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griffen hat, darüber steht nichts geschrieben. Vielmehr hat er offenbar Gnostiker gemeint, bei denen jener Ausspruch gangbar war 1), ohne daß er der Aneignung durch Paulus sich erinnert haben wird. Mag nun aber die persönliche Ansicht des Hegesipp viel deutlicher den Stempel des Judenchristenthums tragen, als wir anerkennen können, so ist jedenfalls die Formel, in welcher er den allgemeinen Zustand der Kirche seiner Zeit beschreibt, nichts weniger als judenchristlich 2). Das Geseß und die Propheten und der Herr sind die Auktoritäten der katholis schen Kirche, mit denen dieselbe gerade in der Zeit des Hegesipp sich gegen die Gnosis richtete 3), und sind weit davon entfernt, die Merkmale der judenchristlichen Richtung im Unterschiede von der paulinischen zu sein, welche es damals entweder gar nicht, oder in Gestalt der katholischen Anschauung gab. Wenn Heges sipp neben der Auktorität des Herrn die der Apostel noch nicht nannte, so geht daraus hervor, daß die Kanonisirung der apostolischen Schriften damals noch nicht festgestellt war, was auch aus allen anderen Umständen folgt. Wenn also Hegesipp auf seinen Rundreisen zwischen 150-160 in allen Gemeinden jene drei Auktoritäten herrschend fand, so ist er nicht ein Zeuge für das Vorherrschen des Judenchristenthums, sondern für die schon entschiedene Herrschaft des katholischen Christenthu mes, welches nicht mehr lange zögerte, den jüdischen Christen die Gemeinschaft aufzukündigen.

φαμένους τῶν τε θείων γραφῶν καὶ τοῦ κυρίου λέγοντος· μακάριοι οἱ ὀφθαλμοὶ ὑμῶν καὶ τὰ ὦτα ὑμῶν τὰ ἀκούοντα.

1) Hippol. Refut. V, 24. 26. 27. VII, 24. Vgl. Hilgenfeld, Apost. Väter S. 102.

2) Eus. Η. Ε. ΙV, 22: Ἐν ἑκάστῃ διαδοχῇ καὶ ἐν ἑκάστῃ πόλει οὕτως ἔχει, ὡς ὁ νόμος κηρύττει, καὶ οἱ προφῆται καὶ ὁ κύριος.

3) Const. Ap. II, 39: Οἱ κατηχούμενοι μὴ κοινωνείτωσαν ἐν τῇ προςευχῇ, ἀλλ' ἐξερχέσθωσαν μετὰ τὴν ἀνάγνωσιν τοῦ νόμου καὶ τῶν προφητῶν καὶ τοῦ εὐαγγελίου. Tertullian. de praescript. haer 36: Ecclesia legem et prophetas cum evangelicis et apostolicis scriptis miscet. iren, adv. haer. II, 35, 4: Dictis nostris consonat praedicatio apostolorum, et domini magisterium et prophetarum annuntiatio et apostolorum ministratio et legislationis dictatio. Ep. ad Diogn 11: Eira póßos vóμov žderai, καὶ προφητῶν χάρις γινώσκεται, καὶ εὐαγγελίων πίστις ἵδρυται καὶ αποστύλων παράδοσις φυλάσσεται.

