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gestattet, dass sie trotzdem im stifte weilte, so lange ihr mann am leben blieb. dies opfer wurde dem grundsatz gebracht, dass eben ehepare die glieder des ordens bilden sollten. ein ritter, der seine frau verlor, mochte ein ander nemen'. die witwen waren etwas zurückgesetzt, sie hatten keine besonderen dienerinnen. und endlich findet sich die bestimmung, kein paar dürfe seine kinder mit ins stift bringen, und die im stift geborenen sollten nur drei jahre lang verpflegt und dann entfernt werden. An Ettal muss der poet gedacht haben, als er das Minnekloster schrieb; es ist kaum anders möglich, als dass ihm die hier versuchte verbindung und verquickung der sonst getrennten lebensformen zum vorbild gedient und seine phantasie angeregt hat.

Realistische schilderung lag freilich nicht in seiner absicht. Ettal bot ihm die idee des ritterlichen klosters, er arbeitet sie grob heraus; statt meister und meisterin führt er abt und äbtissin, prior und priorin ein, er nennt die ritter mönche usw.1 sonst aber malt er einseitig das freudenreiche leben, die verschiedenen arten der unterhaltung, tanz und spiel und turnier, wovon in Ettal nur mafsvoll oder gar nicht die rede sein sollte. begreiflich, denn hierfür standen der kunst dieser epigonenepik die meisten farben zu gebote, und der dichter wollte unterhalten. patronin Ettals war die heilige jungfrau; sie gehörte nicht in solche dichtung. hier herscht die königin Minne, die diesmal freilich nicht personificiert, sondern anmutig genug als ideal des geselligen ordens dargestellt wird. als zuflucht für einige mitglieder des armen adels war Ettal gedacht, und selbstverständlich als zuflucht für ältere leute, denn nur bei dieser annahme verliert jene bestimmung über die kinder etwas von ihrer anstöfsigkeit. im Minnekloster aber finden sich könig und königin, herzöge, grafen, freie (freiherren) und (edle) knechte mit ihren frauen, arm und reich, jung und alt in unbeschränkter zahl. das ist lässliche poetische übertreibung. allein ganz ausschweifend und märchenhaft ist die beschreibung des klosters selbst. es hat runde gestalt, und sein gebiet ist so grofs, dass ein läufer es kaum in einem jahre umkreisen könnte 2. zwölf pforten führen zu ihm ein; jeder monat

1 v. 1106 und 1201; vgl. weiter ausdrücke wie cofent v. 595. 1179. 1483. 1531; pfrünt v. 865. 873. 1035; selle v. 852 ff. 1752. 1837. 2 v. 262; vgl. die 'verbesserungen'.

hat eine pforte, und jeder ausschnitt des ringes zeigt dem eintretenden die natur im zustande des betreffenden monats:

Wiltu warm, wiltu kalt,

wiltu blumen, wiltu kle,
wiltu riffen oder sne,

welher zit din hertz begert,

wol bistu der do gewert. v. 334 ff.

Die kirche zu Ettal, zu der doch wol Ludwig selbst am 28 april 1330 den grundstein legte und die, 16 jahre nach seinem tode, am 7 mai 1363 eingeweiht wurde 1, war ein zwölfeckiger centralbau 2. leicht kann die kunde ihrer ungewöhnlichen bauart, die einer rotunde nahekam, die vorstellung von dem wunderbaren monatsgürtel erweckt haben, dessen sich beiläufig nicht der Graltempel noch der palast des priesters Johannes rühmte 3.

Es lohnt kaum, die weitern einzelheiten zu prüfen. von kleineren zu gen der übereinstimmung, die sich gleichfalls finden, sei nur erwähnt, dass auch im Minnekloster sich die kinder keiner besonderen beachtung zu erfreuen haben; sie sind vorhanden, aber es wird ihrer nur eben gedacht (v. 169. 720). und wenn der kaiser bestimmte, man solle seinen rittern 'ob tische tütsch lesen, daz götlich sei', so heifst es vom Minnekloster v. 197: Du sichst tüsch lesen ze bett (= gebet, vgl. v. 106).

Hat der dichter die ordnung gekannt? ist er in Ettal gewesen? man kann es nicht bestimmt sagen, aber die möglichkeit liegt vor. er lebte jedesfalls zur zeit Ludwigs des Bayern.

