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Abfall von der Wahrheit, sondern sie erklären sich zuerst aus dem Mißverhältniß der heidenchristlichen Begriffsbildung zu den im A. T. wurzelnden christlichen Ideen, und dann aus dem Bedürf niß der Kirche, den håretischen Sekten und den Verfolgungen der Welt gegenüber, die Religionsgemeinschaft in die politischen Formen einer Theokratie zu binden. Die offene und rückhaltlose Beurtheilung der Abweichung dieser Bedingungen der altkatholischen Kirche von den Normen im N. L. ist nicht eine Verurtheilung jener ehrwürdigen Epoche der christlichen Kirche, sondern das unumgängliche Mittel, die Vorzeit zu erkennen. Und wenn auch die heidenchristliche Kirche nicht umhin konnte, den Weg zu gehen, den sie eingeschlagen hat, und wenn sie die geseßlichen und theokratischen Formen durchmachen mußte, so gereicht es doch den Männern, die auch wir als unsere Ahnen anerkennen, nicht zur Unehre, an dem Maaße Christi und der Apostel gemessen zu werden. Denn, sagen wir mit Tertullian, dominus noster Christus veritatem se, non consuetudinem cognominavit. Si semper Christus, et prior omnibus; aeque veritas sempiterna et antiqua res. Viderint ergo, quibus novum est, quod sibi vetus est!

Anhang.

Der Brief des Polykarp an die Philipper.

Da der Brief des Polykarp an die Philipper nicht nur das ålteste Zeugniß für das Vorhandensein der ignatianischen Briefe enthålt '), sondern auch in unmittelbarer Beziehung zu Aufträgen steht, welche Ignatius in dem Briefe an die Smyrnåer ertheilt 2), so ist auch jener Brief in die kritischen Urtheile über die ignatianischen Schriften eingeschlossen worden. Von Schwegler ist derselbe ebenso für völlig unecht erklärt worden, wie die Briefe des Ignatius 3); und Bunsen hat die von ihm an den ignatianischen Briefen durchgeführte Interpolationshypothese auch auf den Brief des Polykarp angewendet, um dadurch die Echtheit wenigstens des größten Theiles desselben zu retten "). Gegen beide Urtheile müssen wir uns erklären.

1) Cap. 13: Ἐγράψατέ μοι ὑμεῖς καὶ Ἰγνάτιος, ἵνα ἐάν τις απέρχηται εἰς Συρίαν, καὶ τὰ παρ' ὑμῶν ἀποκομίσῃ γράμματα, ὅπερ ποιήσω, ἐὰν λάβω καιρὸν εὔθειον εἴτε ἐγώ, εἴτε ὃν πέμψω πρεσβεύσοντα καὶ περὶ ὑμῶν. Τὰς ἐπιστολὰς Ἰγνατίου τὰς πεμφθείσας ἡμῖν ὑπ ̓ αὐτοῦ, καὶ ἄλλας, ὅσας είχομεν παρ' ἡμῖν, ἐπέμψαμεν καθὼς ἐνετείλασθε· αἵτινες ὑποτεταγμέναι εἰσὶ τῇ ἐπιστολῇ ταύτῃ· ἐξ ὧν μεγάλα ὠφεληθῆναι δυνήσεσθε. Περιέχουσι γὰρ πίστιν καὶ ὑπομονὴν καὶ πᾶσαν οικοδομὴν, τὴν εἰς τὸν κύριον ἡμῶν ἀνήκουσαν. Εt de ipso Ignatio et de his, qui cum eo sunt, quod certius agnoveritis, significate.

2) Ign. ad Smyrn. 11: Πρέπει εἰς τιμὴν θεοῦ χειροτονῆσαι τὴν ἐκκλησίαν ὑμῶν Θεοπρεσβύτην εἰς τὸ γενόμενον ἕως Συρίας συγχαρῆναι αὐτοῖς, ὅτι εἰρηνεύουσιν. Ἐφάνη μοι οὖν ἄξιον πρᾶγμα, πέμψαι τινα τῶν ὑμετέρων μετ ̓ ἐπιστολῆς, ἵνα συνδοξάσῃ τὴν κατὰ Θεὸν αὐτοῖς γενομένην ευδίαν.

