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tet, denen er zuleßt einen,, rechten Ostermann“ entgegenstellt, welcher sich nicht bloß durch vernünftige Kleidung, sondern auch durch tüchtiges Wesen von jenen unterscheidet. In der zweiten von uns mitgetheilten Stelle schildert der Dichter die Entwürdigung der Ritterschaft, welche Schilderung um so größere Wirkung hervorbringt, als er den bez flagenswerthen Zuständen seiner Zeit die Größe des alten Ritterthums und die ideale Welt der Ritter: romane, namentlich des Parzival von Wolfram von Eschenbach, entgegenseßt.

1. Aus dem ersten Büchlein.

Gar getriuwer herre,

eines dinges ich in bit:
bescheidet mir des landes sit

215 in Österrich, daz ist mîn ger.
Ez gât so wunderlich entwer,
daz ich niht erkennen kan
einen rehten Östermau."

,, Frumer knelt, leg nù vür 220 nach diner aller besten kür: vindestû den rehten då,

ùf min triuwe, ich spriche Ja.“ ,, Herre, so wil ich iu verjchen, daz ich einen hân gesehen, 225 der treit ungerischez hâr; beierisch ist sin gebar.

Sin herze in den ermeln stêt, daz muoder niht dà für gêt. So sint im die elenbogen 230 in zwên gugelzipf gesmogen, die hangent verre hin ze tal; sin gürtel ist beslagen smal,

dar an ein mezzer mit zwein schaln.

Man siht im doch die stivaln

235 von des rockes kürze;

daz er in nider schürze,

des hât er guoten råt, sô er zuo den liuten gât. Ein ieslich man selbe spür. 240 Vor gent die hosenestel für;

hinden siner schanden gwant, daz ist von mir ungenant. Herre, ob ichz errâten hân, ist der selbe ein Osterman?" 245

,,Frumer kneht, lùch dich wider!
Du hast ez niht errâten sider,
als war ich bin din herre.

Er ist ein krûtwerre

von der werde genennet.

250 Swer esel niht erkennet, der sehe in bî den ôreu: also ist dem tôren,

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ein spænel kume vingers breit. Ûf dem sinem nacke er treit ein gollier, daz ist selbwalsen. 280 Ze Düringen und in Sahsen hat er doch dehein gelt; diu kornsât hât im gevælt

ze Missen, wand er kam nie dar. Nu nemt an dem selben war, 285 welch tinvel in des bit,

daz er nách vremdem lantsit sich so state briutet? Wie er sich des entsniutet, daz er niht gereden kan! 290,,Wat wolt gi, sâlik kumpan?“ ,, Lieber friunt, wil dù iht?" Diu rede dünket in enwiht. Nu sagt mir, lieber herre min, mag ab der ein Osterman sin?“

295

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Nein er, sam mir sant Johans! er ist ein rehtiu ôstergans.

Die gense seh wir für uns tragen,
kurzez houbet, langen kragen;
also stellt der selbe sich

300 Wilt dù iht anders vragen mich?“
,, Jà, herre getriuwer,
Diu ère ist wol iuwer,
daz ir mich wiser machet.
Sin lop si geswachet,

305 den des wil betragen,

daz ich iuch kan vrågen nách dem rehten lantsit. Min vrag niht lenger gebit Ich sach vor eim lithûse stân 310 einen knappen, der het an ob einem ketenwambis guot einen roc nach sinem muot gesniten vil gewære

ůz einem Pöltingære:
315 daz was in der gerwe blach.
Ein gürtel ich in tragen sach;
diu was ze breit noch ze smal,
ein teil gesenket hin ze tal,
da er mit dem dùmen an greif.
320 Die andern vinger hêten sweif
umb ein starkez mîsencar.
An sinen henden nam ich war
zweier ketenantschuoch guot.
Für gespitzet was sin huot;
325 dà was îsen în vernæt.

Sin koller vest unde stæt
ûf unz an daz kinne.
Da was ouch isen inne,

daz sin ze rehte was genuoc.