In die Geschichte der Ausscheidung des jüdischen Christenthums durch die heidenchristlich-katholische Kirche gehört nicht der Passahstreit, welcher im zweiten Jahrhundert zwischen Rom und Kleinasien in verschiedenen Akten sich bewegte. Die kleinasiatische Observanz, welche durch Polykarp von Smyrna, Melito von Sardes und Polykrates von Ephesus vertreten wird, richtete sich allerdings nach der jüdischen Berechnung des Passahfestes. Am 14. Nisan beschloß man in den kleinasiatischen Gemeinden durch feierliche Eucharistie das vorhergegangene Fasten. Dagegen in Rom feierte man den auf den 14. Nisan folgenden Sonntag zur Erinnerung an die Auferstehung durch den Beschluß der Fastenzeit. Diese Sitte ist freilich unabhängig von der jus dischen Festberechnung. Aber auch die Feier der Kleinasiaten ist nichts weniger als judenchristlich. Denn wenn auch Baur und Hilgenfeld darin Recht hätten, daß die am 14. Nisan gefeierte Eucharistie an die Einsehung derselben durch Jesus am Abend vor seinem Todestage erinnern sollte (s. o. S. 123), so ist doch zugestanden, daß dies eine rein christliche Feier ist 1). Hingegen ist der Beschluß der Fasten, der Trauerzeit, am 14. Nisan, dem Todestage Jesu nur zu verstehen, wenn der Tod des wahren Passahlammes als der Akt der Erlösung aufgefaßt wurde, welcher den Umschwung von der Trauer zur Freude motivirte 2). Allerdings tritt nun gegen Ende des zweiten Jahrhunderts eine andere Klasse von Quartodecimanern in Laodicea auf, welche die Feier des 14. Nisan durch die Eucharistie mit der Nothwens digkeit, der Chronologie des Matthäus zu folgen, motiviren; welche also nicht die Auferstehung oder den Tod Christi, sondern nur die Einsetzung des Abendmahls feiern. Gegen diese Partei machen Apollinaris von Hierapolis, Clemens von Alexandria

1) Baur, Christenthum der drei ersten Jahrhunderte S. 143: „Man könnte denken, die kleinasiatische Partei have, als eine streng judaistrende, das Passah ganz nur in jüdischer Weise gefeiert; allein dies war nicht der Fall, und es weist auch in der Polemik der Gegner, welche dies nicht hätten verschweigen können, nichts darauf hin.“

2) Vgl. Weigel, Die christliche Passafeier der drei ersten Jahrhunderte; Steig, Die Differenz der Occidentalen und der Kleinajaten in der Pascha: feier, in den Theol. Stud. und Krit. 1856; 4. Heft.

und der römische Hippolytus geltend, daß Christus als das wahre Passahlamm an demselben Tage gestorben sei, an dessen Abend er nach der Ansicht der Gegner das Abendmahl eingesezt haben solle. Aber auch diese von der kleinasiatischen Gesammtkirche isolirte Partei scheint nicht mit dem Judenchristenthum zusammens gehangen zu haben. Allerdings wird in Beziehung auf die esse= nischen Ebjoniten angegeben, daß sie das Abendmahl in ihrer Weise jährlich einmal, also wahrscheinlich am Jahrestage seiner Einsetzung, gefeiert haben (f. o. S. 206); allein diese Analogie mit der laodicenischen Partei läßt die leßtere beim Mangel aller anderen Indicien noch nicht als judenchristlich erscheinen; es ist daher unmöglich, die Herkunft dieser abweichenden Ansicht mit irgend welcher Sicherheit zu errathen.

Abgesehen von dieser singulåren Erscheinung ist der Streit zwischen Rom und Kleinasien nicht so zu deuten, als ob die zwischen Aniket von Rom und Polykarp von Smyrna verabredete gegenseitige Duldung auf die noch bestehende Harmonie zwischen Juden und Heiden christenthum, und als ob das spätere herrische Verfahren Viktors von Rom gegen die kleinasiatische Kirche auf den Sieg dieser Richtung über jene hinwiese. Beide Formen der Sitte gehören der heidenchristlich-katholischen Kirche an; und wenn spåterhin die eine unter die Anklage des Judaisirens gestellt wurde, so ist darin nicht die Veranlassung des Streites im zweiten Jahrhundert zu erkennen. Das Motiv der Verwerfung der kleinasiatischen Observanz war überhaupt der Trieb nach Uniformität des Kultus und der kirchlichen Sitte. Daß nun in jenem Falle der Vorwurf der Abhängigkeit vom Judenthum erhoben wurde, ist nur ein polemisches Mittel, gegen welches es auffallend absticht, daß die heidenchristlich-katholische Kirche seit dem dritten Jahrhundert beginnt, allerlei Elemente des mosaifchen Gesetzes zum Aufbau ihrer politischen und socialen Gestaltung zu verwenden.

Vierter Abschnitt.

Das Heideuchriftenthum bis in die Mitte des zweiten

Jahrhunderts.

