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Minne, welcher zur schändlichsten Unzucht, zur Keßerei und zur Gottloßigkeit führe. In einem andern Gedichte, welches ihm wohl nicht mit Unrecht zugeschrieben wird, beklagt er den Verfall der Kunst in Desterreich. Er vergleicht darin die Herren von Desterreich mit einem,, Fraß“. Wie dieser sich in Speisen, so hätten sich jene an Singen und Sagen, an Fiedlern und Spielleuten übernom men, hätten.ihre Gaben an solche verschwendet, wogegen jezt Fasten und Kargheit eingetreten sei (1). Neben diesen Gedichten ist endlich auch ein andres merkwürdig, in welchem der Stricker diejenigen versvottet, welche den Edelsteinen übernatürliche Kräfte zuschreiben, was bekanntlich damals ziemlich allgemein der Fall war, so daß der Dichter auch in dieser Beziehung sich über seine Zeit und deren Vorurtheile erhebt.

Seine Fabeln und Erzählungen hatte er zu einer Sammlung unter dem bedeutsamen Titel,,Die Welt" vereinigt; es scheint dieselbe aber in ihrer ursprünglichen Gestalt verloren zu sein. Den Stoff zu derselben hatte er aus verschiedenen, zum Theil heimischen, meistens jedoch ausländischen Quellen entnommen; in vielen waren die unter dem Namen des Aesop bekannten Fabeln sein Vorbild; manche andere lassen sich sogar auf orientalische Fabeln und Mährchen zurückführen. Wenn er aber auch den Stoff entlehnte, so hat er sich in der Bearbeitung desselben durchaus selbstständig bewegt und er hat insbesondere die Fabel mit einer den Alten unbekann= ten epischen Breite behandelt, die bei der großen Gewandtheit und Gefälligkeit seiner Darstellung höchst anmuthig erscheint. Üebrigens find die Gedichte, welche er nach dem damaligen Sprachgebrauche unter der allgemeinen Benennung, Beispiel“ zusammenfaßte, mancherlei Art; außer der eigentlichen Fabel (3. 4) finden sich auch Parabeln (2), einfache Gleichnisse (5) und eigentliche Erzählungen (6) mit didaktischer Absicht und deshalb angefügter Moral, von denen seine übrigen Erzählungen wohl zu unterscheiden sind, welche keinen andern Zweck haben, als zu unterhalten, oder, wie er selbst sagt,,,Kurzweile" zu verschaffen, und auf welche wir später zurückkommen werden. Die Erzählung von dem Türfen (Riesen, Menschenfresser), ist wohl ursprüng= lich deutsch und mag damals allgemein bekannt gewesen sein, da der nämliche Stoff auch von Konrad von Würzburg (f. oben S. 126 u. 128 Nr. 7.) bearbeitet worden ist.

1.

Ditz ist ein mær rich

von den herren zuo Osterrich.

Ein vráz, der was so gar ein vrâz, daz man des wânde, er hete gâz mè guoter spise alleine,

danne diu werlt algemeine.
5 Swie vil er gâz, sô jach er doch,
er hete grôzen hunger noch,

Dô hete er vriunde ein michel teil:
die sprachen:,, Ez ist ein unheil,
ob unser vriunt so stirbet,

10 daz er niht spise erwirbet,

daz er sich zeinem måle gesate
Wir hân an guote wol die state,
daz wir versuochen wol sin kraft,
wir suln im eine wirtschaft

15 nâch sin selbes willen geben.
Wir möhten ungerne leben,
so man uns her nach verwize,
daz er sin tage verslize,

daz er nie zeim mâle wurde sat."
20 Si brâhten spise an eine stat,
sô guot, so manger slahte,
daz man ir aller ahte
vil kûme wizen kunde.
Dò az er uns an die stunde,
25 daz er den gelust gebuoste,
und im diu spise unsuozte,
und er si wider muoste geben.
Do wart verkèret sin leben:
swie vil er az unz an die zît,
30 er wart sô rehte kiusche sit,
daz er minner denne ein kint az.
Sus wart der gîtliche vrâz
ein vaster der beste,

den man in der werlte weste. 35 Der ê was so vræzic,

und dar nach wart so mæzic,
dem tåten vil geliche
die herren zÖsterrîche.
Die wurben hie vor umb ère:

40 der geluste sî sô sère,

daz si des duhte durch ir guft,
ob mer, erde unde luft
ir lop niht möhte getragen,

si wolten ir dennoch mê bejagen.
45 Des gewunnen sî sô grôze gunst,
daz man in alle die kunst
dar ze Ôsterriche brâhte,
der ie dehein man gedâhte:
die gulten si âne maze.

