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Die Annehmlichkeiten des Lebens behaglich zu geniessen stand nach der Auffassung der höfischen Gesellschaft einem edlen, „zu Schildesamt gebornen" Manne durchaus nicht an. Erst wenn er durch Muth und Tapferkeit sich im Kriege oder bei den öffentlichen Waffenübungen ausgezeichnet, sich Ruhm und Anerkennung erworben hatte, erst dann durfte er sich eine Erholung gönnen. Aber auch nur für kurze Frist war es ihm gestattet, sich der Genüsse, welche das Leben der damaligen Zeit zu bieten hatte, zu erfreuen; aus den Armen der Geliebten, der jungen Gattin musste er sich losreissen, hinaus zum Kampfe eilen, seinen Waffenruhm erhalten, wenn möglich mehren. Unthätig, froh der errungenen Erfolge, der Ruhe zu pflegen, sich zu verligen", wurde dem Ritter von Männern wie von Frauen verdacht'). Der echte Mann musste wie seine Vorbilder, die Helden von der Tafelrunde, seine Geliebte im Stiche lassen, sobald ein Turnier, ein Kriegszug ihm Gelegenheit bot, sich auf dem Felde der Ehre neuen Ruhm zu erwerben 2); dass ein so verdienter Ritter wie Erec nach seiner Vermählung mit Énite in seinem Liebesglück vergisst durch Waffenthaten seinen Ruf aufrecht zu erhalten, das zieht ihm die Verachtung seiner Untergebenen zu 3). Wer am Waffenhandwerk überhaupt kein Gefallen

1) Iwein 2787: Geselle, behüetet daz enzît, Daz ir iht in ir schulden sît, Die des werdent gezigen, Daz sî sich durch ir wîp verligen. Kêrt ez niht al an ein gemach; Als dem hern Éreke geschach, Der sich ouch alsô manegen tac Durch vrouwen Ênîten verlac.

2) Vgl. Parz. 54, 17 ff.; 101, 25; 223, 15. Wigal. p. 31, 29 ff. Herrand von Wildonie, diu getriu kone (ed. Kummer) 67: Nu kam ez nâch gewonheit, Daz dem ritter wart geseit Von einem urlouge grôz; Dar fuor vil manic sîn genôz Dar fuor ouch er durch sînen muot Und tet ez dâ sô rehte guot, Daz man im dâ des prîses jach Für alle die man dâ sach. Und wær er dâ heim beliben, Sô müeset ir iuch hân verzigen. Daz ich niemer het geseit Von aller sîner frümikeit. 3) Erec 2966 ff.

Schultz, höf. Leben. II.

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I. Pflicht der Leibes- und Waffenübungen.

fand, der wurde als feig und unwürdig angesehen, von seinen Standesgenossen verachtet, ja gehasst. Jean de Condé erzählt in seinem Gedichte ,,li dis dou chevalier a le mance" 1) von einem Ritter, der es liebte, ruhig auf seinem Gute zu leben, sich am Vogelfang etc. zu erfreuen, und der deshalb überall verachtet wird, bis es einer Dame gelingt, auch ihn für den Ruhm zu begeistern und zu bewegen, durch glänzende Waffenthaten die verlorene Achtung wiederzugewinnen. Dem Ruhme zu Liebe konnte man auch das Leben aufs Spiel setzen; aber ohne Aussicht auf Erfolg, bloss dem Gebote der Ehre folgend, das Leben zu opfern, das sagte ihnen doch nicht zu. Die Gefährten des Aeneas denken wenigstens so (Eneit p. 19, 38): „Ir iegelîcher des erschrach, Do ez an daz sterben solde gân: Dô dûhte sie daz baz getân, Daz sie daz lant rûmden Denn sie sich dâ versûmden Und rûm dâ erworben, Dâ si umbe erstorben.“

Leibesübungen standen deshalb bei den Männern in hohem Ansehen und sobald bei irgend einer Gelegenheit, zumal bei Festen, mehrere Ritter zusammen kamen, so massen sie in den freien Stunden ihre Kräfte. Da wurde gesprungen, wettgelaufen, der Stein geworfen und der Speer geschleudert2), nach dem Ziele mit dem Bogen geschossen3); oder man focht mit stumpfen Schwertern1) und erprobte die Kraft der

1) Dits et contes de Baudouin de Condé et de son fils Jean de Condé, publ. p. Aug. Scheler. Brux. 1866. I, 167.

schaft Etliche stiessen den stein.

