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hier weder den ganzen sonst mit diesem namen bezeichneten gebirgszug noch einen teil desselben, sondern die rauhe Alb gemeint hätte. der leser konnte unmöglich von selbst darauf verfallen, unter der 'Hercynia silva' dieses specielle gebirge zu verstehn: konnte der leser von selbst wissen, dass die 'Hercynia silva' als ostgrenze des helvetischen gebietes zu denken war, so würde er, weit eher als an die ihm wenig oder gar nicht bekannte rauhe Alb, an den Böhmerwald haben denken können.

Baumstark (Ausführl. erl. des besondern teils, s. 13) und andre haben die Hercynia silva' hier als den Böhmerwald verstanden. die Helvetier würden dann also nach Tacitus das gesamte gebiet. zwischen dem Rhein im süden und westen, dem Main im norden, dem Böhmerwald im nordosten innegehabt haben: ein im vergleich mit dem der Bojer, wenn diese demnach nur Böhmen gehabt hätten, offenbar viel zu grofses gebiet. das gebiet der Bojer wäre einfach als jenseits des Böhmerwaldes gelegen bezeichnet, dem wortlaut nach eigentlich auch als jenseits des Mains gelegen, und so hätte derjenige leser es auffassen müssen, der über die älteren sitze der Bojer nicht vorher unterrichtet war. indesen der Böhmerwald kann zwar wol im verein mit den andern gebirgen, die Böhmen umgeben, der Hercynia silva zugezählt werden (so bei Vellejus 108: Nihil erat iam in Germania quod vinci posset praeter gentem Marcomanorum, quae Maroboduo duce excita sedibus suis . . . incinctos Hercynia silva campos incolebat), aber auch er kann nicht speciell im gegensatz zu andern bergen, welchen derselbe name zukommt, 'Hercynia silva' genannt werden. der name 'Hercynia silva' bezeichnet seit Caesar im eigentlichen sinne den Germanien von westen nach osten 'ad fines Dacorum' (Bell. gall. vi 25) durchschneidenden gebirgszug. Caesar lässt denselben ab Helvetiorum et Nemetum et Rauracorum finibus' mit dem Schwarzwald beginnen. diesen südwestlichen teil des gebirgszuges kann indessen Tacitus hier nicht gemeint haben, da er für denselben (Germ. 1) den speciellen namen 'mons Abnoba' kennt: Tacitus hätte, wenn er das gebiet zwischen Rhein, Main and Schwarzwald den Helvetiern zuweisen wollte, statt 'Hercynia silva' notwendig diesen ausdruck brauchen müssen, wenn er richtig verstanden sein wollte. im 30 cap. bezeichnet 'Hercynius saltus' an der ostgrenze der Chatten speciell den nördlich vom Main gelegenen von sw. nach no. sich erstreckenden teil des

gebirgszuges (Spessart und Rhön): an unserer stelle kann unter der 'Hercynia silva' nur eben dieser selbe gebirgszug nördlich des Mains und dessen fortsetzung nach osten hin (Thüringer Wald, Sudeten), oder ein teil dieses gebirgszuges verstanden sein. Müllenhoff DA n 268 versteht die 'Hercynia silva' an unsrer stelle in diesem allgemeinen sinne: er sagt, dass Tacitus (Germ. 28) sehr bestimmt behauptet, dass die Helvetier ehedem das südwestliche Deutschland diesseit des Rheins bis zum Main und hercynischen walde inne gehabt hätten, während die Bojer schon östlicher in Böhmen safsen'. also Tacitus hätte den Helvetiern das gebiet nördlich und östlich vom Rhein, südlich vom Main und vom hercynischen walde zugeschrieben. inhaltlich käme dies so ziemlich auf dasselbe hinaus, wie wenn man die 'Hercynia silva' als den Böhmerwald fasst: das den Helvetiern zugeschriebene gebiet ist gegenüber dem, was wir von Ptolemaeus lernen, und dem, was wir als wahrscheinlich bezeichnen können, offenbar viel zu grofs. und das gebiet der Bojer wird, im gegensatz zum genau bezeichneten gebiet der Helvetier, gar nicht genau definiert. eigentlich müste nun ulteriora' bei Müllenhoff das gebiet nördlich des hercynischen waldes bezeichnen, so dass, wie bei Baumstarks auffassung, nur die diesseitige, nicht die jenseitige grenze angegeben wäre; aber Müllenhoff tut gleich allen andern erklärern Tacitus den gefallen, das 'ulteriora' als 'östlicher zu verstehn in diesem falle wird überhaupt keine grenze der Bojer genannt.

