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Im Althochdeutschen hatte man statt des vollen folgten. Jede Strophe mußte nämlich in drei GlieReims sehr häufig bloße Assonanz gebraucht; wenn | der zerfallen, deren zwei ersten symmetrisch gebaut diese aber bei dem Volllaut der Bildungs- und Bie- und gereimt waren, während das dritte seinen eigungssylben füglich an die Stelle des Reims treten genen Bau und seine eigene Reimstellung hatte. fonute, weil diese Sylben mit ihrem nachhaltigen | Die zwei ersten Glieder hießen die beiden StolLone das Ohr immerhin erfüllten, so konnte sie len oder zusammen der Aufgesang, und das dagegen im Mittelhochdeutschen nicht mehr gebraucht dritte der Abgesang; die Strophe selbst hieß werden, da jene Sylben zur gänzlichen Tonlosigkeit | liet. In den Gedichten, die aus mehreren Stroherabgesunken waren. Man findet die bloße Asso- phen oder lieden bestanden, wurde die Form der nanz daher nur noch in den früheren Dichtungen ersten Strophe meistens auch in der folgenden durchdieses Zeitraums; nach und nach machte sich das geführt. Die ganze Anlage des Strophenbaues Streben nach strengen Reimen immer mehr geltend, mußte natürlich zu einer großen Mannigfaltigkeit bis diese Reinheit endlich ganz durchdrang und zur von Strophenformen führen, da jeder Dichter sich vollkommensten Ausbildung gelangte, die selbst in nach den jedesmaligen Bedürfnissen eine neue Form, unsern Tagen nicht wieder erreicht wurde, obgleich | welche man den Ton nannte, unterlegen konnte. nicht verkannt werden darf, daß in den lezten Jahr-Zudem scheinen die Dichter eine Ehre därin gesucht zehnten in dieser Beziehung Bedeutendes geleistet | zu haben, stets neue Töne zu erfinden. Dieses Be worden ist.

Wie der Reim, so zeigt auch die metrische Form der Dichtungen eine bewundernswerthe Mannigfaltigkeit. Die einfachste und früheste bestand aus bloßen Versreihen von drei oder vier Hebungen mit gepaarten Reimen, wobei jedoch die bessern Dichter den oben (S. 12) bezeichneten Gegensaß zwischen Form und Sinn regelmäßig beobachteten. In dieser einfachen Form sind die meisten erzählenden, nicht volksthümlichen Gedichte ab- | gefaßt; doch zeigte sich das Bestreben nach einer funstmäßigen Gliederung schon frühe darin, daß die einzelnen Abschnitte der Gedichte durch längere Schlußzeilen (was wohl eine Nachahmung der volksthümlichen Form war, von der weiter unten gesprochen wird) oder durch einen dreifachen Reim bezeichnet wurden, den z. B. Wirnt von Gravenberch in seinem Wigalois mit Glück anwandte. In manchen Gedichten wurde der Schluß eines Abschnitts dadurch bezeichnet, daß das lezte Reimyaar im Widerspruch mit der gewöhnlichen Regel auch den Gedanken abschloß, was hauptsächlich bei denjenigen Gedichten der Fall ist, welche sonst jene Regel durchgreifend und streng beobachten. Diese verschiedenen Kunstmittel, den Schluß eines Abschnitts in einem längern Gedichte zu bezeichnen, bringt un gefähr denselben Eindruck hervor, den wir bei den gereimten Schlußzeilen in ungereimten Dramen, hauptsächlich in Schillers Tragödien, wahrnehmen. Aus diesen einfachen Versreihen entwickelte sich die Strophe, welche in den ältesten Gedichten noch sehr einfach ist, indem zwei, drei oder mehrere Reimpaare zu einem Ganzen verbunden werden. Auf diese Weise wurde die sogenannte Nibelungenstrophe gebildet, welche jedoch aus Langzeilen besteht. Jede derselben zerfällt in zwei Hälften, von denen die erste 4, die zweite 3 Hebungen hat; nur die vierte oder Schlußzeile der Strophen hat in ihrer zweiten Hälfte meistens auch 4 Hebungen. Ein weiteres Mittel, die Strophe zu einem Gauzen abzugränzen, bestand darin, daß man zwischen das lezte Reimpaar derselben eine reimlose Zeile, die man die Waise nannte, einschob. Die Abgränzung wurde ferner auch dadurch erzielt, daß man zwischen Langzeilen von acht oder fieben Hebungen kurze Zeilen von nur drei oder vier Hebungen einschaltete, oder die kurzen Zeilen den Langzeilen vorausgehen ließ. Später wurden aber auch künstlichere Strophen mit verschlungenen Reimen gebildet, welche bei aller Mannigfaltigkeit des Baues stets ein festes, allgemeines Geseß be

