Obrazy na stronie
PDF
ePub

ab mit den Worten: „Nicht passend, der Jüsubordination Ehrendenkmale zu errichten."*) Doch ließ er es zu, daß den zu Wesel Gemordeten am 31. März 1835 von der preußischen Armee ein Denkmal errichtet wurde.

Der Unwille über Dörnbergs Empörungsumtriebe, über Schills Eigenmächtigkeit und die Besorgnis vor allen heftigen volkstümlichen Regungen waren nicht die geringsten Motive, die 1809 Friedrich Wilhelm zum Stillfißen bewogen. Am meisten aber wirkte immer die Rücksicht auf Rußland. Er hatte viel Lust loszubrechen, aber er wollte es nicht ohne russische Hilfe und er versprach daher dem Zaren, wenn überhaupt, so doch nur im Verein mit ihm in den Kampf zu gehen; Alexander aber hielt an seinem Bündnis mit dem Kaiser des Occidents, von dem er noch Vorteile erhoffte, fest und mahnte den Freund auch nach dem Siege der Österreicher bei Aspern (21. Mai) vom Handeln ab. Die preußische Kriegspartei war in Verzweiflung; Gneisenau nahm seine Entlassung und ging nach England; auch Blücher forderte zornig seinen Abschied, der ihm jedoch nicht gewährt wurde. Blücher trug sich selbst mit dem Gedanken, auf eigene Faust, nach Schills Beispiel, nur mit mehr Truppen und im Einverständnis mit der österreichischen Regierung, loszubrechen; aber Kaiser Franz lehnte den Antrag als zu gefährlich ab.**) Die französische Partei am preußischen Hofe verbreitete sogar das Gerücht, einige Hißköpfe hätten geplant, den König zu entthronen und seinen kühneren Bruder, den Prinzen Wilhelm, auf den Thron zu sehen. Diese Partei übte jezt mehr als je Einfluß auf den König. Er zeigte selbst Scharnhorst seine Unzufriedenheit. Jedenfalls beharrte er dabei abzuwarten. Da stellte sich denn freilich bald heraus, das Österreich für sich allein der französischen Macht nicht gewachsen war. Es fehlte ihm dazu weniger an materieller, als an geistiger Kraft. Es hatte eine Schlacht gewinnen können, aber der Staat kam dabei aus den Fugen, die Verwaltung, hier von jeher unordentlich und zerfahren, ließ das Heer im Stich. Napoleon dagegen hatte bald hinreichende Verstärkungen an sich gezogen, um wieder mit Übermacht angreifen zu können. Am 5. und 6. Juli siegte er bei Wagram. Noch war Österreich nicht ganz bezwungen, es hätte den Krieg in Ungarn fortseßen können, und wäre es standhaft ge= blieben, so hätte Friedrich Wilhelm wohl doch noch zu den Waffen gegriffen. Aber der Erzherzog Karl verlor nun den Mut, und so zog denn die österreichische Regierung es vor zu unterhandeln. Ja sie nahm zuleßt einen entehrenden und harten Frieden an (14. Oktober zu Schönbrunn), weil Napoleon den Kaiser Franz an dessen schwacher Seite, an der

*) Neiche, a. a. D. I. 210.

**) Beer, Zehn Jahre österreichischer Politik, Leipzig 1877, S. 425.

[blocks in formation]

Selbstsucht, faßte und Frieden ohne alle Verluste anbot, falls jener zu Gunsten seines Bruders Ferdinand der Krone entsage. Da beeilte sich Franz, den Frieden zu unterzeichnen, der zwar dem Staate 2000 Quadratmeilen mit 3 Millionen Einwohnern raubte, aber ihm selbst den Thron ließ. Mit empörendem Kaltsinn opferte er auch die treuen Tiroler auf und erniedrigte sich dann noch, der Schwiegervater des Mannes zu werden, der ihn mit Schmach und Unheil überhäuft hatte und den er unter allen Menschen am bittersten haßte.

