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Exercierübungen.

161 Schiessen mit Pfeilen nach dem Ziele ist nicht zu vernachlässigen. Auch die Gewandtheit, Steine mit der Schleuder zu werfen, ist von Werth, zumal wenn das Gefecht auf steinigem Boden stattfindet (also die verschossene Munition leicht wieder ergänzt werden kann) oder wenn eine Anhöhe vertheidigt wird. „Sechstens sind die Krieger zu üben, mit Bleikugeln zu schlagen. Denn ein bleierner oder eiserner Ball, der durch eine Kette mit der hölzernen Handhabe verbunden ist, ermöglicht einen gewaltigen Schlag. Wegen der heftigeren Bewegung der Luft schlägt nämlich ein mit der Kette am Schafte befestigter Ball kräftiger, als wenn er an den Schaft oder die hölzerne Handhabe selbst angemacht ist" 1). Das Reiten ist nicht minder wichtig, im Sommer im Freien, im Winter in gedeckten Räumen zu üben. Der Recrut soll lernen, rechts und links, bewaffnet und unbewaffnet, selbst mit halb gezogenem Schwerte (evaginatis mediis gladiis) und im grössten Kampfgewühl sein Ross zu besteigen. Endlich muss er schwimmen lernen. Auf das Exerciren kommt Aegidius nochmals im zwölften Capitel zurück: „Die Weise aber, wie die Krieger solche Ordnung zu halten lernen, ist, dass Reiter wie Fusstruppen häufig ins freie Feld geführt werden, und diejenigen, welche im Kriege die Anführung haben, die Cavallerie oder Infanterie commandiren, müssen da erstens die Reiter und Fussgänger in einer Linie aufstellen, so dass sie ein Glied tief stehen (ita ut seriatim maneant), je nach der Distanz, welche für die Schlachtreihe der Reiter oder der Infanterie erforderlich ist. Dann soll man ihnen befehlen, die Reihe zu verdoppeln (zwei Glieder zu formiren), so dass die Hälfte der Reihe sich sofort von der anderen Hälfte trennt und vor oder hinter derselben sich ordnet. Darauf soll der Befehlshaber sogleich gebieten, ein Carré zu formiren, dann ein Dreieck zu bilden, was leicht geschieht. . . . Und so muss der Anführer die Krieger gewöhnen, dass sie nach jedweder Form die Schlachtreihe zu bilden wissen."

1) Sexto exercitandi sunt bellantes ad percutiendum cum plumbatis. Nam pila plumbea vel ferrea cum cathena aliqua conjuncta manubrio ligneo (Druck: lineo) vehæmentem ictum reddit. Nam propter vehæmentiorem motum aëris vehæmentius percutit pila cum cathena haste (Dr.: hoste) infixa, quam si ipsi hastæ vel ipsi manubrio ligneo (Dr.: lineo) sunt conjuncta. Es handelt sich hier um eine Waffe, die meines Wissens nicht von den deutschen Schriftstellern erwähnt wird (vgl. S. 183). Demmin nennt dieselbe Kriegsflegel (Waffenkunde S. 445) und bildet einen ab, welchen er bei einer der Naumburger Gründerstatuen (die aber aus dem 13., nicht dem 11. Jhrdt. herrühren) gefunden hat. Aegidius Colonna stellt also den Kriegsflegel der später Morgenstern genannten Keule gegenüber und hebt seine Vorzüge hervor. Vgl. Vegetius I, 17.

Schultz, höf. Leben. II.

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Wir sehen also, dass eine Vorbildung auch für die Fusstruppen für nothwendig angesehen wurde. Wie diese Uebungen stattfanden, davon sagen unsere Quellen allerdings nichts. Die Städter hatten wohl Gelegenheit, sich im Dienste ihrer Stadt eine gewisse Kenntniss des Waffenhandwerks zu erwerben. Ich habe schon (I, S. 133) nach William Fitzstephen geschildert, wie die Londoner Bürgersöhne sich an Festtagen in den Waffen übten. Aber den Bauern war ja das Tragen der Waffen (I, S. 239 f.) verboten; wie sollten sie, zum Kriegsdienste gezwungen, nun plötzlich die erforderliche Geschicklichkeit besitzen? Zu Nitharts Zeit suchen es die Bauern allerdings auch darin den Rittern gleichzuthun, dass sie Turniere veranstalten, jedoch bleibt es immerhin eine offene Frage, wie früher die Leute, aus denen die Fusstruppen sich recrutirten, vorgebildet worden sind. Sie mussten doch mindestens zu marschiren, Tritt zu halten gelernt haben, mit den Waffen einigermassen Bescheid wissen, ehe man sie im Heere nutzbar verwenden konnte. Und dass sie im Kriege selbst sich aneigneten, was ihnen fehlte, dazu dauerten wieder die Feldzüge nicht lange genug.