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streben wurde wesentlich dadurch unterstüßt, daß die
lyrischen Gedichte nicht vorgelesen oder recitirt,
sondern immer gesungen und von irgend einem mu-
sikalischen Instrumente, namentlich der Geige, be-
gleitet wurden. Dagegen konnten diese mannig-
faltigen Formen auf die erzählenden Gedichte nicht
angewendet werden, da sie nicht zum Gefange be-
stimmt waren. Zwar findet man auch Versuche,
künstlich gebaute Strophen beim evischen Gedicht
zu gebrauchen, aber da dies mit der ruhig schrei-
tenden Natur desselben in Widerspruch steht, so
können diese Versuche nur als verfehlt bezeichnet
werden, und vielleicht hat Wolfram von Eschen-
bach deshalb seinen Liturel nicht vollendet, weil
er selbst fühlte, daß die Strophenform, die er bei
demselben gebrauchte, dem Gange des Gedichts
nicht angemessen war. Der Widerspruch zwischen
Form und Wesen der Dichtung deutet immer auf
den Verfall der Kunst, deshalb wurde später, als
die Kunst von ihrer Höhe sank, Wolframs Versuch
| mehrfach_nachgeahmt.

Es gab noch eine Art von lyrischen Gedichten, bei welchen die nämliche Strophenform nicht immer wiederkehrte, wie bei den eigentlichen Liedern, welche vielmehr auf der Abwechselung der Strophenform beruhten, indem der Dichter bei jedem neuen Gedanken oder bei dem Wechsel der poetischen Stimmung eine neue Strophenform gebrauchte. Doch war es ihm gestattet, auf eine frühere Form zurückzukommen, wenn Gedanke oder Stimmung den früher dargestellten sich wieder näherte. Auch bei diesen Gedichten, welche man Leiche nonnte, wurde jener oben besprochene Gegensaß zwischen Form und Inhalt angewendet, indem der Sinn von einer Form in die andre hinübergriff, während bei den Liedern dies nicht geschehen durfte, sondern jede Strophe auch einen abgeschlossenen Gedanken enthalten mußte. Die Leiche waren ursprünglich aus den lateinischen Kirchenliedern entstanden, und daher in den früheren Zeiten auch vorzugsweise religiösen Inhalts; später wurden sie aber auch auf weltliche Gegenstände angewendet, wurden dann aber häufiger Reien und Tänze genannt.

Von den Liedern und den Leichen ist endlich noch der Spruch zu unterscheiden, der meistens aus einer einzigen Strophe bestand, doch auch mehrere enthalten konnte, welche übrigens, wie bei den Liedern, in drei Theile zerfielen. Nur kommt es vor, daß, von dem allgemeinen Gesez abweichend, in der Strophe des Spruchs der Abgesang zwischen die beiden Stollen eingeschoben wurde.