So fielen die Hoffnungen der deutschen Patrioten wieder zu Boden; Österreich war bezwungen, Preußen verblieb in seinen Banden, und das Volk im ganzen und großen hatte eine eigene Thatkraft nicht gezeigt; Dörnbergs, Schills Versuche waren an der deutschen Unbehilflichkeit gescheitert oder an der Schlaffheit fruchtlos abgeglitten, ebenso wie im Juli der kühne Versuch des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig, der mit einer kleinen Truppenabteilung, den Schwarzen", aus Österreich in Sachsen einfiel und sich dann einen Weg durch die Feinde bis zur Nordfee, zur Rettung auf englische Schiffe, bahnte. Die einzige Frucht war die Überzeugung, daß in der Nation jest wenigstens der Gedanke eines gewaltsamen Widerstandes tiefere Wurzeln geschlagen habe. Zur That, zur großen, allgemeinen, war freilich für jezt keine Aussicht mehr. Ja, es schlug nun die patriotische Erregung bei vielen in pessimistischen Widerwillen um, namentlich in Preußen, wo man mit der inneren Politik der Regierung nicht zufriedener war als mit der äußeren.

Denn das Ministerium Altenstein verwaltete ohne Plan und Ziel, ließ die Trümmer der alten Staatsordnung, die Anfänge der neuen stehen, wie sie waren; ein frischer, schöpferischer Geist waltete nur noch im Unterrichtsministerium, dem Wilhelm v. Humboldt *) vorstand. Sonst wurden Steins Überlieferungen nur im Einzelnen lebendig erhalten, in den Provinzen hie und da durch treffliche Beamte, vornehmlich durch die Regierungspräsidenten Schön, Sack, Merkel, Vincke. Selbst die Reform des Heeres machte nicht solche Fortschritte, wie Scharnhorst es wünschte. Der König fühlte selber, wie wenig die neuen Ratgeber ihm die alten ersetzten. Dennoch brachte jene nur die äußere Lage zu Fall. Durch mancherlei Nachgiebigkeiten, wie die Zurücksetzung der antifranzösisch Gesinnten, die Auflösung des Tugendbundes (31. Dezember 1809), die Rückkehr des Königs und seiner Familie nach Berlin in das Bereich der Franzosen (23. Dezember 1809), hatte Napoleons Groll besänftigt werden sollen. Aber er milderte den Druck nicht, sondern forderte drohend die noch rückständigen Kriegssteuern. Einer seiner Minister ließ gegen den

*) Geboren 1767 zu Potsdam, Sohn eines aus Pommern stammenden Offiziers, der 1765 das Gut Tegel bei Berlin gekauft hatte; gestorben 1835.

preußischen Gesandten sogar die Äußerung fallen, wenn man nicht zahlen könne, möge man ein Stück Land abtreten.*) Altenstein war in Verzweiflung. Woher das Geld nehmen? Die Zerrüttung der Finanzen war so groß, daß man dem Könige vorgeschlagen hatte, den Staatsbankrot zu erklären; edel hatte er es abgelehnt und die Hälfte der Kontributionen auf seine Domänen übernommen, aber dieses Mittel milderte zwar die Not, doch hob sie nicht. Altenstein wußte keinen Rat mehr; seine Kollegen Beyme und Graf Golz meinten, dann müsse man sich eben in das Unvermeidliche fügen und ein Stück Land opfern. Er stimmte ihnen bei, und so schlug er denn dem Könige vor, statt des Geldes dem französischen Kaiser einen Teil Schlesiens abzutreten. Das war diesem doch zu viel; er verwarf den Antrag und sah sich nach andern Ratgebern um. Der Fürst Wittgenstein erinnerte an die Talente Hardenbergs, und die Königin Luise befürwortete eifrig diese Wahl. Sie schien auch dem Könige die beste. Am 4. Juni 1810 wurde das Ministerium Altenstein entlassen, und Hardenberg mit der Leitung der Geschäfte betraut. Nur Scharnhorst blieb, wenngleich ohne den Namen eines Ministers, in seinem bisherigen Wirkungskreise.

Die Hardenbergsche Gesekgebung.