50 Dô geschach in als dem vrâze, der az, unz in der hunger lie, und im mit alle zegie.

Swer ir genaden ruochte, der vant dâ, swaz er suochte. 55 Daz triben si unz an die stunde, daz ir sô vil begunde

nach guote zÖsterriche streben durch das unmezliche geben, daz si sich heten an genomen. 60 Des begonde ir dar sô vil komen: heten sie al der Kriechen guot, sine möhten al der gernden muot mit gåbe niht erfüllet hân, daz si unmâze muosen lån. 65 Des wart verkèret ir leben, sô daz in vreude unde geben sô ungefuoge widerstuont,

daz si des dà nù nimmer tuont, denne man in andern landen tuo. 70 Dane meine ich si niht alle zuo:

man vindet noch vil biderben dà, alse wol sam anderswâ: dem mag ich in niht entwichen. Man vindet ouch sumelichen, 75 den diu erde niht solde tragen. Daz muoz man allez dâ verdagen: man getar då loben, noch schelten. Daz vant man è vil selten, daz iender die wandelbæren

80 den biderben sô liep wæren, sô si nu sint ze Ôsterriche.

Ir muot stét nà ungeliche,

swie ez doch sî ein vriuntschaft. Die biderben sint sô tugenthaft, 85 daz sì daz dunket missetân,

daz si iemen bi in schelten lân, unt lâzent nieman schelten. Wie daz die valschen gelten? Denen lånt si niemen bi in loben. 90 Si steckent in der schande kloben:

des nement si niemens lob vür guot. Swie rehte man dem rehten tuot, sô man in lobt durch rehte schult, daz ist der valschen ungedult. 95 Der grimmen nidære ist sô vil, der ez ietslicher velschen wil, daz nieman singen getar.

Man nimt ouch videlens lützel war; man gert ouch sagens kleine. 100 Ungezogeniu wort unreine, diu sint nú leider so wert,

daz man ir vür diu guoten gert. Ritter unde vrowen mugen wol klageu, daz seitspil, singen unde sagen 105 sint worden widersme.

Die wile si wären genæme, do was man vrowen so holt, daz man ir minneclichen solt vor allen dingen suochte. 110 Swes ir genâde ruochte,

des tet man mê, danne vil.
Dô sagen, singen, seitspil
ze hove wurden vernomen,
do wâren die ritter willekomen.
115 Man gab in hôhiu ravit

unt guoter kleider zaller zit,
unt fuorte si zuo den vrowen,
unt lie sie ouch ritter schowen
ze turnei unt ze ritterschaft.

120 Man sach den, der mit ritters kraft
mit ganzem harnasche reit;
dem nû niemen grawiu kleit
noch ein gurren geben wil.
Man sihet nù hengestritter vil,
125 die doch wol rosse wæren wert.

Daz man ir niht ze vreuden gert,
dar nach hânt si sich nù gestalt
Do man sagen, singen, seitspil galt,
dò man rittern galt ir leben,
130 man kunde in lihen unde geben,
man kunde in zuo gebâren,
daz si gerne ze hôve wâren:
nu sint si gerner anderswâ.
Man sihet nu lützel ritter dâ,
135 wan die då sin müezen,

Man möhte si sô dà grüezen, daz si dar strebten, alsam ê. Ein milter hât nù lobes mê. danne zwelf in den jâren, 140 dô si alle milte waren.

Do was diu milte ein lantsite,
unt schalleten if ein ander mite:
dâ von muosen si geben,
unt muosen milticlichen leben.
145 Daz leben hat sich verkèret,
daz si nu niemen êret,

die milte in disen zîten sint,
wan Got unde Gotes kint,
und der vil heilige geist.

150 Dennoch habent si einen volleist:

daz ist ir tugende gebot.

Der Stricker.

Sinen gebent nù niht, wan durch Got
und durch kristenliche triuwe:
diu gâbe ist âne riuwe.

155 Nû sol man sehen, wer milte sî,
in was hie vor diu vorhte bî,
daz al diu werlt die argen schalt:
des war ir schallen manicvalt
mit kleidern unt mit hôchgezit:
160 si gåben alle enwiderstrit.

