gangene Jahr einige Zeit in Dresden zugebracht und auf der Gallerie zwei Gemälde nach Nuysdael und Potter copirt hat, zieht jekt wieder dahin, um das Studium der Landschaftsmalerey weiter fortzusehen und ich nehme mir die Freiheit denselben Ew. Wohlgeb. zu empfehlen, damit er seine Absicht desto sicherer erreiche. Er hat sich durch Fleiß und natürlich gute Anlage bereits eine hübsche Fertigkeit im Zeichnen und Malen erworben, und so möchte es angemessen sein für ihn, sich nun den künftigen Sommer an irgend einem bedeutenden Bilde zu versuchen. Ruysdael oder Berghem scheinen mir diejenigen Meister, welche der Neigung unsers jungen Künstlers am besten zusagen und an denen sich auch sein Talent am fördersamsten entwickeln dürfte; Ruysdael wegen dem Gehalt und der Anmuth seiner Erfindung, schöner Wirkung und Uebereinstimmung des Ganzen, Berghem vorzüglich wegen dem vortrefflichen Vieh, womit er zu staffiren pflegt, wegen der Heiterkeit in den Farbentönen, und weil sich auch in seinen Entwürfen zuweilen eine poetische Großartigkeit findet. Zwar wollte ich überhaupt weder wegen der Wahl eines Gemäldes etwas bestimmen, noch den Meister ausschließlich nennen, an den sich Preller halten soll, man wird sich in beiden nach den obwaltenden Umständen richten müssen; aber ich wollte Ew. Wohlgeb. freundlichst ersuchen, besagtem jungen Menschen mit Ihrem Rath und Ihrer Kunsterfahrenheit bei der Wahl eines zu copirenden Gemäldes an die Hand zu gehen, wie auch denselben auf der Gallerie durch Ihre vielgeltende Fürsprache zu begünstigen. Der ich in Hoffnung: daß sowohl Gemälde als Manuscript glücklich angekommen, mich bestens empfehle und mit aufrichtiger Hochachtung unterzeichne Weimar, d. 25. April 1822. ergebenst I. W. v. Göthe. Ew. Wohlgeboren erhalten abermals durch einen geschickten Künstler das Gegenwärtige, der auf alle Weise verdient von Ihnen gekannt zu sein. Es ist Herr Professor Kolbe von Bonn, den sich lange in Paris aufgehalten hat und schon seit der Weimarischen Kunstausstellungen mit mir in Verbindung steht. Das eigne Talent wird er_legitimiren, auch seine und unsere Freude an Ihren Landschaften aussprechen. Es steht darüber ein Aufsak, für Kunst und Alterthum bestimmt, schon auf dem Papiere. Verschiebt sich der Druck, so sende eine Abschrift. Noch vor meiner Abreise nach Böhmen hoffe das 1. Heft Morphologie zu überschicken, mit herzlichen Dank, daß Sie solches durch Ihre Anzeige haben schmücken wollen. Das Bonner osteologische Werk habe nicht gesehen. Können sich doch die Menschen über viel leichtere Dinge nicht vereinigen, was werden sie diesem Problem noch alles für Auslegung suchen. Ich meinerseits, glaube bei der Ihrigen acquiesciren zu können. D'Alton's Faul- und Fettthiere, sind jekt mein tägliches Studium, er bringt gar vieles den Augen und dem Geist entgegen. Möge Ihnen alles unternommene gelingen, vielleicht senden Sie mir Tafeln und Aushängebogen, wie sie mittheilbar werden, damit ich nicht allzulange warten darf. Mit den besten Wünschen Weimar, d. 8. Juny 1822. treulich theilnehmend I. W. v. Göthe. Im folgenden Jahre empfing ich mit dem nachstehenden Briefe die Sendung des 1. Heftes vom 4. Bande von ,,Kunst und Alterthum," allwo S. 48 u. f. vier meiner Bilder etwas ausführlicher besprochen werden. Merkwürdig war mir, daß in diesem Briefe Göthe zum erstenmale seines Befindens erwähnte, denn obwohl er hier noch zufrieden sich darüber ausspricht, war ihm doch schon eine schwere Krankheit nahe, von welcher er sich erst Ende März erholen konnte. Beykommendes neustes Heft von Kunst und Alter= thum fordert mich auf, auch wieder einmal an Ew. Wohlgeb. Wort und Gruß gelangen zu lassen; da ich denn zuvörderst den Wunsch ausspreche, daß