Im Liedersaal folgt auf das Kloster der Minne eine andere allegorie, die Klage um eine edle herzogin' 265-287. und die beiden stehn auch in so enger geistiger nachbarschaft, dass man sie unbedingt demselben autor zuschreiben muss. auf den ersten blick fallen verschiedene wörtliche anklänge auf. man vergleiche zb. mit v. 349-356 der Klage:

1 die daten s. bei Oefele Script. rer. Boic. I 341 und 343.

2 sie wurde im vorigen jh. nach einem brande widerhergestellt, so wie sie heute steht. doch sind die alten umfassungsmauern samt den strebepfeilern erhalten; vgl. GFSeidel Baugeschichte des domes und klosters Ettal [sa. aus der Zs. f. bauwesen], Berlin 1890, s. 3; vgl. noch Otte3 1 28. п 314.

3 anzuführen ist vielleicht Apoc. 22, 2: lignum vitae afferens fructus duodecim, per menses singulos reddens fructum suum; vgl. Ezech. 47, 12.

by der eren gernder frucht
sach man frödenrich genucht
mit zuchten und (mit) eren.
si kond wol fröde meren
mit aller lay(e) wunne spil.
man hort da böck(en), pfiffen vil,
schalmien und bisunen

hort man da schallig runen'

im Kloster v. 323-325:

'in wellem monat du wilt sin,

den findest da mit siner frucht
und mit aller der genucht,

als im sin got hat gestift'

und v. 209-211:

schalmyen, pfiffen ist da (by) vil.
brisonne, böcken, alli spil

hört man da mit schalle1.

dann entsprechen sich die gedichte in einer turnierschilderung, die beiden als glanzstück eingefügt ist; sie steht kürzer gefasst in der Klage (v. 229-313), länger, weil durch andere bestandteile aufgeschwellt, im Minnekloster (v. 1074-1451) 2.

Die 'edle herzogin', deren tod der poet beklagt, ist Beatrix, eine geborene gräfin von Savoyen, die dritte gemahlin des herzogs Heinrich von Kärnten, grafen von Tirol; und sie starb am 19 december 1331 3.

Ein wandernder sänger tritt uns entgegen (s. Klage v. 549), ritterlichen standes; er lässt sich 'junker' nennen (Klage v. 546, Kloster v. 911 und 939), 'gelehrt': er rühmt sich der kunst des lesens (Klage v. 138 f); von haus ein Schwabe: nach der sprache 'und besonders dem wortschatz'4 zu schliefsen; ein fahrender, der um guten lohn mit einer allegorie nach dem zeitgeschmack

1 die gleichen musikinstrumente werden mehrfach genannt, in der Klage v. 239 ff. im Kloster v. 447. 753. 1101. 1133. 1285 ff.

2 prof. Schröder findet besonders charakteristisch die erwähnung der 'walken' (ital. balcone), auf denen die damen sitzen: Klage v. 271, Kloster v. 759. 763. 834. 841. 1076. 1567; sie kommen sonst nirgends vor. vgl. auch noch die vorliebe für sammet: Klage v. 132, Kloster v. 53. 1775.

3 an eine andere ist nicht zu denken. vgl. über sie AHuber Gesch. der vereinigung Tirols mit Österreich (1864) s. 14.

so prof. Schröder.

den Kärntner herzog zu trösten sucht, weil ihm seine dritte gemahlin hinweggestorben war, ohne den ersehnten erben zu hinterlassen, und der ein andermal bei Ludwig dem Bayern seinen dank verdienen will durch eine phantastische verherlichung der kaiserlichen lieblingsschöpfung 1. am ende ist das Minnekloster gar ein poetisches gesuch an den herscher um eine pfründe im stift?

Die freundliche gefährtin des dichters will vor 10 jahren als kind in den orden eingetreten sein (v. 713 ff). darauf braucht man nichts zu geben. die vergnügliche poetische erzählung ist keine quelle für die Ettaler geschichte. vielmehr kann man mit ziemlicher wahrscheinlichkeit die entstehung des gedichtes früh, zeitlich nahe der Klage um eine edle herzogin, ansetzen. der dichter wird angeregt worden sein, als die leute sich zuerst über 'die neue unerhörte regel' 2 des kaiserlichen stiftes unterhielten und genug übertreibende gerüchte umlaufen mochten.