Dô man so mangen geberden vant, donen waren die milten niht bekant. So der arge riche muose geben, số gap er số, daz man sẵn leben 165 für den milten armen lobte. Swie er nach der gåbe tobte mit herzeclicher riuwe,

so was sin lob doch niuwe. Nu erkennet man die milten wol: 170 sît man nû niemen schelten sol, der man tuot nû mit guote niht wan nâch sinem muote; nù sol man sehen der liute muot, sît man ez wol lât oder tuot. 175 Swer nû gît, der gît durch Got und durch der milte gebot und durch den rât sîn selbes tugent. Des lop hat billich immer jugent vor Got unt vor den liuten;

180 in suln alle engel triuten.
Swer milte bi den zîten bleip,
dô man sî zuo der milte treip,
sô man die trægen ohsen tuot,
unt si daz nâmen für guot;
185 swer dò vor schanden ist genesen,
siht man den nû milte wesen,

sît in nù nieman twinget mê,
so was ouch al sin milte ê

von des heiligen Gotes meisterschaft 190 unt von getriuwes herzen kraft. Swer aber è vil gegeben hât, unt nû sîn geben darumbe låt, daz man im ez niht verwizen mac, den gesach man nie deheinen tac 195 mit rehter milte leben:

der hât durch tôren lop gegeben.
Sit tôren lop zergangen si,
nu sint ouch tôren geber vri:
nù sol man wise geber sehen.

200 Diu milte muoz nù sô geschehen,
daz ir Got und al sin kint
von schulden immer geêret sint.

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15 daz siz ouch hin muose tragen.

Do begunde der jæger alsô jagen, daz si im niht mohte entrinnen. Des wart si vil wol innen

unt warf daz lieber kint von ir. 20 Daz wære ir wille und ir gir,

25

daz si von dem leiden wær entladen. Daz machet ir vil grôzen schaden: ez hienc ir an unz an die vart, daz si dà mite gevangen wart. Nu hæret unde merket mich, waz dem jæger sî gelich, der die äffinne brâht in nôt: daz ist der vil gewisse tôt, der uns allen ist beschaffen: 30 der jaget vil mangen affen. Nu merket diu kint beide, daz liebe und daz' leide.

Daz liebe kint ist wertlich guot, des man sich müelich abe getuot; 35 daz hát mangr unz an den tac, daz ers niht mêr gehaben mac. Die sünde sint daz leide kint: swie leit si doch den menschen sint, si halsent sich so vaste an in! 40 Sô erz guot muoz werfen hin, und ez niht fürbaz bringen kan, sô hangent im die sünde an, unz in der tievel væhet. Het er si è versmæhet, 45 unt hete sich ir abe getân, so wurder manger nôt erlån. Die affen sint junc ode alt: ir aller muot ist so gestalt, daz si vrömde fröude borgent 50 unde selten rehte sorgent

umbe dehein künftige nôt:
daz ist vil manges affen tôt.

3. Der Artstiel.

Einem manne brach ein akesstil; dô bat er alle boume vil

umb einen halp, der wære veste.
Eines öleboumes este

5 gåben si im durch die herte.
Jesâ zuo der selben verte
hiew er den walt unde brach.
Diu eich zuo dem asche sprach:
Wir sin von rehte verrâten,

10 sit wir unserm vinde stiure tåten: wan swer sinen vint für zücket, sich selben er nider drücket.

4. Der Wolf und die Gense. Ein wolf, der klagte grôze nôt, daz er so dicke den tôt mit sinen ougen ane sach; wider sich selben er dò sprach: 5,,Daz ich sô lange ie genas, so unsælec als ich was,

daz ist ein wunder gewesen.
Nû entrûwich langer niht genesen:
min unsælde hât zuo genomen,

10 unz ir zesamene ist komen
ein samenunge also grôz,
daz nie dehein mîn genôz

so vil unsælde ie gewan,
daz ich mich keines tages kan

15 beschirmen vor der grôzen nôt, mir ensi der grimmige têt also nâhen, sam daz leben. Deiswâr, nù wil ich ùf geben. beidiu, steln unde rouben, 20 unt wil mich gar gelouben aller slahte untriuwen,

unt wil mich lâzen riuwen, des ich mich è underwant, unt wil mich heben in ein lant, 25 dà man mich nie mê gesach, noch niemen leit von mir geschach; dâ wil ich als ein schâf gån unt wil so guote site hân, daz die liut alle müezen jehen, 30 si enhân so guotes niht gesehen. Sô denne dâ über daz lant min stætiu güete wirt erkant, so werdent si mir alsô guot, daz man mir leides niht entuot, 35 unt lâzent mich an alle not leben unz an mînen tôt,“

