Obrazy na stronie
PDF
ePub

Als ich im letzten sommer mit KEFranzos von Kissingen aus einen ausflug nach der Trimburg machte, versuchten wir festzustellen, ob noch kunde von dem jüdischen minnesänger fortlebe. ich muss es zu meiner schande gestehin, dass der schriftsteller und nicht der philolog die kleine forschungsfahrt vorschlug und durchführte. unser kutscher, eine alte frau, ein handwerker wusten nichts von einem jüdischen dichter; ebenso wenig die frau bürgermeisterin oder der herr lehrer. aber ein zweiter handwerker auf der kegelbahn erinnerte sich, seine magd, die tochter des alten Zoll, habe davon erzählt: 'dass er Süfskind geheifsen babe und ein dichter war, davon sei ihm nichts bewust; aber ein jud habe dort gewohnt; seitdem sei keiner mehr im ort'. wir pilgerten also zum alten Zoll (Trimberg, haus 52). der junge Zoll, ein schuhmacher, safs mit seinem kind am tisch: ja, hier habe der jüd gewohnt. er zeigte uns das haus; fast alles war ziemlich neu, aber der keller war alt; er hatte zwei holzgeschnitzte säulen. auch auf dem boden fand sich ein geschnitzter querbalken, mit apfelrechen behangen. ich fragte, ob er einmal eine inschrift gefunden hätte: ja, einen balken hatten sie einmal gefunden, auf dem 1797 stand. inzwischen war der vater, der 'alte Zoll', selbst herangekommen; der wuste mehr: Süfskind habe der jud geheifsen (wir hatten ihm den namen nicht genannt); mit denen auf der burg oben habe er es gehalten, sei ihr 'schmuser' gewesen, ihr 'beiläufer'; mit beiden worten schien er etwa einen. agenten zu meinen. von gedichten wuste auch er nichts. im alter sei es dem schlecht gegangen: seine kinder seien von ihm fortgelaufen und er habe nicht mehr viel gehabt. Franzos fragte, wann das etwa gewesen sei? nun, mehr als zweihundert jahr sei es her. woher er es wisse? der alte (wörtlich): 'durch erbsage'. ob manchmal danach gefragt würde? der alte: vor zwei jahren habe einer danach gefragt, ein doctor soll es gewesen sein. er (Zoll) habe auch von einem buch gehört, wo davon stünde, aber gelesen habe er es nicht.

Ich gebe den bericht genau, wie ich ihn am folgenden tage. aufgezeichnet habe. auf keinen fall scheint er mir uninteressant: den wenigen litterarhistorischen legenden, die wir besitzen, verdient vielleicht die tradition von dem verarmten 'beiläufer' der Trimburger burgherren beigefügt zu werden. natürlich würde die überlieferung fast allen wert verlieren, wenn sie erst neuer

dings in die leute hineingebracht wäre. mir scheint das aber nicht der fall zu sein. in den führern' von Kissingen fand ich keinen anhalt für Zolls erzählung; und wenn jüngst etwa jener doctor den inhalt in die erzähler hineingefragt hätte, wäre dann gerade das vergessen, dass Süfskind dichter war? und wer in die leute etwas hineininterpretiert hätte, würde darüber wol auch öffentlich berichtet haben. auch die vereinzelung der kunde scheint auf würkliche 'erbsage' zu deuten. dass diese zuletzt auf den einstigen bewohner des alten hauses zurückgienge, ist nicht undenkbar. aufserdem aber enthält die erzählung selbst beachtenswerte züge. dass ein jude den dorfbewohnern gleich in den beruf des vermittlers tritt, will nichts besagen, und ein zusammenhang mit der burg ist auch leicht dazu gefunden. aber die bestimmte aussage über Süfskinds trauriges alter lässt sich kaum a priori construieren. wäre sie noch mit jener nachricht, dass er der letzte jude im ort gewesen sei, in aetiologische beziehung gebracht! aber dazu ist nur mit den worten, die kinder seien von ihm fortgelaufen, der anfang gemacht. sonst aber stellt sich das volk einen juden als reich vor; sollte die abweichung auf historischen grund gehn?