'Leere haltlose allegorie' war Goedeke das Kloster der Minne. nun ragt es poetisch gewis nicht über das mafs der allegorischen dichtung jener zeit empor, aber es ist auch nicht schlechter als vieles andere derart 3. eine gewisse natürlichkeit herscht in den gesprächen, und der schluss ist lebendig und lustig. vielleicht hat es jetzt auch ein wenig inhalt und grund gewonnen. als seltsame urkunde des mittelalterlich höfischen gesellschaftsideals konnte es eigentlich immer schon einige aufmerksamkeit bean-, spruchen.

Es ist hergebracht und keineswegs unrichtig, den gedanken der Ettaler gründung zurückzuführen auf die sage vom Gral, in dem ritterstift ein Klein-Munsalvæsche zu sehen und in der kirche zu Ettal ein abbild des Titureltempels 4.

1 über die person des dichters hat Lassberg Ls. II p. xIx eine bestimmte vermutung geäufsert: er will das werkchen, das er als 'das schönste gedicht dieses liedersales' bezeichnet, dem Heinzelein von Konstanz zuweisen, dessen Minnelehre ihm im Cod. pal. 313 unmittelbar vorausgeht. mir schien die vermutung nicht so unbedingt abzuweisen, wie es FPfeiffer HvK. s. XIV tut, aber auch prof. Schröder findet den unterschied in stil und wortschatz bemerkenswert und datiert mit Pf. die als echt bezeugten werke Heinzeleins um ein menschenalter früher.

3 s. Böhmer Fontes rer. Germ. 1 410.

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3 [der versbau ist für die zeit nicht übel im Kloster besser als in und der stil weist noch auf die lectüre guter vorbilder. E. S.] dagegen Seidel aao. 8 in übereinstimmung mit Weber in Wetzer und

der Klage

4

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Romantisch unklar handelte Ludwig, und er weihte sein werk baldigem untergange, indem er eine gutgemeinte woltätigkeitsanstalt nach dem model des phantastischen templeisenordens aufrichtete und zusammenzufügen sich vermafs, was unvereinbar ist, möncherei und eheleben. wie konnte die klösterliche' ordnung und das standesgemäfse nichtstun bestehn vor dem geschrei kleiner kinder? der mitwelt war die zwitterhaftigkeit des planes nicht verborgen. unbewust hat in seiner weise der weltliche poet das urteil darüber gefällt, indem er einen mönchisch vermummten liebeshof zeichnete; und ein zeitgenössischer kirchenmann, der abt Johann von Viktring, sprach aus, was wir noch heute denken 1, dass nur frommer eifer ohne einsicht ('sine scientia zelus dei') Ludwig geleitet haben könne. er erinnerte sich dabei, was der heilige Martin einem ritter gesagt hatte, der seine frau mit ins kloster nehmen wollte: es ziemt sich nicht, dass der krieger mit seinem weibe in den kampf ziehe.

Marburg i. H.

E. SCHAUS.

DAS MÜNCHENER BRUCHSTÜCK DER ÖSTERREICHISCHEN REIMCHRONIK. Als ich im j. 1892 die einleitung zu meiner ausgabe der Österreich. reimchronik schrieb, war mir ein verzeichnis der cgm. 5249 vereinigten bruchstücke entgangen, das FKeinz in seinem der 41 versammlung deutscher philologen gewidmeten hefte 'Altdeutsches' 1891 mitgeteilt hat. unter jenen fragmenten ist ein perg.-doppelblatt, 4o, des 14 jhs., das ein stück der reimchronik Ottokars, uzw. die vv. 47603-718 und 48536-710 der Ackersepisode enthält.

Es ist in der breite und in der höhe beschnitten, in dieser so, dass der schnitt knapp unter der letzten zeile der spalte läuft, der text der spalten selbst also noch ganz vorhanden ist. die erhaltene breite des einzelnen blattes schwankt zwischen 17.1 und 16.9 cm, die höhe zwischen 18.8 und 20 cm. was die spalten

Weltes Kirchenlexikon iv 943, nach dem die ordnung ‘auf dem boden nüchterner praktischer askese' beruht. für diese seite soll freilich der hinweis auf den dritten orden des Franz von Assisi hier nicht fehlen. doch der poetische hintergrund ist kaum zu bestreiten.

1 Böhmer aao.

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