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Folgendes: Cum duobus, quibus Spiras incolui, lustris magnam in horarum canonicarum diœcesis libris tam scriptis quam impressis varietatem deprehenderim, cum insuper multarum rubricarum non tam defectum quam a vero, qui in ecclesia majore servatur ritu, discrepantiam annotaverim, cum denique complures in eisdem orariis mendas et errores, a verisque originalibus, unde sumpta sunt, authoribus longe dissonantes invenerim: dolui, fateor, et huic tanto tamque multiplici defectui succurrere pro virili mea dignum duxi. Igitur primum omnium mendas pro ingenio meo abstersi, deinde ex vetustioribus correctioribusque ecclesiæ Spirensis et aliarum plurium diœcesium et religionum breviariis ac originalibus sanctorum doctorum (quotquot mihi copia fuit), multa immulavi. Die Texte wurden also verändert 1) nach eigener Einsicht und Meinung, 2) nach den älteren und richtigeren Brevieren, 3) nach den Schriften der Kirchenväter. In so fern Jodocus Gallus dafür alte gute Handschriften benutzte, hat sein Text kritischen Werth, dies lässt sich aber nur durch eine wiederholte Vergleichung erkennen, da er seine Quellen nicht namentlich angibt. Für die Hymnen hatte er schwerlich andere Hülfsmittel als die Breviere, denn selten trifft man die Hymnen der alten Kirchenschriftsteller in ihren Handschriften an; die Abweichungen seiner Texte sind daher nur als vereinzelte Lesarten zu betrachten, nicht als die Ergebnisse kritischer Feststellung.

Die Erklärung der Texte ist das zweite Erforderniss. Man hat sie auf verschiedene Weise versucht; die alten Herausgeber wiesen hauptsächlich den Zusammenhang der Hymnen mit der Bibel nach, eine zweckmässige Arbeit, denn die Kirchenlieder müssen zunächst auf ihre Grundlage zurückgeführt werden, und dies genügt auch grösstentheils zu ihrem Verständniss. Da jedoch nicht alle Aeusserungen der Hymnen aus der h. Schrift genommen sind, so müssen sie auch mit der übrigen Kirchenliteratur verglichen werden, weil davon nicht nur ihre Erklärung abhängt, sondern dadurch auch ihr Zusammenhang und ihr Verhältniss zu den andern kirchlichen Schriften erkannt wird. Ebenso wenig darf der Gebrauch, den die alten Kirchenschriftsteller von der Bibel gemacht haben, in der Hymnologie übergangen werden, sonst verliert man den grossen Gedankenreichthum, der in jenen Schriften niedergelegt ist, welcher durch bloses Bibellesen nicht ersetzt wird. Die dogmatische Vergleichung der beiden Testamente ist in den alten Kirchenschrifte

stellern manigfaltig, geistreich und grösstentheils sachgemäss; sie verdient daher den Vorzug vor einer Exegese, deren todtem Buchstaben keine lebendige Bedeutung, d. h. keine Tradition mehr zur Seite steht.

Seit Herder und Rambach wurde man gewöhnt, die Hymnen nicht in diesem Zusammenhang zu betrachten, sondern sie als Ergüsse des religiösen Gefühls zu würdigen, die ihren Eindruck auf ein gutes Gemüth nicht verfehlen. Durch diese blos ästhetische Betrachtung versteht man aber viele Andeutungen dieser Lieder nicht und verwirft wie Rambach manches als wilden Auswuchs der Phantasie, was gründlicher aufgefasst sich in anderer Weise darstellt. Die Bestimmung dieser Lieder war und ist für die Andacht, nicht für das poetische Gefühl und ästhetische Neigungen; will man sie nur darnach würdigen, so übersieht man leicht die Grundlage ihrer Gedanken, was doch die Hauptsache ist. Die Glaubenslehre und biblische Geschichte soll nicht zu willkürlichen poetischen Versuchen misbraucht werden, man darf der Form nicht den Inhalt opfern. Steht man auf der dogmatischen Grundlage der Kirche, so lassen sich alle religiösen Gefühle auf diese Wurzel zurückführen, daran prüfen und läutern, hat man aber jene Grundlage nicht, so sind die religiösen Gefühle individuelle Aeusserungen, deren gute Meinung nicht durch einen unerschütterlichen Haltpunkt befestigt und geregelt wird, und daher keine Sicherheit und Befriedigung gewährt. Ein solches Gefühlswesen führt zum Uebel, denn es artet in persönliches Meinen und Träumen aus, welches von der Innigkeit christlicher Andacht sehr verschieden ist.

