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dem mächtigen Hafsidenfürsten von Tunis, auf zehn jahre einen freundschafts- und handelsvertrag geschlossen, kraft dessen die handeltreibenden untertanen beider länder in beiden wie die eigenen untertanen geschützt sein sollten 1. freilich wissen wir nichts näheres über die beziehungen des kaisers zu diesem muhamedaner. Abu - Zakaria war kein untergebner des kaisers, verwaltete auch weder Apulien noch Sicilien, aber seine leute genossen doch auch dort freien verkehr wie des kaisers leute, und wenige jahre vorher hatten doch auch noch in Sicilien unabhängige muhamedanische emire geherscht. Abu-Zakaria galt als ein meerbeherschender fürst auch den Arabern in Spanien, denen er auf ihren notruf 1238 eine wolausgerüstete flotte zu hilfe sandte 2, und so liefert er auch im Ortnit schiffe. mit der schon oft von ihm beobachteten willkür verband der dichter diese verschiedenartigen verhältnisse zu einem einzigen. wie er die kreuzzüge der jahre 1217 und 1227 samt dem vorereignis des j. 1225 und 1228/29 in einander schüttete und mit den lombardischen begebenheiten des j. 1231 verknüpfte, so würfelte er hier allerlei erinnerungen aus der neueren und der allerneuesten geschichte der sicilianischen und der benachbarten Saracenen durcheinander und führt uns auch auf diesem gebiet bis zum j. 1231 hin.

Aber seine anspielungen auf Sicilien greifen noch etwas weiter. schon Müllenhoff hob zur erläuterung unserer obigen Ortnitstrophen aus Leos Italienischer geschichte zwei angaben heraus, dass Messinas handel unter k. Friedrich sehr blühte und von allen sicilianischen fabrikaten die sammte, geblümten seidenzeuge, brokate und feinen tücher von französischer wolle obenan standen. war einmal jener Abu-Zakaria von Tunis vom dichter in einen herrn von Sicilien verwandelt worden, so kann es nicht auffallen, dass dieser in Messina seinen oberherrn, sein 'oberstes reis', mit 12 schiffen und speise und wein unterstützte. denn der handel dieser stadt hatte in folge der massenhaften

1 Schirrmacher aao. 11 256 setzt den vertrag unrichtig ins j. 1230 und schreibt unrichtig Abulissac statt Abuissac. Amari aao. II 624 bezweifelt die von Huillard - Bréholles Historia diplom. Friderici III 277 behauptete identität von Abu-Zakaria und Abuissac, aber auch ihm gilt Abuissac als ein von Abu-Zakaria zum abschluss obigen vertrags bevollmächtigter. vgl. auch Röhricht Beitr. z. gesch. d. kreuzzüge 1 50.

2 vSchack Poesie und kunst der Araber in Spanien und Sicilien 1 142.

durchzüge von kreuzfahrern durch den Faro di Messina in der zweiten hälfte des 12 jhs. den der residenz Palermo überflügelt, und unter Friedrich 1 war sie die hauptstation der kaiserlichen kriegsflotte geworden 1. es fehlte auch nicht an speise und wein, denn noch immer war die insel eine kornkammer, die in diesen zeiten die länder Nordafrikas aus mancher hungersnot errettete, und auch der weinbau fand auf ihr damals eifrige pflege 2. so mochte denn auch der mafslose Richard Löwenherz 1190 in Messina von könig Tancred von Sicilien 60000 last korn und gerste, wein und 100 schiffe fordern, und würklich erhielt er 1191 von ibm 4 grofse schiffe und 15 galeeren, wobei es nicht an korn und wein gefehlt haben wird. dass der dichter des Ortnit würklich diese in Messina geleistete kreuzzugsbeisteuer für sein gedicht verwertete, das wird durch die kostbare zugabe von zwei zelten bezeugt, die von elfenbeinstangen getragen und, wie es scheint, zu einem pavillon zusammengestellt, unter ihrem golddurchwirkten dach hundert oder je hundert rittern schatten gewährten. dieses wunderwerk ist kein phantasiegebilde des dichters. zu jenen forderungen von schiffen, korn und wein, die Richard Löwenherz 1190 in Messina stellte, fügte er auch noch die eines seidenen zeltes von solcher gröfse hinzu, dass darin zweihundert ritter zur tafel sitzen könnten 3. man sieht also, dass der dichter vorgänge der ganzen zeit vom dritten kreuzzug bis über den fünften hinaus, von Richard Löwenherz bis zum AbuZakaria, von 1190 bis mindestens 1231, zur ausschmückung der meerfahrt seines Ortnit mehr oder minder frei verkettete und dass die dichtung demgemäfs allem anschein nach in die dreisiger jahre des 13 jhs. fällt.