3) Nachapostolisches Zeitalter 2. Th. S. 154 f.

4) Ignatius von Antiochia und seine Zeit S. 107 f.

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Schwegler hat bei seiner Kritik des Briefes übersehen, daß derselbe von Irenåus (Adv. haer. III, 3) bezeugt ist, und man muß gestehen, daß ein Zeugniß dieses Mannes bei seiner Verbindung mit Polykarp eine größere Bedeutung hat, als ein gleichzeitiges von einem andern dem Polykarp ferner stehenden Manne haben würde. Freilich ist nun zuzugeben, daß wenn der Brief kurz nach dem Tode des Ignatius geschrieben sein will, die deutlichen Anspielungen auf die Gnosis damit im Widerspruch stehen. Allein im Vergleich mit jenem Zeugniß ist S ch we glers Urtheil doch zu gewaltsam, als daß man nicht noch auf einem andern Wege die Lösung der Schwierigkeit versuchen sollte, ehe man sich der Erklärung der völligen Unechtheit des Briefes anschlösse. Dieser Weg ist die Hypothese der Interpolation, welche zuerst von Dallåus versucht, und von Bunsen wiederholt worden ist. Beide bringen dieselbe nur in geringem Maaße in Anwendung, indem sie allein das oben angeführte 13te Kapitel in Anspruch nehmen. Dasselbe enthält eben die genaue Bezugnahme auf die ignatianischen Briefe und die Zeitbestimmung, welche mit den Anspielungen auf die Gnosis sich nicht vereinigen läßt. Wenn sich also genügende Gründe für die Interpolation dieses Kapitels anführen ließen, so würde allerdings das Hauptmotiv für die Annahme der völligen Unechtheit beseitigt. Die Hypothese der Interpolation des 13ten Kapitels stüßt Dallaus zuerst auf den Widerspruch der Schlußworte desselben mit dem 9ten Kapitel. Da im 9ten Kapitel der Tod des Ignatius als bekannte Thatsache von dem Briefschreiber vorausgeseßt wird, so soll es nicht derselbe Mann sein, welcher in den Worten: et de ipso Ignatio, et de his, qui cum eo sunt, quod certius agnoveritis, significate, mindestens seine Unbekanntschaft mit dem Schicksale des Ignatius, wenn nicht sogar die Voraussetzung kund giebt, daß derselbe noch am Leben sei. Ferner wird nun aber gegen das ganze Kapitel eingewandt, daß es durch seine Stellung nach den Schlußermahnungen des Briefes als Nachtrag verdächtig sei. Diese Gründe haben ihre Widerlegung schon durch Hefele (Patres apostolici, Prolegomena p. LXX. edit. III) gefunden. Wenn auch das Kapitel gegen