Als er gedähte sen list, dô sumter ez deheine vrist, er kérte von danne zehant, 40 unt huop sich in ein ander lant. Dane wolder rouben noch steln, noch enwolde sich langer heln vor pfaffen noch vor leien. Daz was in einem meien: 45 dò kam er an ein grüene gras, wünneclichen entsprungen was dar under bluomen unde klè: zweihundert gense oder mê, die waren an das gras getriben, 50 unt wâren âne huote bliben. Zuo den gensen wolde er gân, unt wolde si mit fride lân, daz ouch er fride hæte

sor nieman niht entæte. 55 Die gense wâren june und alt, do waren die alten sô balt durch der jungen liebe, daz si dem alten diebe niht vertruogen disen ganc:

60 si macheten die kragen lanc

und liefen dar, unt bizzen in.
Also wart er von den gensen drin
vil übellich enphangen.

Si begunden an im hangen,
65 unt sluogenn mit dem gevidere;
dò entet er niht dà widere,
wan daz erz houbet nider hie

unt bi in als ein tôre gie.
Dô ersach in aber schiere

70 ander gense viere,

die liefen zorneclichen dar.

Do waren mè dan zweinzic schar
der gense, die dà giengen
und in alsamet viengen

75 in buch, in siten und in waden:
also wart er gar überladen,
wan er da wider niht enbeiz.
Do wart den gensen also heiz,
daz si in bizzen deste mê:
80 dô tet im diu sorge wê,
ob liute dar kærmen,
dazs im den lip benæmen.

Do wart ein solch gedense, do im sô vil der gense 85 gehiengen an der hiute, daz ez vil wol die liute in dem dorf alle sâhen. Do begunden si dar gâhen.

Do wolder von den gensen gâu, 90 unt het in leides niht getân; dò hancten si so vaste, dazr vor dem selben laste von der stet niht mohte komen: des hætens im den lip benomen. 95 Die liute dar zuo liefen, si schriten, unde riefen ir hunde dar mit grimme. Als er der selben stimme

und ouch der hunde wart gewar, 100 do gripfte er her unde dar: sô sère vorhte er den schrei, unt beiz in die hels enzwei, unz iu deheiniu muote:

Do dàhter in sinem muote: 105,, Ich sihe wol, ich bin genesen: ich mohte joh sô guot wesen, daz niht so bases wære, ezn wurde mir gevære,

unt træte mich under füeze. 110 Ezn wirt nie mê sô süeze,

weder iu, noch anderm vihe,
swaz ich des iemer mê gesihe,
daz ich ez überwinden mac,
ez ensi sîn jungester tac.

115 Sit mir diu güete niht enfromet, und dübele mir ze staten komet, so wil ich iemer übel wesen:

sit ich deste baz mac genesen.
Sus kêrter dannen balde,

120 unt huop sich hin ze walde.
Die rede wil ich diuten:

ez enist allen liuten

niht ze tuonne diu tât,

die der wolf hie getân hât. 125 Ez ist ieslichem manne reht, er si riter oder kneht, umbe den ez sô gewant ist, daz in deheiner slahte list baz niht enhilfet noch mè; 130 daz er in vaste wider stê, bî den er sich begèn sol: dem kom diu übel harte wol. Wil er den entwichen.

den er vaste muoz gelichen 135 mit widersatz unt vientschaft; si gwinnent über in grôze kraft, als ouch die gense tåten, dô si dem wolve hâten vil nåhen verlorn sin leben, 140 dô er in fride het gegeben: daz rou in dar nâch iemer mê. Swes dinc ze widersatze stê, der setze sich hin wider ê, ê daz ir wille an im ergê, 145 die im sin ère næmen, ob si in überkæmen. Lit ein man mit êren tôt, daz ist ein löbelicher nôt, denne er sîn êre ûf gebe

150 und dar nåch lasterlichen lebe:

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sò er vil schanden wirbet

und in den schanden stirbet, man wellez dan verkeren,

er læge baz mit êren.

5. Gleichniß.

Swelch boum des bluodes wunder birt,
dà doch niht obezes ûfe wirt,
des blúen wirt schiere unmære.
Er glichet dem lügenæære,

5 der mêr geheizet, danne vil,
des er doch geben niht enwil.
Des boumes bluot und jenes geheiz,
daz ist mir rehte, als ich wol weiz.

