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als seine letzten lieder und spruchstrophen abgefaßt, etwa da er sich von der welt zurückgezogen und mit gewissermaßen gelehrter arbeit beschäftigt habe, so widerspricht das nicht nur der ganzen weise Walthers, sondern es müfte dann auch seine gelehrsamkeit in den gedichten aus dem jugend- und mannesalter durchblicken, da er sich jene doch nicht erst als greis erwerben konnte. und sollte auch wol Walther der greis sich mit bloßer aneinanderreihung gegebener sprüche begnügt, das ergebnis eigener reflexion nicht anders gestaltet haben?

Indessen von der annahme, daß Walther die Bescheidenheit in höherem lebensalter verfaßt habe, so notwendig sie für ihn wäre, ist W. Grimm selbst weit entfernt, indem er zu dem schluße gelangt, daß Freidank (Walther) schon im beginn des 13. jahrhunderts in dichterischer tätigkeit sich zeigte und zwar als ein die welt beobachtender und erfahrener mann', also die abfaßung der Bescheidenheit in eine zeit versetzt, da Walther in blühendster manneskraft stand, im viel bewegten leben reichen stoff für seine sangesluft und sein dichterisches schaffen fand und sicher nicht an solche tätigkeit dachte, als die abfaßung der Bescheidenheit voraussetzt.

Überhaupt legt W. Grimm den inneren gründen, so entscheidend sie sind, kein großes gewicht bei oder fertigt sie kurz ab, hinweisend auf Göthe, den liederdichter und zugleich verfaßer der weissagungen des Bakis, auf Hartmann von Aue, den lebensfrischen dichter von Erek, Gregor, Iwein, aber auch der mit ermüdenden, ziemlich dürftigen betrachtungen erfüllten zwei Büchlein, und auf Lichtensteins minnelieder und frauendienst. aber abgesehen davon, was Pfeiffer hiergegen bemerkt, daß Göthe auch den westöstlichen divan geschrieben hat, das einzige seiner größeren werke, das hier zu einem vergleiche herangezogen werden kann, und daß Göthe, als er dieser 'seinem alter, seiner denkweise, erfahrung und umsicht zusagenden dichtung' sich zuwandte, im 64. lebensjahre stand, also ein betagter wie gering sind die unterschiede, wie vielfach die vermittelungen zwischen den verschiedenartigen werken dieses so manigfach tätigen dichters im verhältnis zu dem gegensatze, welchen wir in dem erkennen, was uns unter Walthers und

mann war

echter

Jermanist!

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Freidanks namen überliefert ist! dieser gegensatz stellt sich auf jeder seite scharf heraus, und der von W. Grimm (üb. Freid. s. 35) zur unterstützung seiner ansicht angeführte spruch Freidanks: ûz iegelichem vazze gât, daz ez innerhalben hât' hat in dem besonderen sinne geltung, daß Walther nach seinem ganzen wesen nicht das und in der weise geben konnte, was und wie Freidank. jeder wahre dichter, auch der vielseitigste, hat seine eigenart, die sich in jedem erzeugnisse ausspricht. so ist Walther ganz Walther, Freidank nur Freidank, so daß ein spruch des letzteren, der zwischen den gedichten jenes stünde, uns da eben so befremden würde, als den botaniker eine exotische pflanze, die sich zufällig unter der heimischen flora angesiedelt hätte.

Die ansicht W. Grimms, daß beide dichter identisch seien, beruht zum großen teil auf der anderen, daß auch von der Vogelweide nur angenommener name sei, also Walther als liederdichter sich diesen namen beigelegt, als dichter, sammler und ordner von sprichwörtern und sentenzen sich bezeichnend Freidank genannt habe. so weit führte den an seiner meinung immer starrer festhaltenden die allgemeine widerrede. nun läßt sich zwar kein unwiderleglicher beweis führen, daß von der Vogelweide nicht ein bloß angenommener name des dichters sei; aber das wenigstens möchte wol niemand für wahrscheinlich halten, daß ein mann von so entschiedenem charakter, als wir an Walther erkennen müßen, und von so öffentlicher tätigkeit, als wir von ihm wißen, es 'seiner lieder wegen, die den höfischen bestimmt waren, für nötig hielt, den wahren namen zu verhüllen', zu anderer zeit aber und für ein anderes werk sich unter einem anderen schriftstellernamen versteckte. und wo bleibt die verhüllung des wahren namens, die verbergung der person, wenn Walther als der von der Vogelweide von seinen zeitgenoßen genannt und angeredet wurde, ein kaiserliches lehen erhielt und seinem hofe in Würzburg darnach den namen gab? oder ist etwa der name von der Vogelweide so sehr bezeichnend für Walthers sangesweise? ganz unwahrscheinlich ist diese annahme geworden, seitdem der ortsname Vogelweide urkundlich nachgewiesen ist, und zwar in Tirol, welches wol die heimat

Walthers sein könnte.

