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XI ZWEI TOTGEBORNE DICHTER VON GLEICHER ABSTAMMUNG.*

In Ph Wackernagels Kirchenlied I nr 523 steht ein lied: St. Johannis gesichte. in dessen str. 5, 21 sah Adelung das wort 'körewein' für den namen des dichters an. Wackernagel änderte es nach einer handschriftlichen bemerkung JGrimms in köre nein, wobei Grimm wol an die neun chöre der engel dachte. dafür ist aber gerade an dieser stelle kein platz: körewein ist vielmehr, wie das darauf folgende serafein zeigt, als 'cherubim' aufzufassen.

An einer andern stelle hat dasselbe wort den gleichen irrtum erzeugt. in den Meisterliedern der Kolmarer hs. beschreibt Bartsch auch den inhalt des Cgm. 351. auf s. 135 erwähnt er ein daselbst f. 243 stehndes dreistrophiges lied mit der angabe: in der letzten strophe nennt sich Ketowein' als verfasser. es steht aber kero wein im reim auf serafein, und der mit obiger strophe fast gleiche inhalt lässt keinen zweifel darüber bestehn, dass auch hier die 'cherubim' gemeint sind. (vielleicht ist an dem zweiten misverständnis der bei Keller Fastnachtspiele ш s. 1416 erscheinende bruder Kuttewein mitschuldig.)

Ebenso spukt dieser dichter noch in der Dresdener hs. M 13, im Katalog s. 427.

XII ZU MUSKATBLÜTS MÜHLENLIED (Groote nr 29) v. 1.

Der erste vers dieses liedes, in der Trierer hs. und bei Groote:
Ich růwet und wül na eyner mül,

in Cgm. 811 f. 60 und Basler hs. O iv 28 f. 26

Ich rewt und wül nach einer mul

hat schon manches bedenken veranlasst. Groote erklärt: 'ich ruhte und verweilte nahe bei einer mühle'; Puls (diss. s. 19) fragt, ob 'ich ritt und reiste', oder ich reite und will' nach einer mühle. Ich denke, dass wül aufser zweifel bleibt und rewt zu dem früher in bayrischer mundart sehr gebräuchlichen und auch jetzt noch nicht ausgestorbenen raiten rechnen gehöre und der sinn also ist: 'ich rechne (erwäge) und wühle (grüble) über eine mühle'. über das wort selbst vgl. Schmeller 2 170 ff, wo su dem susammensetzungen zu ergänzen wäre, dass in Bayern im vorigen jahrhundert das einmaleins der kinder mit dem (gedruckten) titel 'Raitknecht' vorkam.

=

* [der hr verf. hat übersehen, dass ich die dichter Körewein und Ketowein bereits in meinem Reinmar von Zweter s. 164 mit handschriftlicher gewähr aus der welt geschafft hatte. Roathe.]

XIII SCHERZHAFTE AUFZÄHLUNG VON MEISTERTÖNEN.
In der Abentheuerweis H. F(olzen).

Der in den Sitzungsberichten der k. b. akademie d. w., phil.hist. cl. 1893 8. 168 ff beschriebene Clm. 5102 enthält f. 164 das folgende launige lied des fruchtbaren Augsburger meistersingers maler Daniel Holzmann, dessen grössere werke ich in meiner schrift: Ein verzeichnis der Augsb. meistersinger des 16 jhs., München 1893, aufgezählt habe. im abdruck sind die regellos und gerade bei substantiven nur spärlich verwendeten grossen anfangsbuchstaben beseitigt worden.

Die darin erwähnten namenlosen töne sind von folgenden meistern: 'schrotweise' von Mart. Schrott von Augsburg, 'schlagweise' von LNunnenpeck, lieber ton' von Casp. Singer von Eger, 'verkerter ton' von Mich. Beheim, 'zugweis' von Frauenlob, 'blosser ton' von Mich. Herwert, 'gefangener' und 'verborgener ton' unsicher*. Eins mals ein gueter freund mich fragt, das ich im vnbeschwerlich sagt, ob auch der singer weiber schön zu zeiten sungen maysters thön.