Daniel hat zur Erklärung und Würdigung der Hymnen auch vorzüglich die neuere Literatur benutzt und dies in der besondern Absicht, um zu zeigen, dass dieselben auch noch jetzt und von Andersgläubigen geachtet werden und Achtung verdienen. Diese Gesinnung ist ehrenwerth und zu wünschen, dass ihr löblicher Zweck erreicht werde, die Arbeit lässt aber eine grosse wissenschaftliche Lücke. Denn es ist offenbar nöthiger, die Beziehungen der Hymnen zu der altkirchlichen Literatur nachzuweisen, weil diese sich zunächst an die Bibel und deren kirchliche Auffassung anschliesst und deshalb einen viel richtigern Masstab zum Verständniss der Hymnen gibt als die neuere Literatur, deren subjective Ansichten und Meinungen so häufig aus dem Kreise der altchristlichen

Vorstellungen herausgetreten sind und ihnen widersprechen. Irrige Erklärungen und schiefe Urtheile sind hiebei kaum zu vermeiden, darum ist es vorzuziehen, ja unerlässlich, zum Verständniss der Hymnen die alten Kirchenschriftsteller hauptsächlich zu beachten.

Dies kann auf zweifache Art geschehen: 1) man sammelt zur Erklärung der Hymnen Gleichstellen und Beziehungen aus den griechischen und lateinischen Vätern und andern christlichen Schriftstellern, und vergleicht 2) die lateinischen Kirchenlieder mit den griechischen. Da die Väter und andere bedeutende Schriftsteller einen grossen Einfluss auf die kirchliche Literatur hatten, so kann es nicht fehlen, dass auch die Hymnologie mit ihnen zusammen hängt und diese Nachweisung zum richtigen Verständniss der Hymnen vieles beiträgt. Die Vergleichung der griechischen Kirchenlieder mit den lateinischen zeigt nicht nur die nahe Verwandtschaft des beiderseitigen Kirchengesangs durch manche Uebertragung und Aufnahme, sondern auch die Uebereinstimmung des Inhalts bis zur Trennung der griechischen Kirche und über dieselbe hinaus. Ich habe daher zur Erklärung viele Stellen der altkirchlichen Literatur und der griechischen Hymnologie beigefügt, weil es bisher fast gar nicht geschah, und namentlich Daniel die Menäen nur einmal anführt, ohne von dieser reichhaltigen Quelle Gebrauch zu machen *).

Eine vollständige Sammlung von Gleichstellen ist aber weder thunlich noch nöthig, es genügt an Beispielen, die den Zusammenhang der Hymnologie mit der übrigen Kirchenliteratur beweisen, und denjenigen, welche in diesem Fache arbeiten, Anleitung geben, die Hymnen nicht vereinzelt, sondern in Verbindung mit der kirchlichen Literatur überhaupt zu erforschen und zu beurtheilen. Auf die Schriftsteller des späteren Mittelalters nahm ich weniger Rücksicht, denn die Belege aus alten Werken bei späteren Liedern beweisen hinlänglich die Fortdauer und den Zusammenhang der christlichen Anschauung, es konnte daher die Bestättigung derselben aus

*) Die neugriechische Aussprache zeigt sich manchmal in den alten Ausgaben der Menäen wie in den Handschriften, besonders in dem Vocal, für welchen vorkommt, so wie dieses oft für & und v erscheint, daher man Schreibungen antrift wie ἀσυγχήτως für ἀσυγχύτως, ἤπηρος für ἤπειρος, ἑνοηδὴς für voedns u. dgl. Obgleich solche Belege für die Geschichte der Aussprache nicht ohne Interesse sind, so habe ich sie doch meist in die gewönliche Schreibung verändert der Deutlichkeit und Kürze wegen, indem diese Bemerkung für die Sache zu genügen scheint.

jüngeren Werken wegbleiben. Wer nicht auf den Raum zu achten hat, darf jedoch diese Werke nicht übergehen. Die wörtliche Aufnahme jener Stellen hat den grossen Vortheil, dass auch derjenige, welchem die Werke der Kirchenschriftsteller nicht zur Hand sind, durch eine solche Blumenlese im Verständniss der Hymnen mehr gefördert und angeregt wird, als durch blose Citate möglich ist. Eine Ueberfülle solcher Stellen ist nicht zu besorgen, denn je mehr gegeben werden, desto umfassender wird die Gemeinschaft der christlichen Gedanken nach Ort und Zeit erkannt.

