweiterung der Harmonie durch Einführung bis dahin noch nicht.

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1 Ar. Dommer, Musikgeschichte. 140 ff.

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