Obrazy na stronie
PDF
ePub

zubringen, was er gerade zu sagen hat. nicht dass es immer besonders passte: so wird bei der 4 str. des Neujahrsliedes mit vielen proben die lieblingsfigur des betrogenen ehemanns behandelt, während Goethe doch nur den rat erteilt, nicht zu treu, nicht zu genau in enger Ehe zu leben, also beiderseitige zugeständnisse für das richtige hält, wie etwa Hagedorn (Hamburg 1771, m 47) in dem gedichte Der ordentliche hausstand und die Anakreontiker in satirischer absicht noch öfter 1. auch hat St. versäumt, durch seitenüberschriften den überblick irgendwie zu erleichtern; ein register, das recht sorgfältig gearbeitet ist, bietet nur einigermafsen ersatz dafür. der text des Liederbuches ist erst im anhang abgedruckt, aber ohne den kritischen apparat, auf den St. so oft rücksicht nimmt. besonders da er mitunter die unzulänglichkeit der kritischen noten im 1 bande der weimarischen ausgabe hervorhebt, hätte er durch seine ausgabe die lücken ausfüllen und nicht blofs auf die bekannten ausgaben hinweisen sollen. sein buch hätte dadurch viel an brauchbarkeit gewonnen.

Was nun seinen commentar auszeichnet, das sind die sprachlichen erläuterungen, die mit feinem sinn auf manche bedeutungsmodification aufmerksam machen und gewisse unterschiede zwischen der sprache Goethes und jener der Anakreontiker herauszufinden suchen. ob er dabei immer die nötige vorsicht hat walten lassen, das ist freilich eine andere frage. vor allem hat St. jener wörter nicht gedacht, die bis zum ekel von der Anakreontik widerholt, von Goethe jedoch gemieden werden, ich denke zb. an die bildungen mit be-: beblümet, bebüscht, beschilft, beblecht usw., deren eigentümlichkeit uns zum grösten teil verloren gegangen ist. Adelung führt im Wörterbuche (1774 1 686) eine ganze reihe dieser zeitwörter, gebildet von hauptwörtern und von adjectiven, an; sie finden sich gerne in decompositen, zb. (blutbetrieft), neubegrünt usw., sind freilich schon dem 17 jh. eigen, werden aber von Goethe im. Leipziger lb. nicht gebraucht. ich denke weiter an das häufige dahlen, das zwar nach Adelung nur in der vertraulichen Sprechart der Obersachsen üblich ist und tändeln, kindische Dinge vornehmen, sich albern bezeigen heifst, aber bei den Anakreontikern ebenso häufig begegnet, wie schmählen, das nach Adelung gleichfalls der vertraulichen sprechart eigen, aber auch den Anakreontikern trotz der bemerkung St.s (s. 82) sehr geläufig ist 2.

1 vgl. Hagedorn In 74 Weib, Pfarrer und Erben, nicht zu genau! (: Frau); Weilse Der dorfbalbier (Kom. opern, Lpz. 1777) 11 251: Jäckel, liebe deine Frau! Nimm nicht alles zu genau! Wenn sich Mann und Frau verstehn, So pflegt alles gut zu gehn . In dem Ehstand geht es so; Selten, Jäckel, wird man froh. Willst du in dem Hause Ruh, Jäckel, drück ein Auge zu!

2 vgl. zb. Weifse (Wien 1793) 1 32 Darum schmählt sie sich fast todt; 154 Mein Mädchen, schmähle nicht mit mir; 1 55 auf die jungen Schönen schmählen; 1 85 weil meine Mutter schmühlet..schmählt sie denn auf dich, ... lafs meine Mutter auf mich schmählen; Hagedorn 71 von der mutter: nun ich solches thu, schmählt sie noch dazu usw.

dies hat Goethe verwendet, dagegen nicht das beliebte jähnen, nicht die so beliebte verbindung von frey mit scherz usw. St. war eben nicht auf vollständigkeit aus. glücklich benutzt er Gottscheds Beobachtungen über den gebrauch und misbrauch vieler deutscher wörter und redensarten (1758), ferner Schönaichs streitschriften und das wörterbuch von Adelung. nur geht er in den folgerungen zu weit, weil er diesen gewährsmännern zu viel vertraut und dann auf eigene prüfung verzichtet. sein streben war darauf aus, zwischen den eigentümlichkeiten der Anakreontik und den verhältnissen in Goethes gedichten zu scheiden, aber er überschätzt die originalität der Goethischen sprache. um behauptungen Minors auf das richtige mafs zurückzuführen, scheut er die mühe nicht, die belege zu zählen, zieht zb. beim gebrauche von süs nicht nur das 17 jh., sondern auch das 19 zum vergleiche herbei und erweist daraus, dass dieses adjectivum in der Anakreontik seltener ist, als vorher und nachher. nur freilich setzt man in die zuverlässigkeit seiner angaben bald einigen zweifel.