Wir können von seinem werke aber nicht scheiden, bevor wir nicht noch einen blick auf die 'phelle, samit und richiu tuoch von golde wol gewefelt (dh. gestickt) und geweben' geworfen haben. es ist meines wissens die einzige stelle mhd. poesie, welche die musulmännische seiden- und sammetweberei und -stickerei Siciliens erwähnt. der roman d'Alixandre gedenkt einmal 'd'un semit de Palerme vermeil ou vermenus'. bekannter scheinen auch den Franzosen die 'pailles d'Andre (Andros?), d'Alexandrie, d'Orient,

1 Amari II 629. 811. Schirrmacher 11 257. 261.

2 Amari III 782 ff.

3 Wilken aao. Iv 166.

Amari III 529.

2. F. D. A. XXXVIII. N. F. XXVI.

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Effriquans'. die deutschen dichter, obgleich auch sie gern mit ihrer kenntnis der fabrikorte prunken, nennen doch nur pfellel, sammete, cindale und seiden aus asiatischen, afrikanischen, spanischen und einigen griechischen städten 2, während sicilianische aufser unserer Ortnitstelle nicht vorzukommen scheinen 3. der grund liegt nicht etwa darin, dass diese an wert hinter jenen zurückgestanden hätten, sondern darin, dass die meisten saracenischen oder auch griechischen seidenstoffe durch die kreuzfahrer nach dem abendlande gebracht wurden, namentlich nach der einnahme von Jerusalem, Damascus und Constantinopel, wo sie ihnen in ungeheuren massen zur beute fielen 4. diese prachtgewänder aus golddurchwürktem seiden- oder sammetstoff gröfseren und kleineren formats hiefsen mlat. pallia und palliola, mhd. pfelle und pfellel, ihre verfertiger palliarii 5. ein ‘pallium circumtextum i. e. rotundum' wurde nach dem griech. xixhos cyclas, cyclatum, afrz. ciglaton, sigleton, singleton, mhd. ciclát genannt. wol nicht nach der form des kleides, sondern nach den darauf gestickten oder eingewebten radfiguren gab es auch ein pallium rotatum, afrz. paille roé, auch 'circumrotatum et scutellatum', und schon der im j. 886 verstorbene römische presbyter Anastasius nennt in seiner Bibliotheca de vitis romanorum pontificum 'vela serica, pallia aquilata, leonina, leonata, elephantina, pavonatilia' nach den darauf sichtbaren tiermustern 8. ob aber das uralte und noch heute so beliebte palmettenmuster, das in seiner primitiven form auf orientalischen seidengeweben im 12 jh. aufkam 9, dem palmát,

1 Amari II 802. Franc. Michel Recherches sur le commerce, la fabrication et l'usage des étoffes de soie 1 172. 210. Ducange-Henschel Iv 116. vgl. das ausführliche verzeichnis im mhd. wb. s. v. pfelle, das aber die Ortnitstelle übersieht.

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3 genauere, aber schwerlich directe kunde Siciliens erhellt aus Wolframs Willeh. 36, 7. 84, 1. 11. 205, 22. die Arábeise und Seciljeise von Palerne, Griffâne, Collóne, Sôtiers und de Latriseten stammen offenbar aus Palermo, dem südlich davon gelegenen Monte Grifone, den weiter südlich gelegenen Corleone und Sutera, arab. im 9 jh. Sotir, und dem centralen Caltanisetta, aus ortschaften, die alle jahrhunderte lang in der gewalt der Saracenen waren. vgl. Amari 1 294. 310. 334. m 109. 174.

4 Bock Geschichte d. liturg. gewänder des mittelalters 1 15. 101. 174.

5 Bock 1 4. 105. 146. Amari 802.

Ducange - Henschel п 685.

