Freidank ift ohne Zweifel ein angenommener Name, der die kühne Sprache des Dichters der „Bescheidenheit“ und die in dem Gedichte selbst mehrmals gerühmte Freiheit der Gedanken andeuten foll. W. Grimm hält Freidank für eine Perfon mit Walther von der Vogelweide, jedoch ohne zureichenden Grund. Gewiß ift nur fo viel, daß die beiden Männer in ihren Ansichten und Grundfätzen häufig übereinstimmen, und daß Freidank, wie vermuthlich auch Walther, den Kreuzzug Friedrichs II. mitgemacht hat, wie denn fogar ein Theil unferes Gedichts während deffelben (1229) entstanden ist. Freidanks Befcheidenheit nach Grimm fo genannt, weil fie über die verfchiedensten Lebensverhältniffe Befcheid gibt und zu verständigem Benehmen anleitet (bescheiden wer Befcheid weiß, verständig, einfichtsvoll), ift das trefflichfte moralische Gedicht des Mittelalters, das in einer Reihe unter fich nicht näher verbundener Betrachtungen über Religion, Moral und Politik die reichfte Lebensanfchauung entfaltet und in körnigen Sentenzen fowohl als in Gleichniffen, Fabeln u. dgl. einen unerfchöpflichen Schatz von Lebensweisheit mittheilt. Bis auf Luther herab war Freidank einer der gefeiertften und gelefensten deutschen Dichter. Vgl. Gervinus I, 471 ff. Koberftein S. 116. 119. 120. Gote dienen âne wanc deift aller wisheit anevanc. Swer umbe dife kurze zît die ewigen vröude gît, der hât fich felben gar betrogen unt zimbert ûf den regenbogen. Swer die fêle wil bewarn, Himel und erde ift niender hol, Vür fünde nie niht bezzers wart, Guoter gloube und reiniu werc daz lefchet fünde zaller zît, dâ manz mit guotem willen gît. Swer fünde lât, ê fi in lâze, der vert der wisen strâze. Sanfte ze tragene ift daz leit, daz ein man von fchulden treit; daz leit dem herzen nâhe gât, daz man unverdienet hât.. Hiute liep, morne leit, Vrælich armuot, deift grôz richeit âne guot. Genuoc ift bezzer, dan ze vil, dâ manz ze rehte merken wil. Den morgen forget menneclich, fò ift der åbent vröuden rich.. Gewiffe vriunt, verfuochtiu fwert diu fint ze note goldes wert. Swie man ze walde rüefet, daz felbe er wider güefet. Der hunger ift der befte koch, der ie wart oder wirdet noch. Ein albel ift bezzer ûf dem tifch, dan in dem wage ein michel vifch. Swer niht weiz unt niht vrâget, und niht kan und in lerns betråget,. unt die kunft, die er då kan, ze lernenne nieman gan, und hazzet den, der rehte tuot: difiu vieriu fint toren muot. Diu bant mac nieman vinden, diu mîne gedanke binden. 1) Wenn Einer auch nicht bis zum heiligen Grabe gelangt, fo hat er doch von folch gottgefälliger Fahrt großen Lohn zu erwarten. Unter den Minnefängern, bei welchen wir den höfifchen Ton in feiner ganzen Reinheit finden, dürften die in der Überfchrift genannten leicht die vorzüglichsten fein. Beide find durch Wärme der Empfindung, Anmuth der Darstellung und Neuheit der Bilder ausgezeichnet; und doch können fie infofern die Gattung, der sie angehören, repräfentiren, als auch bei ihnen, wie bei allen Übrigen, neben bald verfchmähter, bald erwiederter Liebe, Mai und Blumen und Vögelgefang die Hauptrolle spielen. Zeit und Vaterland der beiden Dichter find nicht näher bekannt.. Den Morungen macht J. Grimm (Grammatik I, 455.) zu einem Niederdeutschen, und W. Wackernagel (im Lesebuch) ftellt ihn vor Hartmann von Aue; v. d. Hagen dagegen (Minnef. IV, 911.) läßt fowohl ihn als Chriftian von Hamle um 1225 dichten, während Wackernagel den Hamle nach Rudolf von Ems fetzt. Vgl. v. d. Hagen, Minnefinger IV, 118. 122. ff. Gervinus I, 327 f. 1) MINNELIed des heiINRICH VON MORUNGEN. In fo hôher fwebender wunne fô geftuont mîn herze an vröuden nie: Ich var, alfe ich vliegen kunne, mit gedanken iemer umbe fie, Sit daz mich ir trôst enphie, Swaz ich wunnecliches fchouwe, (Benecke's Beiträge zur Kenntnifs altdeutscher Sprache und Literatur. S. 303 ff. V. d. Hagen's Minnefinger II, 98 ff. III, 185 ff. 468. II, d. 81 ff. III, 48.) Der Erfte der oben Genannten ift der Schöpfer einer eigenthümlichen Gattung von Gedichten, welche vielfach nachgeahmt und mit dem Namen „Neidharte" belegt wurden. Diefelben haben das Leben der Landleute, ihre Tänze, Raufercien, Liebeshändel u. f. f. zum Gegenstande, find jedoch nicht zunächst für Bauern, fondern zur Beluftigung der Hofleute bestimmt, unter welchen Neidhart lebte. Er ftammte aus einem edeln Gefchlecht in Baiern, wo er eine Befitzung Riuwenthal hatte, und machte einen Kreuzzug mit, wahrfcheinlich den des Herzogs Leopold VII. von Öftreich in den Jahren 1217-1219. Im Jahr 1230 fah er fich durch die Ungnade des Herzogs von Baiern genöthigt, fein Vaterland zu verlaßen, und begab fich an den Hof Friedrichs II. des Streitbaren von Öftreich. Er ftarb zu Wien, 1) Alles, was ich fchaue, hüpfe meiner Wonne entgegen, theile fie mit mir! — 2) Im gläfernen Käfig. |