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trotzdem sind wir sicher, dass in unserm falle ein unterschied vorhanden ist, und so war es auch im av.; die verse mit einfacher allitteration sind dort 3 hebig, die 4 hebigen müssen doppelallitteration haben, oder A3-verse sein.

Nach meiner auffassung des av. und dieser späteren verskunst ergibt sich uns nun ganz von selbst die brücke, die von einem zum andern hinüberführt. es ist ja ganz undenkbar, dass der av. in Deutschland sofort nach Otfrids auftreten sollte zum tode verurteilt gewesen sein. wenn uns aus späterer zeit nichts überliefert ist, so ist das ganz natürlich, da ja die niederschrift der litteratur in den händen der geistlichkeit lag, und sie, die die heidnische poesie mit Otfrid verdammten, werden sich gehütet haben, uns davon etwas mitzuteilen. sind doch die reste der abd. allitterationsdichtung überhaupt nur durch zufall überliefert. der altgermanische nationalvers muste also fortleben und lebte fort, freilich nicht in der strengen ausübung, nach den festen gesetzen der alten zeit, und der reim mag als neues kunstprincip die allitteration auch bei den volkssängern verdrängt haben. aber nicht so leicht war die alte, freiere art verse zu bauen vernichtet, sie erhielt sich und erblickt in den oben behandelten gedichten wider das licht der geschichte, um von regellosigkeit im anfang zu strengerer regelung durchgeführt zu werden, indem 3- und 4 hebige gebilde nicht mehr gleichmäfsig in beiden halbversen stehn, sondern diese auf den ersten, jene auf den zweiten halbvers verwiesen werden. dies ist schon in den Kürenbergerliedern erreicht. ein weiteres ziel besteht darin, auch gewisse typen aus den einzelnen vershälften zu entfernen, so dass im 2 halbvers die stumpfen verse (typus B, D, E) im ersten die klingenden (typus A, C) immer mehr vorherschen.

Doch selbst im Nibelungenliede begegnet der vers 2 hebig klingend noch im zweiten halbvers. Heusler hat auch hier seine eigentümliche anschauung durchzuführen versucht: verse wie ir muoter Uoten: baz der guoten str. 14, will er 4 hebig lesen, indem er in der mehrzahl der fälle aus dem auseinandergehn der hss. auf eine vollere 4 hebige la. schliefst; so will er in diesem falle lesen: sine kúndes bescheiden báz niht der gúoten. 'der dichter mafs diese klingenden halbzeilen vierhebig; die bearbeiter mafsen sie dreihebig', das ist die quintessenz seiner anschauung. Diese ganze voraussetzung kann ich nach allem vorher beZ. F. D. A. XXXVIII. N. F. XXVI.

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merkten als so wenig berechtigt anerkennen, die durchführung scheint mir so wenig glücklich zu sein, dass ich auf eine kritik der auffassung des bandschriftenverhältnisses hier verzichte. über den rhythmischen charakter hat neuerdings RHildebrand Zs. f. d. d. unterricht 6, 104 gehandelt, und ich befinde mich zu meiner freude in der hauptsache mit ihm im einvernehmen. Hildebrand belegt die fragliche erscheinung mit neueren beispielen, vgl. s. 109. wenn Heusler freilich sagt s. 113: 'die endsilbe -ken auf dem guten tactteil ist ein so auffallender misklang in dem sonst rein 4/4 tactigen liedchen, dass ich an der richtigkeit der transscription zweifel hege', so kann mit solchen zweifeln ja alles negiert werden, aber der zweifel beruht nur auf einer theorie, die durchaus nicht bewiesen ist. ich halte also an der althergebrachten ansicht fest, die nun um so sicherer begründet ist, da sie an der allitterationspoesie ihre deutliche anknüpfung findet, wie denn auch Hildebrand s. 1072 auf die identität vonir muoter Uoten und sin vúoz birénkit im Merseburger zauberspruch hinweist.

Die vorgetragenen anschauungen haben in mancher beziehung nicht mehr den reiz der neuheit. vieles beabsichtigte ich weiter auszuführen, was Heusler und Hildebrand nun vorweggenommen haben. trotzdem glaube ich, dass sich die tatsachen im geschichtlichen zusammenhang doch noch anders ausnehmen, als in einzelnen bemerkungen, und dass diese ansichten mein eigentum seit längerer zeit sind, kann man aus meinen früheren arbeiten ersehen, wo alles bereits angedeutet ist.