330 Ein swert er umb die sîten truoc,

daz wol ze beiden ecken sneit.

Ez was scharf unde breit;

wol gevazzet was der brant:

dâ von leit er eine hant

335 uf den knopf des swertes vor, daz ez hinten stuont eubor. Diu litgebin her für gie, güetlich sie in enpfie.

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Sit willekomen, lieber herre!" 340,,Waz want ir, daz mir werre? Ich hàn ouch, daz da bizet. Der sich gein mir vlizet keiner ungüete,

ich sag im min gemüete.

345 Vrowe, tragt in die liute win!
lat wazzer trinken diu swin!"
Sie truoc im einen kopf wit:
Gebt her, daz ir sælic sit,
liebiu litgebinne!

350 Vrou sêle, sit ir dinne?"
sprach der junge vèdeman:
,, ich rât iu, sô ich beste kan,
wand ich bin iuwer sippe;
tretet uf ein rippe,

355 welt ir niht ertrinken.

Der win muoz in mich sinken,
sam in die dürren erde.
Daz ich vol allenthalben werde,
vrouwe, des sit vlizec.

360 Unt stüende ein slunt drîzec,
ich wil iu gerne gelten
ân bågen und ân schelten;
daz si iu van mir geseit,
unt lob iuz ùf disen eit,
365 sô der tiufel mine toufe
in sinen kragen soufe,

ob ich iu immer iht behabe! Ich bræch ez è mim vater abe, der mich von kinde hât gezogen, 370 è daz iu von mir würde gelogen. Vrouwe, ich bin niht guotes arm. Min kneht Wolvesdarm

ziuht ein vihe in iuwern stal; hiet ich aber aller hengste wal, 375 für in einen næm ich niht dri. Seht, ob er niht kreftic si: diu valtor er enzwei dräst.

Do himel und erde zesamen bræst, er wischte wol eneben ùz,

380 daz ich niht ein hirsen grúz vorhte daz gerumpel nider:

er brææht mich wol gesunden wider." Diu húsvrou sprach: „,Ûf mîn sêl,

so ist er kretfic unde snel."

385,,Wolvesdarm!"

,, Herre,

ich bin dir niht verre."

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Genc her, swing in dich den win,

unt làz dir enpfolhen sin
daz vihe aller beste,

390 daz dem iht gebreste.

Swing im vuoter, mach ez rein, streich im schône siniu bein; wint im uf den hôhen schopf." Die wile kam ouch Girskropf, 395 sin geselle, ein frumer kueht.

,, Nu wis wilkomen unt sag mir reht", sprach der herre, waz hât dich so lange gesùmet? des vrâg ich." ,, Herre, ich tet ein munkel; 400 dar nâch gap mir ein klunkel uwer vrumer meier, sehs und drizec eier,

zwen kæse und ein spanvarc,

daz was veizt unde starc,

405 ein schulter unt zwô hammen;
ichn abt niht meigrammen,
pardisepfel, negelin.

Vrowe, tragt in die liute win!"
Also sprach Girskropf;

410 si truoc in vol ein grôzen kopf: den zôch er in die vlozze.

,, Nù wol mich miner drozze!
Waz dà dinges durch vert,

daz mir den lip vor zadel nert!" 415 Diu vrowe sprach dem gaste zuo: ,, Ich sag iu, herre, waz ich tuo umb iur zwêne knehte, daz tuon ich ze rehte. Girskropf zebrast nie; 420 so ist ouch gewesen ie Wolvesdarın gitec."

,, Diu sorge ist unstrîtec", sprachen die knehte beide; vüllet uns wol daz geweide, 425 vrowe; so wir danne werden vol, ir geringet mit uns wol,

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wir gelten in schône dernâch."
Wolvesdarm aber sprach:
,,Vrowe, ich was nie so siech,
430 ich viselet iu ein ohsendiech
für ein kleinen gensefuoz:

daz tet mir des hungers buoz.“
Owe, getriuwer herre,

ich füer iuch gar ze verre
435 mit miner vrage von dem wege
(Got hab inch in siner pflege
gesunt und unleidec!),

die liute sint sô vreidec, ob sie unsern lantsit 440 in Österrich begên dâ mit?"

