identificierung des urnord. -o mit dem -au des got. conjunctivs durch eine neue hypothese (s. 20): 'im got. hat das schwache praeteritum in 2 person sg. die endung -(d)ēs. diese entspricht wahrscheinlich der aind. secundären endung in 2 ps. sg. med. -thās. also scheinen got. 1 und 3 ps. waurhta ihrem ursprung nach perf. med. zu sein, 2 ps. waurhtēs dagegen aor. med. aber in 2 ps. sg. hat das ahd. gewöhnlich die endung -ōs, zb. kesuahtoos in der Benedictinerregel. das lange o findet sich im alemann. auch in 1 und 3 ps. plur.: suohton, 'wir, sie suchten' (Kögel in der Zeitschr. f. gymn. 34, 407). Sievers vermutet (Beitr. 9, 562), dass dieser in den endungen des schwachen praeteritums auftretende wechsel von ē und ō von hause aus auf verschiedener stellung des haupttones beruht, und er hält -ō in den urnord. formen der 1 ps. worahto usw. für von hause aus identisch mit dem langen ō in ahd. formen der 2 ps. zb. kesuahtoos. Es scheint mir möglich, dass das urnordische einst in der 2 ps. nicht nur eine dem aisl. -er, -ir, got. -ēs entsprechende form gehabt hat, sondern auch eine form mit langem o wie in ahd. -os. danach könnte für die 1 ps. die form *-ōn später -ō (wie in worahto usw. vorliegt) gebildet sein, wie man im ahd. teilweise das lange o aus der 2 ps. sg. in pluralformen übertragen hat und wie man im griechischen nach JWackernagel (Kuhns zs. 30, 307) nach 2 ps. -θης im aorist (= aind. -thās) 1 ps. -θην gebildet hat. der vocal ō in worahto würde nach dieser erklärung ursprünglich dem aor. med. angehören, während das -a der endung in got. waurhta ursprünglich dem perf. med. angehört hat'. Dass die berufung auf Sievers darlegungen Beitr. 9, 561 ff hierher passt wie die faust aufs auge, wird sich jeder selber sagen, der die stelle nachschlägt. auch die kühnheit der hypothese springt wol ohne weiteres ins auge. was aber leichter übersehen werden könnte, ist, dass diese hypothese sich selber überflüssig macht, dass sie dies aber, genau genommen, gar nicht zu tun brauchte. so, wie sie vorliegt, setzt sie ja für jene aschgraue vorzeit der nordischen sprache, wo man noch nicht flectierte: 1 ps. *worhtōn 1, 2 ps. *worhtōs, sondern hatte: 1 sg. perf. 1 ich behalte dieses, auf jeden fall anachronistische, -n der bequemlichkeit halber bei und schreibe demgemäss in der 2 ps. -s. auch im übrigen kommt es mir hier keineswegs auf genaue reconstructionen an. *workai (resp. *worhtai), 2 sg. aor. * worhtōs, als unentbehrliches erfordernis ein paradigma voraus, in welchem die 1 ps. sg. bereits auf -n, die 2 ps. sg. auf -s ausging; denn die 1 ps. * worhton, auf die die hypothese hinausläuft, kann doch weder aus *workai (resp. * worhtai) noch aus irgend einer andern 1 ps. aufser aus einer auf -n ohne das muster einer auf -n gebildet sein. waren nun aber im voraus schon oder noch 1 pss. auf -n (= idg. -m) vorhanden, so ist schwer abzusehn, warum darunter nicht solche auf -ōn gewesen sein sollten; und waren solche auf -ōn darunter, dann brauchen wir das ō nicht aus der 2 ps. herzuholen; von einem *kunōn *kunpēs aus lässt sich durch verschleppung des p zu einem *kunpōn - *kunpēs gelangen. dagegen hätte die hypothese, wenn auch nicht hand und fufs, so doch eines von beiden, verlegte Bugge die neubildung der 1 ps. dicht vor die zeit, aus der unsere inschriften stammen: ahd. worhta 1 ps., nach Collitz-Bugge = urnord. *worahte ahd. worhtos 2 ps., mutatis mutandis urnord. * worahtōr; daraus, mit ersetzung des -ē der 1 ps. durch das ō der 2 ps., 1 ps. worahtō worahto auf dem Tunesteine. was Bugge verhindert hat, sich die sache so leicht zu machen, lässt sich erraten: das bedenken, dass dicht vor der zeit unserer inschriften die 2 sg. praet. doch wol nirgend mehr auf -ōr ausgegangen sein werde, andererseits aber ein viel früher in die 1 ps. übertragenes nacktes -ō bereits auf dem Tunesteine-u, und