5 ich antwort im: es ist nit lang,
das mir mein weib gar selczam sang.
er sprach: bericht mich des mit vleifs!
ich sprach: des Sachsen morgen weifs
sang ich an einem morgen frue;

10 mein weib stimmet mir zimlich zue.

wir arbeyteten, wie ich sag,

etwan zwue stund nach mittem tag.
darnach gieng ich spaczieren aus,
kam ungefar in ein wirts haus,
15 meine gsellen safsen beym tisch,
zu ihnen seczt ich mich gancz frisch,
des Vogels glasweis sangen wir,
sein reben weis auch mit begir,
wir sangen auch zue gleicher mafs
20 zuehand des Neidharts langen frafs.
Die schrotweis sangen wir der zeit,
des Haiden kelber weis bereit
sangen wir artlich und geziert;

gegen dem abent kam der wirt,

* [der gefangene ton v. 57 ist jedesfalls der so betitelte ton Hans Vogels, der ja v. 56 genannt wird; einen vielbenutzten verborgnen ton hat Fritz Zorn verfasst. R.]

25 sang uns des Sachsen gulden thon,
den kundt unser keiner verston;

sein reben weis* auch inn der still,
den kundten under uns nit vil.

ich war der erst der heim warcz gieng;
30 mein weib mit singen mich empfieng
inn thönen, wie ich aller sach

euch ieczt vermelden will hernach.
als ich gieng inn die stuben ein,
sang ich den frischen Vogel fein;
35 mein weib hinder dem ofen safs,

des Vogels saur weis singen was.
die suefs weis begert ich von ir,
sie sang den langen Marner mir.
darunder menget sie mit fleifs
40 des Nunenbeckhen zeher weifs.
Den verwirtten Vogel ich sang,
in irem haar verwirtt mich lang,
den roten Zwinger ich bericht
sang starckh under ir angesicht,
45 den plawen Regenbogen auch
under ir angsicht lend vnd bauch.
als ich den lieben thon begert,
sang sie mir ein haist der verkert,
den plofsen thon auch an der stet
50 das hinder theil mir weisen thet.

da sang ich die schlag weis mit graufs,
sangs inn der zugweis durch das haufs.
sie sang des Wilden flucht weis balt,
des Lochners clag weis der gestalt
55 vor dem richter, der mir unlind

den strengen Vogel sang geschwind.
der gefangen thon kam aufs der sach
des Folczen ketten weifs hienach,
den verborgen thon sang ich lang
60 das kam aus meines weibs gesang.

d. D. H. (= dichts Daniel Holzmann).

* [es muss statt 'rebenweis' wol 'silberweis' heifsen; HSachs hat keine ebenweise verfasst, und auch der sinn empfiehlt die änderung. R.] München.

F. KEINZ.

DIE INSCHRIFTEN DES STEINS VON TUNE.

ZU BUGGES NEUER INTERPRETATION.

Die sammlung der in älteren runen abgefassten inschriften Norwegens, welche Bugge mit ausführlichen erläuterungen herausgibt, ist mir zur kritischen besprechung im Anzeiger anvertraut worden. das erste heft behandelt hauptsächlich den stein von Tune und hat mich zu einer nachprüfung vieler mit diesem denkmal zusammenhängender fragen veranlasst, die ich auf vorschlag der redaction meiner anzeige der gesamtpublication voraussende.

