Obrazy na stronie
PDF
ePub

Kaiser meint sonst, da er der Justitiae die Hand je nicht gesperrt sehen könnte, andere Maassregeln ergreifen zu müssen 1).

Dieselben staatskirchenrechtlichen Principien wurden unter Leopold I., Joseph I. und Karl VI. befolgt.

Und doch gaben viele der erlassenen Verordnungen selbst geradezu Zeugniss, wie sehr die früheren die Kirche beschränkenden Vorschriften in Vergessenheit gerathen waren, wie rücksichtsvoll man auch jezt noch und namentlich der unentschlossene ganz von seinem Beichtvater geleitete Leopold I. 2) die Geistlichkeit behandeln zu müssen glaubte.

Obgleich um nur einzelne Beispiele anzuführen, die Gesetze, welche die Veräusserung unbeweglicher Güter an Kirchen verboten, formell vollständig in Kraft standen, so war doch allmählich ein Zustand eingetreten, der i. J. 1669. von den Ständen dahin geschildert werden konnte, dass nach und nach fast alle dess Adels und der weltlichen Güter an die Geistlichkeit gelangen. Das Gesetz Leopolds vom 20. October 1669. schärfte die alten Vorschriften wieder ein 3).

Ebenso haben wir schon oben der Maassregeln Ferdinands III. wegen des Asylrechtes Erwähnung gethan. Auch diese scheinen von der Geistlichkeit missachtet worden zu sein, und als die niederösterreichische Regierung i. J. 1680. durchgreifend verfahren wollte, erhoben der Fürstbischof von Wien und der Nuntius so heftige Beschwerde, dass man durch Festhalten an dem Buchstaben des Gesetzes, wie das Rescript v. 9. März 1680. sich ausdrückt, in ein grosse Weitläuffigkeit einrennen möchte, welches aber bey jetzig gefährlichen Conjecturn nicht verantwortlich wäre. So begnügte man sich mit einem Reverse des Bischofes und einem begütigenden Versprechen des Nuntius).

Ungeachtet der Vorschriften des staatlichen Placets liess ferner der Official des Bischofs von Wien i. J. 1681. eine päpstliche Bulle ohne staatliche Genehmigung affigiren.

1) Ebendas., 1, 288. v. 7. October 1644.

2) Arneth, Prinz Eugen (Wien 1858.) 1, 191. 193.

3) Cod. Austr. 1, 409.

4) Cod. Austr. 1, 289.

Die österreichische Regierung befahl ihre Abnahme, und der Kaiser billigte das, allein zur Erhaltung guten Glimpffs liess er nachträglich doch die Publication zu 1).

Ebenso befahl der Kaiser i. J. 1702., als die niederösterreichische Regierung einen gegen ihre Jurisdiction widerspenstigen Geistlichen durch Einlegung einer Zwangseinquartierung gefügsam gemacht hatte, in Zukunft von solchen Maassnahmen Abstand zu nehmen, und lieber eine Sperrung der Temporalien zu verfügen, was er verträglicher, zulänglicher, auch respectu des geistlichen Standes anständiger fand 2).

Andererseits aber ist namentlich auf die kaiserliche Verfügung v. 6. November 1670. aufmerksam zu machen, welche die weltliche Behörde zwar zur Execution der geistlichen Urtheile anwies ), aber doch in jedem Fall de casu in casum eine Prüfung verlangte ob in denen ergehenden sententiis consistorialibus nichts so der Landes Verfassung nachdenklich, oder in statum publicum secularem einlauffe enthalten sei 4).

Und gleichfalls Erwähnung verdient der Beschluss vom 5. Februar 1681., dass die weltlichen Obrigkeiten in Vollziehung ihrer Strafen sich nicht durch die von den Pfarrern ihnen angedrohten kirchlichen Censuras irre machen lassen sollen 5), woran sich ähnliche Verfügungen geschlossen haben müssen, die in dem Erlasse Josephs I. v. 21. Juni 1706.: der Erzbischof zu Prag sey nicht befugt durch angedrohte Censuren u. s. w. die Verehrung des Gnadenbildes unserer Frauen im Carlshofe zu verbiethen erwähnt werden 6). Wir haben aus eurem gehorsamsten Bericht v. 18. Martis d. J., lautet der letztere, wegen der durch die Erzbischöffe

1) Verordn. v. 3. Febr. 1681. Cod. Austr. 1, 398.
2) Cod. Austr. 1, 399.