IV. DIE VIERHEBIGEN ZWEITEN HALBVERSE.

Nach meiner auffassung des av. begegnen in der zweiten halbzeile auch 4 hebige verse, das characteristische derselben aber ist, dass die haupthebung auf dem zweiten (oder dritten) fufse liegt, vgl. Germ. 36, 356.

Der erste fall kommt vor allem in betracht. das schema des verses kann verschieden sein, je nachdem wir die accentstellung 2.4 oder 2.3 haben. jene finden wir in fällen wie endi ôk waldandes werk Hel. 3, 587; quad that _im_neriandas ginist 520, und diesen entsprechen genau die Otfridschen verse der form 2.4 er was thiononti thar i 15, 2. vgl. Wilmanns Der altdeutsche reimvers s. 24. in diesem typus ist sehr

bäufig die senkung nach dem zweiten fusse, dh. nach der haupthebung synkopiert. das begegnet uns schon im av. und ist scharf bei Otfrid ausgeprägt. dieses sind dann die verse, die man als cretici bezeichnet (das schema ist xx) und die Bartsch im NL. nachgewiesen und kritisch verwertet hat. aber diese verse treffen wir auch schon in den Kürenbergerliedern, was bereits Becker in seinem Altheimischen minnesang bemerkt hat. Heusler weist diese ansicht ab, weil die vierhebigkeit der schlusszeilen nicht durchgeführt ist, und weil sie 4 hebig aufgefasst keine dipodien bilden. er list also álder ich geniete mich sin, iemer dárbende sin, 3 hebig usw. vgl. s. 100. bei dieser auffassung gerät er mit mehreren metrischen tatsachen in widerspruch. zunächst ist alder ich geniete mich sin nicht gut, weil die 2silbige senkung im vorletzten fufs ungebräuchlich ist, wenn anders die ausführungen von Wilmanns aao. zu recht bestehn. dann sind eine reihe von versen falsch betont. ich kann freilich überhaupt nicht erkennen, nach welchen principien Heusler haupt- und nebenhebung verteilt. für mich gibt es nur ein kriterium in der älteren zeit, und das ist die satzbetonung, wie sie von Rieger aus dem av. erschlossen ist. darnach ist aber zu be-. tonen vil manegen trúrigen muot, so stet wol hohe min múot, denn nur trûrigen und hohe könnten allitterieren. und drittens muss Heusler 3 silbigen auftact annehmen: ez ist den liuten gelich. klingen Heusler die verse nach seiner lesung schön, so klingen sie mir schlecht und falsch.

SO

Ich halte also daran fest, dass wir hier würklich 4 hebige verse vor uns haben, und in der mehrzahl der fälle gehören sie rhythmisch dem schema 2. 4 an und sind metrisch cretici. lese ich also nie vro' werden sit 7, 26. der vers ist allerdings nicht besonders schön, wegen der fehlenden senkung im ersten fuss, aber auf nie liegt immerhin ein gewisser nachdruck; ein grund zur änderung ist nicht vorhanden. alder ich genietė mich sin 8, 8; vil manegen trúrigen muot 8, 24; ez ist den liuten gelích 8, 32; und floug in andėriu lant 9, 4; vil wol des wer ich geméit 9, 20; dès engán ich dir niet 9, 28; iemer dárbende sín 9, 36; wiez under uns zwein ist getán 10, 8; mir wart nie wip alsó liep 10, 16; so stet wol hóhè min muot 10, 24.

Damit ist aber widerum die identität dieser technik mit der des av. in einem wichtigen puncte entschieden. und dasselbe

man

gilt auch vom NL. die cretici müssen auch hier an das schema 2. 4 gebunden sein, was man ohne die tatsachen zu befragen aus der theorie und aus den vorzüglichen beobachtungen von Wilmanns über den altdeutschen reimvers schliefsen kann. vgl. diu was ze Santen genant 20; diu vil wátlichen wip 23; so rehte erlichen vant 24; beidiu liut unde lant 26 usw. aber auch wenn die senkung nicht synkopiert ist, herscht das schema ziemlich weit zb. zuo in riten in daz lant 30; bôt man éren dá genuoc 38 usw. daneben treten auch andere typen auf: die fürsten hetens in ir pflegen 4 (1. 4); starp vil maneger muoter kint 19 (1.3); die frouwen leiten in daz golt 31 (1. 4).

