zu zeigen, sei die Absicht des Dichters.,,Selig ist, schließt der Vorredner,,,der es begreifft, vnnd im trewlich nachkommet, das mittel vnd die maß der liebe triffet. On zweiffel er vberkommet vnd erlangt, was fein herz begert. Wa er sich aber den lust laßt vbergon, in was schad vnd schande er fallet, weiset diß büchlin mit schönen lieplichen worten, darin der welt lauff wurt vß gelegt." Der Anfang der Mörin und zum Theil die Ausführung hat manche Aehnlichkeit mit der Welschgattung und mit andern allegorischen Gedichten dieser und der frühern Zeit, besonders denen, welche, wie die Mörin, die Minne zum Gegenstande haben. Der Dichter geht (dies ist der kurze Inhalt des Gedichts) einst in der lichten Sommerzeit in einen Wald spazieren, vertieft sich in denselben, und findet bei einer Quelle einen Greis und einen Zwerg, welche ihn binden und zur Frau Venus bringen, wo er vor Gericht gestellt wird, weil er sich mehrerer Verbrechen gegen die Göttin, namentlich der Treulofig= feit gegen die Geliebte, schuldig gemacht habe. Eine Mohrin, Brinhild genannt, wird von Frau Venus zu ihrem,,Procurator vnd Fürsprechen“ ernannt; dagegen vertheidigt der getreue Eckart des Dichters Sache; der Gemahl der Königin Venus, Herr Danhäuser, führt den Vorsiz. Die Richter sind uneinig, die Mörin bewegt aber den König, sich für die schärfere Meinung auszusprechen; nun appellirt der Angeklagte an Frau Abenteuer. Unterdessen wird er abgeführt; er unterhält sich mit dem Großhofmeister, dem er Manches über die Zustände in Deutschland mittheilt, bei welcher Gelegenheit er die bekannte Zuchtlosigkeit der Geistlichkeit bitter tadelt, und auch die Fürsten hart anklagt, vorzüglich aber sich als einen Feind der Städte erweist. Endlich, da man nicht recht weiß, was man mit ihm anfangen soll, wird er freigelassen und er findet fich plöglich wieder bei der Quelle, bei welcher man ihn gefangen hatte. Es scheint aus mehreren Stellen des Gedichts allerdings hervorzugehen, daß Hermann wirklich die Abficht hatte, jene von dem Vorredner bezeichnete Idee zu Grunde zu legen; doch tritt sie nicht mit der gehörigen Kraft und Klarheit hervor. Ueberhaupt ist das Ganze höchst mittelmäßig und ohne Wirkung; auch ist die Darstellung breit, und ergeht fich in vielfachen Wiederholungen; so wird unter Anderem der Dichter zu drei verschiedenen Malen angegangen, seinen Glauben zu verläugnen, was er jedesmal mit weitläufiger Rede von sich weist. Die besten Stellen sind älteren Dichtungen nachgebildet; daß Hermann aber mit der früheren Literatur, sowohl mit den Erzeugnissen der hösischen Poefie, als mit den Dichtungen aus der deutschen Heldensage sehr vertraut war, geht aus unzähligen Anspielungen und Citaten in seinem Gedichte hervor, welche aber nicht zum Vortheil des Werks gereichen. 1. Wie ein strenger ritter genant her Herman von Sachsenheim eins mals von seinem schloß in des Meien luft ein clein weil wolt spacie ren gon, vnd in der weg hindan trüg, biß das er von einem zwerg gefangen vnd also durch zauberlist hinweck gefürt ward. Jr weisen, mercken mein gedicht Ob ich ein weil von torheit sag: es ist nit lang an einem tag. Ich sprach zu im:,,Nu farent schon, Der alt der sprach: Es hat kein sin! Das edel zwerglin clein vnd werd 65 Band mir züsamen hend vnd fieß. 70 Ich sprach da:,,Gott geb, Gott grieß, Ir mögen mich tödten, ob ir wolt, zwölff hand bald einen schilling gezelt, Ich mag mich euwer nit erwern." Der alt der sprach: „Ich sol dir bern die haut noch wol mit einem scheit." Nun weiß ich nit wol, wer ir seit," Sprach ich zu yn vs grimen zorn. ,,Wie bedunckt er sich so hoch beschorn," 75 Sprach der groß vnd auch der clein, ,,vnd werftu noch als kazen rein, Du můst mit vns in fremde land." ,,Wer hat vch nach mir gesant? Des wundert mich in meinem mut!" Er sprach: Das hat ein küngin gut, Vor aller mistat wandels frei 80 ,,So fagent mir doch, wer sie sei, Vnd wie ich hab verschult dis not?" Was gibst du vns zů botten brot? 85 So thun wir dir irn namen funt." ,,Ja het ich goldes tausent pfundt, Ich geb vch nit ein imperion!" 