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Zeichen des Friedens 1). Bei der Belagerung von Le Mans 1100 erlaubten die Belagerten dem Hélie de la Flèche so oft er wollte an die Befestigung heranzukommen; er sollte aber ein weisses Hemd (tunicam albam) anlegen (Ord. Vit. X, 17).

Damit also die Verhandlungen stattfinden konnten, wurde Friede geboten 2); bei Todesstrafe wurde Jedermann befohlen, die Feindseligkeiten während der bestimmten Frist einzustellen 3). Dann erst verabredete man auf gewisse Zeit den Waffenstillstand. Vierzehn Tage zum Begraben der Todten scheint schon eine lange Frist ); aber in den Romanen vom Trojanerkriege werden nach jeder Schlacht lange Waffenruhen beschlossen. So folgt nach einem Gefecht eine Ruhezeit von zwei Monaten (HTroj. 6062) zum Begraben der Todten; nach dreissig Tagen Krieg wird wieder auf sechs Monate Frieden geschlossen (ib. 9176); dann kämpft man aufs Neue zwölf Tage und ruht darauf dreissig Tage (ib. 9576) etc. 5). In Wirklichkeit wird die Dauer einer Waffenruhe wohl knapper bemessen bewesen sein, sonst hätte ja jede Belagerung so lange wie die von Troja gedauert.

Wahrscheinlich hatte man vor Beginn der Feindseligkeiten die Festung schon zur Uebergabe aufgefordert. Hing die Besatzung ihre Schilde vor die Zinnen, dann sah der Gegner, dass sie zur äussersten Vertheidigung entschlossen war 6). Uebrigens verhöhnten die Belagerten auch gern ihre Feinde. Bei der Belagerung von Alençon verspotten die Soldaten von der Mauer herab Wilhelm den Eroberer, werfen ihm seine niedere Herkunft vor und reizen ihn durch unan

1) Titurel 3491: Ein noklier behende tut friden kunt mit einem pfelle blanken. Dietr. Flucht 8148: Die rîchen burgære Die vuorten vridebanier.

2) Wolfdietr. Á 402: Dô wart ein fride gemachet und ein gesprâchtac. Saben der teidinge und meister Berhtunc phlac. Rom. de Troie 14531: trieve.

3) Troj. 2904: Ze Troyge ein fride gegeben wart Zo eime halben iare Bi hute wnde bi hare Und darzu bi der wide. - Parton. 19350: Einvalteclîche in gouches wis Gelobte er einen stæten fride Bî dem swerte und bî der wide Vier wochen sunder allen strît. Dietr. Flucht 6947: Und gebuten einen vride, Der wart gebannen bî der wide. Walberan 495: In wart geboten ganzer fride Bî dem halse und bî der wide. Anelier, Guerre de Navarre 4281: Enpero los ricomes feron sobranceria, Que fero fer tayllada, e ges no s convenia, Car negus en las treugas re obrar ne devia.

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4) Lane. I, 34287: Si ontboden vrede xv. · daghen Te gravene de dode, die daer lagen.

5) H. Troj. 10716: Zwei Monate. tragen Frid unde tac ein halbez jâr.

6) Vgl. S. 82. Schultz, höf, Leben. II.

Troj. 26924: Iedoch wart über ein ge

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VI. Bestürmung der Festung.

ständige Geberden 1). Die in Akka eingeschlossenen Türken besudeln, um die Christen zu ärgern, vor deren Augen auf den Mauern Heiligenbilder 2).

„Eine Art der Bestürmung ist gewöhnlich und allgemein, dass man nämlich die Besatzung durch Armbrüste und Bogen mit Geschossen überschüttet 3), Steine mit der Hand oder mit der Schleuder auf sie wirft oder Leitern ansetzt. Kriegsgeübte schiessen, sobald die Belagerten auf den Mauern oder den Thürmen sich zeigen, mit Armbrüsten und Bogen auf sie, werfen mit der Hand oder mit der Schleuder Steine gegen sie, setzen die Leitern an die Mauern 4), um, wenn sie dieselben erstiegen haben, den Feinden gleich gewachsen zu sein" (Aegidius a. a. O. 17).