Der Freiherr Karl August v. Hardenberg war von Geburt ein Hannoveraner (geb. 1750), aber seit 1792 in preußischen Diensten und dem Staate, dem er als Verwaltungsbeamter manchen guten Dienst geleistet hatte, aufrichtig ergeben. Bei den Deutschen und Freigesinnten galt er für einen würdigen Nachfolger Steins; wenigstens war er ein unterrichteter, wohlwollender und gewandter Geschäftsmann, und wenn er in der äußeren Politik 1805 und 1806 nicht immer das Richtige ge= troffen, so hatte die Erfahrung seitdem seinen Blick geklärt und geschärft. Steins großartigen Charakter besaß er nicht; seine angenehmen, gewinnenden Formen umhüllten vielmehr einen weltmännisch leichtfertigen Sinn. Aber er wußte ganz wohl, was dem Staate not that, und hatte den besten Willen, in Steins Fußtapfen zu treten. Als er nun (am 7. Juni 1810) unter dem Titel eines Staatskanzlers die obere Leitung sämtlicher Staatsangelegenheiten erhielt, nahm er mit Energie und Talent das Reformwerk wieder auf und brachte in die ganze preußische Politik wieder ein festeres System. Es galt zunächst, der Finanznot zu steuern, den drohenden Staatsbankrot abzuwenden; da aber dies nur dadurch erreicht werden konnte, daß man an die Steuerkraft des

*) Vgl. Fr. v. Raumer, Lebenserinnerungen, Leipzig 1861, I. 114 ff.

[blocks in formation]

Volkes größere Ansprüche machte und zugleich dessen Hilfsquellen vermehrte, ward es dem Staatskanzler leicht, die Einwilligung des Königs zu Reformen zu erlangen, welche das alte Staatsleben gründlich umgestalteten.

Zuerst erhielten die obersten Staatsbehörden eine Einrichtung, welche fie im Sinne von Steins politischem Testament einheitlich ordnete, aber dabei dem Staatskanzler eine so ausgedehnte Macht erteilte, daß er eine unbeschränkte Büreaukratie auszuüben vermochte. Denn Hardenberg erkannte ganz richtig, daß er die liberale Reform nur auf diesem Wege, nur mit Hilfe der freisinnigen gebildeten Staatsbeamten, werde durchführen können. Sodann erschienen noch wichtigere Verordnungen, die das Abgabenwesen umschufen: am 27. Oktober 1810 die Aufhebung aller Steuerbefreiungen, auch der Grundsteuerfreiheiten alle Einwohner sollten gleichmäßig nach ihrem Vermögen steuern, die Verbrauchs- und Lurussteuern vom ganzen Lande getragen werden; ferner die Einführung der Gewerbefreiheit, Abschaffung alles Mühlen-, Bier- und Branntweinzwanges und jeder anderen Bann- und Zwanggerechtigkeit · - beides harte Schläge für die bisher Bevorrechteten, das eine Gesetz vornehmlich dem Grundadel, das andere den Zünften zu schwerem Nachteil; aber beide für das Wohl des Ganzen nötig und heilsam. Darauf folgte (30. Oktober) die Aufhebung der Naturallieferungen und der Vorspannspflicht, zum großen Nußen des Bauern; die Einziehung aller Klöster und geistlichen Stifter, und eine Gesindeordnung, welche das Verhältnis zwischen Herrschaft und Gesinde auf den Begriff des Vertrages zurückführte; dann einige Handelsgeseße, die den Verkehr erleichterten; zuleßt (im Mai 1811) die Erlaubnis, alle Dominialabgaben abzulösen.