90 Der alt der sprach:,,Es sy gethon! Ich ler dich wol ein ander meer!" Damit so trat das zwerglin het, Vnd nam bei henden, fiessen mich, Zu der mich dick belanget hatt." Der alt der sprach: Schlüß zu getrat ,,Nein, lieber her, vnd das ich flüg, Ich fand vch sicher zu der hand. Wollen ir mich fieren in fraw Venus land, 145 Ich will vch schweren einen eid Das ich von vch nit wenden wil." Der alt der sprach:,,Du claffst zu vil: zu sein, die seinen Talenten mehr Spielraum dar bot, als die eigene Heimat. Er war seines Berufs ein Barbirer, und er übte wohl dabei auch, wie das mals gewöhnlich, die Wundarzneifunft aus: wenigstens beweist er in mehreren seiner Gedichte man | nigfaltige ärztliche Kenntnisse. *) Daneben entwickelte er noch vielseitige Thätigkeit; so hatte er eine eigene Presse, mit welcher er seine Dichtungen selbst druckte. Dieselben müssen sehr beliebt gewe- | sen sein, da er in einem Gedichte über ungebetene Herausgeber und Nachdrucker klagte. Weil er aber, wie es scheint, jedes Stück, so klein es auch sein mochte, einzeln druckte, die meisten derselben aber nur aus wenigen Blättern bestehen, und er eine Ge- | sammtausgabe zu veranstalten versäumte oder nicht | für belohnend hielt, so mag wohl eine größere Anzahl verloren gegangen sein; manche sind wohl auch noch vorhanden, aber noch nicht wieder aufgefunden, Selbst diejenigen, die sich noch erhalten ha- | ben, sind sehr selten und nur in wenigen Exempla ren vorhanden. Das älteste von seinen bekannten Stücken ist vom J. 1474; wann das lezte erschie nen ist, läßt sich nicht bestimmen, da mehrere auch nach seinem Tode wieder aufgelegt wurden, und sich von manchen derselben der erste Druck verloren hat. Hans Folz wurde von der Nürnbergischen Gesangschule als der lezte von ihren zwölf alten berühmten Meistern genannt, und man schrieb ihm die Erfin- | dung von sieben Meistertönen zu. Von seinen Meistergefängen ist nur Weniges bekannt, nur zwei oder drei find gedruckt erschienen, und auch diese, wenn gleich formell zu jener Art Dichtungen gehörig, erheben sich ihrem Inhalte nach über die Beschränkt heit des Meistergesangs, z. B. das „Lied genannt der pöß rauch", in der Flammweis, welches mit vielem Wige der Männer spottet, die unter dem Pantoffel seufzen, wobei er nicht unterläßt, mit heiterem Humor sich selbst den Verspotteten beizus zählen: Des freu ich mich irs außgangs ser, Wan die weil ich pin man im haus Vnd sunst mein lebtag numer mer." So sehr sein ganzes Wesen für komische Darstellung geschaffen zu sein schien, so war er doch auch edlerer Empfindungen fähig; so schildert er das Glück der Ehe mit wahrhaft tiefem Gefühl in einem andern Gedicht,, Wider den pöß rauch", wo es unter Anderm heißt:,,Ob im Gott kindelein beschert, Die ein solch reine mutter nert Auß iren zarten prüften, Do ydes seinen lust an ficht, Wie wol in peiden do geschicht, Was möcht höchers er lüsten! Dan wo also getrifacht wirt Die lib, so fie fort haben, Was lib vnd gegenlib gepirt, Dut lib in lib vergraben; Darmit vater, muter vnd fint In ein gelipt werden also, Das grösser lib nymant enpfint." Diese Zartheit der Gesinnung in dem erwähnten Gedicht steht freilich mit andern Darstellungen in grellem Widerspruch, deren derbe, robe, selbst schmußige Ausdrücke alles Maß überschreiten; aber wenn wir solche selbst in denjenigen Gedichten wiederfinden, die von edler und fittlicher Gesinnung zeugen, wie unter Anderm in dem Gedichte,, Von zwever frawen krieg“ (2), so wird es klar, daß der Dichter dem Geschmack seiner Zeit huldigte, und er dürfte deshalb auch für solche Dichtungen, die sich ganz in jener rohen Art bewegen, Entschuldigung finden, um so mehr als in ihnen eine reiche Ader von Wiß und leckem Humor nicht zu verkennen und die Darstellung im Allgemeinen rasch und lebendig, auch nicht ohne ächt poetische Seiten ist. Die meisten seiner erzählen So in dem größeren Gedichte:,,Der Beter leben", in dem büchlein,,Bon den warmen Bädern und in dem Spruch:,,Wem der geprent wein schad oder nuß sei.