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11,685 Tristande, ir meister, bột si daz; er bột 1sốte vürbaz:

si tranc ungerne und überlanc,
unt gap do Tristand, unde er tranc,
unt wanten beide, ez ware win.

Emilrisdv mahr wol guessen

11,690 le mitten giene ouch Brangan în, unde erkande daz glas,

unt sach wol, waz der rede was. Si erschrac sô sêre unde erkam, daz ez ir alle ir kraft benam, 11,695 unt wart reht als ein tôte var. Mit tôtem herzen gie si dar: si nam daz leide veige vaz, si truog ez dannen unt warf daz in den tobenden wilden sê.

11,700,, Owê mir armen," sprach se,,,owê! daz ich zer werlde ie wart geborn! Ich arme, wie hân ich verlorn min êre unt mine triuwe!

Daz ez Got iemer riuwe,

11,705 daz ich an dise reise ie kam,
daz mich der tôt dô niht ennam,

do ich an dise veige vart
mit Isôte ie bescheiden wart!
Owe Tristan unde Îsôt!

11,710 diz tranc ist iuwer beider tôt!"

Nu daz diu maget und der man, Îsôt unde Tristan,

den tranc getrunken beide, så was ouch der werlde unmuoze dâ, 11.715 Minne, aller herzen lågerîn, unt sleich zir beider herzen în. È sis ie wurden gewar, dô stiez se ir sigevanen dar, unt zôch si beide in ir gewalt: 11,720 si wurden ein und eiuvalt,

die zwei unt zwîvalt waren è: si zwei enwaren dô niht mê widerwertic under in: Îsôte haz, der was dô hin. 11,725 Diu suonerinne Minne, diu hæte ir beider sinne von hazze also gereinet, mit liebe also vereinet, daz ietweder dem andern was 11,730 durhlûter als ein spigelglas. Si hæten beide ein herze; ir swære was sîn smerze, sin smerze was ir swære; si wâren beide einbære

11,735 an liebe unde an leide,

unt hâlen sich doch beide,

unt tete daz zwivel unde scham: si schamte sich, er tete alsam; zi zwivelte an im, er an ir.

11,740 Swie blint ir beider herzen gir an einem willen wære,

in was doch beiden swære

der urhap und der begin.
Daz hal ir willen under in.

11,745 Tristan, dô er der minne enphant,

er gedâhte så zehant

der triuwen und der èren,

unt wolde dannen kèren.

,,Nein," dâhte er allez wider sich, 11,750,, là stân, Tristan, versinne dich, niemer genim es keine war!" So wolte et ie daz herze dar. Wider sinem willen krieget er, er gerte wider sîner ger:

11,755 er wolde dar unt wolde dan.
Der vergangene man

versuochte ez in dem stricke
ofte unde dicke,

unt was des lange stæte;

11,760 der getriuwe, der hæte

zwei nâhe gendiu ungemach:
swenn er ir under ougen sach,
und im diu süeze minne
sin herz unt sine sinne

11,765 mit ir begunde sêren,

so gedȧhte er ie der Eren,
diu nam in danne dervan,
Hie mite so kêrte in aber an
minne, sin erbevogetin,

11,770 der muose er aber gevolgec sin.
In muoten harte sêre

sin triuwe unt sin êre,

số muote in aber diu Minne mê,
diu tet im wirs, danne wè:

11,775 si tete im me ze leide,

dan triuwe und êre beide.
Sin herze sach si lachend an,
unt nam sin ouge dervan;
als er ir aber niht ersach,

11,780 daz was sin meistez ungemach.
Dicke besazte er sinen muot,
als der gevangene tuot,
wie er ir möhte entwenken,
unt begunde ofte denken:
11,785,, Kêre dar oder her,
verwandele dise ger,

minne unt meine anderswâ.“
So was ie dirre stric dâ.

Er nam sin herze unt sînen sin,

11,790 unt suochte enderunge in in, sone was ie niht dar inne, wan Îsôt unde minne.

Alsam geschach Îsôte,

si versuochte ez ouch genôte:
11,795 ir was diz leben ouch ande,
do si den lim erkande
der gespenstigen minne,
unt sach wol, daz ir sinne
dar in versenket waren.

11,800 Si begunde stades våren,
si wolde uz unde dan:
sô klebet ir ie der lim an;
der zôch si wider unde nider.