Nein sie zwâre, frumer kneht! Ich wil dirz bescheiden reht: der site von Beiern ist komen. Die Beiern dicke habent genomen 445 in Osterrich der herren guot.

Von Hulbach unt von Landeshuot, von Vüerding, von Gollenhoven, über mangen steinschroven

sint sie då her abe gevarn,

450 durch daz sie då heime ir guot sparn. Dar zuo hat Got geschaffen

455

manegen ôsteraffen:

swaz man dem affen vor tuot,

daz tuot er nach und dunkt in guot."

„Lieber herre, wer sint die?

Ich han in disem lande hie

gesehen sumeliche

sô rehte frumeliche

gebâren, daz sin was genuoc

460 unt mit den worten also kluoc.
Gêt sin geselle gegen im,
disen gruoz ich vernim:

,, Got gebe dir höveschen muot!
inâ! wannen gàstû guot?"

165,, Herre min, sæliger,

ich gân her von miner swiger."

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Sag an, hastù swiger hie?"

Hie ze Wienne hân ich die.

wer sold hie âne swiger sin? 470 dà gânt sô vil der töhterlîn!"

,, Frumer kneht, vernim mich;
ez ist niht unbillich,

riht wir uns nach den Swȧben.
Von den Gottes gåben

475 wart ein herzog uns gesant

von Swaben her in Österlant.

Dà von hat man die Swab hie baz, dan ander liut; billich ist daz!"

,, Herre, bescheidet mir noch mer

480 eine vrage, der ich ger.

Ich sach einen lôblich tragen
gewant; dà vou wil ich sagen.
Ez was gesuiten wol und eben
vor, hinden und eneben,
485 in rehter lenge hin ze tal.

Weder ze breit, noch ze smal
truoc er ein gürtel umbe sich;
der rine was guot, den sach ich,
von wizem helfenbeine,

490 ze gròz, noch ze kleine.

Dà hienc ein guot mezzer an:
als ichz gesehen hàn,

diu klinge moht wol guot sin; daz heft was klein flederin. 495 Wol stuont im al sin kleit.

Daz muoder was ze rehte breit
obei halp der vordern gèrn.
Der ermel wolt er niht eubern,
als im der arm was gestalt.
500 Sin mantel guot zwivalt;
der under niden für gie.

Sin hår er schône wahsen lie
dar in rehter lenge.

Sin hube niht so enge,
505 si dahte im siner òren tür;
dà gie niender krustel für,
also doch vil mangem tuot.
Wol und eben stuont sin huot;
der was niht ze spæhe.
510 Swer gegen im was gæhe

und im bôt sin vreidekeit, dem het er schiere widerseit. Er was gen dem guoten guot, gen dem übelen hochgemuot, 515 vrimüetic under schilde,

ze relite guotes milde, erkantes herzen gein Got, wol behalten sîn gebot, getriuwe, warhaft, stæte, 520 in noten guoter ræte.

Gein schimpf kan er gebaren wol, verswigen, swaz geligen sol; er ist bedachtic siner wart. Sin lip, sin guot ist unverspart 525 vor êre, diu im sanfte tuot: vor allem meile ist er behuot. Eià, herre getriuwer, nu wart ich allez iuwer, daz ir mir saget, wer er si: 530 im ist michel êre bi."

,, Lieber kneht, ich sage dir,
dü hast rehte gezeiget mir.
Fürbaz soltù din frågen lân:
er ist ein rehter Osterman!"

2. Aus dem fünfzehnten Büchlein.

Der kneht, den ich hàn vertriben, von dem ist mir ein mære beliben,

des sag ich in die warheit. Bì den zeiten ich reit

35 schône uf einer stråze sleht;
nù reit enueben mich der kueht,
er sprach:,, Herre, geruochet ir
eine rede bescheiden mir,
umb waz die liute in Österrich
40 gebȧrent also blùclich.