2) Iwein 66: Dise banecten den lîp, Dise tanzten, dise sungen, Dise liefen, dise sprungen, Dise schuzzen zuo dem zil. Mai u. Beafl. p. 4, 12: Die schermten hie, die rungen dort, Dise tanzten, jene sprungen, Dise liefen, jene sungen, Dise schuzzen den schaft, Jene pflâgen rîterschaft. Nib. Z. p. 20, 5: Sô si den stein wurfen oder schuzzen den schaft; vgl. p. 49, 5 u. p. 50, 1. Sal. u. Mor. 978: Ir eteliche schussent do den Troj. 4730: Wan er (Pârîs) kund alle fuoge, Der man ze hübescheit bedarf: Den stein den stiez er unde warf Baz danne keiner sîn genôz; Geswinde lief er unde schôz Behendeclichen zuo dem zil. — Fierabras p. 88: Quant li rois a digné, Lors va esbanoier pour son cors deporter, Et li un escremissent et salent par ces pres. Trist. (ed. Fr. Michel) II, 38: E plusurs jus comencer funt D'eskermies e de palestres (Druck: palestes), De tuz i fud Tristran mestres. E puis firent un sauz waleis E uns qu'apelent waueleis (?) E pius si portèrent cempeals E lancèrent od roseals Od gavelos e od espees.

3) Godefr. de Bouillon 16596: Cornumarans prist l'arc qui bien estoit tendus; Il a livré ung cop qui moult bien fu férus, Et fu bien priés du blanc regardés et veus. Il y ot vj. traians qui y est remanus; Et Godefroys y trait qui biel l'est maintenus Droit à la vraye brocque est ly fiers enbatus.

4) Kudr. 356: Des kuneges ingesinde ze hove schilde truoc, Kiule und buckelære, geschirmet wart genuoc, Gevochten mit den swerten, mit gabilôte geschozzen Vil ûf guote schilde. Troj. 5015: Daz si dâ schirmens pflâgen. Si vlizzen unde wagen Sich dar zuo vil sêre, Daz manger hande kêre Von in geschach hin unde her Si buten für die buggeler Dâ hinder stuonden si gebogen Und heten ûz diu swert gezogen, Diu lûhten unde glizzen. Ir zene si dô bizzen Z'ein ander, als in wære zorn.

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Lanze an der Quintaine (s. I, S. 130) 1). Wie gesagt, es sind das nicht etwa die jungen Leute, die sich da üben, sondern erprobte Männer, die schon die Ritterweihe erhalten hatten. Die Gewandtheit im Reiten konnte man auch im Ringelrennen beweisen, das aber meines Wissens nur einmal und dann von einem ziemlich späten Autor erwähnt wird2). Der Dichter des Romans vom Cléomadès schildert uns ein Scheibenschiessen, das die Spanier besonders werth hielten. Auf hohen Pfosten waren vier Scheiben aufgestellt, und Ritter wie Knappen, zu Rosse sitzend, bemühten sich, mit ihren Wurfspeeren dieselben zu treffen3). Meister in den ritterlichen Künsten wurden an den Höfen gern gesehen. So producirt sich, wie uns im Doon de Mayence (p. 280-282) erzählt wird, am Hofe des Heidenkönigs Danemont ein englischer Ringer, der Alle ausser Doon besiegt, ein türkischer Steinwerfer 4) und ein ausgezeichneter Stockfechter 5).