Am wichtigsten wäre die von St. zum erstenmal aufgedeckte tatsache, dass Goethe den sprachgebrauch der Anakreontik durch wörter des gewöhnlichen lebens bereichert habe, die bis dahin nicht litterarisch gewesen seien. man bedauert, dass diese gewis interessanten ausführungen nicht im zusammenhange, sondern gelegentlich bei den einzelnen versen vorgetragen werden. freilich hätte dann St. das thema behandeln müssen, an dem KBurdach seit so langen jahren arbeitet: die sprache des jungen Goethe. man erfreut sich an St.s beobachtungen, man hört mit interesse, dass Goethe manche solche besonderheit durch sein ganzes leben beibehalten habe, zb. die vorliebe für das adjectivum still; aber geht man nun daran, um nicht alles auf guten glauben hinzunehmen, durch stichproben einzelnes nachzuprüfen, so wird man bald bedenklich.

Auf einzelnes wichtige sei hingewiesen. s. 5 sagt St. mit voller sicherheit, eine für Goethe characteristische stileigentümlichkeit, die verbindung adjectivischer adverbien mit adjectiven oder adverbien, die schon das Leipziger lb. in 6 fällen aufweise, finde sich in der leichten zeitlyrik nur vereinzelt, so bei Weisse und bei Gleim je einmal, dagegen bei Cronegk, der sich überhaupt durch eine gewisse originalität, auch der sprache, auszeichne' achtmal. mir steht leider von Gleims schriften nur der Reuttlinger nachdruck (1779) zur verfügung, das dürfte jedoch kaum viel schaden, ich finde darin 1 35 fall . . . holder Schlaf, leichtwallend sanft hernieder!; 1 28 ein niedlich muntres Weib; IV 42 [Petrarchische gedichte] wehmüthig bange; v 55 [Versuch in scherzhaften liedern] mit dem glänzend schwarzen Schnabel; v 90 in treufelnd schwarzen Wolken; vi 52 [Lieder nach Anakreon] mit bitter süfsem Schmerz; man sieht, St.s sichere behauptung ist, was Gleim betrifft, sehr zweifelhaft; auch bei Weilse

finde ich neben der von St. erwähnten stelle noch 147 reizend schön, obwol ich nicht alles durchgenommen habe. um aber einen begriff davon zu bekommen, ob würklich nur die origiginelleren dichter, wie Goethe und Cronegk, gröfsere vorliebe für diese stileigentümlichkeiten haben, griff ich zur nachprüfung einen jener kleinen poeten heraus, von denen St. s. 147 mit vollem rechte sagt, dass bei ihnen als den unbedeutenden nachtretern die für die gattung characteristischen züge am deutlichsten hervortreten, weil sie die eigene armut dazu zwinge, sich am sclavischsten der überlieferung zu unterwerfen. Johann August Beyer, dessen anonyme Vermischte poesien (Frankfurt und Leipzig 1756) St. widerholt citiert (vgl. s. 169), bot mir fast 20 stellen'. in einer anonymen anakreontischen sammlung, die St. nicht citiert, Neue beyträge zur deutschen maculatur. erster und letzter band. Frankfurt am Mayn, bey Johann Gottlieb Garbe 1766' findet sich s. 101 solch einen lächelnd holden Mund; in SGLangens Horatzischen oden (Halle 1747) steht zb. s. 50 achtlofs zierlich; s. 96 glücklich kühn; s. 97 mit gelblich braunem Antlitz. ist der unterschied so grofs zwischen der Goethischen wendung mit mystisch heil'gem Schimmer und der bei Uz (Sauer s. 84) stehenden stygischdicken Finsterniss?; ebd. s. 94 ein gepachtet karges Feld; s. 103 glücklich kühn (hs. glücklichkühn); s. 126 rauhbebuschter Thäler Nacht; s. 132 mit schalkhaftmunterm Witz (1804 schalkhaft munterm) usw. ich verzeichne nur ein paar fälle, die mir bei flüchtigem vergleichen von kaum 60 seiten aufstiefsen. bei Hagedorn fand ich zb. III 66 die kindisch blöde Zunge; 71 in jährlich neuen Schätzen; bei Blaufufs Versuche in der dichtkunst (Jena 1755) s. 77 mit glücklich kühnem Flug; bei Kästner Vermischte schriften (Altenburg 1755) s. 132 zärtlich heisse Triebe. nach einer solchen fülle von belegen, die schon ein ganz kurzer orientierungsgang in St.s revier als nachtrag und berichtigung ergab, ist das zutrauen zu seinen behauptungen stark erschüttert; leider muss ich sagen, dass in den meisten fällen die nachprüfung ähnliches lehrte. so hebt St. s. 8 hervor, heiter sei characteristisch für Goethe, während es bei Gleim gar nicht vorkomme; in den Neuen liedern (Iv 66) steht das gedicht 'Ein