Diu schone strebete allez wider, 11,805 unt stuont an iegelichem trite, si volgete ungerne mite;

si versuochte ez manegen enden: mit vüezen unt mit henden nam si vil manege kêre 11,810 unt versancte ie mère ir hende unde ir vüeze

in die blinden süeze

des mannes und der minne.

Ir gelimeten sinne,

11,815 dien kunden niender hin gewegen,
noch gebrücken, noch gestegen
halben vuoz, noch halbem trite,
minne, diu enwære ie dâ mite.
Isôt, swar si gedàhte,

11,820 swaz gedanke si vürbrâhte,

sone waz ie diz, noch daz dar an,
wanne minne unde Tristan ;
unt waz daz allez tougen.
Ir herze unde ir ougen,

11,825 diu missehullen under in:

diu schame, diu jaget ir ougen hin,
diu minne zôch ir herze dar.
Diu widerwertige schar,

maget unde man, minne unde scham,

11,830 diu was an ir sêr irresam :

diu maget, din wolte den man,

unt warf ir ougeu dar van;
diu scham, diu wolte minnen,
unt brâhte es niemen innen.

11,835 Waz truoc daz vür? Scham unde maget,
als al diu werlt gemeine saget,
diu sint ein alsô hæle dine,
so kurze wernde ein ursprinc,
sine habent sich niht lange wider.
11,840 Îsôt, diu leite ir kriec dar nider
unt tete, als ez ir was gewant:
diu sigelôse ergap zehant
ir lip unde ir sinne

dem man und der minne. 11,845 Si blicte underwilen dar,

unt nam sin tougenliche war: ir klåren ougen unde ir sin, die gehullen dô wol under in. Ir herze unde ir ougen, 11,850 diu schâcheten vil tougen unt lieplichen an den man: der man, der sach si wider an suoze und inneclichen. Er begunde ouch entwichen, 11,855 dos in diu minne niht erlie. Man unt maget, si gâben ie ze iegelichen stunden, sô si mit vuogen kunden, ein ander ougenweide. 11,860 Die gelieben dùhten beide einander schoener vil, dan ê: deist liebe reht, deist Minnen ê. Ez ist hiure unt was ouch vert, und ist, die wile minne wert,

11,865 under gelieben allen,

daz se ein ander baz gevallen,
sô liebe an in wahsende wirt,
diu bluomen und den wuocher birt
lieplicher dinge,

11,870 dann an dem urspringe.

Diu wuocherhafte minne,

11,875

diu schonet nâch beginne:
daz ist der sâme, den si hât,
von dem si niemer zergât.

Si dunket schoener sît, dann è;
dà von so tiuret Minnen ê:
diuhte Minne sît, als ê,

so zergienge schiere Minnen ê.
Die kiele stiegen aber an
11,880 unt vuoren vroliche dan,
wan als vil, daz minne
zwei herzen dar inne
von ir strâzen hæte brâht.
Diu zwei, diu waren verdâht,

11,885 bekümberet beide

mit dem lieben leide, daz solhiu wunder stellet, daz honegende gellet, daz süezende siuret, 11,890 daz touwende viuret,

daz senftende smerzet, daz alliu herze entherzet, und al die werlt verkèret. daz hæte si verseret, 11,895 Tristanden unde Îsôte. Si twang ein nôt genôte und in seltsæner ahte: ir dewederez enmahte gehaben ruowe, noch gemach,

11,900 wan so ez daz andere sach. Sos aber einander såhen, daz gieng in aber nâhen,

wan si enmohten under in zwein

ir willen niht gehaben enein:

11,905 daz geschuof diu vremde und diu scham, diu in ir wunne benam,

sos eteswenne tougen

mit gelimten ougen

einander solden nemen war;

11,910 so wart ir lich gelîche var dem herzen und dem sinne. Minne, diu verwerinne,

dien dûhte es niht dà mite genuoc, daz mans in edelen herzen truoc

11,915 verholn unde tougen,

sine wolte under ougen ouch offenbæren ir gewalt: der was an in zwein manecvalt. Unlange enein ir varwe erschein, 11,920 ir varwe schein unlange enein: si wehselten genôte

bleich wider rôte,

si wurden rot unde bleich,

als ez diu minne in under streich. 11,925 Hie mite erkante iewederez wol, als man an solhen dingen sol, daz eteswaz von minnen

in ietweders sinnen

ze dem andern was gewant, 11,930 unt begunden ouch zehant liepliche enein gebaren,

zit unt state våren
ir rûne unde ir mære.
Der Minnen wildenære

11,935 leiten einander dicke

ir netze unde ir stricke,
ir warte unde ir lâge
mit antwürt unt mit vrâge,
si triben vil mære under in.