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Die mannigfaltigen Gefeße, welche bei Anwen- | obigen Darstellung genugsam hervor, daß die Mindung des Reims, bei Bildung der einzelnen Vers- | nefänger in dieser Beziehung wirklich Großes ge= zeilen und vorzüglich bei dem Strophenbau beob- leistet haben; namentlich haben sie die Sprache außer achtet werden mußten, lassen vorausseßen, daß es ordentlich gebildet und entwickelt, sie haben die höchste eines eigenen Studiums bedurfte, um dieselben in Vollendung im Ausdruck erreicht; aber eben so wahr ihrem ganzen Umfange kennen zu lernen, und sie zu ist es, daß bei dieser Einseitigkeit der Auffassung beherrschen. Ja man darf wohl annehmen, daß die die Poesie an Tiefe, lebensvoller Mannigfaltigkeit in so hohem Maße ausgebildete metrische Kunst nicht | und Wahrheit des Gehalts verlieren mußte, wie ohne praktische Anleitung erlernt werden konnte. denn auch eine näher Betrachtung der Poesien jener Es haben daher wohl schon in jenen Zeiten Anfänge | Zeit hinlänglich darthut, daß nur wenige Dichter von Bildungsschulen bestanden; wenigstens | diese Einseitigkeit überwanden und wahrhaft große werden die jungen Leute, welche sich der Dichtkunst | Dichtwerke schufen. Und diese wenigen Dichter wawidmen wollten, bei einzelnen gepriesenen Meistern ren von einigen weiß man es bestimmt, von anin die Lehre gegangen sein, worauf der Ausspruch dern ist es wahrscheinlich — nicht aus dem Adel, Walthers von der Vogelweide hinweist, sondern aus dem Bürgerstande hervorgegangen, so daß er in Desterreich habe singen und daß man bei ihnen eine kräftigere Einwirkung der sagen lernen. Diese Vermuthung wird durch Volkspoesie vorausseßen kann. Es soll übrigens den ferneren Umstand unterstüßt, daß die meisten, damit nicht gesagt werden, daß bei den übrigen namentlich ritterlichen Dichter weder lesen noch Dichtern kein poetisches Talent zu finden sei; eben schreiben konnten, wie z. B. Wolfram von so wenig, als man den französischen Dichtern zur Eschenbach und Ulrich von Lichtenstein. Zeit Ludwigs XIV. hohes Talent absprechen kann; Da solche aber die Kunstregeln nicht aus den nie- dagegen darf man wohl behaupten, daß bei den dergeschriebenen Gedichten ihrer Vorgänger erler Einen wie den Andern das Talent in Folge der nen konnten, so mußten sie dieselben offenbar aus selbstgeschaffenen Schranken nicht leisten konnte, mündlichen Mittheilungen schöpfen, und sie werden was es bei freier Bewegung ohne Zweifel hätte die nöthige Belehrung wahrscheinlich bei denjenigen leisten können. — Diese vorzugsweise formelle RichDichtern gesucht und gefunden haben, die aus der tung macht es begreiflich, wie die Poesie unter den Dichtkunst einen Erwerb machten und diesen auf | sogenannten Meistersängern ganz in der Form unsolche Weise erböhen konnten. Uebrigens mögen | tergehen mußte, da sie, statt sich das Ueberlieferte sich auch schon frühzeitig freie Genossenschaften von selbstthätig anzueignen und mit ihrer eignen TüchDichtern gebildet haben, aus denen sich allmählich die tigkeit zu beleben, starr an der herkömmlichen, ereigentlichen Schulen der Meistersänger entwickelten. erbten Form kleben blieben. Nachdem wir die formelle Seite der ritterlichen Wie das Ritterthum selbst in seiner hösischen EntPoesie ausführlich dargestellt haben, wollen wir wickelung ein ausländisches auf heimischem Stamm noch einen Blick auf den ganzen Charakter derselben | geyfropftes Reis war, und daher aller innern Wahrwerfen. Die hohe Ausbildung der Form führt heit entbehrte, als kindisches Spiel oder als geleicht zur Vermuthung, daß in ihr der Glanzpunkt haltlose Phantasterei erschien, so verhielt es sich der damaligen Dichtkunst zu suchen ist, daß die Be- auch mit der ritterlichen Poesie, die in dieser Be strebungen der Dichter vorzugsweise auf die Schön- zichung die auffallendste Aehnlichkeit mit der Schäheit der Form gerichtet waren. Dies gilt sogar fervoeße des 17. und mit der affektirten Sentimenvon der in den Dichtungen der damaligen Zeit dar- | talität des 18. Jahrhunderts hat. Es war den Ritgestellten Gedankenwelt. Die Poesie föllte das Ab- tern mit ihrem Frauencultus eben so wenig Ernst, bild des Ritterthums, der von ihm und in ihm be- als den Pegnigschäfern mit ihrer idyllischen Welt; gründeten feinen, böfifchen Sitte sein; daher wur- hier wie dort war die Begeisterung nur eine geden nur die Gedanken und Empfindungen zugelassen, machte, die mit dem wirklichen Leben im vollsten welche dieser Sitte entsprachen, und nur in so fern, Widerspruche stand. Die von den damaligen Dichals sie in einem dem ritterlichen Wesen angemesse- tern so mannigfaltig ausgesprochene Ehrfürcht vor nen Ausdrucke dargestellt waren. Diese Ansicht war dem weiblichen Geschlechte hätte nur dann denkbar so durchgreifend, daß sie selbst auf die wenigen sein können, wenn die höchste Sittenreinheit ge bürgerlichen Sänger der Zeit übergingen. So will herrscht bätte; wie wenig aber diese in der That Gottfried von Straßburg nicht von Krantz vorhanden war, würden wir leicht aus den vielen, beit und Arznei sprechen; er sagt es ausdrücklich, nicht bloß sinnlichen, sondern wirklich unzüchtigen daß er alle Rede vermeide, die nicht,,des hoves poetischen Erzählungen jener Zeit ermessen können, si"; Rumelant findet den Zweck der Kunst ein- wenn es nicht schon anderweitig bekannt wäre. Ja zig und allein darin, die Herrn froh zu ma- selbst diejenigen Gedichte, lyrische wie epische, welche chen"; Walther von der Vogelweide ta- | ausdrücklich die Frauen verherrlichen sollen, lassen delt seinen merkwürdigen Zeitgenossen Nithard, uns oft genug, wenn auch unwillkürlich erkennen, daß er in Bauernweise svreche. So hat die | was es eigentlich mit dieser gepriesenen Scheu vor ritterliche Poesie viel Aehnlichkeit mit der hösischen | der Unschuld für eine Bewandtniß hatte. Waren Dichtkunst zur Zeit Ludwigs XIV., deren haupt- es ja doch meistens verheirathete Frauen, denen der sächlichstes Bestreben ebenfalls nach dem gerichtet | war, was,, des Hofes sei". Eleganz, Anmuth, Feinheit der Sprache und Sitte. Liebenswürdig keit und Glätte, Vermeidung alles Anstößigen und alles dessen, was nicht hofgerecht war dahin zielten vorzugsweise die Bestrebungen der Dichter unter den Hohenstaufen, wie unter Ludwig XIV. Es läßt sich nicht läugnen, und es geht aus der