Das niedere Volk (daz povel) wurde nöthigen Falls zum Dienste gezwungen 1), aber um es willig zu erhalten auch entschädigt2), und wenn eine Stadt belagert wurde, dann mussten alle Einwohner die Waffen ergreifen und die Vertheidigung übernehmen 3). Neben den dienstpflichtigen Landesangehörigen verwendete man aber im Kriege auch angeworbene Soldtruppen und diese waren besonders werthvoll1), da sie, wie es scheint, aus dem Kriegsdienste ein Handwerk machten,

1) Parton. 20830: Ouch wart daz povel an den strît Ze ros getwungen und ze fuoz. Für wâr ich iu daz sagen muoz, Swer dâ ze kampfe tohte Unde iht helfen mohte, Der muoste dise reise dô.

2) Troj. 20846: Ros, silber unde rîch gewant Het er gegeben sîner diet: Dâ von si willeclichen schiet Durch sîn gebot von hûse.

3) HTroj. 9859: Kneht, gebur, koufman Musten ysen tragen an (d. h. im belagerten Troja).

4) Parton. 3250: In driu lant si künden hiez Und ernestlîche enbieten, Swer sich mit guote mieten Wolte lâzen ûf den strît Daz der kæme ze der zît, Man gæbe im silber unde golt. Durch den vil keiserlichen solt Gewan si gnuoc von gesten; vgl. 3986 ff. Es kommen da Krieger aus Franken und Sachsen, Baiern und Schwaben, Lothringer, aus Flandern, Spanien, England, aus Poitou und Anjou, aus Friesland, der Gascogne, Parma, Bologna, Pavia und Mailand, und alle lassen sich anwerben. Rom. de Rou 11312: (Wilhelm der Eroberer vor dem Zuge nach England) Poiz a requis ses boens veizins Bretuns, Mansels et Angevins, Cils de Pontif è de Boloigne K'od li viegnent en sa besoigne. À cils ki voldrent pramist terre, Se Engleterre poet cunquerre; À plusurs pramist livreisuns, Riches soldées è boens duns. De par tut manda soldéiers Ki el gaaing vunt volontiers.

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Zucht, Erfahrung und Geschicklichkeit in höherem Grade besassen, als die nur gelegentlich aufgebotenen Bürger und Hintersassen.

Dass das Kriegführen Geld kostete, das wusste man damals schon sehr wohl1). Auch den Leuten, die eigentlich zum Kriegsdienste verpflichtet waren und nichts zu beanspruchen hatten, giebt man gern noch hohen Lohn, um sie recht freudig zu stimmen 2). Mit widerwilligen Kriegern ist schlecht fechten 3); wenn die Schlacht beginnen soll, verspricht daher der Fürst nochmals Gold, um die Seinen anzufeuern 4). Gislebertus erzählt im Chronicon Hanoniense, dass im November 1181 der Graf von Hennegau dem Grafen von Flandern gegen den König von Frankreich Heeresfolge leistete, zuerst 220 Ritter und 100 gepanzerte und berittene Knechte bei sich hatte, dann 120 Ritter nach Hause schickte. Der Feldzug währte fünf Wochen und kostete dem Grafen 1850 schwere Mark Silber (74000 Reichsmark). Aus dem Jahre 1281-82 theilt Hewitt (a. a. O. I, 214) mit, dass unter Eduard I. der Ritter (knight) täglich nach jetzigem Gelde erhielt 15 Shillings, der Knappe (esquire) ebensoviel. Der Lohn eines Armbrust- oder Bogenschützen betrug pro Tag 2 s. 6 d., der Anführer von zwanzig Schützen bekam 5 s. 6 d., der von hundert 7 s. 6 d.