401

11,940 Isôte rede und ir begin,

daz was vil rehte in megede wis: si kom ir trût und ir âmis al umbe her von verren an; vou ende mante si her dan, 11,945 wie er ze Develine

in einem schiffeline gevlozzen wunt und eine kam, wie in ir muoter an sich nam unt wie sin ouch generte; 11,950 von allem dem geverte, wie si selbe in siner phlege schriben lernete alle wege latine unde seitespil.

Der umberede, der was vil, 11,955 die se im vür ougen leite von siner manheite

und ouch von dem serpande,
unt wie sin zwir erkande

in dem mose und in dem bade. 11,960 Diu rede was under in gerade; si seit im und er seit ir.

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waz wirret iu? waz wizzet ir?" 11,970,, Swaz ich weiz, daz wirret mir; swaz ich sihe, daz tuot mir wê: mich müejet himel unde sê; lip unt leben, daz swæret mich!" Si stiurte unt leinte sich

11,975 mit ir ellebogen au in:

daz was der belde ein begin.
Ir spiegelliehten ougen,
diu volleten vil tougen;
ir begunde ir herze quellen,

11,980 ir süezer munt ûf swellen,

ir houbet, daz wac alles nider.

Ir vriunt begunde ouch si der wider mit armen umbe vâhen, ze verre noch ze nåhen, 11,985 niwan in gastes wise; er sprach suoz unde lise:

, Ei, schone süeze, saget mir, waz wirret iu? waz klaget ir?" Der Minnen vederspil Îsôt,

11,990,, Lameir,“ sprach si,„, daz ist mîn nôt, lameir, daz swæret mir den muot, lameir ist, daz mir leide tuot." Dô si,, lameir" sô dicke sprach, er bedâhte unt besach

11,995 anclichen unde kleine

des selben wortes meine.

Sus begunde er sich versinnen, l'ameir, daz wære minnen, l'ameir: bitter, la meir: mer: 12,000 der meine, der dùhte in ein her. Er übersach der drier ein, unt vrâgete von den zwein: er versweic die minne, ir beider vogetinne,

12,005 ir beider trôst, ir beider ger;

mer unt sûr beredete er.
,, Ich wæne," sprach er,,,

schoene Îsôt,

mer unt sûr sint iuwer nôt;

iu smecket mer unde wint:

12,010 ich wæne, iu diu zwei bitter sint." ,, Nein, herre, nein! waz saget ir? der dewederez widert mir,

mirn smecket weder luft noch sê: l'ameir allein tuot mir wè.“ 12,015 Do er des wortes zende kam, minne dar inne vernam

er sprach vil tougenliche zir:
Entriuwen, schoene, als ist ouch mir;
l'ameir und ir, ir sit min nôt!
12,020 Herzefrouwe, liebe Îsôt,
ir eine und iuwer minne,
ir habt mir mine sinne
gar verkeret unt benomen,
ich bin ûzer wege komen
12,025 sô starke und alsô sère,

ich erhol michs niemer mêre.
Mich müejet unt mich swæret,
mir swachet unde unmæret
allez, daz min ouge siht:

12,030 in al der werlde enist mir niht
in minem herzen liep, wan ir!“
Îsôt sprach:,,Herre, als sit ir mir!"

Wirnt von Gravenberg.