Diese Methode konnte aber immer nur dann Erfolg haben, wenn die Burg schwach besetzt war oder überrumpelt wurde. Gegen eine hinreichende Zahl von Vertheidigern auf der Mauer waren die auf schwanker Leiter Hinaufstürmenden doch zu sehr im Nachtheil.

Aegidius fährt darum auch fort:

1) Chron. des ducs de Norm. 34500: Lor reins en batent e lor dos: Eissi le funt par avilance. Aehnlich erging es Heinrich dem Löwen vor Bardewik.

Vgl. Raumer, Hohenstaufen3 II, 189.

2) Itin. Reg. Ric. I, 56: Nec hoc quidem arbitramur silendum, quamvis onerosum relatu, horrificumque sit auditu, quod Turci ob scandalum Crucifixi et opprobrium nostrae fidei consueverunt iconias et picturas Christianae relligionis repraesentantes mysterium, in civitate repertas super muros in conspectu Christicolarum virgis caedere et tanquam viventes durius flagellare et sputis sordidare et aliis pluribus modis pro voluntate ignominiose tractare. Quod cum die quadam Turcum quendam nostrorum quidam vidisset agentem, et crucem quandam cum Salvatoris nostri imagine turpi quadam repraesentatione et nefanda motibus agitasset obscoenis et vociferatione blasphema impia verba nostrae relligionis inimica proferret, tandemque extractis membris genitalibus in eminentiori loco urinam stillando contumeliose proposuisset perfundere, zelo ductus in blasphemum emisso pilo balistae Vulnere lethali transfodit in inguine Turcum.

3) Guiart I, 4064: Li autre soudoier de France Revont sur les fossez le jour Et gietent comme sanz séjour Pierres cornues et réondes, Les uns à mains autres à fondes. Sus buriaux et sus kameloz Rechiéent dars et javeloz Qui devers les creniaus dévalent Cil de léanz.

4) Bei der Eroberung von Antiochia braucht man (Alb. Aqu. IV, 19) eine 'scala quae ex corio erat taurino'. Ottokar von Steier DLV: Nu hat man da gefurt in Vil laitter auf wägen An den si steigens phlegen Über die mawr drat. Ferguut 4235: Ende ledren rechten an haere muren. Matth. Paris 1188: Tours wird durch Ersteigen der Mauern erstürmt. Garin II, p. 207: L'atrait porter por les fossés enplir Drescier eschelles por aus murs assalir. Godefr. de Bouillon 20427: Qui portent martiaus pour le mur dépecier, Esquièles pour monter et grans picques d'acier.

