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Was die Griechen des Ostens thaten, ging von ihnen auf ihre Stammesgenossen im Westen über und fand schliesslich seinen Weg zu den Römern selber. Bereits bei Lebzeiten hat Julius Caesar göttergleiche Ehren genossen, und nach seinem Tode haben ihn Senat und Volk als divus Julius in die Reihe der Götter erhoben; die dauernde Verehrung des neuen Gottes hat Caesar der Sohn geordnet. Und der Sohn des Gottes ist selber unter die Götter eingetreten; kaum einen Monat nach seinem Tode wurde Augustus consecrirt. Die Consecration der verstorbenen Kaiser durch den Senat, dem allein es nunmehr zustand, den Kultus der Gemeinde und den Kreis ihrer Götter zu erweitern, wird jetzt zur Regel. Das Priestercollegium der sodales Augustales widmet sich dem hauptstädtischen Kulte der vergötterten Kaiser aus dem Hause des Augustus. Das Aufkommen der Flavier hat die Begründung eines zweiten Collegiums zur Folge, der sodales Flaviales; und die Dynastie der Antonine hat neue Sodalitäten gestiftet. Diese Collegien üben ihren Kultus in der Hauptstadt selber aus, und überhaupt ist Rom der Mittelpunkt für die Verehrung der Divi geblieben; aber dieselbe hat sich auch durch Italien, Südgallien und in anderen Provinzen verbreitet.

Viel grössere praktische Bedeutung als die Verehrung der todten Herrscher hat der Kultus der lebendigen. Selbst Augustus, dessen kühle Verstandesklarheit sich über seine Menschlichkeit schwerlich Illusionen hingab, hat sich aus politischen Interessen göttliche Verehrung schon bei Lebzeiten gefallen lassen; und der Kultus der regierenden Kaiser ist es gewesen, der die national und religiös getrennten Völker des Reiches zu einer gemeinsamen Gottesverehrung und zu religiöser Huldigung vor der römischen Obmacht vereinte. Aber dieser Kultus geht von einem anderen Orte und von anderen Kreisen aus als der der Divi; nicht von der Hauptstadt, sondern von den Unterthanen dargeboten bildet er sich in den Provinzen. Vom griechischen Orient dringt er nach dem Westen und ergreift allmählich auch Italien, aber er hält sich fern von Rom. Hier hat der Kaiser sich damit begnügen wollen, dass sein Genius verehrt und bei demselben geschworen wurde; erst in späterer Zeit sah auch die Hauptstadt die Statue des lebenden Herrschers in den Tempeln aufgestellt. Aber in den Provinzen hat schon Augustus eine ganz andere Politik verfolgt. Namentlich im Oriente war man längst daran gewöhnt, die Göttin Roma und römische Machthaber zu verehren; warum hätte der Kaiser einen Kultus nicht gestatten sollen, der freiwillig und gern geboten wurde, und der dem Gehorsam gegen die Herrschaft noch die Ehrfurcht vor dem

Göttlichen beigesellte? Bereits im Jahre 29 v. Chr. erlaubte Augustus, dass ihm Tempel zu Pergamon und Nikomedien errichtet wurden. An vielen Orten erhoben sich jetzt Heiligthümer des Augustus oder der Roma und des Augustus, wo man das Reich und den Herrscher verehrte. Und in den Provinzen des Abendlandes geschah das Gleiche wie im Osten: zu Lugudunum weihte Drusus 12 v. Chr. den Altar der Roma und des Augustus. Ähnliche Heiligthümer werden in Spanien, Germanien und Britannien, in allen Provinzen des Reiches errichtet; überall begegnen wir den Kaisertempeln. Es ist ein Kult, der als Zeichen der Herrschaft sich in neuen Provinzen begründet; er einigt die Völker des römischen Reiches vom Ocean bis zur syrischen Wüste.

Es sind zunächst die Orte, an denen Provinciallandtage zusammentreten, wo Kaisertempel errichtet werden; zu ihrer Erbauung giebt der Senat die Genehmigung. Die Koina, die Concilien der Provinzen vertreten in erster Linie die Interessen der localen Politik; aber sie huldigen zugleich der römischen Herrschaft durch den politischen Kaiserkultus. Religion und Verwaltung sind verbunden. Den grössten Eifer im Kaiserkultus legte Kleinasien und besonders die Provinz Asia an den Tag. Das Koinon von Asien errichtete ausser in Pergamon noch in anderen grossen Städten provinciale Kaisertempel. Wie es scheint, seit den Zeiten Neros. nannten solche Städte sich Tempelhüter, Neokoren; die Asiarchen sind die Hohenpriester dieser Tempel. Städte und Städtchen, die keine eigenen Kaisertempel bauen können, verehren die Herrscher wenigstens in Gemeinschaft mit den anderen Göttern. Wenn auch nicht so lebhaft wie im Osten, so macht sich doch auch im Occident die Verehrung der Kaiser geltend; die Organisation des Kultus ruht auch hier auf den Concilien. Die Verehrung des lebenden Herrschers findet sich auch mit dem Kult der Divi und mit dem der Roma verbunden. Sie ist durchaus nicht auf die Centren angewiesen; sie dringt tiefer in die Municipien und Colonien, in die einzelnen Gemeinden. Auch hier giebt es Priesterthümer des regierenden Augustus, nicht nur in den Provinzen, sondern ebenso in Italien, nur mit Ausnahme der Hauptstadt. In den Municipien erhält sogar ein ganzer Stand seine Benennung von der Verehrung des lebenden Herrschers, die Augustalen; sie haben Theil an diesem Kulte, auch wenn derselbe nicht ihre eigentliche Aufgabe war. Als Aristokratie der Freigelassenen bilden sie in den einzelnen Orten die zweite bevorzugte Gesellschaftsklasse, und diese trägt von dem Kaiserkulte ihren Namen.