Jedesfalls widerspricht bei Süfskind nichts dieser 'erbsage'. seine erste strophe deutet auf beziehungen zum adel, und in einer der letzten heifst es:

Wahebûf und Nihtenvint
tuot mir vil dicke leide:
her Bigenôt von Darbian
der ist mir vil gevære.

des weinent dicke miniu kint,

bos ist ir snabelweide.

Der einzige zug, der in Süfskinds gedichten einigermassen originell hervortritt, ist der starke hinweis auf den nahenden tod (MSH п 258, 3; 259, 7). vielleicht weist auch das auf ein einsames vergrämtes alter hin. und die fabel vom hungernden wolf deutet man doch wol am besten mit vdHagen auf den entschluss des armen sängers, mit den wölfen zu heulen, statt ûf der tôren vart zu singen. all diese einzelheiten passen zu des alten Zoll erzählung gut genug, um die möglichkeit zu lassen, dass würklich einst in dem hause Trimberg nr 52 'her Dünnehabe' dem judischen minnesänger ungemach geschafft habe.

Berlin, 12 nov. 1893.

RICHARD M. MEYER.

[blocks in formation]

Dieses verzeichnis findet sich eingetragen auf der leer gebliebenen zweiten spalte der rückseite des dritten folio der hs. 3406 der Wiener hofbibliothek, welche das Pantheon des Gotfrid von Viterbo enthält, nach Waitzens bezeichnung D3. die hand ist vielleicht die des Ulrich Sattner presbyter in Regensburg, der nach seiner eintragung auf dem deckel den codex 1469 von Heinrich Huebmer gekauft hat, jedesfalls aber dieselbe, die auf fol. 40 das verzeichnis der Salzburger erzbischöfe bis 1466, auf fol. 124 das der Regensburger bischöfe bis 1465 (Heinricus de Absperg) und auf fol. 170 das der bairischen herzöge bis 1335 nebst einzelnen notizen eingetragen hat, worunter die auf dem deckel von der enthauptung des Andreas Paumkirchner und Andreas Greifenegker im jahre 1471 bereits durch Waitz bemerkt ist. verschieden von dieser sind die eintragungen derjenigen 1 danach vō gestrichen.

schrift, welche auf dem deckel unterhalb der ersteren bemerkte, dass das buch im jahre 1472 vom abt von Mondsee dem genannten Ulrich Sattner abgekauft worden sei, und die dann auf fol. 40 den erzbischofskatalog bis zum jahre 1506 fortführt.

Ich zweifle sonach durchaus nicht daran, dass dieses namenverzeichnis vor dem jahre 1472, wahrscheinlich zwischen 1469 und 1472 niedergeschrieben wurde, obwol sich dem ein gewichtiges bedenken entgegenstellt. denn die namen gehören nach allem, was ich durch Hofstätter (Altdeutsche gedichte aus den zeiten der tafelrunde, Wien 1811), Spiller (Zs. 27, 158 ff. 262 ff), Hamburger (Zs. f. d. phil. 21, 404 ff) von diesem werke weifs, dem Buch der abenteuer von Ulrich Füetrer an, indem mir einige von ihnen (zb. Pärsiwein, Pottislier 2) überhaupt, andere in dieser form (zb. Tschionachtolander3) nur dort begegnet sind. die uns überlieferte fassung des grofsen werkes kann nun freilich nicht vor dem jahre 1473 gedichtet sein, aber es könnte eine ältere verlorene, etwa eine programmskizze, wie ESchröder meint, bestanden haben. trotzdem das namenverzeichnis mit einer spitzeren feder geschrieben ist als das erzbischofsverzeichnis, scheint mir doch der charakter der einzelnen buchstaben, vor allem der majuskeln (zb. der G und E des erstern mit denen auf der dritten seite des letztern) so übereinstimmend, dass ich eher zu dieser immerhin gewagten hypothese meine zuflucht nehmen, als an der identität der schreiber zweifeln wollte.

Bern, 20 juni 1893.

S. SINGER.

ZUR PREDIGTLITTERATUR.

1.