“ | " den Gedichte, wenn nicht alle, haben einen größten Theils längeren beschaulichen Schluß, worin er sich von Rosenblüt unterscheidet, und sie lehnen sichh dadurch an die älteren „Beispiele“ an. Einige haben die Natur der Parabel, wie der mitgetheilte Spruch,,Bon dreyr Pawrn frag“ (1), andere find legendenartig, wie das Gedicht: „Von wannen die Affen kommen". Mehrere sind wahrscheinlich älteren Gedichten nachgebildet; so die Erzählung: Von dreyen weiben, die einen porten funden" und die mit einander übereinkommen, das gefundene Band solle der von ihnen gehören, welche ihren Mann am schlauesten betrügen könne. Doch ist diese Erzählung vielleicht einer italienischen Novelle entnommen, wie die,, Von einem kauffman, der gen Rom zooch“ und der Schwank, Von der Juden Messias", in welchem erzählt wird, wie ein lockerer Geselle sich für den Messias ausgibt, um ein schönes Judenmädchen zu verführen. Doch hat Hans Folz seine Stoffe auch aus dem Leben entnommen: das Gedicht,, Von zweyer frawen krieg" (2) führt uns in Form eines Gesprächs zwischen einer Buhlerin und einer sittsamen Jungfrau das Leben und Treiben der fittenlosen Geschöpfe, welche damals unter dem Namen der,,armen Frauen bekannt waren, vor; der mitgetheilte Spruch von dreyer Bauern frag“ (1) erklärt auf lustige Weise, woher es komme, daß die Geistlichen den Weibern der Bauern nachstellen, und wahrscheinlich verbreitet sich auch die,,Histori vom pfarrer im loch", die wir nicht kennen, über die Zuchtlosigkeit der Pfaffen". Ganz eigenthümlich endlich und ein schönes Zeugniß von der vaterländis schen Gesinnung des Dichters ist das historische Gedicht: Von wannen das heilige römisch reiche set= nen vrsprung erstlich hab, vnd wie es darnach in deutsche land kumen sey", welches, von ihm selbst gedruckt, im J. 1480 erschienen ist. Es beginnt mit der vorzüglich in den allegorischen Gedichten beliebten Einleitung, daß der Dichter eines Morgens auf das Feld gegangen sei, wo er sich am lieblichen Gesang der Vögel und an den Blumen ergözt habe; da sei,, ein alter persofant“ zu ihm gekommen, der ihm den Ursprung der Reiche von der Sündfluth_an_bis auf Karl den Großen erzählt habe. Den Beschluß macht des Dichters Klage über den Verfall des Reichs nebst einem Gebet, daß sich Gott über den Nothstand desselben erbarmen und ihm beistehen möge. " 1. Von drehr pawrn frag. DRey pawrn pey einander sassen, Die dreyer frage sich vermassen; Der erst fraget, wo von doch wer, Das die gelerten so gefer !! 5 Iren weybern möchten gesein: Es wer ym offt gewest ein pein. Der ander sprach: So frag ich dich, Warumb die wolff so geyßigklich Nach vnserm viech steln nacht und tag: 10 Das ist ye auch ein sundre plag." Do sprach der drit: Syt ich sol reden, So hört ich gern von euch reden, Wo von kum vnd was vrsach sey, Das wir pawren so gar vnfrey 15 Vor den rosen stawden besten: Wie offt vnd dick wir fur fie gen, Zu reyssens vns vnser gewandt, Lassen vns nymer hin an pfandt, Vnd wann nit wer der rosen schmack, 20 Die vns erfrewen manchen tagk, So wer nit vil varnach zu fragen, Das man ir keine auff liß ragen." 