7 Ducange-Henschel vi s. v. pallium. Bock 1 8.

8 Muratori Script. I 271. 272. Bock 1 11. 13. 23.

9 Bock 1 96.

der palmatside der mhd. dichtung den namen gegeben habe, ist noch zweifelhaft. ein mlat. 'pallium palmatum' scheint nicht nachweisbar. aber einige deutsche dichter hatten offenbar diese schönen saracenischen muster, die wir noch heute bewundern, auch vor ihren augen. so preist Ulrich vdTürlin in seinem Willehalm (Casparson s. 104") ein phelle vol månen und gesterne von golde entsprechend den mit goldnen halbmonden und sternen bestickten saracenischen seidenzeugen, wie sie Bock abbildet 1. noch genauer stimmt der von Konrad von Würzburg im Trojan. krieg v. 3739 ff geschilderte rote sammet, in den eine Syrene gebriten war, mit einem uns erhaltenen alten roten seidenstoff aus Sicilien überein, in den mit verschiedenen musikinstrumenten beschäftigte sirenen eingewebt sind 2. erzählt nun Wolfram im Parz. 71, 17 ff, dass ein arabischer 'wapenroc mit golde gebildet' war, das greifenklauen aus dem Kaukasus gezerrt hätten, so folgt er zwar nicht dem älteren, aus Herodot 3, 116. 4, 13 bekannten märchen von goldhütenden, wol aber dem jüngeren, von Ktesias Indica 12 aufgebrachten von goldgrabenden greifen. doch den gedanken, dass sie gerade das zum bildwerk eines arabischen wappenrockes verwendete gold herausgezerrt haben sollten, scheint ihm der anblick eines der vielen arabischen prachtgewänder des 12 jhs., auf denen geflügelte ihre klauen vorstreckende greifen in gold gestickt waren, eingegeben zu haben 3. auch die andere abenteuerliche geschichte, dass die salamander kostbare stoffe im feuer webten 'zeinander worhten' (Parz. 735, 25, vgl. Wigal. 7435 0. Lohengrin 5480.6525. KvMegenberg Buch d. natur 276, 28), ist wol ein gemisch von alter physiologusweisheit und von einfällen, welche + die vielen wurm- und eidechsenartigen tiere erweckten, die paarweise

1 Bock aao. 1 38. 69.

2 Bock 177 tafel vi der 2 lieferung.

3 Roscher Lex. d. griech. mythol. I 1769. nicht die pfelle, wie es im mhd. wb. s. v. phelle s. 489b heifst, werden den greifen von den Arabern abgenommen, sondern das gold. erst in Ulrichs vdTürlin Willeh. Casp. 95a hüten die greifen auch glänzende phellel, die die heiden ihnen mit list abnehmen. wie hier Wolfram misverstanden zu sein scheint, wird er (um 1300) nachgeahmt vom dichter des Reinfried von Braunschweig v. 3346, der von greifen spricht, die gold aus den bergen zerren und zum Kaukasus tragen, vgl. Herzog Ernst hg. v. Bartsch CLIV ff. übrigens tragen schon nach dem mythographen Konon, einem zeitgenossen Caesars, greifen einen goldgrabenden hirten aus einer goldreichen höhle (Photios cod. 186. Westermann Mythogr. s. 130, vgl. Zs. 7, 297).

einander gegenüber auf den schönen seidenzeugen in gold zu leben und gegeneinander zu arbeiten schienen. so hat man ja auch den märchenhaften ring Morolfs, in den eine nachtigall von bezauberndem gesang verwürkt ist, aus der naiven bewunderung antiker geschnittener steine erklärt 1.

Von solchen seidenmustern berichtet der dichter des Ortnit leider nichts. aber er weist, indem er eine grofsartige ausstattung vieler tausende mit goldgewürkten oder -gestickten stoffen (tuoch), phelle und samit und die schenkung zweier ebenfalls golddurchwobener, hundert oder zweihundert ritter fassender zelte seitens eines fürsten von Sicilien meldet, auf eine merkwürdige kunststätte des mittelalters hin, obgleich er deren namen nicht nennt. ein Deutscher, FrBock, hat uns zuerst tiefer in die jahrhundertlange künstlerische tätigkeit der zuerst saracenischen, dann normännischen und endlich staufischen seiden- und sammetmanufactur des königlichen palastes zu Palermo eingeführt 2. diese werkstätte hiefs nach dem persischen worte für 'ehrenkleid, feierkleid' tirás, weil sie namentlich fürstliche kleidergeschenke fertigte. schon ums j. 1000 waren neben den spanischen die sicilianischen Saracenen die meister feiner weberei und stickerei im abendland. 'pallia saracenica, auro intexta' werden schon im 9-10 jh. gerühmt, und schon vor der ankunft der Normannen muss der tirâz tätig gewesen sein 3. von seinem kriegszug nach Griechenland brachte der Normannenkönig Roger von Sicilien 1147 athenische, thebanische und korinthische weberinnen mit, die nach Otto von Freising die aufserhalb Griechenlands bisher unbekannte kunst ins christliche abendland gebracht hätten 4, in würklichkeit einige neue fertigkeiten und muster in Palermo eingeführt haben mögen. jedoch einerseits schloss auch der musulmännische tirâz im 11 jh. keineswegs antike, ja sogar auch nicht christliche muster und gegenstände aus, wie wir alsbald sehen werden, anderseits blieb der grundcharacter dieser gewebe und ihrer werkstätte bis in die mitte des 13 jbs. ein wesentlich muhamedanischer. die weber hiefsen auch unter dem normannischen regiment mlat. careri di.

Salman und Morolf hg. v. FVogt str. 248 ff mit anm.

2 Bock Geschichte der liturg. gewänder des ma.s, 3 bände, 1859 ff und Kleinodien d. heil. röm. reiches deutscher nation 1864.

3 Bock 1 36. 98 ff. 174. 196. Amari 447. 798.

Ottonis Frising. gesta Friderici imper. . 1 c. 33. MG. SS. xx s. 370.

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