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Ritter seinen Dienst widmete, für die er Abenteuer bestand, deren Vortrefflichkeit er mit dem Schwert in der Hand jeden Augenblick und gegen männiglich zu beweisen bereit war, von denen er aber auch zum Lohn für seine Heldenthaten, für seine Hingebung den Minnesold erwartete und nach den Ansichten der Zeit auch zu fordern berechtigt war. Vielleicht stellte sich die Sache in der Wirklichkeit

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nicht so schlimm, als sie uns von den Dichtern über den, heiligen Gral recht lebendig entgegen, dargestellt wird; aber dann erscheint unser Urtheil, welche auf einer ähnlichen Erscheinung, den Temdaß die poetischen Gedanken und Stoffe nicht auf pleisen oder Rittern des Grals, beruhen. Nichts Realität beruhten, daß die dargestellten Empfin- kann uns aber die ganz phantastische Richtung der dungen nicht aus dem Innern hervorgingen, son- Zeit besser veranschaulichen, als gerade diese Gedern nur gemacht waren, nur um so mehr als rich- | dichte. Denn obgleich den Dichtern die geistlichen tig. Man kann sich die vom größten Kenner der Ritterorden offenbar dabei vorschwebten, und sie ritterlichen Dichtkunst gemachte Bemerkung, daß in deren Thaten die breiteste Unterlage für die Handsich die Minnesinger in Allgemeinheiten bewegten, lungen ihrer Helden haben konnten, so verschwimmt daß ihnen Objektivität der Anschauung mangelt, | bei ihnen das Große, Welterschütternde vollkomnicht besser erklären, als durch die eben aufgestellte men, und alle diese Gedichte lösen sich sämmtlich in Behauptung. Wenn die lyrischen Gedichte der Min- einzelne Begebenheiten einzelner Ritter auf, in denesinger einander so ganz ähnlich sehen, wenn in | nen wir Turnieren, Zweikämpfen aller Art begeg denselben weder die Eigenthümlichkeit des Dichters, nen, keineswegs aber Gemälde des Gesammtlebens noch die der besondern Verhältnisse, in denen er der damaligen Zeit erblicken. Aus der Iliade lerlebte und dichtete, lebendig auschaulich entgegen- nen wir das griechische Leben in seiner Gesammttritt; so kommt es eben daher, daß der Dichter heit erkennen: Sitten, Gebräuche, Lebens- und gemachte Verhältnisse schilderte, und daß er sie auf Religionsansichten, Kriegs- und Friedensbeschäfeine vorgeschriebene Weise darstellte. Seine Seuf- tigungen, Staatseinrichtungen und Geschichte — zer über die Härte der Dame seines Herzens hat- | Alles spiegelt sich in ihr vollkommen ab; im Parten eben so wenig Wahrheit, als die sentimentalen zival dagegen (welches Gedicht als die höchste BlüErgießungen der Dichter in der Siegwartschen Pe- the der ritterlichen Epik erscheint) läuft Alles auf riode, deren Liebesunglück nur in der Einbildung eine biographische Skizze hinaus, deren Hinterberuhte. Diese Allgemeinheit der Auffassung ohne grund nicht in großen Begebenheiten, sondern in reelle Unterlage hatte sich so ganz festgesezt, daß den gewöhnlichsten Ritterabenteuern besteht. So sie auch da erscheint, wo die Wirklichkeit doch nahe wurde in jenen Zeiten eben so viele Dichterkraft, lag. Daber tragen auch die Naturbeschreibungen als Helden- und Thatkraft vergeudet, weil der der Minnesinger dieses Gevräge. Obgleich viele Dichter sich wie der Krieger von phantastischen Gedieser Dichter in den schönsten Gegenden Deutsch bilden irre leiten ließ, die im Leben keinen Haltlands wohnten, in der Schweiz, im Tirol, in punkt darboten. Und es hatte der so oft und so Steiermark, am Rhein u. s. w., so erscheint doch unbillig verschrieene Voltaire vollkommen Recht, als nirgend eine auch nur entfernte Andeutung auf die er sagte: Wenn die Scipionen in geschlossener besondern Naturschönheiten dieser Länder. Die Rennbahn gekämpft hätten, um zu erfahren, wer Minnefinger des Südens, wie die des Nordens die schönste Geliebte habe, so würden die Römer nicht wissen nur vom Mai und Frühling, von farbigen Sieger und Gesezgeber der Völker geworden sein.“ Blumen, von grünem Laub und Gras zu sprechen, als ob es keine Alven und keine Ströme gebe. Ja selbst bei dem objektivsten aller Dichter dieses Zeit raums, bei Walther von der Vogelweide, suchen wir vergeblich nach bestimmten Andeutungen seiner Heimat, oder nach poetischer Schilderung der vielen schönen Länder, die er auf seinen vielfachen Wanderungen besuchte. So ist denn nicht bloß der Stoff beschränkt, den die Minnesinger behandeln — Liebeshändel, Liebesseufzer, Freude am Mai sondern auch die Darstellungsweise dieses Stoffs; ja selbst die religiösen Gedichte, vornämlich aber diejenigen, welche das Lob der heili- | gen Jungfrau besingen, find in Form und Sprache ganz so gehalten, wie die weltlichen Liebeslieder. Doch drückt sich in den geistlichen Dichtungen, sie mögen von Geistlichen oder Laien abgefaßt sein, zugleich noch eine andere charakteristische Seite des Mittelalters, wir meinen die mystische Auffassung des religiösen Elements, aus, welche in ihrer Ab-| schwächung zur trockenen Allegorie führte. Aus dieser Auffassung entstand zunächst das geistliche Ritterthum, welches sich dem Dienste Gottes oder der beiligen Jungfrau ungefähr auf dieselbe Weise weihete, wie die weltlichen Ritter dem Dienste ihrer Damen. Daß die Kreuzzüge auf die Bildung der geistlichen Ritterorden von wesentlichem Einfluß waren, ist freilich wahr; allein es hätten sich die selben gar nicht so entwickeln können, wie es der Fall war, wenn ihnen das weltliche Ritterthum und dessen eigenthümliche Lebensanschauung nicht zu Grunde gelegen wäre. Die mystische Natur des geistlichen Ritterthums tritt uns in den Dichtungen |