6. Das Mår vom Tursen.
Hie vor quâmen zwelf man
in einen vinsteren tan

und wurden irre dar inne:
daz quam in ze ungewinne.

5 Si gâhten vür sich über maht,
unt wurden verre in der naht
eines viures gewar;

balde huoben si sich dar.

Då vunden si ein hus stân, 10 dar inne ein wip wol getan. Do si in daz hùs quàmen, einen türsen si vernâmen verre ineme walde;

der lief dar vil balde. 15,,Ouwê!" sprach daz wip, ,, min man nimt iu den lip. Stiget ùf ditze gaden:

ich gan in ùbel iuwers schaden." Dô der türse in daz hûs lief, 20 daz wip er vaste an rief, wâ die menschen waren? Sine wolde si niht vermæren ; si sprach: Hien ist niemen!" Er sprach:,,Ist hie iemen, 25 des wirde ich schiere gewar!" Er lühte her unde dar,

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unt sach si dort ùfe stân. ,, Ich muoz iuwer einen hân," sprach er,,, dan ist niht wider; 30 den werfet balde her nider, ez ist anders iuwer aller tôt!" Dô tâten si, daz er gebot: den swachesten under in, den wurfen si dem türsen hin. 35 Den hat der ungehiurc vrâz in vil kurzen zîten gâz. Zorneclichen sprach er:

,, Gebt mir aber einen her!" Den wurfen si im aber dar; 40 den selben az er ouch gar,

und hiez im aber einen geben.
Also nam er in daz leben,
unde leibet ir keinen,
unz ez quam an einen:

45 den hiez er ouch her abe gân.
Daz wirt nimmer getân!"
sprach er dort oben iesà.

,, Sô hol ich dich aber då,"

sprach der türse; ,, ich wil dich verzern!" 50,, Des wil ich mich vaste wern!"

sprach der man vil drâte.
,,Dù werst dich nù ze spate,

195

sprach der gitesære;

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dô du selbe zwelfte wære,

55 hetet ir iuch dô gewert,

so möhtest du dich hân ernert;
din wer ist nu då hin!"

Dò gienc er dar, und az ouch in.
Dem türsen tuot gelîche

60 ein übel herre riche,

der ein geslehte vertrîben wil:
sô hebet er daz nîtspil

an dem swachesten manne;
verzagent die andern danne,
65 unde lâzent den vertriben,
daz si deste baz beliben,
sò vertrîbet er aber einen,
unde leibet ir keinen,

unz si alle daz selbe erkiesent.

70 So si danne ie mê verliesent,

so si sich ie wirs mugen erwern. Swer sich welle ernern,

der wer sich bezîte.

Jener beite mit dem strîte,

75 unz in der türse überwunden hate: do wert er sich ze spate.

Ulrich von Lichtenstein.

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Wir haben bei der Darstellung von Ulrichs Leben und poetischer Wirksamkeit schon das von ihm verfaßte didaktische Gedicht: Itwiß oder der Frauen Buch erwähnt und seinem wesentlichen Inhalte nach beleuchtet (f. oben S. 97). Wir thei len hier eine Stelle daraus mit, in welcher die damaligen Sitten der adeligen Herren und Damen im Gegensaß zu den früheren, da man sich noch ritters lichen Anstands und höfischer Zucht rühmte, mit lebhaften Farben geschildert werden. Die Dame kommt im Laufe des Gesprächs auf das Betragen der Männer gegen ihre Frauen zu sprechen, denen sie keine Liebe, ja nicht einmal Achtung erwiesen.,, Bei Tagesanbruch", sagt sie, zieht der Mann auf die Jagd, kommt erst mit der Nacht wieder heim, seßt fich dann zum Bretspiel und trinkt so lange dazu, bis er die Besinnung verliert. Die Frau kommt ihm freundlich entgegen, aber er antwortet ihr nicht, sondern legt sich taumelnd nieder, und schläft bis zum Morgen, wo er dann dasselbe Leben wiederholt. Für wen soll sich die Frau schmücken?" fährt die Dame mit Rücksicht auf einen früheren Vorwurf, daß die Frauen sich trübselig kleideten, und Mund, Wangen und Augenbrauen verschleierten, fort. „, Wolle fie fich für einen Gast schmücken, so würde man es ihr übel auslegen. Da sie keine Freude auf der Erde habe, müsse sie sich dem Himmel zuwerden. Der Wein ist den Männern jezt das Liebste, beim Glase rühmen sie sich ihrer Vorzüge und rrahlen mit der Gunst der Frauen, während früher der hochgemuthe Ritter es selbst seinem Bruder verschwieg, wenn ihn eine Dame mit ihrer Liebe beglückte." Diesem Vorwurfe seßt der Ritter andere entgegen. Er tadelt die Frauen, daß sie nunmehr ihre Minne nur um Gut vergäben. Die wenigen, welche nicht feil wären, suchten sich heimliche Minne und wählten die Niedrigsten dazu aus, um sie nur oft bei sich haben zu können. Ob die Frauen aber ihre Gunst verkauften, oder sie Unwürdigen zu Theil werden ließen, immer würde dadurch Zucht und Ehre verlegt (1).