die Erwartung nach den Schlußermahnungen eintritt, also als Nachtrag erscheint, so ist diese Erscheinung im Briefstyl etwas gar nicht Ungewohntes, und deßhalb kann die Unterbrechung von brieflichen Schlußformeln durch Besprechung einer speciellen Angelegenheit unmöglich als Kriterium der Interpolation angesehen werden. Deßhalb würde dieser Verdacht höchstens auf den erwähnten Schlußsaß des 13ten Kapitels seine Anwendung finden, wenn derselbe wirklich im Widerspruch mit dem 9ten Kapitel stånde. Aber auch dies ist nicht der Fall. Die Vorausseßung, welche in den Worten enthalten sein soll, als wäre Ignatius noch am Leben, ist lediglich ein Schein, den die alte lateinische Ueberseßung verschuldet. Der verloren gegangene griechische Cert mu gelautet haben: καὶ περὶ αὐτοῦ τοῦ Ἰγνατίου καὶ τῶν μετ' αὐτοῦ ἅτινα ἐγνώκατε, μηνύετε, hat alfo in feinem gall eine Andeutung davon enthalten, daß die Begleiter des Ignatius noch damals um ihn waren, daß er selbst also noch nicht gestorben war. Aber auch abgesehen hievon ist kein Widerspruch zwischen den vorliegenden Worten und dem 9ten Kapitel nachzuweisen. Wenn auch der Schreiber Kunde von dem erfolgten Tode des Ignatius hatte, so fehlte ihm doch genauere Nachricht über die letten Schicksale des Martyrers und seiner Begleiter. Von Smyrna aus konnte er wohl in Philippi Manches zu erfahren hoffen, was nicht mit gleicher Leichtigkeit aus Rom nach Smyrna gelangen konnte, und deßhalb wandte er sich um genauere Auskunft an die Rom nåher gelegene Gemeinde. Indem das 13te Kapitel angiebt, daß die lezten brieflichen Auftråge des Ignatius, nämlich die Sendungen der Gemeinden nach Antiochia, noch nicht ausgeführt waren, läßt es errathen, daß der Lod des Ignatius vor nicht langer Zeit erfolgt war. Zwischen diesem Umstande und dem 9ten Kapitel ist nun aber auch kein Widerspruch, sofern dasselbe keine einzige Andeutung über eine größere oder geringere Zeitferne des Todes des Mårtyrers enthält. Daraus, daß Ignatius an jener Stelle unter den Märtyrern zuerst genannt ist, folgt nicht, wie Bunsen will, daß er schon längere Zeit todt ist, sondern daß der Schreiber besonders ihn im

Sinne hatte, was auch gleich aus dem Anfange des Schreibens hervorgeht.

Wir müssen also auch die Interpolationshypothese in der Gestalt, welche sie von Dallaus und Bunsen erhalten hat, für verunglückt erklären. Darum schließen wir uns aber nicht der Unechtheitserklärung an, sondern versuchen die Interpolationshypothese an anderen Stellen und mit anderen Mitteln durchzuführen.

Der Brief in der uns vorliegenden Gestalt ermangelt des einheitlichen Gepräges. Wir vermissen die Klarheit in dem Verhältniß von Veranlassung, Zweck und Inhalt. Der leßtere zerfållt in drei Gruppen, die allgemeinen Ermahnungen (Kap. 1-10), die Ermahnung zur Nachsicht gegen den erkommunicirten Presbyter Valens (Kap. 11. 12), die Erkundigungen und Aufträge in Hinsicht des Ignatius (Kap. 13). Die letteren sind mit den allgemeinen Ermahnungen einigermaßen dadurch verknüpft, daß das Vorbild des Martyrers in den Gang der Parånese verflochten ist. Im Vergleich damit erscheint die Disciplinarsache des Valens als etwas Beiläufiges. Man sollte aber denken, daß gerade dieser Fall, der die Gemeinde zu Philippi sehr beschäftigen mußte, den Brief des Polykarp hervorgerufen hat, und daß die allgemeinen Ermahnungen die Grundlage für die Anweisung sein sollen, wie die Gemeinde sich dem Vergehen des Valens gegenüber verhalten sollte. Allein Kap. 3. verråth uns, daß die philippischen Christen den Polykarp aufgefordert haben, ihnen einen allgemeinen Ermahnungsbrief zu schreiben. Dadurch wird das individuelle Gepräge, welches man von jedem Brief erwartet, ausgeschlossen, und man ist verwundert, daß der Schreiber mit dem elften Kapitel zu der speciellen Angelegenheit des Valens übergeht, während man nach jener Vorbemerkung nichts Individuelles erwartet. Logische und åsthetische Klarheit ist zwar seit dem Mittelalter nicht immer ein Element christlicher Schriftstellerei gewesen; indessen glauben wir den Grundsaß aufstellen zu dürfen, daß sie die formale Bildung in der griechisch redenden alten Kirche auszeichnet. Daß der Brief des Polykarp, wie er vorliegt, keine Klarheit in den Verhält

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