25 Gins mals ein frumer pawrs man was, Er het ein über schöne tochter, Vnd was ym fast leydt vmb jr zarthet, Bnd manchen standt ym name für, Nun hat derselbig pawr den ruff, Alweg der schelmen fleysch zu forn, 60 Vnd wan es sunst mer hate fug; Dan einr dorn stawben in seym garten, Nun ftarb der man vnd ließ ein frawen, 70 Die wardt fn die ding anders schawen, Vnd gab die tochter frem knecht, Dem was der rock_auch ganz gerecht: Das kalp wart auff der hochzeht geffen. Seyt handt sich die drey stent vermessen, 75 Die pawren nümer zu verlan, Fechten sie on vnterlaß an. 80 Die meydt kün auch nit vor in pleyben, " Daß peyspil mercket, jung vnd alt, Das man der elterr gschefft recht halt. 95 Was ist dir doch geholffen mit, Das genr, der das geschefft beschit, So lang ym fegfewr quelt vnd acht, Vnd du, der es nit hast verpracht, Darnach an sein stat sizt vnd pretst? 100 Wann du dan auch ein für dich hetst, Wer deinthalb gut, wo man in fundt; Ich sorg, wem das gschefft seh verkündt, Bnd nit ym leben es außtrag, Er prat piß an den jüngsten tag, 105 Ob es ym anders ist beschert, Das er nit aufsen vmbhin fert, Wann neben hin get auch ein weg. D lieber Got, seyt nit so treg! Aber dem gschicht freylich je nit recht, 110 Der sich vm leben wol bedecht, Wo er wyder Got etwas het, 120 Sag, was magstu doch kauffen vmb 2. Von zweyer frawen krig. Die frech, die redt der stillen zu, Vnd sprach:,,Mein traut gespil, nu thu 15 Ein teyl deines wesens mir hie kundt: Sag, wirbestu zu keiner stundt Nach einem pulen, dem du dein herz Das all vntrew vnd falsche art 50 Wie so dir der nit dinstlich wer Allein nach eren zu trachten welln. Ir sindt so vil, die dar nach sielln, Das ich mich sein gar hab verwegen. Dan wiltu dich auff die weg legen, 65 So kumitu nümer mer do hin! Do ich offt werdt gewesen pin, Dan liestu dir raten gern, Ich wolt dich gar vil anderst lern. Die stet sprach: Ler wer mir fast not, 70 Also das ich mit eren vnd Got Mein kurzes leben hie verbrecht An armut vnd an groß gefecht, Die manche hot mit einem man, Dem sie doch muß sein vntertan. 75 Dy frech sprach:,,Het ich nur geschwigen! Wan du auff deiner schang wilt ligen, War für wer dan die lere mein. Du must dich anders schicken drein. Hör zu, nerrin, wie ich vm thu: 80 Ich sprich eim nit ein wörtlein zu, Noch thu vor keinem des geleich, Wie oft vnd einer für mich schleich, Er sey dan reich vnd dar zu milt. Wirt mir dan von ym nit gezilt, 85 So kan ich selbs gleich wol die ee, Das ich dest öffter fur in gee Vnd ste ym in der kirch entgegen, Bnd thu fein aug sust nirn bewegen, Dan das ich stetigs auff in plick. 90 Sich, das thu ich so offt vnd dick, Piß ich enwenig an gesündt; Darnach ich aber dieffer grundt, Piß er zu worten mit mir kumpt, Was mir dan dar nach nußt vnd frumpt: 95 Do ist er stet gewegen zu, So lang piß ich sein willen thu. Wer kan sich als mit frumkeit nern? Schlechts vm der schnöden narung willn? Die neyg, die du hast auß geschenckt.“ Die frech sprach:,,Gy du weist sein vil! 130 Wie offt fumpt dan, mein libe gespil, Das manche sich so frumcklich helt, Do man auch nit gar fast nach stelt. So ein nit schön, noch freundlich ist, Vnd etlich, die sich aller list 135 Vil iar vnd zevt geprauchet hat, Wurdt an der leg offt gar gut rat, Bnd ergreyfft ein nach all frm willen: Vnd die sich ganz helt in eine stilln Und meint sich nymant lan benaschen, 140 Schlecht manch mal die hend in d'aschen, So fie ergreifft ein küssen pfennig, Oder wo sunst deß guß ist wenig. Ja wer mich wil, der muß mich neren! Solt ich ym hauß vnd hoff vergeren, 145 Dannec sol er nit werden in, Ob ich ym feint oder holt pin." Die still sprach:,,Gy so klag ichs Got, Das vitreu solchen fürgang hot, De von du falsches weyb thuft sagen, 160 Bnd allenthalb dest ermer sein, Die frech sie pey dem rock ergrevff, 175 Von den, die vns weysen vnd leren, 180 Hetten sie nit etwas dar von, Bill dings liessen sie wol hin gen. 190 So ich den rogen vor bin han." Die still sprach:,,Sag, was folgt darne, 195 Ein stinckeng maul, schwarz zen vnd gel, Die frech sprach:,,Da laß mich sorgen: Die still mit zern beweget wart 220 Vnd sprach: „Ach Got, was schnöder art 230 Vnd es hie nit wird abgewendt?" Die frech sprach: „Gy was sel das leben 689 |