Bei einem meiner letzten besuche auf der Münchener staatsbibliothek übergab mir herr dr FKeinz einige aus büchereinbänden abgelöste hsliche predigtenfragmente zur näheren bestimmung, von denen das eine es trägt jetzt die signatur cgm 5250, 6' sich sofort als zu der von Kelle unter dem titel 'Speculum ecclesiae altdeutsch herausgegebenen predigtensammlung (A) gehörig erwies. es ist ein pergamentdoppelblatt, das die mitte einer lage ausmachte, von dessen erster hälfte die schere des buchbinders aber nur noch ein ob sämtliche darin vorkommen, kann ich nicht sagen, doch ist es wol möglich, ja wahrscheinlich.

2 dies allerdings auch in Füetrers prosaischem Lanzelot.

3 [doch siehe jetzt Tschynachtvlander in den jüngst veröffentlichten Münchner bruchstücken Zs. 37, 28.]

--

=

1,7 cm. breites stück übrig gelassen hat; das zweite blatt ist oben 14,3 cm., unten 14,6 cm. breit und 21,2 cm. hoch, doch hat auch hier die schere die drei unteren zeilen abgeschnitten, sodass von den ursprünglich 45 zeilen auf der zweispaltig geschriebenen seite nur 42 erhalten sind. das schön, mit altertümlichem ductus geschriebene fragment gehört sicher dem anfange des 13 jhs. an und reicht von Spec. eccl. 77, 21 oh (zehimele) bis 84, 29 rinder hirte, doch beginnt der fortlaufende text erst mit 81, 14 iemer mere, während vom vorhergehnden bl. 1a bietet in seiner jetzigen gestalt als letztes wort (a)ne 78, 14, bl. 1d als erstes (r)epn repente 80, 17, als letztes mic(hileme) 81, 12 — nur 1-5 buchstaben der zeileneingänge resp. -ausgänge bewahrt blieben. wie A im wesentlichen alemannisches sprachgepräge trägt (s. WSchaper Zur lautund flexionslehre des Spec. eccl. Hallenser diss. 1891), so auch unser fragment B. ich habe bei den folgenden variantenangaben die orthographischen abweichungen von A, insofern sie sich consequent durchgeführt finden, unberücksichtigt gelassen und schicke deshalb einige allgemeine bemerkungen voraus. in B sind mit einer ausnahme (82, 23) keine accente gesetzt. an stelle des häufigen i in vor-, ableitungs- und endungssilben in A ist in B sehr oft e getreten, doch bietet auch B gelegentlich i, wo A e zeigt, was dann angemerkt worden ist, doch mit ausnahme des häufigen gi-, bifür ge-, be- in A. für ei steht weitaus überwiegend ai. die schreibungen wv in A für wo vo begegnen in B nicht; für wr steht meist wur. im anlaut wechselt k mit ch: kunnen 81, 17. kumet 82, 26. chorunge 82, 28, im auslaut c mit ch: dinc 83, 3. dinch 82, 1. chreftich 84, 8. B schreibt consequent im auslaut h: oh, doh, durh, unsih, nah, mih. für heilic ist in seinen verschiedenen formen meist die abkürzung hail' angewandt. in dem falle, wo A durch B berichtigt wird, habe ich im folgenden die bessere lesart durch gesperrten druck hervorgehoben.

77, 22 herihornis

23 wr] fúr, doch war wol får beabsichtigt 31 sult 32 engile herschinin 78, 5 wrtin

[ocr errors]

80, 20 bredigotin 24 g.] gal 30 da im vergleich mit Kelles text der zeilenschluss gilo(bic) dem vorhergehnden des sel(bin) zu nahe steht, vermute ich, dass im fragment stand: wrtin driv tusint man gilõbic 31 getöffeit? 81, 2 gehugide 10 berge d' 11 do erschein 14 (bl 2) iemer m. zwi br. niuwes 15 zi sinem a. opherten wære daz de 16 egyptisches dienstes 17 gewizzenlich-buch 18 xpc]x-h're ist daz w. 19 sunde - uirtiliget 20 irloste hellischen sch. un hat 21f dem funfzigistem 22 slabte d. lambes 23 gigeben-irschain 24 grozem fiure uf einem 25 funfzigistem-h'ren 26 xpi - gigeben hail' 27 heiligin] zwelf einime h.] einem hohen 28 samt waren. Vzinan - ein in fehlt 29 gisuniclichen innerb. in ir herze erlühte er si gutis (so besserte schon Schönbach Zs. 24, 93) steht zweimal, das zweite mal ausgestrichen

21 heren

« PoprzedniaDalej »