Ob einer gerne vreudic wær,
den heiz wir einen rogzær;

ist ein ander vrò dà bì,

wir wellen, daz er trunken si."

45 Ich sprach:,,Vriunt, wie meinstù daz? daz bescheide mir noch baz.“

,, Herre, ich hoer die alten sagen,
daz bi ir alten lebetagen

daz lant gar mit vreuden was. 50 Sô die bluomen unde gras

ensprungen in dem meien, die hochgemuoten leien, ich mein die herren milte, die gåben kleider, schilte: 55 so huop sich turnieren, tanzen, tjostieren,

buhurt in den gazzen,
schilt riterlichen vazzen
vor den schoenen vrouwen.

60 Do was guot ze schouwen
gezieret manic klarer lip,
bèdiu, mâget unde wip.
Die riter truogen kleider;
des ist nù niht leider:
65 ein riter nimt gar vür guot
zem winter einen vèhen huot
und ein kürsen schæfin

(daz sint nù diu kleider sin);
zem sumer einen zendàl,

70 under einem huote hin ze tal
ein roc ân suckenie.

Den herren ich verphie,

der so zegelichen tuo;
geb die suckeni da zuo!"

75 Ich sprach:,, Swic, unwiser kneht!
Diniu mære sint mir unreht;

Dù vliusest mir âne schult

der lantherren hult."

Er sprach;,, Herre, erloubet mir

80 ze reden mêr: ich und ir

sîn die mâze wol verswigen,
daz diu rede sol geligen."
Ich sprach:,, Kanstù verswigen,
so gerne hôrte ich gigen
85 niht, sam diniu mære."

Do sprach der vil gewære:
,, Herre, ich kam ze Wienen
unt sach ze hove dienen.

Dò der vürst von tische stuont,
90 ich tet, sam die geste tuont,
unt stuont ûf eine lære banc.
Diu wîle was mir doch niht lanc:
der aller besten vier

sazen sô nâhen mier,

95 daz ich ir rede vol vernam. Si sint niht in dem munde lam, iriu mære hôrte ich wol, herre, diuch iu sagen sol. Ez sprach der altist under in: 100,, Hært, ir herren, ich hân sin

209

unde wisheit dà zuo.

Der ein guot nütze kuo

hat, den wer ich ûf der stat, daz er ein vuoder milch hât 105 von ir in eime jâr:

-

daz sag ich iu vür war." Ich dâhte: Seht wà Gàmuret vor Camvoleis daz beste tet! Lützel er sin ellen spart, 110 unz im diu küneginne wart, Herzeloid, diu schon, diu klår, mit ir zwei künecrîch vür war. Der ander sin rede huop: ,,Ich freu mich zehen korngruop; 115 die hiez ich verstôzen wol, wan sie sint getreides vol. Wol ich des geniezen mac hin unz umb Sant Georgen tac." Dô dåht ich: Seht hie Parzivâl! 120 wie er wuote um den grâl,

unt wie er rane nâch werdikeit, da Orilus mit im streit!

Dô sprach der dritte dienstman: ,,Zwâr ichn weiz unde kan, 125 an daz ich hiwer in dem lesen

gar ein tôrel bin gewesen.

Umb vierzec phunt kouft ich wîn vür;
den besliuzet min kellertür,
daz ich in trink vil selten;

130 er muoz mir wider gelten

min phenninge unt sô vil mer, daz ich sin niht ze wandel ger!". Ich dåhte: O wê, Gramoflanz! wie er tobete umb den kranz, 135 den Gåwån ab der linden brach, daz er die herzoginne sach, Orgelus, die schoen, die klar, diu in mit ir brâhte dar. Der vierde sprach: Ir herren,

140 wir haben einen werren, der ist uns niht rehte. Riter unde knehte

ein teil ze hôchvertic sint. Die minen ich doch überwint, 145 daz sie sich müezen smücken. Wir sullens nider drücken swa wir immer kunnen; niht sulle wir in gunnen, daz si vordern an uns gåb: 150 hab der man, daz er hab. Ob wir umb sust vunden ros bi drîzic phunden, diu sul wir in so niht geben. Wir sullen ahten è vil eben, 155 daz er gelt diu vünf teil:

wirt im daz sehste ze heil, des sint doch wol vünf phunt. Da bi sol im werden kunt, daz er stæte sî bereit, 160 und uns lob ûf sinen eit,

die wile und daz march lebe, daz erz nimmer hin gebe." Ich gedȧhte: Künec Artûs, ze Karidôl in dinem hús 165 milticlichen gap din hant:

des hat mich dirre her ermant!