1 s. 7 So lieblich kühl war einst der Schatten; s. 8 So schalkhaft munter ist ihr Schritt; s. 11 auf röthlich goldnen Wogen; s. 19 in den Klang der göttlich süfsen Leyer Die rauschend glatten Wellen; s. 44 ein lockigt schwarzes Haar; s. 45 rühmlich schlau; s. 84 (elisäisch schön); s. 97 ein zärtlich blödes Ach; s. 100 dein edel stolzer Sinn; s. 111 mit christlich sanften Anmerkungen; s. 121 des Westwinds lieblich kühles Zischen; s. 122 so lächelnd roth; s. 125 ein bräunlich schönes Roth; s. 142 vergänglich klein; s. 143 wie lieblich still; s. 159 mit bräunlich schönem Haar, wobei ich von wendungen wie s. 77 schlankgewachsene Najade; s. 91 die braunbemo often Steine; s. 107 die schönbebüschte Höhe (zweimal). . . auf weit entlegne Thürme; s. 126 schwarzlockigt; s. 144 sanftwallend; s. 145 schönlockigt ganz absehe, ebenso von s. 40 in buntgeschliffenen Pokälen und allen verbindungen mit halb.

mädchen' mit folgender strophe: Ihr Auge? Solche Heiterkeit In weiblichem Gesicht Fänd' ich auf Erden weit und breit, Fänd ich im Himmel nicht. das scheint doch ein zeichen, dass Gleim auch die übertragene bedeutung von heiter kannte; die nicht übertragene begegnet IV 47 in dem gedicht 'An Doris': Dich, den Engel meines Lebens, Ohne welchen ganz vergebens Mir der Himmel heiter ist, Lieb ich ewig. Adelung ( 1089) kennt die verwendung von dem Zustande des Gemüthes, mit keinem Kummer, von keinen unangenehmen Empfindungen beladen, und in diesem Zustande des Gemüthes gegründet: Ein heiteres Gemüth. Ein heiteres Gesicht. Seine Seele ist immer heiter, so wie seine Miene. Eine Tugend, welche ehedessen meine Tage heiter, wie die Tage des Frühlings machte. auch bei Weifse scheint das wort keineswegs so selten, als St. annimmt, vgl. 1 5 heiter wie zum Tanz, III 251 ein ruhiges Gemüthe, Ein immer heiterer Geist und ein gesund Geblüte . . . Ein lieber heitrer Gast. in der oper Lottchen am hofe, die Goethe jedes falls genau kannte, rühmt Astolph (Kom. opern 1 13) von Lottchen: Eine liebenswürdige Einfalt, eine edle Freymüthigkeit, und eine muthwillige Heiterkeit geben ihr einen Reiz, den man bey allen unsern Hofdamen vergebens suchet; und 14 sagt er zu ihr: Ist's möglich, mein schönes Kind, dass man in dieser Dunkelheit so heiter, so zufrieden seyn kann? auch die kleinen leute kennen diese bedeutung, wie zb. Beyer beweist s. 97 Wie heiter flofs uns sonst ein Tag dahin; s. 133 manch heitres Jahr; s. 148 wenn der [morgen] heiterer erwacht, oder Maculatur s. 101 das Auge heiter. wider scheint St. mehr behauptet zu haben, als den tatsachen entspricht.

S. 7 erfahren wir, ein bisschen gehöre der sprache des gemeinen lebens an, wie heute noch. schon Adelung führt stellen aus Gellert und Weisse zum beleg dafür an, dass es auch in der litteratur vorkam; bei Gleim findet sich v 11 Lass sie noch ein bisgen quälen; v 110 sprach ein bifsgen zornig, ferner im schäferspiele Der blöde schäfer: iv 22 die Antwort ist ein bisgen schwer; s. 34 ein bisgen lieb; in einer sammlung Fabeln, erzählungen und schertze zur ergetzung des verstandes und des herzens (zweyter theil 1763)' steht s. 11 ein anakreontisches gespräch und darin: Ich aber werde doch dich noch ein bifsgen rühren? auch Klopstock kennt das wort im drama Herrmann und die fürsten (vgl. Würfl Ein beitrag zur kenntnis des sprachgebrauchs Klopstocks, Brünn 1883 ff s. 11). unmittelbar an die bemerkung über ein bisschen' schliefst St. die andere, auch licht für 'hell' sei nur im gemeinen leben üblich; es begegnet bei Lange Horatzische oden s. 46 vom seligen Pyra gesagt: Er singt in lichten Chören hohe Lieder, bei Weisse 117 der lichte Himmel schwärzet sich.