Das Gegentheil des jüdischen Christenthums in der Epoche von der Apostelzeit bis zur Ausschließung der jüdischen Christen aus der Kirche ist das Heidenchristenthum, und nicht der Paulis nismus. Einer Lebensgestalt, wie das jüdische Christenthum ist, steht in jener Zeit nicht blos eine Doktrin, sondern eine andere Lebensgestalt gegenüber. Die Verhandlungen über diese Periode der christlichen Kirche haben deßhalb noch nicht eine Verständigung herbeigeführt, und die Frage nach der Abstammung der altkatholischen Kirche ist deßhalb noch nicht erledigt, weil die entgegengefeßten Ansichten sich um das in sich verkehrte Problem drehten, ob die katholische Kirche auf der Grundlage des Judenchristenthums oder auf der des Paulinismus sich entwickelt habe. Allerdings ist Paulus, obgleich weder der erste, noch der einzige Heidenmissionar, doch der Gründer des Christenthums der Heiden. Aber dadurch ist es nicht verbürgt, daß seine specifische Lehrart die religiöse Ueberzeugung der Heidenchristen im Allgemeinen je beherrscht hat 1). Wir müssen es vielmehr in Frage stellen, ob die in den Briefen an die Galater und an die Römer dargelegte Gedankenreihe auch von den treuen und ergebenen Anhångern des Paulus vollständig und richtig angeeignet worden ist.

1) Vgl. Köstlin, Zur Geschichte des Urchristenthums. Theol. Jahrb. 1850. . 35 ff.

Denn die Auffassung der Gerechtigkeit aus dem Glauben steht in einem so persönlichen Gegensaße zu der frühern pharisäischen Richtung des Paulus, daß den Heidenchristen kaum zugetraut werden kann, daß sie jenen Hauptgedanken des Apostels in seinem ganzen Umfange zu lebendigem Besiße gebracht haben. Die Heidenchristen bedurften überhaupt erst der Belehrung über die Einheit Gottes und die Geschichte seiner Bundesoffenbarung, über sittliche Gerechtigkeit und Gericht, über Sünde und Erldsung, über Gottesreich und Sohn Gottes, ehe sie auf die dialektischen Beziehungen zwischen Sünde und Geseß, Gnade und Rechtfertigung, Glaube und Gerechtigkeit lebendig einzugehen vers mochten. Und man darf auch durch die eigentlichen Lehrbriefe an die Galater und die Römer, an die Kolosser und die Epheser die Aufmerksamkeit nicht so von den anderen Briefen des Paulus ablenken lassen, daß man übersieht, daß Paulus den Umstånden gemäß Gedankenreihen zu entwickeln verstand, bei denen seine Hauptlehre nur leise durchklingt. Also in derjenigen Zuspizung, in welcher die Reformation uns gelehrt hat, die paulinische Lehre zu verstehen und anzueignen, ist sie niemals symbolische Ueberzeugung der Heiden christen des ersten und zweiten Jahrhunderts gewesen. Aus diesem Grunde schon kann das Heidenchristenthum und der Paulinismus nicht gleich gesezt werden.

Dazu kommt, daß die Missionsthätigkeit des Paulus, wenn sie auch noch so weit reichte, doch nur einen beschränkten Kreis des Heidengebietes berührt hat. Nach Aegypten und nach dem hintern Syrien und Mesopotamien, wo das Christenthum früh auftritt, ist er überhaupt nicht gekommen. Die Missionare für jene Länder, welche die Sage nennt, gehören auch nicht zu Paulus, sondern zu der Urgemeinde in Jerusalem, und doch sind deren Pflanzungen von Anfang an heidenchristlich, wie es den durch das jerusalemische Dekret bewährten Grundsäßen der Urapostel entspricht. Ferner ist zu beachten, daß in manchen Gegenden die grundlegende Wirksamkeit des Paulus durch später einges tretene dauernde Einwirkung anderer Apostel zurückgedrängt worden ist, wie in Kleinasien und Vordersyrien. Dessen ungeachtet blieben die Gemeinden dieser Länder, indem sie Johannes und

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