Hugo von Trimberg.

Der dieß Buch gedichtet hat," so lautet der Schluß des Renners,,, der pflag der Schule zu Theuerstadt wohl vierzig Jahre vor Babenberg, und hieß Hug von Trymberg. Es ward zu Ende gedichtet, das ist wahr, da tausend und dreihundert Jahr von Christus Geburt vergangen waren." Trimberg, ein Dorf am Fuße des Bergschlosses gleichen Namens im ehemaligen Bisthume Würzburg, war somit der Geburtsort des Dich ters, welcher von 1260 bis 1309 Rektor der Schule am Collegiatstift der Maria und Gangolph zu Theuerstadt, einer Vorstadt von Bamberg war, und dort, wie es scheint, lange gewirkt und seine Muße zu gelehrten und andern schriftstellerischen Arbeiten benußte. Daß er nicht geistlichen Standes war, geht aus einer andern Stelle seines Gedichts (Vers 185 ff.) hervor, in welcher er sich als Laien den Klosterleuten und andern Pfaffen entgegenseßt. Man möchte freilich glauben, daß dieses im Widerspruche mit seiner Stellung stehe, da dieselbe einen Geistlichen vorauszuseßen scheint, allein damals war das gemeinschaftliche Leben des Collegiatstiftes schon aufgehoben; und da sein Name in keinem Verzeichnisse der Scolastiker vorkommt, so war er als Rektor ohne Zweifel der weltliche Oberlehrer, als welcher er den Titel Magister führte. Da er übrigens auch von einem Sohne spricht, der in einem Kloster lebte, (Vers 15,612), so kann über seinen Stand wohl kein Zweifel mehr obwalten. Manche nehmen an, daß Hugo nicht ein gewöhnlicher Schulmeister, sondern Vorsteher einer Meistersängerschule gewesen sei, in welcher er Unterricht in der Dichtkunst ertheilt habe; so viel Ansprechendes diese Annahme aber an und für sich hat, so läßt sie sich doch durch keine triftigen Gründe unterstüßen. Nur der Schluß des Gedichts könnte sie einigermaßen beglaubigen; denn wenn er sagt: „Ich batte vor vier und dreißig Jahren (also im Jahre 1260) meinen Gesellen, die bei mir waren, gemacht ein kleines Büchlein, daß sie dabei gedächten mein: das war der Sammler genannt;“ so ließe sich der Ausdruck,, meine Gesellen" allerdings nicht füglich auf jüngere Schüler beziehen, und doch muß Hugo damals schon in Bamberg gewesen sein, da er schon 40 Jahre dort gewirkt hatte, als er den Renner schrieb.

Außer dem uns noch aufbewahrten Gedichte und dem oben erwähnten,, Sammler“ hatte Hugo noch andere Bücher verfaßt; er selbst berichtet, daß er, sieben Büchlein in deutscher Sprache, und fünf in lateinischer geschrieben habe, von denen jedoch eines unvollendet geblieben sei (Vers 28 ff.). Von dem,,Sammler" erwähnt er insbesondere, daß ihm ein Theil abbanden gekommen sei, welcher Verlust ihn mit so großem Schmerz erfüllt habe, daß er es nicht mehr habe vollenden mögen; was jedoch davon geschrieben gewesen, habe er in den Renner aufgenommen, , Jenes laufe vor,“ fügt er hinzu,,,dieses renne nach“, wodurch er auch erklärt, warum er sein Gedicht den ,,Renner“ genannt habe (Vers 24,549 ff.). Diese vielseitige schriftstellerische Thätigkeit weist schon darauf hin, daß Hugo gelehrte Bildung haben mußte; noch mehr geht dies aus einer andern Stelle seines Renners hervor, wo er uns berichtet, daß er eine Sammlung von 200 Büchern besiße, seine zwölf