Aberteuerlustige Ritter, jüngere Söhne, die nur ein geringes Erbe zu erwarten hatten, fanden sich, sobald Truppen geworben wurden, gern ein; sie verdienten hohen Sold, konnten bei Plünderungen sich bereichern und vielleicht im eroberten Lande ein einträgliches Lehn erhalten. Auch bei den Kreuzfahrern waren, wenn wir dem Dichter des Reinfried glauben dürfen, nur Wenige, die aus wirklicher Religiosität sich zu dem Zuge entschlossen. Der Eine geht, so erzählt er (14616—14635), aus Abenteuerlust (muotgelust) ins heilige Land, der

1) Troj. 18548: Er schepfet wazzer mit dem sibe, Swer âne vrîe milte Mit sper und mit dem schilte Ervehten wil êr unde lant. Des fürsten und des küneges hant Muoz offen z'allen zîten stân, Der grôziu dinc wil ane gân Und sîne vînde twingen sol. Alphart 32: Ich hân dar umbe enphangen daz liehte golt sô rôt. Ich nam die rîche miete, die er mir dô bôt, Daz ich im wolte dienen.

2) Frau Helche sagt zu Dietrich (Dietr. Flucht 7945): Dû weist wol, hôhes kuneges kint, Swie holt dir die liute sint. Si gewinnent undiensthaften muot, Swenn dû in niht hâst ze geben guot.

3) Dietr. Flucht 7955: Swer urliugen wil und strîten sol, Der bedarf der liute gunst wol. Betwungen dienst der ist niht guot. Swer dienst betwingenlichen tuot, Dâ mac wol schade von ûf gestân.

4) Kudr. 496: Hetelen hôrt man rüefen Vaste an sîne man: Nû wert iuch, snelle degene! der nie golt gewan, Dem heize ich ez mezzen mit vollem âne wâge.'

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Andere, um da zu tjostiren, ein Dritter, weil er die Welt sehen will, der Vierte seiner Geliebten zu Ehren, der Fünfte, Gott zu dienen, der Sechste, um des Herren willen zu leiden, der Siebente, um seiner Armseligkeit daheim zu entgehen und Geld und Gut zu erwerben, der Achte zum Zeitvertreib, der Neunte endlich aus Ehrgeiz (des niunden île was durch ruon hin über mer).

Ausser den Rittern kamen dann auch alte erfahrene Kriegsknechte, die für Lohn jedem dienten, der sie bezahlen konnte und wollte 1). Diese Soldtruppen werden als Soldaten (mhd. soldiere 2), afr. soudoier 3), mlat. solidarii)4) bezeichnet; die Art des Dienstes ist nicht massgebend, wenn auch der Ritter höhere Löhnung erhielt3); aber sobald er seine Person für Sold einem kriegführenden Fürsten zur Verfügung stellte, war er so gut wie der geworbene Krieger ein Soldat.

Solche Soldtruppen werden während des ganzen Mittelalters häufig erwähnt. Mehr freiwilligen Dienst leisteten die im ersten Kreuzzuge wiederholt genannten Taffurs. Guibertus de Novigento erzählt in der Hist. Hierosolym. VII, 20: Inde rex Thaffur barbarica coepit lingua vocari. Thafur autem apud Gentiles dicuntur, quos nos, ut nimis litteraliter loquar, Trudenues vocamus, qui ex eo sic appellantur, quia trudunt, id est leviter transigunt, quaquaversum peragrantes annos. Es sind also Tollköpfe, Draufgänger, die aber zu verwegenen Streichen vorzüglich passen. Geld dürfen sie nicht haben; das leidet ihr König nicht, der bei Brückenpassagen oder beim Durchmarschiren durch einen Engpass seine Leute visitirt und sie, sobald er 2 Solidi bei ihnen findet, aus seiner Truppe ausstösst, sie zwingt sich Waffen zu kaufen und in das Heer einzutreten. Je weniger diese irregulären Truppen besitzen, desto besser sind sie bei ihrem Könige angeschrieben. Sie sind brauchbar zum Fouragiren, zur Bedienung der Maschinen, zum Transport von Lasten. So viel theilt uns Guibert von Nogent

1) Radulphi de Coggeshall Chron. Anglic. 1204: Rex Johannes dedit Moreue cuidam Gascono xxviij. millia marcarum ad conducendum exercitum .xxx. millium hominum; 1215: In qua obsidione (Roffensi) rex expendit in stipendiariis plus quam lx millia marcarum.