Alle diese sachlichen bedenken und zugleich das von einigen philologen erhobene stilistische bedenken können mit einem schlage gehoben werden durch einsetzung éines wortes. während die von Ritter, Wölfflin und Prammer eingesetzten wörter, agros, quantum usw. oder cuncta, an der sache nichts änderten, kommt durch einsetzung des richtigen wortes erst der richtige sinn in den satz: dieses richtige wort ergibt sich aus Tacitus eignen worten als ergänzung mit notwendigkeit. das wort ulteriora bei den Bojern fordert nämlich zur ergänzung sein gegenstück bei den Helvetiern: keiner kann schwanken, welches wort dies sein muss, so dass ein hin- und herraten ausgeschlossen ist. zu lesen ist:

Igitur inter Hercyniam silvam Rhenumque et Moenum amnes (citeriora) Helvetii, ulteriora Boii, Gallica utraque gens, tenuere.

1) kommt so ein satz zu staude, an dem kein stilist anstofs nehmen kann. diejenigen philologen, welche bestimmt behaupteten, dass der satz, wie überliefert, Tacitus stil nicht entspreche, behalten recht. 2) vor allen dingen wird so erst der satz richtig. die Bojer sind nun nicht mehr jenseits des hercynischen waldes zu suchen und es ist nicht unbestimmt gelassen, wo. sondern zunächst wird das ganze gebiet der Helvetier und der Bojer umspannt: beide keltische völker zusammengefasst besafsen das gebiet 'inter Hercyniam silvam Rhenumque et Moenum amnes', di. ganz Oberdeutschland nördlich der Donau von Baden bis Böhmen, das gebiet nördlich und östlich vom Rhein, südlich vom Main, weiter im osten südlich vom hercynischen walde (den Sudeten und ihrer fortsetzung). und innerhalb dieses gebietes besafsen 'citeriora Helvetii, ulteriora Boii'. Tacitus gibt also nicht an, wo die grenze zwischen den beiden völkern war. indessen das gebiet der Helvetier konnte er darum als 'citeriora' bezeichnen, weil es zu seiner zeit zum römischen reiche gehörte: es waren die agri decumates zwischen dem Rhein zur einen, der rauhen Alb und dem limes (Germ. 29) zur andern seite. an die grenze des reichs, die vom limes gegeben war, muste bei Tacitus 'citeriora' der leser vor allen dingen denken. Tacitus weist also südlich vom Main den Helvetiern das gebiet diesseits des limes (des Trajanswalles vom Main bis zur rauhen Alb) zu, den Bojern aufser Böhmen auch noch das gebiet zwischen limes und Böhmerwald. mit dem ohne allen zweifel von Tacitus geschriebenen und von einem abschreiber ausgelassenen 'citeriora' entsprach also der satz wahrscheinlich möglichst genau den frühern tatsächlichen verhältnissen.

Frederiksberg (Kopenhagen).

HERMANN MÖLLER.

DER STRASSBURGER GÖNNER
KONRADS VON WÜRZBURG.

Seine dichtung von 'Otte mit dem barte' hat Konrad von Würzburg verfasst für einen herrn von Tiersberc zu Strafsburg in der guten stadt', wo dieser als 'probest ze dem tuome' (v. 755 f) die höchste würde des kapitels bekleidete. dem ersten herausgeber KAHahn wurde durch Strobel bereits ein canonicus Bertold von Tiersberg zum jahre 1247 nachgewiesen (s. 36), und Hahn

meinte, der domherr könne ja wol 'um 1260 oder auch etwas später' propst geworden sein. so naiv diese art der ansetzung war, sie hat beifall gefunden, und beispielsweise Pfeiffer Germ. 12, 28, Koberstein-Bartsch 1o 204, Lambel Erzählungen und schwänke s. 240 datieren den Otte daraufhin 'um 1260'. was wir über Konrads lebensgang und die reihenfolge seiner werke wissen oder vermuten, empfiehlt diese ungefähre zahl besser als Hahns einziger urkundlicher anhalt und tatsächlich hat Hahn gar nicht übel geraten, wie ich im folgenden an der hand des neuen Strafsburger urkundenbuches zeigen werde.