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eigenen mit eingerechnet, mit denen er gehofft habe, in seinem Alter nach der alten Lehrer Sitte, sein nothdürftiges Auskommen zu verdienen. Doch muß ich verderben," fügt er klagend hinzu, ..es sei denn, daß Gott sich meiner besser annehmen wolle, als mir meine Bücher in der Kiste zu Statten gekommen sind; denn ich ziehe davon keinen Nugen, da Niemand die Kunst lernen will, die Manchem Ehre und Gunst brächte" (V. 16,616). Am entschiedensten leuchtet seine Gelehrsamkeit je doch aus dem Renner selbst hervor, in welchem er eine vertraute Bekanntschaft nicht bloß mit der Bibel, die er als einzige Quelle aller wahren Weisbeit bezeichnet, und mit den Kirchenvätern an den Tag legt, sondern auch mit den meisten lateinischen Glassikern, unter welchen er besonders häufig den Horaz, Seneca, Ovid, Plinius, Persins, Virgil und Juvenal erwähnt. Außerdem besaß er eine ausgebreitete Kenntniß der deutschen Literatur, über welche er sich in einer längeren äußerst merk würdigen Stelle ausspricht (2). Aus einer andern, in welcher er den Marner nachzuahmen scheint (f. o. S. 93 Nr. 17) erhellt, daß er auch die volksthümlichen Dichtungen genan kannte. Endlich scheint er mannigfaltige, für seine Zeit sehr seltene Sprach kenntnisse gehabt zu haben (V. 22,276 ff.).

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der bei dem Zaum, und laufe mit ihm über Feld | hindann, wie Einer, der nicht wohl reiten kann.“ Wenn das Gedicht hiedurch ohne Zweifel im Einzelnen auch gewonnen haben, und insbesondere manche schöne Fabel und Erzählung erst als Zusaß eingeschaltet worden sein mag, so hat es dagegen in künstlerischer Hinsicht ungemein viel verloren; es ist namentlich sowohl die logische, als die voetische Einheit vernichtet worden, welche der,,Renner" in seiner ursprünglichen Anlage hatte. Denn es läßt sich dieselbe noch vollkommen gut erkennen. Das Gedicht sollte das Leben der Menschen, und den Sittenverfall in Form einer Allegorie darstellen, die der Dichter auch gleich nach der kurzen Vorrede auszuführen beginnt.,, Ich kam einst, erzählt er, auf eine bergumgebene blumige Haide, in der ein einziger Baum stand. Unter demselben war wonnigliches Gras, dabei ein wilder Dornstrauch neben einer Lache und einem Brunnen. Auf dem Baume fangen Vögelein. Als die Blüthen abfielen, ward er mit Birnen beladen. Ein Theil wurde abgebrochen, che sie reif waren, doch blieben noch genug daran, die dem Sturme troßten, bis sie zeitig wurden. Da kam aber ein Wind (Fürwiß genannt), der den Baum so derb schüttelte, daß die Birnen herabfielen. Ein Theil fiel in die Lache, in den Brunnen, in den Dorn und diese verdarben alle; ein Theil fiel in das Gras; diesem schadete das Wetter; allein jene verdarben doch eher.“ Hierauf gibt er die Deutung dieser Bilder: „, Als Gott Adam geschaffen hatte, und dieser allein war, nahm Gott von ihm eine Rippe, von der unsere Mutter Eva kam. Beide bedenten den Baum, denn sie waren beide ohne Sünde, und sie wären ewig im Paradies geblieben, wenn sie Gottes Gebote gehalten hätten. Doch als sie Gottes Zorn auf sich zogen, da wuchs der Hoffart Dorn und mancher Sünden Lache; doch hatten sie große Reue und dies bedentet das grüne Gras. Wie Eva uns in Sünde und Tod brachte, so hat uns Ave aus der Noth geholfen. Die Haide ist die Welt, die Birnen sind die Menschen.“ Das ganze Gedicht ist nun eine Entwickelung dieser Allegorie, welche Hugo freilich oft zu vergessen scheint, um dann ganz unerwartet auf dieselbe zurückzukommen und die einzelnen Bilder auszuführen. Dadurch verliert dieselbe aber an Wirkung, was gewiß nicht der Fall war, als der Dichter die erwähnten Zusäße noch nicht eingeschoben hatte.