1) Lanc. I, 31119: Dede hi liede comen vort Ende richten ene quinteine daer In den mersch van Kamaloet oppenbaer, Datter vremde ridders mohten spelen; III, 23349: Doe si riddere waren gedaen, Stacmen tere quinteinen saen, Daer Torec op heeft gesteken, Dat sijn spere moeste breken. Doen staken di andere alle naer; Ende alsi hadden gesteken daer, Do reet Torec daerop weder Ende reet die quinteine ter neder, Die starc was ende groet. Gérard de Rossillon p. 300 u. 301; p. 391: Itel jor adoba chevaliers cent, Done à chascun destriers e garnimens. Quintaine lor fait faire ès praz d'Arsent. D'escu noef e d'osberc fort e luisant. E corenti danzel, cil de jovent, E vont por esgarder cel autre gent. . . . À la quintane veit grant communaille, Cent danzel i ont fait cop juaille; Onc neguns n'i falsa de l'osberc maille. Li quens demande espade, Droes li baille. . . . Li quens broche cheval que del renc saille Si fiert si en l'escu que tant en taille, Que passast i volant oltre une quaille. L'osberc rot e trencha, soz la ventaille. . . . Estache Tant fort i fiert li quens que l'une estache Peceia à l'empaindre e l'autre esrache E tient si son espié que fors l'en sache. 1253 hatten die jungen Leute in London zur Fastenzeit eine Quintaine veranstaltet und einen Pfau als Preis für den Geschicktesten ausgesetzt. Vom königlichen Hofe kommen Jünglinge dazu und stören das Spiel, bekommen aber Schläge und müssen schmählich abziehen. Auf ihre Klage straft Heinrich III. die Stadt London um 1000 Mark (Joh. de Oxenedes).

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2) Gr. Wolfdietr. 1446: Sie het (in Terfis Treviso) an einem schafte gehenket ein vingerlin, Welcher darin steche der solt davon geturet sin; 1448: Ein vingerlin von golde klug und wolgetan An einer snur sidin vor den rittern uf dem plan Was gehenket schone für die frowe hin. Darzu sie justirten durch daz megetin.

3) Cléomadès 15981: Et ot par defors le palis Tabliaus en pluseurs lieus assis Sor très haus sapins, qui estoient Li plus haut que trouver pouvoient. De ce tabliaus i avoit quatre À quoi se devoient esbatre À la feste li chevalier, Li damoisel, li esciuer, De lancier de leur gavelos; Et encore atorne on à los Qui plus apertement i lance. Vraiement sachiez, sans cuidance K'Espaignol tienent moult à bel Le jeu de lance au tablel. Der Preis ist ein Sperber 17505.

4) Doon p. 283: Une pierre moult grant a à son col portée La jambe mit avant, tant l'a le glout getée etc.

5) Doon p. 288: Et on li apporta Et j. escu moult fort, que à son col geta

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I. Wichtigkeit der Waffenübungen.

Diese Spiele waren vortrefflich geeignet, die Körperkraft zu stählen, die Gewandtheit und Geschicklichkeit der Ritter weiter auszubilden oder wenigstens zu erhalten. Aber allein im Kampfe Mann gegen Mann konnte sich die erworbene Tüchtigkeit so recht erproben; da galt es nicht allein, seines Rosses völlig Herr zu sein, seinen Gegner sicher zu treffen und ihn aus dem Sattel zu heben, dagegen den Lanzenstoss des Feindes zu pariren und fest im Sattel zu bleiben, sondern auch, wenn das Schicksal es wollte, dass der Kämpfer vom Pferde gestürzt wurde, sich schnell zu erheben und das Schwert zu ziehen, jetzt auf den Gegner einzudringen, ihn vom Pferde zu zwingen, im Schwertgefecht und wenn nöthig im Ringkampfe ihn zu besiegen. Diese persönliche Tapferkeit, diese so nöthige Geistesgegenwart, Geschwindigkeit, schnell die rechten Mittel zum Angriff oder zur Abwehr zu finden, alle diese Eigenschaften konnten allein dann erworben werden, wenn der Ritter Gelegenheit fand, sich mit einem ebenbürtigen Gegner im Kampfe zu messen. Mochten auch die Waffen stumpf sein, so dass schwere, gefährliche Verletzungen nur unter Umständen vorkommen konnten, so bot eine solche Waffenübung doch Gelegenheit, den ernsten Kampf auf Leben und Tod genau kennen zu lernen, Ausdauer im Ertragen der oft lang währenden Gefechte zu üben und sich zu gewöhnen, in voller Kriegsrüstung, angethan mit dem schweren Harnisch, auf dem Haupte den beengenden unbequemen Helm, sich frei und ungezwungen zu bewegen. Nur so konnte der Ritter sich zu den Waffenthaten, von deren Vollbringung sein Ruf abhing, wirklich vorbereiten. Wurde persönliche Tapferkeit von einem jeden Ritter als etwas Selbstverständliches verlangt, so war doch der Grad seiner Kampfestüchtigkeit von seiner Körperkraft einmal, dann von der steten Uebung seiner Geschicklichkeit abhängig. Und einen hervorragenden Platz unter den Kriegern seines Landes konnte sich nur dann ein Ritter erwerben, wenn er wirklicher Erfolge sich zu rühmen vermochte. Ein so tüchtiger Mann war dem Landesherrn schon immer werth; wollte aber ein Ritter zu den höchsten Ehrenstellen gelangen, so musste er nicht allein selbst als tapfer und muthig sich bewährt haben, sondern auch im Stande sein, Schaaren von Kriegern zu befehligen, sie siegreich in die Schlacht zu führen. Die Gelegenheit, sich darin zu üben und zu vervollkommnen, boten die Turniere, die wir, wie ich gleich hier erwähnen will, nicht als blosse Vergnügungen prunkliebender Fürsten und ruhmbegieriger Ritter anzusehen haben, sondern Grant et gros fu et lonc... Jusqu'au genoul amont sa cote rescourcha; Il dreche son escu, le baston empoigna.