Wie eine fortschreitende Entwickelung der höfischen Poesie von der einfachsten Auffassung der Märe und ihrer schlichten und strengen, beinahe lapidarischen Darstellung im Pfaffen Konrad bis zur weitesten Entfaltung des Stoffs und der vollendetsten Ausbildung der poetischen Sprache in den drei großen Meistern des beginnenden dreizehnten Jahrhunderts (Hartmann, Wolfram und Gottfried) nicht zu verkennen ist; so werden wir in den nachfolgenden Dichtern eine, wenn auch zuerst nur allmähliche, dagegen später immer entschiedenere Abnahme der hösischen Kunst wahrnehmen, bis sie zulest in gänzliche Auflösung verfällt, so daß nicht einmal die Erinnerung an die schöne Blüthezeit derselben bewahrt wird. Auch erscheinen von nun an keine schöpferischen Talente mehr unter den höfischen Dichtern; und wenn auch Einige, sei es in Bezug auf glückliche Behandlung des Stoffs, sei es rücksichtlich der Darstellung, Bedeutendes letsten, so erscheint es doch immer nur als Abglanz jener höheren Leistungen, da selbst die besseren Dichter der späteren Zeit nur mehr oder weniger be| gabte Nachahmer der ältern waren. Schon Wirnt von Gravenberg ist ein solcher, da er naments lich seinen ältern Zeitgenossen Hartmann zum Muster nahm. Er stammte aus einem ritterlichen Geschlechte Frankens, wo noch das Städtchen Gräfenberg, neben welchem sich die adelige Burg erhob, von seinem Namen Kunde gibt. Im leßten Viertel des zwölften Jahrhunderts geboren, diente er wahr. scheinlich als Edelknabe am Hofe Bertolds IV., Grafen von Meran, bei dessen im J. 1206 erfolgten Lode er seiner eigenen Angabe nach gegenwärtig war. Sein Gedicht,,Wigalois mit dem Rade" mag er in noch jugendlichem Alter gegen das Jahr 1212 verfaßt haben. Konrad von Würzburg, der ihn zum Mittelpunkt eines didaktischerzählenden Gedichts machte (s. o. S. 202), zeichnet ihn als einen angesehenen, wohlhabenden und feingebildeten Ritter, als welchen er sich auch im

ganzen Verlaufe seines Gedichts zeigt. Weitere Nachrichten über seine Lebensverhältnisse fehlen; nur berichtet Konrad, und wir haben keinen Grund an der Wahrheit dieser Mittheilung zu zweifeln, daß er, wahrscheinlich im J. 1228, das Kreuz ge- | nommen habe und im Kampfe gegen die Ungläubigen gefallen sei.

Der Wigalois war, wie der Dichter selbst ausdrücklich berichtet, sein erstes, aber wahrscheinlich zugleich auch sein einziges Werk; wenigstens finden fich keine Andeutungen, daß er andere Gedichte verfaßt habe, ob er gleich die Absicht hatte, noch eine andere Märe zu dichten. Die ursprüngliche Quelle des Wigalois war ohne allen Zweifel ein französisches Gedicht, doch lag es dem Dichter nicht unmittelbar vor; er hatte den Stoff aus dem Munde eines Knappen, weshalb er aber auch, wie er am Schlusse sagt, nicht überall das Richtige erfahren habe.

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Eines Tags dies ist in Kurzem der Inhalt des ziemlich langen Gedichts - erschien ein unbekannter Ritter an Artus Hof und bot der Königin einen kostbaren Gürtel an; wolle sie ihn aber nicht als Geschenk behalten, so wünsche er, daß man um denselben mit ihm kämpfe. Nachdem er sich verabschiedet, legte die Königin den Gürtel an: ,,da erhielt die Frau Stärke und Weisheit; es | trübte sie keine Art Leid, die Sprachen kanute sie alle wohl, ihr Herz, das ward freuderoll." Ga- | wein, den sie nun um Rath bat, erklärte, daß fie den Gürtel nicht behalten dürfe, daß vielmehr der fremde Ritter um denselben kämpfen müsse. Am folgenden Tag fand der Kampf wirklich Statt; aber der fremde Ritter besiegte nach einander die tapfersten Helden der Tafelrunde und selbst den bis | dahin nie überwundenen Gawein, den er gefangen fortführte. Unterwegs gestand der Ritter, daß er nur durch die Kraft des wunderbaren Gürtels gefiegt habe, und schenkte diesen dem gefangenen Gawein, der, sobald er ihn angelegt, wunderbare Kraft verspürte. Endlich gelangten sie an eine Burg, als deren Herrn sich der fremde Ritter zu erkennen gab, und seinen Begleiter in seinem Lande willkom- | men hieß. Er stellte ihn hierauf seiner Gemahlin und deren Frauen vor, unter denen eine wunderschöne Jungfrau Gaweins Aufmerksamkeit auf sich zog; sie trug einen Gürtel von Edelsteinen, unter des nen ein Rubin war, der jeden Kummer verscheuchte, sobald man den Gürtel aulegte. Der König, dessen Nichte sie war, gab sie dem tapfern Gawein zum Weibe. Ein halbes Jahr lebte dieser dort im vollsten Glück, bis ihn endlich die Sehnsucht nach seinen Kampfgenossen so mächtig ergriff, daß er unter dem Versprechen, baldmöglichst wieder zu kommen, von seiner Gemahlin Abschied nahm, die ihn nur ungern ziehen ließ. Auch sollte sie ihn nicht wiedersehen, denn da Gawein den Zaubergürtel zurückgelassen hatte, war es ihm unmöglich, so lang er auch umherirrte, den Rückweg wieder zu finden. Unterdessen hatte aber Florie, Gaweins Gemahlin, einen Knaben geboren, den sie mit der größten Liebe und Sorgfalt erzog; fie fand ihr größtes Vergnügen darin, ihm von des Vaters Vortreff lichkeit zu erzählen, was auf den Knaben so mächtigen Eindruck machte, daß er sich entschloß, als er zum Jüngling herangewachsen war, den Helden aufzusuchen. Mit dem Zaubergürtel angethan, den ihm die Königin gab, erreichte er den Hof des