2) Soldat dagegen bedeutete damals ,,der Lohn" (Rolandsl. 3922: Wâ mahtet er nu gewinnen Alsô guoten soldât).

3) Aye d'Avignon p. 84: Sire, ja avez moult merveilleus tresor, Qu' aportas d'Aufalerne, quant venis de Ganor; Mandez les soudoiers et tenez les effors. Je lor dorra assez de l'argent et de l'or.

4) Ott. Frising. (resp. Ragewini) Gesta Frid. III. 20: Milites qui solidarii vocantur. 5) König Manfred zahlt den Leuten von Piacenza, die 1258 in seinen Dienst treten, monatlich und zwar dem Ritter 3, dem Fusssoldaten 20 Solidi (Ann. Placent. Gibell.). Parma bietet 1294 zwei Solidi Tageslöhnung (Ann. Parm. maj.).

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mit. Mehr erzählt uns der Verfasser des Romans Godefroid de Bouillon. Die Taffurs waren von den Sarazenen sehr gefürchtet, da sie einmal während einer Hungersnoth die erlegten Heiden verspeist hatten. Sie sind mit Streitäxten, Messern, Keulen, Hellebarden bewaffnet, haben oft genug aber nur hölzerne Spiesse, deren Spitze im Feuer gehärtet ist 1). Ihr König führt einen krummen Säbel 2). Wes Geistes die ganze Truppe ist, sehen wir daraus, dass sie, nachdem ihr König vor Damascus gefallen ist, einen wählen, der, aus Lille gebürtig, sich in den Wirthshäusern besonderen Ruhm erworben hatte 3). Von König Balduin erhält er eine Krone und eine silberne Keule, die Abzeichen seiner Würde 4).

Während Ludwig VII. auf dem Kreuzzuge abwesend war, bildeten sich grosse Räuberbanden, die bewaffnet das ganze Land unsicher machten. Das sind die Navarresen, Brabanter, Cotereaux oder Routiers, oder welche Namen sie sonst noch führen. H. Géraud hat in seiner Abhandlung „Les routiers au douzième siècle" (Bibliothèque de l'École des Chartes, 1re Série, III, 125 ff.) diese Zustände trefflich geschildert. Kaiser Friedrich I. suchte mit Ludwig VII. Massregeln zu verabreden, wie man diese entsetzliche Bande loswerden. konnte, der nichts heilig war, die sengend und brennend, raubend, plündernd und mordend Frankreich bedrückte und auch die deutschen Provinzen heimsuchte. Ohne Erfolg. Da nahmen die Fürsten diese undisciplinirten aber verwegenen Schaaren in ihren Sold. Schon 1167 sind Brabanzonen beim deutschen Heere in Italien (Acerbi Morenae Contin. Landensis); 1173 hat Heinrich II. von England 20000 derselben in seinem Solde (Rogeri de Hoveden Chron.). Derselbe

1) Chans. d'Antioche VIII, 21: Portent haces danoises et couteaus acerés, Ghisarmes et maçues et pels en son arsés; VIII (Nachtrag V): Li gens le roi Tafur ne fu mie effréée, Il ne portent o els né lance né espée Mais gisarme esmoulue et machue plomée; Li rois porte une faus qui moult bien est temprée. 2) Chans. d'Antioche VIII, 21: Li rois porte une faus dont l'acier est temprés.

3) Godefr. de Bouillon 29597: Là ot ung compaignon bien furnit, biel et grant Et hardy de son corps et très-bien combatant; Car en mainte siervoise avoit tout son vivant Combatu maint ribaut à son escot buvant. De Lille fu cieux nés dont je vous vois parlant, Et fu fieux d'un bourgois bien rice et bien manant; Mais fols fu et légiers et de sot convenant, Car ains croire ne vot cousin n'apiertenant. Par le pays ala xx ans en ung tenant; Mieus amoit les koquins ou ung povre mesquant Que trestous les plus rices à lui aconseillant. En la cier voise ala tout jour koquinant Avoec les compaignons et puis se buvoit tant Qu'il ne pooit payer ne finir tant ne quant, L'oste et l'ostesse aloit de horions payant. Pou çou l'appielloit-on adont le Grant- Gourmant.

4) Godefr. de Bouillon 22280 ff.

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