3) Als der Hofkriegsrath die Execution eines Consistorialspruches gegen einen calvinistischen Officier weigerte, der gegen geistliches Verbot ein katholisches Mädchen geheirathet hatte, verwies ihm Leopold unter dem 19. Febr. 1701. ernstlich sein Widerstreben. Ebendas. 1, 223.

4) Riegger, a. a. O. 1, 116. f.

Ebendas., 1, 122. f.

6) Ebendas., 1, 165. f.

[ocr errors]

zu Prag durch angedrohte Censuras und Vorschützung des Concilii Tridentini und Bullae Urbani VIII. abzustellen vermögenden Bildnuss der gebenedeytesten Mutter Gottes Maria aus dem Carlshof in Unterthänigkeit vortragen lassen, wie nun besagter Erz-Bischoff in hac causa und dadurch andächtige Beehrung besagte Bildnuss in einen Flor gekommen, mit keinen Censuris anzudrohen Ursach gehabt, noch hierzu auf einigerley Wege berechtiget ist, allermassen weyland Unser hochgeehrtester Herr Vatter.... als ebener Gestalt der vorhergegangene Erz-Bischoff wie auch der Bischoff zu Leutmeritz mit dergleichen Censuris in unserem Erb-Königreich Böheimb via facti progrediren wollen, derley vorgesinnte Censuren mit Remonstrirung derer unserm glorwürdigsten Erz-Hauss Oesterreich competirenden Privilegiis exemptionis und Immunitäten per severissima Rescripta nachdrücklich untersaget, und abgestellet haben, also auch in praesenti casu unser allergnädigster Befehl ist, dass es eine gleichmässige Bewandnuss haben und anfangs gedachter ErzBischoff darauf angewiesen werden, folgbahr die vorgehabte Censuras aus dem Sinn schlagen sollte; und sintemalen die Sachen wegen Unterdruckung der beschehenen Wunderthaten euerm gehorsamsten Bericht nach von Prälaten zu Carlshof dem Consistorio angezeigt und ratione quaestionis, ob es ein Miracul - Bild seye bei dem Päbstlichen Stuhl beyderseits angebracht worden, mithin die Eigenschaft dessen von dortaus dependiret, ihr auch keine sonderbare erhebliche Ursachen gefunden, warum die jetzige Gestalt zu alteriren, viel weniger diese Bildnuss zur Verhütung des scandali publici abzuthun wäre; so wird solchem alles quoad cultum besagten Bildnuss in statu quo imperturbiter verbleiben....

Im Uebrigen finden wir unter dieser Regierung 1), wie unter der folgenden 2) zwar auch hin und wieder geistlicher

1) Vgl. Verf. v. 16. Octob. 1711.: Fremde Provinzialen sollen sich nicht unterstehen, die einländischen Klöster zu visitiren, bei Riegger a. a. O. 1, 169. Ueber den politischen Conflict Josephs I. mit dem Papste und die Zurückweisung des päpstlichen Bannes als missbräuchlich, vgl. Menzel, a. a. O. 9, 468. ff. und siehe oben S. 90.

2) Verf. v. 30. April 1717. betreffend die Appellation von den geistlichen Consistoriis. Cod. Austr. 3, 789. In Profan-Sachen solle vom Consistorium an die Nieder-Oesterreichische Regierung appellirt wer

Ueberschreitung entgegengetreten, aber im Ganzen ein nachgiebiges Wesen, welches sich scheut, grosse principielle Fragen zu berühren, und den immer noch vorhandenen Widerstand der Geistlichen gegen die Staatsgesetze 1) gründlich zu brechen. Im äussersten Falle ist man eben zufrieden, den geistlichen Amtsmissbrauch als solchen zu constatiren, und harrt geduldig des sicheren Eintrittes eines neuen, um dann eben so unvollkommen und ebenso principienlos wieder Palliativmittel anzuwenden.

Mit der Regierung von Maria Theresia trat Oesterreich in eine neue Phase seiner Entwickelung 2).

Die lose Menge der verschiedenen österreichischen Staaten wurde zur festen Einheit zusammengefasst3), die Justiz von argen Missbräuchen gereinigt und durch das Princip der Trennung von der Verwaltung den modernen Ansprüchen conform gemacht), das Steuersystem ge

den, keinenfalls an den Papst oder Nuntius. Am 7. Aug. 1728. wird dem Wiener Domkapitel verwiesen, dass es seine päpstlichen Privilegia nicht,,bey Hof exhibiret und eine Resolution erwartet, sondern sich bey der Nuntiatur so weyt eingelassen haben." Ebendas. 4, 428. Im J. 1721., ebendas. 4, 4. 12., wurden Competenzconflicte zwischen geistlichem und weltlichem Gericht geregelt.