die Gedanken der Weimarischen Kunstfreunde über die höchst schäßbaren Bilder auch Ihr eigenes Gefühl ansprechen mögen. : Hinzufüge eine Anfrage, der ich den zweiten Wunsch beygeselle: möchten Sie mir für das nächste Heft morphologischen Inhalts nur irgend einen kleinen Beytrag geben? meinen Zwecken gemäß die Ihnen genugsam bekannt sind. Vielleicht sagen Sie etwas über Ihr neustes Werk, welchem wir zu Ostern entgegensehen. Wenn es auch nur wenige Blätter sind so wäre es mir angenehm als ein Zeugniß theilnehmenden, wechselseitigen Verhält= nisses; ich habe noch einige Freunde um die gleiche Ge= fälligkeit ersucht. Möge nach der strengen Kälte die milde Witterung auch Ihnen zu gute kommen und das bevorstehende Frühjahr in den herrlichen Dresdner Gegenden Ihnen vollkommen genußreich werden. Mein Befinden ist von der Art, daß ich die vergangenen drey Monate zu manchen Arbeiten und Vorarbeiten, ununterbrochen benuken konnte. Mit den aufrichtigsten Wünschen Weimar, d. 31. Januar 1823. ergebenst I. W. v. Göthe. Mit einem der folgenden Briefe erhielt ich einen kleinen, nett eingerichteten Apparat zur Farbenlehre. Wie ich oben erzählte hatten wir gemeinschaftlich bei meiner Anwesenheit in Weimar einige jener gemalten Carlsbader Trinkgläser betrachtet, auf welchen sich manche Urphänomene der Farbenbildung, insofern sie durchscheinende Farben betrafen, prächtig herausstellten. - So erinnere ich mich eines Glases, auf welchem die eingebrannte Malerei einer zusammengerollten Schlange sich befand. - Sah man sie an dem frei in hellem Lichte stehenden Glase, so erschien die Schlange gelb, legte man hingegen ein schwarzes Papier in das Glas und betrachtete das Bild bei von vorn auffallendem Lichte, so glänzte es im prächtigen Ultramarinblau, während ein schief einfallendes Licht sogleich diese Farbe in angenehmes Papageygrün verwandelte. Diesen Vorgang der Farbenentstehung bei durchscheinendem Lichte hatte nun Göthe eigentlich zuerst genauer verfolgt. Ihm war es ganz klar - geworden, daß eine Farbe, die uns tausendfältig entzückt und beglückt, nämlich das reine Himmelblau, nur dadurch. entstehe, daß wir das tiefe Dunkel des unendlichen Weltraums durch die erleuchtete Trübe einer vom Sonnenlicht durchdrungenen Atmosphäre hindurchscheinen sehen; eben so wie andererseits die rothe Gluth der untergehenden Sonne nur dadurch zu Stande kommt, daß eine absolute Helligkeit, wie die der Sonne, durch das davor sich stellende Trübe der irdischen Atmosphäre gemildert und gefärbt wird. Wie gesagt, diese Art der Farbenbildung hatte sich dem tiefsinnigen Geiste Göthe's zuerst recht klar erschlossen und sie wurde durch kleine Apparate wie der, den er mir sendete, wo sich unter gespannten Fäden kleine trübgelblich durchscheinend gebrannte Glastäfelchen bald auf schwarzem, bald auf weißem Felde hin und herschieben lassen, trefflich erläutert. Will man Göthe's Farbentheorie eine Unvollkommenheit nachweisen, so ist sie nur darin zu suchen, daß ihm nicht aufgegangen war, es gebe außer der Farbenbildung auf dem Wege des durchscheinenden Lichtes, welche er eigentlich allein gelten ließ, auch noch eine Farbenbildung durch Lichtbrechung (so entsteht die Farbenpracht des Regenbogens und das Farbenspiel des Diamants) und eine Farbenbildung durch Spiegelung (wohin sämmtliche Pigmentfarben zu zählen find). Für die Farbenentstehung, oder Chroagenesie, wie Göthe sagt, ist nun jener kleine mir gesendete Apparat ein allerliebster Wegweiser, und vielfältige Versuche mit demselben haben seitdem gar oft Freunden und Bekannten das Phänomen der Farbenentstehung im Durchscheinen erläutert. Dabei muß ich aber noch gedenken, daß auch in der Art und Weise wie Göthe selbst dergleichen Kleinigkei |