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Wir haben in der obigen Entwickelung mehrfach Gelegenheit gehabt, auf die Volkspoesie hinzuweisen; es ist jezt Zeit, dieselbe genauer ins Auge zu fassen. Zwar war sie, wie wir wissen, im vorigen Zeitraum von der Geistlichkeit bekämpft und im Ganzen auch siegreich zurückgedrängt wor den; nichts desto weniger hatte sie sich im Stillen von den Vätern auf die Enkel fortgeerbt: es wurzelten die aus dem Volke hervorgegangenen und von ihm von Geschlecht zu Geschlecht fortgebildeten Lieder und Gesänge zu tief in demselben, als daß sie ibm gänzlich hätten entrissen werden können. Es ist glaublich, daß sie namentlich dann wieder allseitig und mächtig hervordrangen, als die Geistlichkeit in Unthätigkeit und Trägheit verfallen war, und sie, mit den erworbenen Reichthümern und Besigungen zufrieden, in der früheren Strenge gegen die Erinnerungen aus dem Heidenthum nächließ. Damals hatte sich der Adel noch nicht in dem Maße von dem Volke geschieden, als es bei der weiteren Entwicke lung des Ritterthums geschah; er hatte keine andere Bildung, als die des gesammten Volks, denn die gelehrte Bildung war nur bei der Geistlichkeit zu finden. So waren denn die Lieder und Gefänge des Volks auch Eigenthum des Adels. Als derselbe mit der fremden Dichtung bekannt wurde und sie auf deutschen Boden verpflanzte, konnte die Volkspoesie nicht ohne großen Einfluß bleiben, es mußte auch volksthümliche Form und Auffassung in die frübern Versuche, die fremde Poesie nachzuahmen, unwillkürlich sich eindrängen. Deshalb finden wir auch bei den älteren Lyrikern des Zeitraums Vers- und Strophenbildungen, welche sich

schen war. Daher kamen jene fahrenden Leute auch mit den hösischen Dichtern in nähere Verbindung, von denen sie auch wohl künstlerische Formen aunahmen, ohne sich jedoch zur Künstelei verleiten zu lassen, was auch mit ihren Stoffen in Widerspruch gestanden wäre. Doch gab es unter ihnen auch solche, welche sich den höfischen Dichtern ganz anschlossen, die nämlichen Stoffe bearbeiteten und die höfische Kunstform in ihren epischen, wie in ihren lyrischen Dichtungen annahmen, wie umgekehrt auch manche begabtere ritterliche Dichter die Volksdichtung mehr auf sich wirken ließen, und wenn auch nicht in der Form, doch in Auffassung und poetischer Anschauung an das volksthümliche Element erinnern. Und gerade diese Dichter sind auch in jeder Beziehung die ausgezeichnetsten; es genügt für jezt auf Walther von der Vogelweide und Gottfried von Straßburg einerseits, auf Hartmann von Aue, zum Theil auch auf Wirt von Gravenberg andrerseits hinzu| weisen.