Waffen. Waffenschmiede.

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die damals ebenso die Vorübung zum ernsten Kriege bildeten, wie dies etwa die Manöver unserer heutigen stehenden Heere beabsichtigen.

Den Turnieren werden wir also, wollen wir das Heerwesen jener Zeit wirklich uns klar machen, unsre ganze Aufmerksamkeit zuwenden müssen; sie sind die Schule, in welcher der junge Ritter sich zum tapferen Krieger ausbildet, das Feld, auf dem er seinen ersten Lorbeer pflückt, der Schauplatz, wo er, unter den Augen des Landesherrn kämpfend, dessen Aufmerksamkeit erregen, Aussicht auf Auszeichnung sich erwerben kann. Für den armen jungen Ritter, für den jüngeren erbelosen Sohn bietet sich beim Turnier Gelegenheit, wie wir sagen würden, Carrière zu machen.

Es ist aber unerlässlich, will man die Waffenübungen des Mittelalters recht verstehen, zunächst die Angriffswaffen sowie die Schutzrüstungen, deren man sich in jener Zeit bediente, kennen zu lernen. Ich werde hier nur von der Bewaffnung der Ritter handeln, bei Besprechung der Soldaten deren Ausrüstung eingehender schildern.

Die Geschichte der mittelalterlichen Waffen ist oftmals schon bearbeitet worden. Ich erwähne hier nur die Werke, die mir zur Verfügung stehen: die schöne Zusammenstellung aller auf das Kriegswesen bezüglichen Stellen aus den deutschen Epen von San Marte „zur Waffenkunde des älteren deutschen Mittelalters" (Bibl. d. ges. deutschen Nat. Litt. Abth. II, 4. Quedlinb. u. Lpz. 1867), dann John Hewitt's Ancient armour and weapons in Europe (Vol. I. Oxf. 1860), ferner Viollet-le-Duc's ausführliche bekanntlich aber mit Vorsicht zu benutzende Darstellung im fünften und sechsten Bande des Dictionnaire du Mobilier (Paris 1874), endlich das ausgezeichnete Werk von G. Demay, le costume au moyen-âge d'après les sceaux (Paris 1880).

Die Waffen und Rüstungen wurden von Waffenschmieden in den Städten angefertigt und verkauft. An den Fenstern der Werkstätten wurden die fertigen Stücke aufgehängt, die Kauflust zu reizen 1). Man legte aber besonders Werth darauf, alte erprobte Waffen, die von berühmten Meistern herrührten, zu besitzen. Den ältesten Waffenschmied finde ich bei Lodowijk van Velthem erwähnt 2). Der Dichter erzählt, dass König Eduard von England bei seinem Kriegszuge nach Wales in einem Walde einen uralten Schild, Halsberc, Helm und ein Schwert fand, auf dessen verrosteter Klinge die Worte standen: „Ic meester Rigaudyn Van Wales smeetde dit swerd fyn Int iaer ons

1) Gauvain 1830: Coutials i font de mainte guisse Et si trovast on, qui quesist Elmes fais et qui les forbist; Cil fait hauberc et cil espées, Cauces de fer mult bien ovrées Véissiés as fenestres pendre.

2) 1. III, c. 10.

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