daß aber dieser Walther von der Vogelweide, der einem wenig begüterten ritterlichen geschlechte angehörte, das nur in ihm allein seinen namen unvergänglich gemacht hat, der sich in seinen gedichten gegen kaiser und fürsten, pabst und geistlichkeit so schneidig zeigt, sich so unverhüllt und freimütig ausspricht, als dichter der Bescheidenheit, in welcher so wenige persönliche beziehungen vorkommen und diese wenigen versteckt sind, sich unter dem allerdings bedeutsamen namen Freidank verborgen haben sollte: das ist am wenigsten wahrscheinlich und hat niemals viel beifall gefunden. der dichter der Bescheidenheit mag immerhin den namen Freidank nicht von den eltern überkommen, sondern seine zeitgenoßen mögen ihm denselben gegeben haben, da er sich immer freidenkend bewies und das freisein der gedanken ein hauptthema seiner rede und seiner sprüche war, und ihm mag der beiname lieb geworden sein, so daß er ihn behielt. gerade so sehen wir ja im 12. und 13. jahrh. bei nicht adeligen personen viele solche namen entstehen, die dann familiennamen wurden, obgleich sie keineswegs immer löbliche eigenschaften bezeichneten. gewis aber konnte für den freidenkenden und über die vorurteile nicht bloß seiner, sondern vielfach auch unserer zeit erhabenen mann jener name nur dann bedeutung haben, wenn er nicht die person verstecken, sondern im gegenteil den charakter offen bezeichnen sollte. auch der spruch 74, 23 ff.

'Seit ich die warheit z'aller zit,
sô funde ich manegen widerstrît;
dar umbe muoz ich dicke dagen:
man mac ze vil der wârheit sagen.
seit ich allez, daz ich weiz,

sô müeste ich bûwen fremden kreiz.'

weist keineswegs auf ein solches verstecken der person hin, sondern ist nur die ausführung eines vielfach variierten sprichworts, dessen gedanken Seneca Thyest. 319. mit den kurzen worten ausdrückt 'Tacere multis discitur vitae malis.'

Möglich jedoch ist es auch, daß Freidank bereits der überlieferte familienname des dichters war, da der name als solcher bereits im 13. jahrh. bezeugt ist, wie er denn auch heute noch in verschiedenen gegenden häufig vorkommt z. b. im Berliner

adressbuch ist er achtmal verzeichnet.

ein Frîdangshof ist aus dem j. 1287 in Blieningen bei Stuttgart urkundlich nachgewiesen (Mone zeitschr. f. gesch. d. Oberrheins 4, 102. 106.). ein Gerold Frîdanc, pfarrer in Tanfers und chorherr zu Innichen erscheint 1277 und 1310 in urkunden (Sinnacher Beitr. zur gesch. d. bischöfl. kirche Säben und Brixen 4, 535. Tinkhauser Beschreibung der diöc. Brixen 1, 393). es wird um so wahrscheinlicher durch die angabe in den Seifried Helbling zugeschriebenen, jedesfalls noch vor ausgang des 13. jahrh. verfaßten büchlein vgl. Haupt zeitschr. 4, 1–241. 13, 464. daselbst nemlich kommen 1, 105. 1, 146. 1, 250. 2, 147 (wiederholt 6, 47). 6, 186-194. 7, 1. und 8, 488-492,1 also sieben sprüche vor, deren sechs

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e. 6, 186.

einen spruch niht ze lanc:

'dicke worden ist ze hæn

getwungen dienst, geribeniu schoen.'

Fr. 104, 20. man sihet manege schoene,

diu doch ist vil hone.

ez sprach her Bernhart Frîdanc:

'zwiu sol der rîchen witewen lat, (lade=geldkiste)

ân daz si dest mê bitel hât?

ir grôz guot wol füegen kan,

daz sie nimt ein junger man.

für ir alte runzen

gît si im silberpunzen:

die kan er wol nützen

und rent ir ûf die sprützen.'

an solche der Bescheidenheit anklingen und von denen drei auf den verfaßer dieses spruchgedichts zurückgeführt werden, zwei mit den worten ‘ez sprach her Bernhart Vrîdanc.' einer (zweimal) ohne den vornamen: 'da über sprach her Frîdanc.' Th. von Karajan, der jene büchlein veröffentlicht hat, hält diesen Bernhard Freidank freilich für einen anderen als den verfaßer der Bescheidenheit, etwa für einen landsmann und zeitgenoßen des verfaßers der büchlein, teils wegen des reims hât spot in g, teils weil die dem Bernhard Freidank zugeschriebenen sprüche des verfaßers der Bescheidenheit unwürdig seien. bei zweien von diesen ist das aber unbedingt nicht der fall, und sie finden sich wirklich in anderer und beßerer faßung in der Bescheidenheit, und der dritte allerdings obscöne spruch liegt doch von demjenigen nicht weit ab, welchen W. Grimm II. ausg. 104, 11aunbedenklich aus H aufgenommen hat. ich glaube, daß man hier freie citate aus der echten Bescheidenheit annehmen muß, wie sich solche und damit umänderungen von Freidanks sprüchen auch im Renner zahlreich finden, und, was zu bemerken, unter den 39 in diesem ausdrücklich dem Freidank zugescrhiebenen auch einer, den keine hs. bietet. daß bei weniger genauen und gelehrten dichtern, als Hugo von Trimberg war, welche nur aus dem gedächtnisse citierten, der text der sprüche noch schlimmere umänderungen erleiden mufte, wird wol niemand bestreiten. diese verschlimmerungen fallen also nur dem verfaßer der büch

f. 7,

1.

g. 8, 488.

'aller wîsheit anevanc

ist vorhte sunder wanc'

sprach der wîse Salomon.

Fr. 1, 5. gote dienen âne wanc
deist aller wîsheit anevanc.

ez sprach her Bernhart Frîdanc:
'hôchvertigiu armuot

daz ist rîcheit âne guot:

armiu hôchvart niht mêr hât

wan hôhe gedanke, ân êren spot.

Fr. 43, 20. frolich armuot

ist grôz rîcheit âne guot.

29, 6. armiu hôchvart ist ein spot,
rîche demuot minnet got.

f.

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