Unter den vielen hunderten von Strafsburger geistlichen, welche die register von Baltzer zu bd. I und von Schulte zu bd. ш bequem übersehen lassen, erscheint das geschlecht 'von Tiersberc' di. Diersburg (eine gute meile ssw. von Offenburg) würklich nur durch den einzigen Bertholdus de Thiersberc (Tiersperg, Diersberc)' vertreten, der in den jahren 1247, 1251 und 1259 je einmal als 'canonicus Argentinensis' dh. als domherr des münsters nachgewiesen ist (StUB 236,4. 271,34. 328,29). das amt des propstes am münster hatte seit 1252 Walther von Geroldseck inne, der im j. 1260 auf den bischofstuhl erhoben den Strafsburgern bald viel zu schaffen machte. wenn nun um die zeit von Walthers erhöhung der canonicus Berthold von Tiersberc aus den urkunden verschwindet, dafür aber seit 1261 ein Bertholdus prepositus' oder 'Bertholt der tumprobist von Strazburg' (1 464,30) auftaucht, so gibt uns die angabe Konrads, da sie nur in die sechziger oder allenfalls in den anfang der siebziger jahre fallen kann, die zuversicht, in ihm einen Diersburger zu erkennen. sein geschlecht war in der heimatlichen Ortenau dem der Geroldsecke benachbart und obendrein waren sie verwante: das friedensinstrument vom 30 juli 1266, mit welchem der durch das bellum Waltherianum' aufgerührte hader seinen endgiltigen abschluss findet und das ua. auch propst Berthold mit untersiegelt hat, nennt unter dem anhange des Walther von Geroldseck auch 'sins vetteren kint dez von Tiersberc' (1 464,10); der vater, 'dominus de Tiersberg, patruus episcopi', war in der schlacht von Hausbergen am 8 märz 1262 gefallen (MG. SS. xvii 111, 34).

Propst Berthold von Tiersberg war mithin der unmittelbare nachfolger Walthers von Geroldseck, und für Konrads dichtung ist mit dem jahre 1260 ein fester terminus ante quem non ge

geben. die zeit bischof Walthers freilich († 14 febr. 1263) wird man für den musen wenig günstig ansehen müssen. im sommer 1261 verliefs nahezu der gesamte clerus die stadt (MG. SS. XVII 105, 29 ff), in die er gewis nicht vor märz 1263 zurückkehrte. nicht ganz sicher lässt sich der mögliche endtermin bestimmen. 'Bertholdus prepositus' erscheint in urkunden der jahre 1261 (1 361,4), 1264 (1 417,33), 1266 (1 464,27), 1272 ( 17,8); seinen nachfolger Friedrich (von Lichtenberg?) finde ich zum ersten male 1277 ( 41,4), aber schon 1275, beim eintritt seiner tochter Junta in das kloster der reuerinnen (Maria Magdalena), wird 'Bertholdus prepositus' als verstorben bezeichnet ( 25, 35). nach dem register m 439 sollte man nun allerdings glauben, dass zwei pröpste des namens Berthold unterschieden werden müsten, denn zum j. 1269 ( 6,27) wird unsere obige belegreihe 1261-1272 (1275) unterbrochen durch einen 'R. prepositus': allein die betr. urkunde (nr. 19) ist nur in ältern drucken erhalten, die selbst wider blofs auf einer copie fufsen; einem dieser drucke (Herrgott) fehlt obendrein noch der 'R. prepositus', und der herausgeber bemerkt ausdrücklich, die richtige form der namen sei überhaupt aus den schlechten abdrücken nicht herzustellen. es wäre auch ein eigentümlicher zufall, wenn uns in rascher folge zwei pröpste des namens Berthold über ihre familie im unklaren liefsen, während wir über die geschlechtsnamen der vier nächsten vorgänger und aller nachfolger im amt unterrichtet sind.

So dürfen wir denn die entstehungszeit des Otte vorläufig fest umgrenzen durch die jahre 1260 und 1275 und von diesen beiden ist das von Hahn richtig geratene als ausgangsjahr auch jetzt noch das wichtigere.

Marburg i. H.

EDWARD SCHRÖDER.

GERMANISCHE ANLAUTREGELN.

Der umstand, dass die germ. ursprache ein system genau geregelter auslautgesetze entwickelt hat, beweist an sich noch nicht, dass sie auch den anlaut neu reguliert haben müste. aber eine ganze reihe von erwägungen machen dies doch von vornherein wahrscheinlich. bei metrischen untersuchungen wurde ich widerholt vor die frage gestellt, ob gewisse eigenheiten des versanlautes nicht auf allgemein sprachlicher basis ruhen. als ich dann einmal zu ganz anderen zwecken den germ. wurzelvorrat

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