Indem wir nunmehr auf die Betrachtung der besondern Erscheinungen des Zeitraums übergehen, wollen wir zuerst die Werke der Poesie und sodann in einem zweiten Abschnitt die der Prosa unfern Lesern in möglichst äuschaulicher Weise vorzufüh| ren suchen.

Erster Abschnitt: Poesie.

an die volksthümlichen Formen anschließen, oder vielmehr aus ihnen sich herausgebildet haben, so wie die poetische Auffassung ebenfalls selbstständiger ist und den volksthümlichen Anschauungen entspricht. Erst später, als der Einfluß des Fremden immer mächtiger wurde, trennten sich die hösischen Dichter namentlich darin von der Volkspoesie, daß sie ausländische Stoffe wählten, und in ihren lyrischen Gedichten die beschränkte Welt des Ritterthums befangen. So sehr auch Alles darauf hinweist, daß die Volkspoesie in jener Zeit einen mächtigen Aufschwung gewann, indem das Volk durch die Kriege | und Kreuzzüge überhaupt regsamer wurde, und auch der tief in ihm liegende poetische Trieb in al- | ler Kraft erwachte; so darf es doch nicht auffallen, daß von Liedern und Gesängen des Volks nur sehr wenig auf uns gekommen ist. Dies findet seine sehr natürliche Erklärung darin, daß jene Lieder nicht aufgeschrieben wurden, theils weil die Kunst des Schreibens eben nicht sehr verbreitet war, theils weil die Schriftkundigen im Dienste des Adels standen und sich daher mit dem Niederschreiben der ritterlichen Dichtungen vorzugsweise beschäftigten. Uebrigens darf man wohl mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß viele Volkslieder, welche in den nach folgenden Zeiten aufgezeichnet wurden, aus früheren Jahrhunderten stammen, ob sie gleich, wie nicht anders möglich war, im Munde des Volks nach und nach die spätere Sprachform angenommen hatten, denn das Volk hält mit Festigkeit an dem, 'was einmal sein Eigenthum geworden ist; es bewahrt es treu und unerschütterlich durch alle Wandelungen der Zeiten hindurch, besonders wenn es aus seinem tiefsten Innern hervorging. Nur wenige Dichtungen, welche schon damals niedergeschrieben wurden, find uns erhalten worden, aber diese gehören auch zu dem Vortrefflichsten, was die damalige Zeit überhaupt hervorgebracht hat. Wie aber einerseits die Volkspoesie auf die höfische Dichtung einwirkte, ja wie sie recht eigentlich als erste Lebensquelle der selben anzusehen ist, so ist diese anderseits nicht obne Einfluß auf jene geblieben, der sich insbesondere in Beziehung auf die Sprache geltend machte, welche bei den volksthümlichen Gedichten nicht we niger in hoher Ausbildung erscheint, als bei den höfischen Dichtungen. Eben so mag auch die große voetische Regsamkeit des Adels nicht ohne Nachwir kung auf die poetische Thätigkeit des Volks geblie Es ist aus dem bisher Gesagen schon ersichtlich ben sein; und wie die adeligen Sänger von Hof zu geworden, daß besonders die lyrische und epiHof zogen, um ihre Dichtungen vorzutragen, so sche Dichtungsform von den hösischen Dichtern bildete sich auch allmählich ein eigener Stand von gepflegt wurde; doch ist auch die didaktische Volkssängern, fahrende Leute genannt, welche Poesie mit vielem Glücke, ja sogar mit größevon Dorf zu Dorf, von einer ländlichen Festlich-rer Selbstständigkeit behandelt worden; dagegen keit zur andern wällfahrteten und theils die allge- ·| erscheint das Drama erst in seinen ersten, noch mein bekannten Volkslieder, theils eigene, in volks- | rohen Anfängen. Wir werden die einzelnen Dichthümlicher Weise gebildete Gesänge vortrugen. Sie tungsformen nach einander betrachten, bei jeder wählten für lettere natürlich solche Stoffe, welche einzelnen aber die Dichter oder Dichtungen in dem Volke nahe lagen, somit vorzugsweise aus der Ordnung, in welcher sie der Zeit nach erscheider heimatlichen Heldensage, während die fremden nen, auf einander folgen lassen. Zuerst müssen Stoffe der ritterlichen Poesie, als dem Volke ganz wir jedoch noch eine Bemerkung über die Theilunverständlich, von ihnen nicht behandelt wurden.nahme der verschiedenen Gegenden Deutschlands an Unter den fahrenden Leuten gab es übrigens man- den poetischen Bestrebungen der damaligen Zeit vorcherlei Abstufungen; manche unter ihnen waren hö- anschicken. Die erste Bekanntschaft mit der franzöher gebildet, so daß sie sogar an Höfen gern gehört sischen Poesie wurde höchstwahrscheinlich durch Belwurden, selbst dann noch, als die ritterliche Poesie gien vermittelt, wo dieselbe damals in hoher Blüthe zur höchsten Blüthe gelangt war, schon deshalb, stand; daher sind es auch zuerst niederdeuts weil die frühere Liebe zu den heimischen Sagen un- sche, und noch näher niederrheinische Dichter ter den Fürsten und Herren gewiß nie ganz erlo (Heinrich von Veldeke und Friedrich von