Die Vergleichung der Hymnen mit der alten Kirchenliteratur bewahrt vor manchen Fehlern der Kritik, Erklärung und Uebersetzung, die man besonders in neueren Schriften antrifft, denn es stellt sich dadurch zur Evidenz heraus, dass die Kenntniss der lateinischen Sprache, wie man sie in den Schulen lernt, nicht hinreicht, die Hymnen zu verstehen, sondern dass der Sinn ihrer Worte sowohl von der Glaubenslehre als auch von dem traditionellen Sprachgebrauche derselben abhängt. Diese dogmatische und geschichtliche Grundlage der Kirchensprache muss man in Acht nehmen, denn sie ist nothwendig entstanden, weil die heidnischen Sprachen für die Offenbarung des Christenthums nicht alle Ausdrücke besassen, sondern sie erst durch das Christenthum nach ihrem Sprachcharakter bilden mussten.

Es gehört auch zur richtigen Ausgabe der Hymnen die Regelmässigkeit ihrer äusseren Gestalt oder metrischen Form. Die Regeln dieser Form stimmen theils mit der klassischen Metrik überein, theils weichen sie davon ab, und zwar schon seit dem Ursprung der Hymnologie. Es sind daher für die Versmasse der Hymnen Zeiten und Völker wohl zu beachten, weder die Durchführung noch die Vernachlässigung der klassischen Metrik darf als allgemeine Regel gelten und ebensowenig ist die Rhythmik der Betonung zu übersehen. Dies geschah bisher bei den Notkerischen Sequenzen, die in allen Ausgaben als prosaische Stücke gedruckt sind, weil man weder ihren Ursprung aus den Troparien noch die betonte Rhythmik dieser griechischen Vorbilder erkannt hat. Ich habe sie nach ihren Strophenmassen abgetheilt und mit troparium (d. h. canon tropariorum) bezeichnet, um sie als eine besondere Art von Liedern kenntlich zu machen. Da sie grossentheils eine teutsche Ausbildung des Kirchenliedes sind und den Beweis für die griechischen Studien

der Mönche enthalten, so werden sie wohl bei uns Beachtung finden.

Wie man bei diesen Sequenzen das betonte Versmass nicht merkte und sie wie Bebel, Fabricius u. a. kurzweg hymni ametri nannte, so hat man bei den ältern Hymnen die Metrik der Quantität gegen die Handschriften gewaltsam durchgeführt, was noch ein grösserer Fehler ist, weil diese Behandlung falsche Texte liefert. Aus Ueberschätzung der Classicität verkannte man den geschichtlichen Grundsatz der Kritik, wonach die klassische Metrik nicht mehr angewandt werden darf, wo sie nicht mehr gilt, weil eine unhistorische Verskünstelei die Aechtheit alter Texte nicht ersetzen kann. Wer nur den Classicismus und nicht auch das Mittelalter versteht, wird freilich die betonte Metrik für eine Barbarei halten, welche beschränkte und unrichtige Schulmeinung er für sich haben mag, aber dadurch nicht berechtigt ist, die Hymnen des Mittelalters wie einen Rohstoff zu betrachten, den er nach klassischen Mustern ausfeilen dürfe. Denn der Geschichtforscher will nicht wissen, was man mit erborgter klassischer Bildung aus den Hymnen machen könne, sondern was sie zu ihrer Zeit wirklich gewesen sind. Es war ein Mangel an geschichtlichem Urtheil, dass man das christliche Mittelalter und seine Entwicklung übersprang und dessen Hymnen nach heidnischen Mustern umbilden wollte, die für das Mittelalter nicht mehr massgebend waren. Solche Versuche machten im 16ten Jahrhundert Fabricius und noch mehr Ellinger, im 17 und 18ten Guyet mit den französischen und Areval mit den spanischen Hymnen, dieser veranlasst durch Strada, Galluci und Petrucci, welche die allgemeinen Kirchenbymnen des römischen Breviers nach klassischer Metrik berichtigt haben, weil sie dazu von Pabst Urban VIII beauftragt waren. Diese Arbeit hatte einen liturgischen Zweck und ist dafür als ein neues Werk zu betrachten, jene Sammler aber, Fabricius, Ellinger, Guyet und Areval, giengen zu weit, weil sie den geschichtlichen Standpunkt verliessen und ihre Umarbeitung statt der alten Texte gaben, wozu sie keinen Auftrag hatten. Wäre man bei den Grundsätzen der Kirchenväter über das Verhältniss der heidnischen Literatur zur christlichen stehen geblieben, so hätte man solche Abwege vermieden und die christliche Eigenthümlichkeit besser bewahrt. Diese muss sowohl der Kritiker als der Dichter in Ehren halten, beide schon ihrer geschichtlichen Stellung wegen.

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