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Unter den Kaisern der beiden ersten Jahrhunderte haben Gaius und Domitian göttliche Verehrung am unbedingtesten gefordert. Gaius befahl sogar die Aufstellung des Kaiserbildes im Tempel zu Jerusalem; es erneuerten sich die Zeiten des Antiochos Epiphanes. Das jüdische Volk gerieth in Gährung, und ohne die Besonnenheit des Statthalters von Syrien wäre der Aufruhr wohl schon damals losgebrochen. Die Zurücknahme der Verordnung und der Tod des Gaius beruhigte die Juden wieder; aber der Hass gegen den Kaiserkultus und das römische Regiment in den Provinzen, das denselben beförderte, erfüllte dauernd die Gemüther. Wie die Gewaltthat des Syrerkönigs sich in den Visionen Daniels spiegelt, so äussert sich der Abscheu vor dem Kaiserkultus in einer anderen jüdischen Apokalypse, die den Grundstock der Offenbarung Johannis bildet. In der Verweigerung des Kaiserkultus standen Christen und Juden aber zusammen; die Forderung desselben trat auch an die Christen, und der Verweigerung folgte die Strafe. In dieser Lage haben die Christen die jüdische Apokalypse sich zu eigen machen können; ihre Stimmung war die gleiche. Auch neue Stücke, welche erst die christliche Fassung eingefügt und hinzugefügt hat, zeigen die Noth des bedrängten Glaubens und die Standhaftigkeit des Christen gegenüber einer Forderung, die für viele leicht, für ihn aber nicht zu erfüllen war. Ohne Schwierigkeit erlaubten die polytheistischen Religionen eine Erweiterung des Götterkreises; der Kaiser konnte zu den Nationalgottheiten hinzutreten, und die Verehrung der alten Götter wurde durch den neuen Kultus nicht geschmälert. Je allgemeiner der römischen Herrschaft diese Huldigung erwiesen wurde, ohne religiösen Bedenken zu begegnen, desto leichter konnte die Verweigerung derselben politisch motivirt erscheinen. Wie weit verbreitet war auch unter Griechen und Römern ein philosophischer Monotheismus! Und doch stand dieser der Anbequemung an die hergebrachten Formen und der religiösen Huldigung nicht im Wege. Schien eine Religion nicht reichsgefährlich, der es als ein Gräuel galt, was alle anderen willig boten? Die Consequenz des Staatsgedankens hätte dazu führen müssen, auch von den Juden den Kaiserkultus zu erzwingen; nur die geduldete Sonderstellung des sich isolirenden Volkes liess von einer Erneuerung der fehlgeschlagenen Versuche absehen. Anders aber stand es mit dem Christenthum, das aus den nationalen Schranken längst herausgetreten war.

Jetzt hat man in den Provinzen gelegentlich auch von den Christen die Anbetung des Kaisers gefordert. In Pergamon hatte sich der erste Tempel der Roma und des Augustus erhoben; all

jährlich trat das Koinon von Asien, das den Kult des Kaisers pflegte, eben in dieser Stadt zusammen. Aber das Auge des apokalyptischen Sehers erblickte dort den Thron des Satans. Dem Engel der Gemeinde in Pergamon wird geschrieben: ,,Ich weiss, wo du wohnest: wo der Thron des Satans ist; und du hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet in den Tagen Antipas, meines treuen Zeugen, der bei euch getödtet ward, da wo der Satan wohnt."1 Und es giebt bereits mehr Christen, die ,,durch das Wort ihres Zeugnisses" gesiegt und ,,das Leben verachtet haben, bis zum Tode";2,,die geköpft sind wegen des Zeugnisses Jesu und wegen des Wortes Gottes, und die da nicht angebetet hatten das Thier noch sein Bildniss". 3

Die Mittheilung des Irenaeus, der zu Folge die Offenbarung nur wenig vor seiner eigenen Zeit gegen Ende der Regierung Domitians 1 geschaut wurde, wird durch den Text der christlichen Bearbeitung selbst bestätigt. Und diese bezeugt zum ersten Mal, dass gegen Christen auf Grund ihrer Verweigerung des Kaiserkultus eingeschritten wurde. Es ist gewiss nicht zufällig, dass dieser Vorgang in die Regierung Domitians fällt, der ebenso stark wie Kaiser Gaius

1

Apok. 2, 13. In der Übertragung von Stellen des neuen Testamentes habe ich mich thunlichst an WEIZSÄCKER angeschlossen.