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Königs Artus, dem er auf Befragen sagte, daß er Gwi von Galois heiße (später wird er immer Wigalvis genannt). Artus nahm ihn freundlich auf, befahl ihn der Obhut Gaweins; und da der Jüngling sich bald durch seine Mannhaftigkeit auszeichnete, ward er zum Ritter geschlagen und in die Tafelrunde aufgenommen. Nicht lange darnach kam eine Jungfrau, von einem Zwerge begleitet, an Artus Hof, den König bittend, ihr einen Kämpfer für ihre bedrängte Königin zu geben. Sogleich bietet sich Wigalvis an; Artus gewährt ihm die Bitte, die Jungfrau zürnt aber, weil sie ihn noch für ein Kind ansieht. Doch hat Wigalois bald Gelegenheit, ihr zu beweisen, daß sie sich in ihm geirrt; er bestegt nach und nach mehrere Riesen und Ritter, unter diesen auch den Grafen Hoyer von Mansfeld, und gewinnt endlich das vollständige Vertrauen der Jungfrau, die ihm nun auch die Geschichte ihrer Herrin erzählt. Diese, berichtet sie, sei die Tochter des Königs von Korentin, den der zauberkundige Heide Roaz von Glois verrätherisch erschlagen, worauf er sich des ganzen Reiches bemächtigt habe. Die Königin sei damals mit ihrer erst drei Jahre alten Tochter auf ihrem Erbschloß Roymunt (zu deutsch, Kunechesberg") gewesen; dort lebten beide jezt noch, die Tochter sei aber zur schönsten Jungfrau herangewachsen, und habe sich entschlossen, nur demjenigen ihre Hand zu geben, der ihr das Königreich Korentin wieder erwerbe, was aber keine leichte Sache sei. Bald darauf kamen sie zur Burg Roymunt; die alte Königin und deren schöne Tochter Larie waren über die Änkunft des Ritters, der für sie kämpfen wollte, hoch erfreut; auch ward er von ihnen mit allen Ehren empfangen. Bald fühlte sich dieser aber von der Schönheit der königlichen Jungfrau gefesselt, und auch sie empfand die innigste Liebe zu dem schönen Jünglinge. In der Nacht bemerkte er eine Feuersbrunst; als er sich darnach erkundigte, sagte man ihm, daß dies das Schloß zu Korentin sei, das seit zehn Jahren des Nachts in Flammen stehe, am Tage aber unversehrt erscheine. Am andern Tag bricht Wigalvis auf, um das Abenteuer zu bestehen. Bald begegnet ihm ein wunderbar gestaltetes Thier mit einer Krone auf dem Haupte, das ihn bis zu einem Palaste von Kristall führt, wo es sich plößlich in einen Mann verwandelt und sich als den erschlagenen König von Korentin zu erkennen gibt, der mit seinen Rittern allnächtlich im Schlosse brennen müsse, bis er erlöst werde, was aber nur ges schehen könnte, wenn ein furchtbarer Drache erlegt würde, der das ganze Land verwüste. Nachdem ihm der König Verschiedenes angegeben, damit er den Drachen leichter besiege, und er ihm zuleßt entdeckt hatte, daß er Gaweins Sohn sei, verließ er ihn in Thiergestalt, und ging in das Schloß, das sogleich zu brennen anfing. Wigalois aber zog dem Drachen entgegen; er fand thn, als er eben vier Ritz ter mit dem Schwanz umschlungen hielt: er stach ihm die Lanze ins Herz; der Drache ließ die andern fahren, stürzte sich auf Wigalois und, obgleich schon sterbend, schleuderte er ihn so weit, daß dieser wie todt hinfiel. So ward er von einem Fischer und dessen Weib gefunden, die ihn entkleideten und ihm auch den Zaubergürtel raubten. In diesem Zustande ward er von einem der geretteten Ritter, dem Grafen Moral, entdeckt, der ihn auf seine Burg Jorafas mitnahm und ihn bis zur voll