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„Ausser diesen Weisen des offenen Angriffes giebt es noch drei andere Arten, die nicht Jedermann bekannt sind: die eine durch unterirdische Gänge, die andre durch schwere Steinschleudermaschinen, die dritte durch an die Mauern der belagerten Stadt herangeschleifte Angriffsbauten. Ueber alle diese drei Arten werden wir hier sprechen und zuerst über den Angriff durch Minen (cuniculi). Erstens also werden Festungen durch Minen, d. h. durch unterirdische Gänge bezwungen. Es müssen nämlich die Belagerer heimlich an einer Stelle. in die Erde sich graben und vor dieser Stelle ein Zelt oder sonst einen Bau hinsetzen, damit die Belagerer nicht sehen können, wo sie zu graben beginnen. Hier müssen sie unterirdische Gänge herstellen, wie die, welche Silber graben oder Metalladern finden, und diese Gänge müssen tiefer sein als die Gräben der zu bezwingenden Festung und bis zu den Mauern derselben sich erstrecken. Wenn dies durchzuführen möglich ist, so ist es leicht, die Festung einzunehmen. Dann muss man zuerst die Mauern untergraben und mit Holz absteifen, damit sie nicht sogleich einfallen. Und wenn sie alle Mauern oder den grössten Theil derselben so untergruben und unterminirten und sie (die Belagerer) sahen, dass sie durch den blossen Einsturz der Mauern die Festung erobern konnten, dann müssen sie sofort an die die Mauern stützenden Holzsteifen Feuer anlegen, die Mauer ganz oder zum Theil zu Falle bringen und dadurch die Gräben ausfüllen. Wenn das ganz unvermuthet geschieht, erschrecken die Belagerten und die Stadt wird um so leichter eingenommen. Man muss aber darauf achten, dass die unterirdischen Gänge immer mit Brettern verschalt oder sonstwie geschützt werden, damit die Erde nicht einstürzt und die Grabenden erstickt. Auch die aus den Gängen hinausgeschaffte Erde ist so zu verstecken, dass sie von den Belagerten nicht gesehen wird. Wiederum, sobald das Feuer an die Stützen, welche die Mauer halten, angelegt wird, muss der, welcher dies thut, und die bei ihm sind, sich an einen sicheren Ort zurückziehen, damit sie durch den Einsturz der Mauer nicht verletzt werden. So ist bei dem Angriffe durch Minen zu verfahren, denn eine Festung einzunehmen, dazu genügt der Einsturz der Mauern allein. Hält man aber das für nicht hinreichend, wenn schon die Mauern untergraben und unterminirt sind, so legt man noch nicht Feuer an, sondern schreitet mit ähnlichen unterirdischen Gängen zu den grösseren Befestigungen und den grösseren Mauern der belagerten Burg oder Stadt vor, und macht es mit ihnen wie mit den Mauern. Wiederum kann man weiter fortgehen und die unterirdischen Gänge so anlegen, dass man durch sie in die belagerte Stadt

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oder Burg hineingelangt. Aber alles das kann heimlich geschehen, dass es von den Belagerten nicht gemerkt wird, und, zwar nicht ohne Schwierigkeit und Zeitaufwand, doch zum rechten Ziel geführt werden. Wenn das so vorbereitet ist, zündet man zur Nacht oder zu einer sonst für den Kampf geeigneten Zeit das Feuer an, so dass zugleich die untergrabenen Mauern und Befestigungen einstürzen und die unterirdischen Gänge nach der Burg oder Stadt fertig sind, und über die durch den Einsturz der Mauern geschaffene Bresche stürmen die übrigen Belagerer in die belagerte Burg oder Stadt und können sie so erobern."

Die Anwendung der Minen wird schon von Vegetius empfohlen (IV, 27), und fast das ganze Mittelalter hindurch hat man von ihnen bei Belagerungen Gebrauch gemacht, bis man lernte, durch Kanonen schneller eine Festungsmauer zu zerstören. Bei der Belagerung von Nicaea 1097 bringen die Kreuzfahrer einen Thurm durch Untergraben zu Falle (Matth. Paris), und auch vor Lissabon wird durch dasselbe Strategem 1147 in die Stadtmauer eine Bresche von 30 Ellen gelegt 1); ähnliche Beispiele liessen sich leicht in Menge beibringen. Auch in den Romanen spielt der Minenkrieg bei den Belagerungen immer eine hervorragende Rolle 2), und stets wird ganz in derselben Weise, wie dies Aegidius lehrt, verfahren 3). Schon bei der Bestürmung von Lissabon waren es Kölner Pilger, welche die Minen anlegten (Osbernus a. a. O.); und es scheint, dass grade am Niederrhein und in den Niederlanden die Leute in dieser Kunst besonders erfahren waren. Im Roman Godefroy de Bouillon werden auch die Leute aus dem Hennegau, die Flamänder und die Lütticher als gute Mineure gerühmt 4). Die Leitung dieser Arbeiten ist dem Ingenieur anvertraut 5), über dessen

1) Ann. Magdeb. 1147. Ann. Sti. Disibodi 1147 ist die Bresche gar 200 Fuss gross.

Osbernus de expugnatione Lyxbonensi.

Nach den

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2) Doon p. 338: As murs viennent tantost pour rompre et miner. Aiol 10859: Li mineor sont sage qui desous tere minent, Il esfondrent le mur et la dedens se missent, Que plus de xxx toises tout ensamble cairent.