S. 27 polemisiert St. gegen mich (vgl. Anz. vIII 252) und behauptet, ent flammen sei im 18 jh. so ungewöhnlich, dass es in Adelungs wörterbuche vollständig fehle, dies ist allerdings richtig,

aber das wort war durchaus nicht ungebräuchlich: bei Kästner Vermischte schriften (Altenburg 1755) steht s. 202 weil dich noch zum Spielen Selbst der Richter Lob entflammt, vgl. s. 83 von wilder Glut der Jugend angeflammt; Klopstock (Würfl s. 18); bei Grimm ( sp. 519) wird eine stelle aus JASchlegel citiert; in der sammlung Maculatur steht s. 50 Sylvander greift nach Chloens Bilde, Die er im dunklen Lustgefilde An sein entflammtes Herz gedrückt und s. 88 Amor, sprach ich ganz entflammet; bei Blaufuss s. 51 Seines Herzens Meisterinn Entflammet ihn mit neuer Liebe, s. 62 Sie.. sind entflammt von Deiner Huld, s. 85 mein von Euch entflammt Gemüthe.

Am meisten wird man durch die ausführung s. 32f, s. 60f überrascht, die den worten empfinden und Empfindung, fühlen und Gefühl gewidmet ist. St. sagt ausdrücklich: 'der anakreontik und der scherzhaften poesie überhaupt, so weit sie ihren character rein zeigt, fehlen die worte empfinden und Empfindung fast vollständig', und s. 60f heifst es, fühlen scheine zu jener zeit weniger beliebt als sein synonymon empfinden, das wort gehöre jedoch so wenig zum sprachschatze der Anakreontik wie empfinden. man traut würklich seinen augen nicht, wenn man wider mit dieser sicheren angabe die anakreontischen gedichte vergleicht und mit der leichtesten mühe die stellen häufen kann, an denen beide wörter gebraucht werden. ich sammle in der anm.1 namentlich aus Beyer das einschlägige material, ohne jedoch irgendwie vollständigkeit anzustreben 1. das vorgeführte wird wol zur wider

1 s. 3 wird der fürst angesprochen: Du fühlst... die Bande (vgl. 158 vordem hab' ich die Fesseln recht gefühlt); 4 sonder Neid zu fühlen so fühlen wir die reinste Freude; 5 Es fühle deine Nacht, o Waid, die Melodien; 10 steht ein gedicht mit dem titel: Gefühl im Frühling: Hier will ich mein Leben fühlen... Wo die Zephirs alle fühlen (: Kühlen :spielen); 14 Wo ich, dich [freude] zu fühlen wache; 19 Najaden fühlten den Gesang; 21 Alles fühlt des Winters Gegenwart; 27 Nur damals fühlt ich Schmerz darunter, Als Amors erster Pfeil mich traf; 30 ein Herz, das mehr die Freundschaft fühlte; 49 wo schon mein Geist den Frühling fühlt; 64 fühlt das Lied der Nachtigall; 65 Hier fühl ich recht, o Unschuld, deine Freuden; 66 Was fühl ich hier? 67 Der Buchwald fühlt die Klagen meiner Lieder, Ach wenn sie Cloe fühlete!; 79 fühlt die Reben, Ach! nun fühl ich erst mein Leben; 81 Nun fühl ichs; 83 Dann liefst und fühlt indess Belinde Zufriedenheit in Fontenai; 92 Was fühlt mein Herz!; 93 wo mein Saitenspiel kein Kummer hört und fühlet; 98 kein freundlich Abendroth ist ungefühlt verschwunden; 99 vom leid: das die Seele fühlt und das die Seele kränket; So fühlest du gewiss, .. wie wünschenswerth; [108 Ich fühl es nun, dass uns muntre Freude wecken kann;] 114 Ich fühlt'... der Freundschaft schönste Triebe; 126 Die Kenner fühlen doch alle dein Lied; 127 von Friedrich п Der ... Alziren fühlt; 131 Entzückt fühl ich den Namen D***, Mehr als mein Blut, auch Ehrfurcht fühl ich brennen; 132 So fühlt. . einst Pyramus der Liebe ersten Zug; 133 Du fühlest nichts, wenn Philomele singt; 143 Ich fühl es itzt bin ich menschlicher; 149 wenn ich grau und fühllos bin; 151 fühllos für edleres Vergnügen. seltener ist bei Beyer empfinden, es findet sich 7 Als mich Belisens erster Kuss belohnt... empfand die ganze Haide Mehr, als wann Flora sie beblümt; 10 Anger

...

« PoprzedniaDalej »