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Der Renner", von dem der Dichter in der Ueberschrist sagt, daß er ihn also genannt habe, weil das Buch durch alle Länder rennen solle (eine andere Erklärung des Titels ist schon oben erwähnt), ward im Jahre 1300 gedichtet; doch erweiterte es 1. Hugo beständig, indem er immer wieder nene Zusäge einschaltete, so daß es erst im Jahre 1309 geschlossen wurde. Sehr häufig kann man diese späteren Erweiterungen leicht erkennen, da sie sich mit dem früher Vorhandenen nur selten innig verschmolzen haben, und durch sie der Gedankengang oft geradezu unterbrochen wird; denn der Dichter fand in feinem Gedichte nicht immer ganz vassende Stellen, in welche die neueren Zusäße leicht hätten eingeschoben werden können. Diese sind zum größern Theil auch daran erkenntlich, daß sie aus der Lectüre des Dichters hervorgegangen oder durch sie hervorgerufen worden sind; denn so oft ihm in diesem | oder jenem Buch irgend eine merkwürdige Sentenz oder eine Reihe von schönen Gedanken vorkam, brachte er sie in Reime und schaltete sie an irgend einem Orte ein, worans sich auch die häufigen Wie derholungen erklären lassen, die den Leser nicht wenig ermüden. Unter den heimathlichen Dichtern, die er bei solchen Gelegenheiten benußt, steht Freidank oben an, den er oft namentlich anführt; aber es lassen sich auch nicht wenige Stellen aus andern Dichtern nachweisen, welche Hugo bennßt hat, ohne sie zu nennen. Dieser fühlte übrigens selbst, wie seinem Gedichte der innere Zusammen hang feble; er entschuldigt sich deshalb, indem er sich mit einem Reiter vergleicht, der sein Roß nicht bändigen kann. Leite ich es nach dieser Seite," sagt er (V. 13,854), ,,so läuft es nach einer andern, auf ein Feld, nach welchem mein Sinn nicht gerichtet war. Bringe ich es wieder auf den Weg, so läuft es vor manchem Ziel vorbei und viel weis ter, als mein Herz will; über Stock und Stein, über Blumen und Lachen trägt es mich hinweg von manchen Sachen. Begegnet uns aber ein tiefer Graben, so strauchelt es selber und wirft mich ab. So fiße ich, wie in einem Traum, und fange es wie

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Es ist kaum möglich, dem Renner auf allen seinen Irrfahrten zu folgen, da er, wie der ehrliche Hugo ja selber sagt, in der Kreuz und Quer bald dahin, bald dorthin rennt, und auf den mannigfaltigsten Umwegen, nach den unerwartetsten Seitensprüngen wieder in die Straße einlenkt. Doch ist dies auch nicht nöthig, da wir doch nur, wenn wir ihm überall folgen wollten, manchen Weg mit ihm zwei oder dreimal zurücklegen müßten.

Die Hoffarth, die der Dichter durch den Dorn bezeichnet, ist ihm die Quelle alles Uebels und aller Laster, der hauptsächlichste Grund des Sittenverderbuisses, da sie alle Stände der Gesellschaft ergriffen habe. Sie führt die Mädchen ins Verderben, die entweder aus Selbstüberhebung gar spröde thun und die besten Freier stolz abweisen. oder sich übermäßig pußen, um die Augen der jungen Männer auf sich zu ziehen (1). Wer sich über die Andern erhebt, ist den verstoßenen Engeln gleich,

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