Das original befindet sich seit 1857 in der universitätssammlung für nordische altertümer zu Christiania und ist für die herausgabe im 1 heft von Norges indskrifter med de ældre runer (Christiania, 1891) von ORygh und dem herausgeber Bugge aufs neue untersucht worden. neu sind auch zwei von verschiedenen standpuncten aus aufgenommene photographien (in lichtdruck), die in ungleichem mafsstabe ein kleineres und ein gröfseres stück des obersten teiles der dohtria - seite des steines darstellen. die zeichnungen beider inschriftseiten dagegen, sowie die der inschriften an sich, die B. mitteilt, sind von Wimmer entlehnt, und B. citiert die empfehlung, mit der sie W. in seiner Runenschrift s. 152 einführt, aber schon in der wiwaR - inschrift, die ja in viel gröfseren dimensionen und regelmäfsiger eingehauen und besser erhalten ist, als die inschrift der andern seite, constatiert er hinter dem worte after einen deutlichen punct, der in der hier benutzten zeichnung zu einer ritze gemacht ist' (s. 6), der angebracht sein muss, nachdem die ihn umgebenden runen geschrieben waren', weil sonst der abstand zwischen ihnen gröfser geworden wäre, als er ist (s. 25), und über welchem möglicherweise noch ein zweiter punct eingehauen gewesen. im übrigen list B. diese seite genau so wie früher, also:

oben

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dewitadahalaiban: worahto : r[unoR] 1 (linksläufig)

unten

1 Wimmer Runenschr. s. 152 stellt den schluss der inschrift durch [:runoR] dar. beide darstellungen sind hinsichtlich des interpunctionszeichens gleich unzulänglich, da der obere punct erhalten, der untere durch den bruch des steines verschwunden ist. im übrigen aber verdient Wimmers den vorzug, da der erhaltene rest des auf den punct folgenden zeichens keineswegs eine r-rune sichert, sondern auch ergänzung zu andern runen, zb. zu einer w-rune, gestattet.

Z. F. D. A. XXXVIII. N. F. XXVI.

11

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aber jener punct bestärkt ihn wesentlich darin, das syntaktische verhältnis der worte after und woduride etwas anders zu empfinden, nämlich nicht als: nach (nach dem tode des) W., sondern als: hinterdrein (nach dessen tode) für W. (s. 23), also after als adverb, nicht als proklitische praeposition, und woduride, womit es logisch zusammengehört' (s. 29), rein dativisch. den anstofs zu dieser auffassung die ihn im Arkiv 8, 16 sogar kurzweg sagen lässt: 'worahto r[unoR] auf dem Tunestein... ist verbunden mit einem dativ eines personennamens' hat freilich etwas anderes gegeben, das vermeintliche metrum der inschrift:

ek Wiwar after
Wōduride

wĭtādă-hlardăn

worhtō rūnōr.

dass in dieser 'metrischen widergabe' die svarabhaktivocale fortgelassen sind, begründet B. sehr bündig: 'das erste a in halaiban bildet keine eigene silbe. ebenso wenig das a in worahto' (s. 23, vgl. auch s. 16). er muss also annehmen, entweder, dass die orthographische redaction der inschrift von einer andern person herrühre als ihr wortlaut, oder, dass der verfasser eine traditionelle orthographie befolgt habe, die seiner eigenen aussprache nicht durchweg adaequat gewesen. im übrigen list B. das i in Wiwar etwas entschiedener, als es die 'metrische widergabe' erkennen lässt, lang und deshalb ek als auftakt, lässt after die zweite hebung tragen und verschleift wita-.

Als gründe für die vermutung, dass die inschrift würkliche verse enthalte, führt B. an, dass 'von den in der inschrift vorkommenden 4 substantiven 3 mit w beginnen, wie die verbalform worahto, die vor das vierte substantiv gestellt', und dass 'soviel wir bei einer sprache, von der so wenig übrig ist, beurteilen können, die zusammensetzung witada-halaiban nicht der einfachste ausdruck für den begriff, den sie ausdrückt, zu sein, sondern dem höheren stile anzugehören und gerade deshalb gewählt zu sein scheint, weil sie mit w beginnt'. - als stütze endlich für jene vermutung führt er die inschrift der Torsbjærger zwinge und den aufang der Stentofta - inschrift an. ob diese poetisch oder prosaisch sind, sind zwei fragen für sich.

Dass vier der erhaltenen worte unserer inschrift mit w an

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