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ständigen Heilung pflegen ließ, worauf Wigalois habe. Um diese Schandthat zu rächen, zog Wiga-
feinen Weg fortseßte, und die Burg Glois erreichte. lois mit Gawein und vielen Helden, von seiner Ge-
Er besiegte alle Hindernisse, die sich ihm entgegen- mahlin begleitet, gegen den Mörder, der in har-
stellten, und drang endlich in die Burg; Roaz ging tem Kampfe erschlagen wurde. Auf dem Rückwege
ihm bewaffnet entgegen, und sogleich begann ein begegnete ihnen ein Bote, der ihnen die Nachricht
mörderischer Kampf zwischen den beiden Helden, von dem Tode der Frau Florie überbrachte. Nach
welchem die schöne Jafite, des Roaz Gemahlin, auf | kurzem Aufenthalte am Hofe des Königs Artus zog
einem erhöheten Siß zusah. Beide entwickelten Wigalois mit seiner Gemahlin nach Korentin, das
großen Muth und bewundernswürdige Tavferkeit; er durch weise Regierung beglückte. Beide lebten
lange schwankte der Sieg, bis endlich Wigalois | lang und glücklich und hinterließen einen einzigen
dem Feinde einen so mächtigen Schlag mit dem Sohn, Lifort Gewanidor, dessen Abenteuer aus
Schwerte verseßte, daß er ihm Brünne und Eisen- der wälschen Zunge in deutsche zu dichten, schließt
gewand spaltete und ihn tödtete. Da erhob Frau Wirnt, ein Anderer übernehmen möge, da er sich
Jafite berzzerreißende Klage, sie stürzte sich auf dazu zu schwach fühle.
den Gesellen, drückte ihn mit ihren weißen Armen
und füßte ihn, als ob er noch lebte.,, weh!"
rief sie jammernd aus,,, o weh, lieber Mann, nun |
hast du deinen schönen Leib verloren um mich, ar
mes Weib! das thut mir im Herzen weh! Auch soll
Nichts mich aufhalten meh'; ich werde dein Geselle
im Himmel oder in der Hölle, wo wir auch müssen |
sein! O weh, lieber Herre mein, daß ich dich todt |
je gefach!" Und ihr langes lockiges Haar ausrau-
fend, rief fie:,, Wo bist du nun, Machmet? Deine |
Hülfe ich stets hatte zu ganzem Trost und dein Ge-
bot; Machmet, viel süßer Gott, ich habe dich ge-
minnet stets, wem hast du mich nun gelassen hie?
Er liegt todt hier vor mir, den ich befahl mit
Dienste dir, seit ich von ihm Kunde zuerst gewann.
Oweh, Roaj, viel lieber Mann, ich muß dich kla-
gen, des wird mir Noth. Du warst mein Herz und
mein Leib, ich dein Herz und dein Weib; wir hats
ten beiden Einen Muth; was ich wollte, das däuchte
dich gut, was du wolltest, das wollte auch ich. Nun
mußte der ganze Wille durch deinen Tod scheiden
zwischen uns beiden. Wie dein Herze je war mein
und all mein Wille dein, so soll dein Tod mein Tod
auch sein!“ — „Sie hob ihn nun auf ihren Schooß,
mit beiden Armen sie ihn umschloß mit so jämmer
licher Klage (mit wie kalten Worten ich das sage),
davon ihr Herz gebrochen ward. weh der kläg
lichen Fahrt und der jämmerlichen Noth! So lag
fie klagend auf ihm todt. Ob sie auch war eine
Heidenin, ganze Treue und stäten Sinn mit Liebe
sie an ihn kehrte, wie sie die Minne lehrte: Her-
zenliebe ist Noth und Qual, ihr Ende bringt
Herzleid zumal, wie es an der Frauen wohl er-
schien. Wäre sie nicht eine Heidenin, so müßte ich
flagen ihres Jammers Noth. Hie lagen zusammen
viere todt: zwei Seelen und zwen Leib dem Manne
und seinem Weib, deren Seelen vor Gott sind er-
schlagen. Solchen Tod, den soll man klagen!
Wohl dem, der ihm entrinnen mag, und der ver-
dient den ewigen Tag!“ Auch Wigalois war schwer
verwundet; als aber die Jungfrauen der Königin
saben, daß er noch lebe, wollten sie ihn aus Rache
tödten; doch ward er vom Grafen Adan gerettet,
dem er auch die eroberte Burg übergab, worauf er
anch Jorafas zum Grafen Moral ritt, den er zur
schönen Larie mit der Siegesnachricht sendete. Diese
eilte mit ihrer Mutter sogleich nach Jorafas,
und gab dem Sieger den wohlverdienten Preis, die
Krone und ihre Hand. Bald darauf kam auch Ga-
wein, der von seinem Sohne und dessen schöner
Gemahlin mit herzlicher Freude empfangen wurde.
Doch wurde dieselbe bald durch die Nachricht ge-
stört, daß Lion den König Amion erschlagen und
dessen Gemahlin Liamere, Lariens Nichte, geraubt