bald danach gar nicht mehr geschrieben sein würde. indes ist bisher dieser entwicklungsgang nur für geradezu urgermanisch auslautendes -ō bezeugt, und was das erste bedenken anlangt, so ist es beinah ebenso unwahrscheinlich, dass eine urnordische 2 ps. sg. praet. aufer, wie dass eine auf -or in runen zu tage kommen werde. sobald aber eine, und zwar sichere, auf -or zu tage kommt, bin ich überzeugt. = = Von den ausstellungen, welche B. an der Wimmerschen zeichnung der dohtrir-inschrift zu machen hat, sind die erheblichsten die, dass der abstand der rune b von der obern kante des steines etwas zu gross (s. 25, anm. 2) und die auf das p folgende rune nicht genau widergegeben ist (s. 38, anm. 1), was beides die photographien bestätigen. Die bisher vorherschende lesung dieser inschrift war bekanntlich: unten arbirzasirgosterarbirzano (rechtsläufig) oben Aber Vigfusson (Corp. poet. bor. 1 436, 572f) hatte mehrere runen anders gelesen, namentlich br statt þu und durchweg j statt 13. und diesen beiden Vigfussonschen lesungen 1 schliefst sich B. mit aller entschiedenheit an, während er die übrigen neuerungen Vigfussons, die in der tat keiner widerlegung bedürfen, kurzweg verwirft. 'die zweite rune in der mittelreihe', sagt B. s. 38, '... ist auf dem steine unglücklich eingehauen und ist sowol von den r-runen wie von den u-runen, die sich sonst auf derselben seite finden, wesentlich verschieden. der seitenstrich biegt sich zuerst nach unten, aber geht dann auswärts nach links. dieser seitenstrich, der auswärts nach links geht, ist in seinem ersten teile ebenso tief und glatt wie der seitenstrich im übrigen, und der macht es notwendig, die rune als r, nicht als u zu lesen. der letzte teil des seitenstriches, durch den dieser mit der folgenden rune i verbunden ist, ist dagegen weniger glatt und tief, und der muss als zufällig angesehen werden'. Auf B.s photographien sieht das auf þ folgende am ehesten aus wie (linksläufiges) is. da jedoch alle, welche den stein selber gesehen haben, mit B. wenigstens darin übereinzustimmen scheinen, dass sie nicht is, sondern statt dessen nur eine rune lesen, ja die lesung is weder als undenkbar noch als ev. denkbar überhaupt nur erwähnen, so muss sie wol unmöglich sein: um so sicherer, je näher sie - wenn die züge des originals sie irgend zuliefsen - deshalb läge, weil ihr s zusammen mit den 3 folgenden runen ja einen complex ergäbe, der sich mit rune 7-10 der linken zeile deckte. Während sich B. zu der lesung or statt bu schon aus rein graphischen gründen gezwungen sieht - so dass es ihm eigentlich nicht der mühe wert sein sollte, noch sprachliche einwände (s. 30 f) gegen die lesung þu zu machen -, entscheidet er sich für die lesung j statt 13 eingestandenermafsen ausschliefslich aus gründen der interpretation, indem er unumwunden zugesteht (s. 37), dass das fragliche zeichen wesentlich dasselbe sei wie das 7-zeichen anderer inschriften und sonst bisher nirgends j bedeute. und aus 1 Bugges vermutung (s. 43), dass ich diese lesungen 1884 noch nicht kannte, ist richtig. gründen der nämlichen art gelangt er, und zwar vor unsern augen zwischen dem 13 juni und 1 juli 1891 - zu der überzeugung, dass die rechte oder die rechte und die mittlere zeile der inschrift oben unvollständig sei, das denkmal also, wie auf der wiwarseite, so auch auf dieser seite etwas von seiner ursprünglichen höhe eingebüfst habe (s. 33), was er vorher (s. 25) aus innern wie äufsern gründen unwahrscheinlich, wenn auch keineswegs den äufsern indicien nach undenkbar gefunden. Die auffassung des zeichens <> als einer form der j-rune schliefst die zwar sehr überraschende, aber nicht von vorne herein unzulässige voraussetzung in sich, dass dem verfertiger unserer inschrift die n-rune entweder nur in hiervon verschiedener gestalt oder aber als lautzeichen überhaupt ebensowenig