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Wir haben in den vorhergehenden allgemeinen Bemerkungen schon vielfältig Gelegenheit gehabt, anzudeuten, daß die Masse der poetischen Erzengnisse des gegenwärtigen Zeitraums außerordentlich groß ist. Zwar ist sehr Vieles im Laufe der Zeiten untergegangen, wie wir zum Theil mit ziem licher Gewißheit vermuthen können, zum Theil aber auch bestimmt wissen; demungeachtet ist die Menge der auf uns gekommenen Dichtungen noch so groß, daß wir uns auf die Betrachtung der bedeutenderen Erscheinungen beschränken müssen. Dagegen werden wir bei diesen um so ausführlicher sein, da die passende Hervorhebung der bedeutenden Einzelnheiten ein festeres Bild und eine bestimmtere Auschauung gewährt, als die oberflächliche Besprechung aller, auch der untergeordneten Erscheinungen.

Hausen), welche die höfische Dichtkunst entschie- | welcher die Liebenden in Beziehung treten, daher den dem Volksgefang entgegenseßen. Zwar verbrei dem Dichter das Liebesglück stets im Frühling, zur tete sich dieselbe bald mit wunderbarer Schnelligkeit Zeit der Blumen und des lieblichen Vogelsangs über ganz Deutschland, und es gibt kaum eine Ge- zu Theil wird, während er die Hoffnungslosigkeit gend, die nicht irgend einen Minnesinger aufzuwei- seiner Liebe mit dem Herbste und dem Verwelken fen bätte; allein ihre höchste und allseitigste Ent- der Blumen und Blätter in Verbindung bringt. wickelung fand sie doch vorzüglich in der Schweiz Vielleicht ist diese Haltung des Minnelieds aus dem nebst dem angränzenden Schwaben, so wie auch Volksliede hervorgegangen, denn auch in diesem erin Desterreich. Mit wenigen Ausnahmen stam- | scheint die Natur häufig als Unterlage der geschilmen die bedeutendsten Dichter aus jenen Gegenden; derten Empfindung. Während in den gewöhnlichen und wenn es auch im Ganzen mehr die niederdeut- Minneliedern die Liebe der Mittelpunkt des ganzen schen Höfe sind, welche neben den Hohenstaufen Gedichts ist, und die Naturbeschreibung nur zur große Theilnahme an der Kunst zeigten, so waren Hebung des besungenen Gefühls dient, findet in die Dichter, die sie um sich sammelten, meistentheils den Frühlings- und Ernteliedern nicht selaus dem südlichen Deutschland. Dieses hat aber ten das umgekehrte Verhältniß Statt. Eigenthümnicht bloß eine größere Menge von Dichtern aufzu-lich ist der höfische Dorfgesang, der das Leweisen, sondern im Allgemeinen auch die bedeutend- ben und die ländlichen Feste der Landbewohner besten, so wie nicht zu läugnen ist, daß die Dichtungen | schreibt, bei denen der Dichter immer als Theilder Schweizer und Desterreicher, namentlich die ly- nehmer erscheint, und oft durch seine Zudringlichrischen, im Ganzen weit aus größere Objektivität keit gegen die schönen und lebensfrohen Dirnen die zeigen, als die der Niederdeutschen, daß jene weit Eifersucht ihrer Liebhaber erregt, welche dann geweniger in Unbestimmtheit und Allgemeinheit ver- | wöhnlich auch nicht verfehlen, ihren Unmuth thatschwimmen, als diese, daß endlich die Desterreicher | sächlich zu beweisen. Als die bedeutendsten oder in und Schweizer der volksthümlichen Poesie immer irgend einer Beziehung merkwürdigsten Minnedichter viel näher stehen, als die übrigen Dichter. Dies sind anzuführen: Dietmar von Aist, der Küscheint zu dem Glauben führen zu müssen, daß in renberg, Friedrich von Haufen und Heinjenen Gegenden die Volkspoesie und somit auch das rich von Veldeke, Kaiser Heinrich VI., Volk selbst eine viel größere Lebens- und Thatkraft | Heinrich von Morungen, Hartmann von batte, als im Norden, was übrigens noch jezt gel- Aue, Reinmar der Alte, Walthervonder ten mag, wie die Poesie und die Geschichte der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, neuesten Zeit genugsam beweist. Ulrich von Singenberg, Otto von Botenlaube, Christian von Hamle, Gottfried von Nifen, der Tannhäuser, Ulrich von Lichtenstein, Heinrich von Breslau,' Steinmar und Meister Hadlaub. Unter den Dichtern der sogenannten Dorfpoesie sind vorzugsweise zu erwähnen: Nithart, dann auch der Tannhäuser, Steinmar und Hadlaub.