Auch eine zweckmäßig eingerichtete Volksvertretung, sowohl der Provinzen als des ganzen Staats, war in der Verordnung vom 27. Oktober 1810 verheißen, kam aber nicht zur Ausführung. Hardenberg hatte auch so schon gegen die Partei der Konservativen einen schweren Stand. Namentlich die kurmärkischen Junker liefen gegen ihn und die ganze „revolutionäre" Stein-Hardenbergsche Gesetzgebung Sturm. Ihre heftigsten Wortführer wollten nichts davon wissen, daß der Adlige ein Mensch sein solle wie ein anderer; er sei vielmehr ein grundbesißender Herr mit verfassungsmäßigen Rechten, ein Vasall, der seinem Landesherrn Treue, seinem Vaterlande den Schuß seines Schwertes schulde, übrigens aber auf seinem Boden (d. h. über seine Bauern) zu befehlen habe. Ihr Widerstand war indes vor der Hand vergeblich. Hardenberg berief im Februar 1811 eine Versammlung von Notabeln, ständischen Depu= tirten aller Provinzen, meist Rittergutsbesißern, nach Berlin, um ihren Widerspruch durch vernünftige Worte zu entkräften. „Das neue System",

[ocr errors][ocr errors][merged small]

sagte er ihnen, „das einzige, wodurch Wohlstand begründet werden kann, beruht darauf, daß jeder Einwohner des Staates, persönlich frei, seine Kräfte auch frei entwickeln und benußen könne, ohne durch die Willkür eines andern darin behindert zu werden; daß niemand einseitig eine Last trage, die nicht gemeinsam und mit gleichen Kräften getragen werde; daß die Gleichheit vor dem Geseße einem jeden Staatsunterthan gesichert sei, und daß die Gerechtigkeit streng und pünktlich gehandhabt werde; daß das Verdienst, in welchem Stande es sich finde, ungehindert emporstreben könne; daß in die Verwaltung Einheit, Ordnung und Kraft. gelegt; daß endlich durch Erziehung, durch echte Religiosität und durch jede zweckmäßige Einrichtung ein Interesse und ein Sinn gebildet werde, auf dem unser Wohlstand und unsere Sicherheit begründet werden können.“

Aber die Notabeln waren nicht zu überzeugen; ein Teil von ihnen legte vielmehr gegen alle diese „neuen Theorien“, besonders gegen die Gewerbefreiheit, die Gleichheit aller Stände und die Mobilisirung alles Grundeigentums Protest ein; sie prophezeiten, man werde mit diesen Reformen aus dem alten, ehrlichen brandenburgischen Preußen einen neumodischen „Judenstaat" machen. Sie beschwerten sich auch und hier ganz mit Grund - über mancherlei ungerechte Verwaltungsmaßregeln des Staatskanzlers, namentlich daß er Gelder, die den märkischen Ständen gehörten, mit Gewalt hatte fortnehmen lassen. Lezteres entschuldigte Hardenberg mit der Not des Staates; übrigens richteten die Opponenten nichts anderes aus, als daß sie sich auch des Königs Unwillen zuzogen; ihre Wortführer, v. d. Marwit und v. Finkenstein, kamen auf einige Wochen nach Spandau. Auch gegenüber den neuen Notabeln-Versammlungen blieb Hardenberg fest. Am 14. September 1811 erschien das größte und segensreichste Gesetz der neuen Ära, das Edikt über die Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Es machte einem völlig rechtlosen Zustande des Landvolks in den öftlichen Provinzen ein Ende. Die unterthänigen Erb- und Zeitpächter der Rittergüter durften ein Drittel oder die Hälfte ihres Pacht- oder Bauernguts an die Gutsherrschaft abtreten und erhielten dafür das übrige als Eigentum; sie durften auch die Frohn- und Handdienste ablösen und hatten nun freie Verfügung über ihr Grundeigentum. Endlich mußte der Jagdinhaber dem Bauern fortan allen Schaden ersehen, den er ihm durch die Jagd zufügte. So erhob der König mit einem Federstrich wiederum viele tausende dienstbarer Leute zu freien Hofbesißern. Übrigens nüßte diese Maßregel dem Gutsherrn ebensosehr als dem Bauern. Denn durch die Ablösung gewann er mehr, als ihm die widerwillig und lässig geleisteten Dienste einbrachten. Hardenberg durfte daher den Notabeln zurufen: „Die Erfahrung wird das Heilsame des Gesezes bewähren. Dem Egoisten, dem kleinen Tyrannen, der auf

[ocr errors][merged small][ocr errors][merged small]
« PoprzedniaDalej »