Den besprochenen versen des Kürenbergers stehn nun zwei anders gebaute gegenüber. zunächst 9, 12 die geliebe wellen gerne sin. die gewöhnliche fassung dieser formel, die auch in MFr. in den text gesetzt ist, lautet die gerne geliebe wellen sin, und sie entspricht auch unserm schema auf das genauste. wenn diese umstellung unberechtigt ist, so stünde der vers immerhin isoliert, aber ihn irgendwie anzutasten, dazu liegt für mich kein grund vor, er wäre höchstens als ein beweis der neuen technik aufzufassen, die im NL. weiter ausgebildet ist.

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Die andere stelle ist bedenklicher. es ist die 5 strophe (8, 13ff): des gehazze Got den dinen lip!

jo enwas ich nicht ein eber wilde. so sprach daz wip.

wenn wir die cäsur nach eber | annehmen, so dürfte der vers notdürftig normal sein; aber das herüberziehen von wilde bleibt unschön und zweifelhaft, wenngleich 9, 19 versuonde | vil wol eine parallele zu bieten scheint. abgesehen davon fiele der vers in den gewöhnlichen rhythmus mit synkope nach der zweiten senkung. aber der vorhergehnde vers bleibt unlesbar, wenn man nicht eine ergänzung vornehmen will. ich lese mit Schröder Zs. 33, 100 im hinblick auf Iwein 2262: dez gehazze iemer Got den dinen lip.

Ohne irgend welche einschneidende emendationen gelangt man also dazu, den zweiten halbvers der Kürenbergerstrophen als 3 hebig, und in der letzten zeile als 4 hebig aufzufassen, die zweiten halbverse sind tatsächlich identisch mit den Nibelungenversen an gleicher stelle. ihrer ganzen bauart nach entsprechen sie aber den typen, die im zweiten halbvers des av. sich finden.

Ich beabsichtige hier keine theorie der Kürenbergerstrophe

zu schreiben, will aber Heuslers wegen auch auf die ersten halbverse kurz eingehn. Heusler nimmt an, dass im ersten halbverse 3 hebige verse mit 4 hebigen wechseln, und bezieht sich zu diesem zweck auf und ich gedenke an dich 8,19 und lieb unde leit 9, 23. der erste vers erregt mir keinen anstofs: man kann entweder lesen und ich mit elision oder gedénke an, der zweite ist 3 hebig. hat man hier nun zu emendieren? oder hat man Heuslers ansicht anzunehmen, der eine nicht genaue fixierung des strophenbaues annimmt? an und für sich steh ich Heuslers gedanken nicht principiell ablehnend gegenüber. ein 3 hebiger vers dieser art findet auch unter 4 hebigen seine stelle, er ist dann brachykatalektisch aufzufassen; vgl. Westphal Theorie der neuhochdeutschen metrik 31 f. aber ob uns diese eine stelle das recht zu solcher auffassung gibt, lässt sich billig bezweifeln. man muss sie indessen im auge behalten; vielleicht findet sich in anderm zusammenhang der beweisende punct.

v. DIE ÜBERLANGEN VERSE.

Wenn es mir im vorhergehnden gelungen sein sollte, den leser von dem fortleben der metrik des av. zu überzeugen und zugleich ihm die existenz von 2 hebig klingenden versen neben 3 hebig stumpfen, wie ich sie mit Heusler annehme, wahrscheinlich zu machen, so werden vielleicht auch die folgenden ausführungen auf beachtung rechnen dürfen. es handelt sich um die verse, die für das schema von 4 hebungen nach unsern bisherigen annahmen zu lang sind, die man als 5, 6, 7, 8 hebig anzusehen sich gewöhnt hat. vgl. Heusler s. 58 und die dort in der anmerkung citierte litteratur. neuerdings hat darüber eben Heusler gehandelt und seine ansicht ist, dass halbverse mit mehr als 4 hebungen nicht vorkommen; die verse, denen man 5, 6 und 7 hebungen gab, sind viertactig zu lesen' s. 58. 'die scheinbare überlänge mancher zeilen ist vielmehr überfülle'. Heusler nimmt in seinen weiteren ausführungen an, dass das princip der 1 silbigen senkung hier nicht gilt, vielmehr 2 und 3 silbige senkung vorhanden ist, wie das für gewisse mitteldeutsche gedichte schon Amelung behauptet hat. in vielen fällen muss ich Heusler zustimmen, wenngleich ich im einzelnen anders lese: so zb. awi wi manic vólcwic er váht, während Heusler awi wi manic betont und wie in die senkung setzt. doch das ist eine frage, die für den zu erörternden punct nicht von wichtigkeit

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