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4 Die innerhalb der historischen Theologie zur Herrschaft gelangte Hypothese, welche in der Offenbarung den Reflex der neronischen Christenverfolgung erblickte, ist durch MOMMSEN, Römische Geschichte V, 1885, S. 520 ff. auf das stärkste erschüttert worden. Die Opfer der neronischen Verfolgung wurden wegen angeblicher Brandstiftung hingerichtet, die Märtyrer der Apokalypse aber hatten den Kaiserkultus verweigert. Die Offenbarung ruhe auf dem Hass der Juden gegen diesen Kaiserkultus und das römische Regiment in den Provinzen. Auf ganz anderem Wege haben die Untersuchungen von EBERHARD VISCHER und ADOLF HARNACK die Ergebnisse von MOMMSEN theils bestätigt, theils weitergebildet; vgl. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur von OSCAR VON GEBHARDT und ADOLF HARNACK II. Band, Heft 3, 1886. An diese grundlegende Arbeit hat sich eine ganze Litteratur angeschlossen. Auf Grund der Analyse VISCHERS sieht HARNACK (a. a. O. S. 134–136) in der Offenbarung die unter Domitian entstandene christliche Bearbeitung einer älteren jüdischen Apokalypse. Ich habe mich bei meiner eigenen Untersuchung auf die Verwerthung von sicher christlichen Stücken beschränkt. Apok. 20, 4 sind wenigstens die Worte καὶ τὰς ψυχὰς τῶν πεπελεκισμένων διὰ τὴν μαρτυρίαν ̓Ιησοῦ καὶ διὰ τὸν λόγον τοῦ Θεοῦ sicher christlich; und wenn die folgenden Worte καὶ οἵτι νες οὐ προσεκύνησαν τὸ θηρίον οὐδὲ τὴν εἰκόνα αὐτοῦ κτλ. auch wirklich, was aber auch ich für unwahrscheinlich halte, dem jüdischen Grundstock entlehnt sein sollten, so hat sie der christliche Bearbeiter eben auch ohne Bedenken in diesem Zusammenhang entlehnen und sich zu eigen machen dürfen.

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seine Göttlichkeit betonte. Die Briefe der Procuratoren, für die der Kaiser selbst das Schema entworfen hatte, begannen mit den Worten:,,Unser Herr und Gott befiehlt." Und diese Auffassung der kaiserlichen Privatbeamten war mindestens ein deutlicher Wink für die Behörden. Die Criminaljurisdiction in den Provinzen wird vom Statthalter ausgeübt, in den senatorischen vom Proconsul, in den kaiserlichen vom legatus Augusti pro praetore. Bei dem hohen Werth, den Domitian auf seine göttliche Verehrung legte, ist es begreiflich, dass Verweigerung des Kaiserkultes nicht ohne schwere Strafe blieb. Trotz dem Gegensatze des Senates zu Domitian ist gar nicht daran zu denken, dass in den senatorischen Provinzen sich eine andere Anschauung hätte geltend machen können; es galt das Ansehen nicht nur der Person des Kaisers, sondern des römischen Reiches und seiner Herrschaft. Schwerlich wird ein Polytheist sich diesem Kultus entzogen haben, und dem Judenthum gegenüber hielt man die Forderung nicht aufrecht. Aber an den Christen war sie zu stellen, wo derselbe nicht mehr für einen Juden galt. Bei der weiten Verbreitung, die der christliche Glaube zeitig in Kleinasien gefunden hat, nimmt es nicht Wunder, wenn man hier die Selbständigkeit des Christenthums bemerkte; auch aus Kleinasien, aus Smyrna, berichtet die Apokalypse 2 von Zwistigkeiten zwischen Juden und Christen. Und gerade in der Provinz Asien mit ihrer Leidenschaft für den Kaiserkultus konnte jeder Augenblick dem Christen einen Anlass zum Bekenntniss seines Glaubens bieten. Die Offenbarung des Johannes beginnt mit einem Briefe an die sieben Kirchen in Asien, an die Gemeinden von Ephesos, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodikea. Unter der Regierung Domitians waren mindestens schon die ersten drei von diesen Städten Hüter von Kaisertempeln, Neokoren. Das erste christliche Opfer, von dem wir wissen, fiel dem Kaiserkultus in Pergamon, wo Antipas hingerichtet wurde. Einer besonderen Anweisung aus Rom, gegen die Christen vorzugehen, bedurfte der Statthalter von Asien gar nicht. Die Verweigerung des Kaiserkultus war auf jeden Fall ein Verbrechen, zumal unter einem Herrscher, der eine Frau hinrichten liess, weil sich dieselbe vor seiner Bildsäule entkleidet hatte3, der selbst in der Arena Majestätsverbrechen entdeckte, wenn man seine Gladiatoren nicht verehrte, der in ihnen sich geschmäht sah und seine Göttlichkeit, sein Numen dadurch für verletzt erklärte. Um wie viel weniger konnte es für fraglich gelten,

4

1 Sueton. Domit. 13. 2 2, 9.

s Dio 67, 12, 2. 4 Plin. paneg. 33.

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