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Es ist nicht nöthig, darauf aufmerksam zu machen, daß Ulrich nicht die schlechten Sitten der Frauen an und für sich tadelt, sondern sich nur darob entseßt, daß sie ihre Gunst um Geld verkaufen, oder sie an Niedriggeborne verschenken; er tadelt nicht die Unsittlichkeit, sondern nur die Art, wie dieselbe ausgeübt wird. — Was die Darstellung des Buchs betrifft, so ist sie allerdings weit lebendiger und geistreicher, als die des Frauendienstes, allein es leidet auch dieses Gedicht an zu großer, ermüdender Weitschweifigkeit.

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Als Ulrich, durch den Spott seiner Herrin verlegt, sich den gebrochenen Finger hatte abnehmen lassen, überschickte er ihr denselben durch einen Boten (f. oben S. 94), und begleitete das seltsame Geschenk mit einem sehr,, gefügen“ d. h. kunstreichen Büchlein, das er zu diesem Zwecke dichtete. Man wickelte dasselbe in grasgrünen Sammet; ich bat einen Goldschmied, mir zwei goldene Bänder zu machen, in welche man das Büchlein band. Was die Sverre follte sein, das war sehr hübsch wie zwei Händelein gemacht; und darein legten wir den Finger.“ Daß diese Büchlein immer auf das Kostbarste eingebunden waren, ist auch aus andern Zeugnissen bekannt; es ist daher nicht auffallend, daß der reiche und verschwenderische Ulrich das feinige so vrachtvoll ausstatten ließ. Das Büchlein selbst gehört zu dem Besten, was Ulrich gedichtet hat. Schon die geistreiche Anlage überrascht; der Dichter richtet sein Schreiben nicht an die Geliebte, sondern an die Frau Minne, welcher er die Vorwürfe macht, die eigentlich seiner Dame gelten, so daß sie, selbst wenn sie hie und da mit einiger Bitterkeit ausgesprochen werden, in milderem Lichte erscheinen, und die Dame wenigstens vom Zartgefühl ihres Minners angenehm berührt werden mußte, wenn ihr seine Bemerkung auch unwillkommen war. Das Ganze ist in Form eines Gesprächs zwischen dem Dichter und der Fran Minne eingekleidet und beginnt damit, daß er diese tadelt, weil sie oft Falsche ehre, und ihn dagegen, der ihr doch immer getren gewesen, schlimmer behandle, als einen Heiden. So habe sie seinen kleinen hübschen Boten, den er ihr doch empfohlen, so übel behandeln lassen, daß er nicht mehr zur Herrin gehen wolle. Die Antwort, die er von dieser gebracht habe, hätte einen Zweifler wohl erschrecken können, und er hätte darob gewiß den Verstand verloren, wenn die Güte seiner Dame nicht so groß wäre, daß er auch in ihren strengsten Worten noch ihre Gnade erblicke. Auch hätte er den Boten, um der trostlosen Antwort willen sicherlich ins Feuer geworfen, wenn er nicht von der Hand seiner Herrin berührt worden wäre. Diese verehre er so innig, daß er um ihrentwillen selbst seinem ärgsten Feind dienen würde. Sie aber vers schmähe seinen Dienst, weshalb er die Frau Minne um Rath und Lehre bitte. ...Ich weiß keinen bessern Rath," antwortet die Minue,,,als Treue und Beständigkeit; diese allein kann ihr Herz wenden, daß sie ihm Freude, Glück und Ehre zu Theil werden lasse." Wegen des Boten, fährt sie fort, solle er unbekümmert sein; dieser habe ja noch mehr als dreißig Brüder und Bruderkinder, aus denen er einen auswählen solle, der seine Botschaft ohne Lug, Trug und Schmeichelei der Herrin ausrichten könne, wie er denn selbst sich des Lugs und der Schmeichelei enthalten solle. Trügen?" ant

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