1) Ein charakteristisches Beispiel genüge. Als eine weltliche Behörde wegen Unzucht, i. J. 1727., den Mann zu einer Geldstrafe von 6. Rthlr. verurtheilt hatte, das Mädchen zu Spinnen und beide zu öffentlicher Kirchenbusse, verwandelte der Ortspfarrer diese letztere in eine Geldstrafe von 10. Rthlr. ,,und zwar aus diesem Vorwand, dass ihm Alleine, und nicht der weltlichen Obrigkeit gebühren thue, dergleichen Delinquenten zu bestraffen und zu begnadigen." Die Regierung resolvirte, dass die erkennende Behörde sich nicht irre machen lassen sollte, da „dem Pfarrer gar keine Jurisdiction zuständig, sondern die Bestraffung derer delictorum carnis zu denen Hals - Gerichten gehörig ist." Riegger, a. a. O. 2, 140. ff.

2) Arneth, Maria Theresias erste Regierungsjahre (Wien 1863. ff.) geht auf die inneren Verhältnisse nicht ein.

*) Vgl. die Relation des venezianischen Gesandten Polo Renier v. J. 1769. in Fontes. rer. Austr. II, 22, 310.

4) Vgl. Domin

Petrusheve cz, die Justizreform in Oesterreich seit dem Regierungsantritt Maria Theresias in Oesterr. Rev. 1865. 4, 74. ff.

regelt 1), das Schulwesen für ein politicum erklärt 2) und mit äusserster Sorgsamkeit behandelt ), und schliesslich auch das staatliche Hoheitsrecht über die Kirche in einer Weise ausgenutzt, dass die letztere wesentlich in die Botmässigkeit des Staates gebracht wurde).

Maria Theresias persönliche Frömmigkeit war unbestritten; ihr Eifer für die katholische Religion so ernst, dass sie den Protestanten eine Toleranz zu gewähren nicht vermocht werden konnte 5): dennoch hat sie wie nie ein österreichischer Regent vor ihr das ius circa sacra gehandhabt. Es hält nicht schwer die Lösung dieses scheinbaren Widerspruches zu finden ).

Die fürstliche Gewalt war seit dem westfälischen Frieden stätig gewachsen. Das Ständewesen lag meist zertrümmert; der Adel war zum Hofjunkerthum herabgedrückt; stehende Heere, karg besoldete und abhängige Beamte harrten jedes landesherrlichen Winkes. Da konnte auch die Kirche keine selbstständige Stellung einnehmen, sondern musste sich gefallen lassen, als eines der vielen Stücke der Staatsmaschine, nach dem Willen des Fürsten für ihre und die staatlichen Zwecke zu wirken. Stellten die Landesherren sich selbst als die ersten Diener des Staates dar, und ordneten sie ihre Personen, Wünsche und Neigungen dem Staatswohl und der Staatsraison unter, so glaubten sie auch

1) Vgl. Arneth, in Sitz. ber. d. k. k. Akad. phil. hist. Kl. 1859. 30, 320. ff.

2) Entschl. v. 28. Septbr. 1770. :,,Das Schulwesen aber ist und bleibet allzeit ein politicum" bei Helfert, die österr. Volksschule (Prag 1860.) 1, 118. f.

3) Helfert, a. a. O.

*) Der Unterschied zwischen den Verordnungen ihrer letzten Lebensjahre und Josephs II. ist nur quantitativ, nicht wie Warnkönig, a. a. O. 168. annimmt, qualitativ.

*) Vgl. namentlich ihren Brief an Joseph v. Juli 1777. bei Arneth, Maria Theresia und Joseph II. (Wien 1867.) 2, 158.:,,Point d'esprit de persécution, mais encore moins d'indifférence ou de tolérantisme, c'est ce que je compte tant que je vivrai de suivre"... Vgl. auch ebendas. S. 146.

6) Auf diesen weist auch hin: Maria Theresia ihr Staat und ihr Hof i. J. 1757; aus d. Pap. d. Grosskanzl. v. Fürst bei Ranke, hist.-polit. Ztschr. 2, 715. ff. (Berlin 1833—6.).

« PoprzedniaDalej »