geläufig gewesen sei wie dem Wakrar von Reidstad. Alle anläufe, welche von den 3 voraussetzungen ausgingen: den lesungen bu und 13 und der annahme, dass unsere inschrift abgesehen von dem untersten teile der rechten zeile vollständig sei, haben zu keiner einwandfreien gesamterklärung geführt. Bugge list: oben [afte]R woduride; staina: (linksläufig) unten nimmt an, dass in der rechten zeile hinter staina: oder aber teils hier, teils in der mittleren vor þrijor, oder endlich beide zeilen verbindend noch eine 3 ps. pl. mit etwa der bedeutung 'setzten', 'errichteten' oder 'beschrieben'1, oder auch mehrere wörter, zb. noch ein wort mit der bedeutung 'auch', auf einem längst abgebrochenen und verlorengegangenen teile des steines gestanden, und übersetzt: 'efter Vodurid [mærkede] tre døtre stenen, de nærmest beslægtede af arvingerne delte arven'. d. i.: 'nach (= nach dem tode des) Vodurid (beschrieben] den stein drei töchter, die nächstverwanten unter den erben teilten das erbe'. Da 'teilten' so viel besagen soll wie 'teilten unter sich', so erinnert der satz 'die nächstverwanten unter den erben teilten 1 ich meine mit dieser übersetzung des Buggeschen 'mærkede' selbstverständlich: inscripserunt. 2 Läffler (Uppsalastudier s. 5 anm. 1) giebt 'setzten' den vorzug vor 'beschrieben': "märkt' stenen, d. v. s. skrivit runorna, hade ju Wiwar'. vgl. hierselbst s. 165 anm. 2. das erbe' in logischer hinsicht einigermassen an solche sätze wie 'ich bin der älteste meiner brüder' oder es ist ein glück für deine kinder, dass du keine hast'. gewis ist es nicht unlogisch, zu sagen: 'unter den und den umständen soll der und der erbe nichts erben', oder auch: '... sollen alle erben nichts erben'; aber nach geschehener teilung jemand, der nichts abbekommen hat, noch mit unter die erben zu rechnen, um dann diejenigen, die tatsächlich geerbt haben, geflissentlich als nur einen bruchteil der erben zu kennzeichnen, kommt mir sonderbar vor. zum mindesten muss, wer das tut, mit seinen gedanken noch tief in der situation, die vor der teilung herschte, befangen sein; denn 'der erbe' bedeutet und bedeutete auch ursprünglich - nicht soviel wie der 'verwaiste', sondern das erbe' ist es, wonach er in allen germ. sprachen benannt ist; vgl. Sievers in den Beitr. 12, 174 ff. Bugge scheint in jenem ausdrucke nichts auffälliges zu finden 1. er erwägt nur (s. 36), ob die 'drei töchter' in den 'nächstverwanten unter den erben' mitinbegriffen seien, und hält wegen der unverbundenheit der beiden aussagen (a) 'drei töchter [beschrieben] den stein', (b) 'die nächstverwanten unter den erben teilten das erbe' für das wahrscheinlichste, dass sie das nicht seien, oder vielmehr genau genommen - für das wahrscheinlichste, dass sie überhaupt in den 'erben' nicht mitinbegriffen seien. für ihre nichtzugehörigkeit zu den 'erben' überhaupt findet sich aber wenn wir annehmen, dass söhne näherverwante erben waren, als töchter waren, in B.s übersetzung kein anhalt. anders in der aus dieser erwachsenen Läfflerschen (Uppsalastudier tillegnade Sophus Bugge, Uppsala 1892, s. 1 ff). Läffler übersetzt: 'die nächstverwanten unter den männlichen erben teilten das erbe'. er meint nämlich, dass die nächstverwanten erben das erbe teilten', sei ja das normale gewesen, unser satz müsse mehr als solche trivialität enthalten; die absicht sei gewesen, 'anzugeben, dass in diesem falle der ältere rechtsbrauch, welcher die töchter vom erbe ausschloss, befolgt sei. dies widerum setzt voraus, dass damals die neue erbordnung, welche den töchtern zu erben gestattete, sich geltend zu machen angefangen, aber die ältere noch nicht verdrängt hatte, dass also damals ein über 1 belege für diese ausdrucksweise wären mir jedesfalls erwünschter, als für die ausdrucksweise 'ich N. N.', deren ehrwürdigkeit wol seit 40 jahren kein vernünftiger mehr bestritten hat. |