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Mag auch, wie nicht mit Unrecht behauptet wurde, Wirnt in seinem Gedichte den trefflichen Hartmann zum Muster genommen haben, so steht er doch schon darin weit hinter ihm, daß er sich nicht, wie jener, von dem ungeheuren Schwall von Abenteuern befreien und losreißen kann, die er in seiner Quelle fand, wodurch das Gedicht eben so viel an innerem Werthe verliert, als es an Umfang gewinnt, zumal die meisten dieser Abenteuer einander so ähnlich sehen, daß der Dichter offenbar verlegen ist, wie er ihnen wenigstens in der Darstellung ei nige Verschiedenheit geben solle. Allerdings ist er darin nicht unglücklich, und er zeigt in der That, daß er nicht allein Hartmann, sondern hie und da auch Gottfried mit Erfolg benugt hat; doch ist er in der althergebrachten Form der Darstellung so befangen, daß er sich nicht abhalten läßt, Kleider, Schmuck und dergleichen mit der breitesten Ausführlichkeit zu schildern, ob er gleich das Ungehörige davon fühlt. So sagt er, nachdem er Floriens Kleidung in mehr als hundert Versen beschrieben: Wer un das beneiden wollte, daß sie trug so schönes Kleid, das wäre eine große Thorheit, denn es bringt ja Niemanden Schäden, was ich auf fie mag laden von Seide und von Borden und von Schmucke mit Worten.“ Gern unterbricht er die Darstellung, und darin mag ihm wohl Wolfram Vorbild gewesen sein, durch passende Bemerkungen, in denen er sich meistens von einer liebenswürdigen Seite zeigt. Wenn er auch nicht eben tiefe Gedanken ausspricht, so ist er doch reich an zarten und warmen Empfindungen, und die mehr didaktischen Stellen enthalten, wenn auch nicht neue, doch wahre und gediegene Lebensansichten. Besonders liebt er Seitenblicke auf seine Zeit zu werfen und sie jener ritterlichen Welt entgegen zu seßen, die er darstellt. So sagt er, nachdem er berichtet, daß ein besiegter Riese dem Wigalois habe schwören müssen, eine Jungfrau zu König Artus zu bringen: „Zu jenen Zeiten war die Sitt' (sie bewahrten ihre Treue damit), daß wer einen Eidschwur brach, wo man den immer auch gefach, der war widerlich und erregte aller Leute Abscheu, wie der todtfieche Mann, der von der Welt ward gethan. Sie mußten geleistete Sicherheit, es wäre ihnen oder leid, treu bewahren, wie man ihnen gebot, oder an der Ehre liegen todt. Das wäre auch jezt der Welt noch Noth!" Als Wigalois einen von den Rittern befiegt hatte, die er auf seinen Fahrten bekämpft, fährt der Dichter fort: „Er band das Roß an mit dem Zaum an einen Dorn: das wäre zu diesen Zeiten verlorn, wie ich mich des versinnen kann: ihrer sind nun wenige, die es nicht führten von dann; man zöge ihm jezt den Harnisch ab, dazu alle seine

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