(Mafsmann, Gedichte des zwölften Jahrhunderts, in der Bibliothek der deutfchen NationalLiteratur, Bd. III. S. 64 ff.). Unter den deutfchen Epikern vor Hartmann von Aue ift ohne Zweifel der Pfaffe Lamprecht, der nach der Mitte des zwölften Jahrhunderts dichtete, der ausgezeichnetfte. Zwar wißen wir nicht, wie viel von dem Verdienfte feiner Arbeit auf Rechnung des Elberich von Bifenzun 1) kommt, dem er nachzuerzählen verfichert. Wäre aber auch feine Abhängigkeit von dem französischen Original 3) Dem Kaifer. *) iz ift her ûz erbluot = es ist heraus erblüht; es ist wie eine Blüthe, die aus der Knofpe hervorbricht, ans Licht gekommen. 5) Du follteft ihn als Bruder lieben, und in Folge davon gegen mich, feinen Vater, nicht fo Schlimmes im Schilde führen. 6) Entweder: du wirft ungewohnte Erfahrungen machen; oder: du wirft bald die Nachricht von meinem Tode erhalten. Ich habe davon große Noth, nämlich von deinem Vorschlag, oder von dem, was Gegenstand jener Nachricht ift.) mêre verstärkt nur das iemmir; vgl. nimmermehr, 9) Als Zeichen, daß er ihm den fraglichen Auftrag ertheile. 1) Bifenzun = Befançon (mittellatein Vefontio); in keinem Fall Vicenza, wie J. Grimm und nach ihm Gervinus meint. größer, als wir anzunehmen Urfache haben; jedenfalls müßten wir die Gewandtheit bewundern, mit der er daffelbe zu verdeutschen gewußt hat. Seine Darstellung ist schmucklos, aber warm und kräftig; feine Sprache edel, obwohl weit entfernt von jener ängstlichen Correctheit, durch welche die Dichter des folgenden Jahrhunderts fich auszeichnen. Wie in allen Alexandersliedern des Mittelalters (man vergl. Rudolph von Hohenems, Ulrich von Efchenbach u. A.), fo laßen sich auch in dem Gedichte Lamprecht's zwei Theile unterscheiden, deren einer sich in den Gränzen gefchichtlicher Wahrfcheinlichkeit hält, und den Curtius zur Grundlage hat, während der andere voll von wunderbaren Mährchen ift. Dem zweiten Theile gehört ein 670 Verfe umfaßender Brief Alexanders an feine Mutter Olympias und feinen Lehrer Ariftoteles an, der ohne Frage das Vorzüglichste ift, was unser Gedicht enthält. Vgl. Gervinus I, 272 ff. Koberstein S. 91. AUS DEM BRIEFE ALEXANDERS AN OLYMPIAS UND ARISTOTELES, 5358.) manigen edelen brunnen, der ûz dem walde quam gerunnen ih unde mîne helede balt wir liezen unfe ros ftân di då in den stunden 1) wær er (der Sang anderer Menfchen). fpilten uf dem grunen clé unde fuaz uns leides ie gefcah. Uns allen fò bedûhte, alfiz wol mohte, daz wir genuc habeten di wile daz wir lebeten frowede unde rîcheit. Da uergaz ih angift unde leit unde mine gefinde, unde fuaz uns uon kinde ie leides gefcach biz an den felben tach. Mir dûhte an der ftunt, ih ne wrde niemer ungefunt: ob ih dâr iemer mufte wefen, fo wâre ih garwe genefen uon aller angiftlicher nôt unde ne forhte niwit den tôt. Woldir nû rehte uerftân, wi iz umbe di frowen quam, wannen fi bequâmen oder wilich ende fi nâmen, des mach iu wol befunder nemen michil wnder. Suanne der winter abe gienc unde der fumer ane vienc 2) unde iz begunde grunen unde di edelen blumen in dem walt begunden ûf gân, do wâren fi uil wol getân: liecht was ir glîze; ir rôte unde ir wîze uil uerre uon in fchein. Blumen ne wart nie nehein, di fcôner wefen mohte. Si wâren, alfuns bedûhte, rechte finewel als ein bal unde uafte beflozzen ubir al. Si waren wnderlichen grôz. Alfe fih di blume obene entflóz, daz merket an ûheren finne, fo waren dar inne megede rehte uollencomen. Ih fagûh als ichz hân uernomen. Si giengen unde lebeten, menfchen fin fi habeten unde redeten unde bâten, rehte alfe fi hâten aldir umbe zuelif jâr. Si waren gefcaffen, daz