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3) Ottokar von Steier CCCXI: Die mawr hiez er chrenkchen Und den turn undergraben. Er wolt nicht aufgehaben, Er wurff in auf die lewt nider; DXLVIII: In der purkch ain turn lag, Der all dez haws gut phlag, Der was nu underwaricht gar, So daz man hat geseczt dar Manigen polcz groz Pheyler genoz, Von aichem holcz. Dieselben sewl und polcz Habten den turn auf, Daz er icht gie zu hauf.

4) Godefr. de Bouillon 16191: S'avoit en sa partie Flamens et Hainuiers et une aultre maisnie C'on appielle Liégois; mais je vous certefie Que bien sèvent miner une tour batellie.

5) Phil. Mousques 25866: Quar li boins mestres Amauris, Li sire des engignéours, Commendère des minéours.

Minenkrieg. Schleudermaschinen.

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sonstige Thätigkeit sogleich noch gehandelt werden wird. Merkten nun die Belagerten, dass ihre Mauern an einer Stelle untergraben wurden, so legten sie Gegenminen an und suchten die Feinde aus ihren Gängen zu vertreiben, die Minen zuzuschütten und so die drohende Gefahr abzuwenden. Bei der Belagerung von Tortona 1155 entspann sich ein solcher unterirdischer Kampf (Ott. Frising. Gesta Frid. II, 16) '), und auch die Kreuzfahrer, welche 1191 die Turris maledicta der Feste Akka unterminirten, trafen plötzlich auf eine Gegenmine der Türken; man einigte sich, dass jede Partei sich zurückzog; die Türken aber verstopften sogleich ihren Stollen, damit nicht die Kreuzfahrer auf diesem Wege den Eingang in ihre Stadt erzwängen (Itin. Reg. Ric. III, 11). Von Minen, die zum Zwecke des Eindringens in die belagerte Festung gegraben wurden, habe ich sonst kein Beispiel gefunden, wenn nicht eine Stelle in einem Briefe des Petrus de Vineis (I, 8), der von der Belagerung Faenza's berichtet, so zu deuten ist, was mir aber nicht wahrscheinlich vorkommt 2).

So sicher die Unterminirung der Mauern zum Ziele führte, war sie doch nicht immer anzuwenden. Ein felsiger Boden musste schon unüberwindliche Hindernisse bereiten, da man die Steinmassen ja nicht zu sprengen, sondern nur durch Feuer einigermassen zu zerklüften verstand. War gar die Festung auf gewachsenen Fels gegründet, so konnte von dem Untergraben der Mauern überhaupt nicht die Rede sein 3), dann musste man zu anderen Mitteln greifen, die uns denn auch unser Gewährsmann Aegidius (a. a. O. cap. 18) mittheilt.

„Es kommt aber öfter vor, dass Festungswerke auf grossen Steinmassen gegründet oder vom Wasser umgeben sind oder sehr tiefe Gräben haben oder sonst auf eine Weise befestigt sind, so dass sie durch Minen oder unterirdische Gänge entweder gar nicht oder nur sehr schwer erobert werden können. Wir müssen also zusehen, wie viele Arten von Steinschleudermaschinen es giebt und wie viele Gattungen von Bauten, durch welche Festungen angegriffen werden. Die Steinschleudermaschinen zerfallen in vier Arten, denn bei jeder Maschine muss es eine Kraft geben, welche den Hebel (virgam), mit

1) Oppidani non sine quorundam ex nostris proditionis suspicione ingenium praesentiunt commentisque usi iuxta fundamentum turris et ipsi cuniculos faciunt sicque quibusdam ad eversionem turris procedentibus suffocatis caeteri a coepto desistunt.

2) Per subterraneas vias, quas nostri fecerunt, attingentes moenia civitatis et intima penetrantes.

3) Bueves de Commarchis 2025: Li chastiaus de Barbastre siet sor roche nayue, N'a garde de miner ne d'engin qui i rue.

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