1. Lyrische Poesie.

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Wir haben über die metrische Form der lyrischen Gedichte dieses Zeitraums schon das Nöthige mitgetheilt; es bleibt nur noch übrig, über den Inhalt und über die verschiedenen Gattungen derselben einige allgemeine Bemerkungen zu machen. Liebe, Minne, das ist, wie schon erwähnt wurde, vor- Eine große Anzahl von Liedern ist religiösen zugsweise der Stoff, der uns in den lyrischen Dich- Inhalts, von denen die früheren noch volksfungen jener Zeit begegnet; es war dieser Stoff so thümliche Auffassung darbieten. Die späteren mit ganz der eigentliche Mittelpunkt aller poetischen mehr kunstmäßiger Form besingen vorzugsweise die Bestrebungen, daß sogar die sämmlichen Dichter heilige Jungfrau und die Dreieinigkeit, verlieren nach demselben bezeichnet und daher Minnesin- | sich aber bald in das Allegorische und Ueberschwängger genannt und selbst diejengen darunter begrif-liche. In vielen dieser Gedichte werden die Kreuzfen werden, die keine lyrischen Gedichte oder überhaupt keine Dichtungen verfaßt haben, welche von der Minne handeln.

Nach den verschiedenen Beziehungen, welche in den Liedern dargestellt wurden, hatten dieselben auch verschiedene Benennungen. So hießen diejenigen, in welchen der Schmerz über die Trennung der Liebenden nach genossenem Liebesglück befungen wurde, Tag- oder Wächterlieder; den leg teren Namen hatten sie daher, daß die Scheidung als von einem Wächter veranlaßt erschien, der die Aufgabe hatte, die mögliche Neberraschung zu verhindern, und der daher durch ein Zeichen den Liebenden ankündete, daß der Tag anbreche. Andere baben die Form von Wechselgesängen zwischen den Liebenden, und wieder andere führen Boten ein, welche den Frauen Mittheilungen von den Rittern brachten, daher sie Botenlieder heißen. Alle diese Arten von Gedichten haben ihrer ganzen Anlage nach etwas Dramatisches; auch gehören sie im Allgemeinen weit aus zu den besten Erzeugnis sen der lyrischen Gattung. Die Minnelieder begin nen sehr häufig mit der Schilderung der Natur, zu

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züge berührt; doch beschränken sie sich meistens darauf, zur Befreiung des heiligen Grabes aufzufordern und das Verdienst derjenigen zu preisen, welche zu diesem Zwecke Heimat, Gut und Leben aufopfern. Ganz charakteristisch ist es, daß man nicht ein einziges eigentliches Kriegs-, Schlachtoder Siegeslied findet; die Poesie lehnte sich selbst da nicht an die Wirklichkeit, wo dieselbe noch so gewaltig dazu aufforderte. Als Dichter religiöser Gesänge haben sich besonders ausgezeichnet: Spervogel, Hartmann von Aue, Walther von der Vogelweide, Gottfried von Straßburg, Reinmar von Zweter, Rumeland, Konrad von Würzburg und Heinrich von Meißen, genannt Frauenløb.

Zwar begegnen wir vielen Gedichten, welche an die Fürsten und Groffen der Zeit gerichtet sind; die meisten dieser Lieder beschäftigen sich aber lediglich mit den persönlichen Beziehungen, in welchen die Dichter zu den Fürsten und Herren standen, und sie erscheinen als Lob- oder Strafgedichte, je nachdem die Milde und Freigebigkeit der Großen und ihr der Kunst erzeigter Schuß ge

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