is war, fcône an ir libe. Ih ne fach nie uon wîbe fconer antluzze mê noh ougen alfo wol ste. Ir arme unde ir hande waren blanc als einem harme, fi ne phlêge fcôner hubifcheit. daz ê noh fint nehein man fo fuze ftimme ne uernam. Mugint irs getrûwen, fo folden dife 4) frowen alliz an dem fcate wefen, fi ne mohten andirs nit genefen. Suilhe di funne befchein, der ne bleib zelibe nie nehein. Daz wndær daz was manicfalt. do war irfchelleti de walt uon der fuzer ftimme, di då fungen inne di fugele unde di magetîn: wi mohtiz wnniclicher fin frô 5) unde fpâte ! al ir libis gewête des mugent ir gelouben. was ane fi gewassen, 6) fint der werlt unkunt. Nâh minem here fantih zeftunt. Dô fi ze mir quâmen in den walt, niht an daz felt. Ih unde mîne lûte wir wolten dår blîuen unde nåmen fi ze wîben unde hâtten mêr wnnen, Idan wir ie gewnnen, Owê, daz wir fô fchiere uerlorn daz michele gemach! diz wnder ih alliz fah felbe mit mînen ougen, Diz werte, alfih iu fage, drî månede unde zuelif tage, daz ih unde mîne helede balt wâren in dem grunen walt unde bi der fcônen owen mit den lieben frowen, unde wnne mit in habeten unde mit froweden lebeten. Uil jâmerliche uns dô gefcach, daz ih uerclagen nit ne mach. Dô di zît uollengienc, unfe frowede di zegienc: di blumen gare uerturben unde di fcônen frowen sturben. Di boume ir loub liezen unde di brunnen ir fliezen unde die fugele ir fingen. Dô begunde duingen unfrowede mîn herze mit manicfalder fmerze. Freislich was mîn ungemach, daz ih alle tage fah an den fcônen frowen. Owê, wi fi mich rûwen! dô ih fi fah fterben unde di blumen uerterben, do fchiet ih trùrich dannen mit allen mînen mannen. 27. DIE LEGENDE VOM PILATUS. (Mafsmann, Gedichte des zwölften Jahrhunderts, in der Bibliothek der deutfchen NationalLiteratur, Bd. III. S. 145 ff.) Neben einem Leich auf die Jungfrau Maria (Sequentia de S. Maria; Lachmann über die Leiche S. 427 ff. Wackernagel, altd. Lefebuch Sp. 273 ff.) ift die Legende vom Pilatus das ältefte mittelhochdeutsche Gedicht, worin fich ein reiner Reim und sorgfältiger Versbau finden. Der Eingang des Gedichts hat auch poetischen Werth; dagegen ift die Legende felbft, von der wir übrigens nur noch den Anfang (mit dem Eingang 445 Verfe) haben, ziemlich trocken einem lateinifchen Originale nacherzählt. 6) gewahlen. 7) fâhen gên. 8) Unfer Herz hüpfte ihnen entgegen. Anegin unde ende, dinen geift mir fende zô minem beginne ; blîb mit mir derinne, unz ih derûz muge komen. Diz mêre, daz ih hân uernomen, di mih heizet sprechen, fi hât uns uon dem feile fi ift uns allir dinge trôft. In difem ellende zô unfis libis ende fal fi uns gut ende 2) fîn. Si hât den 3) wâren funne schin ûf der erden gwnnen: mânen unde funnen, di fterren fi ubir blichit. Ir kûfcheit gelîchet der lylien an der wîze. In der hellewize ein plafter unde femfticheit; (61 142.) in der barmherzicheit imer bereite. Der uerleiten geleite wider an di hulde unde uon der fculde, wider an daz rehte uon dem unrehte, wider an di gnåde uon der ungenâde, ze ruowe unde zewnne: uon judifchem kunne alfe uon dorne geborn, ein reht rôfâ âne dorn. Aller wibe bluome daz ih dih loben muze. ir lob fcriben, di uor allen wîben gefegent muz imer wefen? wi getar min munt ir lob lefen? wi getar mîn ouge ir lob fehen? daz ir gnâden ist geschên, wi tar ih daz kunden, fît uon den funden bin ein unreine uaz? wi tar ih loben uor baz di di des lobis ift fô uol, daz ih durh einer nâldin hol einen olbent ê brêhte, ê ih daz irdêhte, daz fi eine lobis hât! mîn fin mir gar widerstât, wand ih niemer ne mah ubirlûhten den tach! 1) irvouhtet Maßm. *) gewunden den Verwundeten. |