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jekte sucht, das vermöge der Macht, sich selbst in Bezug auf ein Objekt verschieden zu bestimmen, statt der Norm zu folgen, welche die eigenthümliche Idee des Objektes vorschreibt, sein in Bezug auf das Objekt sich entwickelndes Bewusstsein von einer der Idee des Objektes fremden Idee bestimmen lässt. So wird der Begriff des Dogma's durch die Energie einer fremden Idee alterirt, es wird in ein Gebiet von Begriffen hineingezwängt, in welches es seiner eigenbezeugten Wahrheit nach nicht einzugehen vermag, ein Zwang, der durchgeführt mit endlicher Aufhebung des wahren Begriffes des Dogma's nur in seinem für sich bestehenden Gegensatze stehen bleiben wird. Ohne Berücksichtigung dieser Bedeutung der wollenden Subjekte bleibt die Abnormität der Häresie eine unerklärbare Thatsache. Da der Arianismus, wie er historisch sich dokumentirt hat, ganz mit sich zufrieden ist, so vermag sich auch Baur nicht anders zu helfen, als dass er seine Setzung einen Akt des Begriffes sein lässt, der dieses Heraustreten in die äusserste Weite des Unterschiedes zwar als nothwendig, aber auch nur als einstweilig gleichsam weiss, wobei dann das Subjekt, in welchem dieser Akt historisch hervortritt, wie der Demiurg der Gnostiker, gerade das Gegentheil von dem thut, was er zu thun meint. Wir können uns Angesichts der Geschichte zu dieser Vernichtung der Wahrheit menschlicher Ursächlichkeit in der Geschichte nicht verstehen.

Wären wir durch die Anerkennung der wirklichen Ursächlichkeit der Subjekte in der Dogmengestaltung zu dem andern Extreme gezwungen, welches das Prinzip der atomistischen Dogmengeschichtsschreibung ist, nämlich den Grund für die jedesmalige besondre Gestaltung des Dogma absolut in dem isolirten ursächlichen Bewusstsein des jedesmaligen Trägers derselben zu suchen, so müssten wir auf den Begriff der Entwicklung in diesem Gebiete verzichten. Aber schon eine einfache Besinnung über unsre individuelle Erkenntniss zeigt uns die historische Unwahrheit dieses Standpunktes, denn sie weist uns nach rückwärts und vorwärts über unser ursächliches Bewusstsein hinaus, und so wenig uns der Stoff für dasselbe absolut bestimmungslos zukam,

ebenso wenig ist er in uns in absoluter Abgeschlossenheit bestimmt. Wie sollte es denn anders sein in der Geschichte der Menschheit, und wer vermag sich der Beobachtung zu entziehen, dass wie in dem sozialen Verbande der Individuen, so in der Sozialität der Menschengeschlechter Geschlecht zu Geschlecht die geistige Errungenschaft sich mittheilt, der geistige Aufwand des einen dem geistig erbenden zu Gute kommt, so dass es sein Geisteskapital zur Erringung weitern Besitzes verwenden kann.

Die christliche Heilsbotschaft, wie sie eintritt in das Bewusstsein der Menschheit, findet theils ein ihm schon zu eigen gewordnes Reich von Vorstellungen und Begriffen, theils eine unendliche Möglichkeit derselben. Das ist der Stoff, der kraft der Eigenthümlichkeit der in ihr lebenden Idee durch den Conflikt mit der Heilsbotschaft differenzirt werden soll. Wie sie sich hineindrängt in das bewusste Leben der Menschheit, beantwortet ihre authentische Verkündigung die erste Frage: Was wird uns verkündet? Ein neuer Kreis von Vorstellungen und Begriffen fordert die Aufnahme in das Bewusstsein, findet hier theils den schon bereiten, theils eine unendliche Möglichkeit von Vorstellungen und Begriffen, beide noch indifferent in Bezug auf das eindringende Objekt, das aber, indem es mit der Prätension der Herrschaft auch im Bewusstsein auftritt, zu einer Differenzirung sollizitirt. Da entsteht dann die zweite Frage, die nun eigentlich auch erst in der Form der Frage oder des Nachdenkens erscheint: Was will das sagen? eine Frage, die sich dann näher dahin stellt: welche Vorstellungen und Begriffe in der bereiten Gedankenwelt sind diejenigen, in welche der unverkürzte und inaltérirte Gehalt jener Verkündigung seiner Eigenthümlichkeit nach eingehen und im Bewusstsein sein will, und wie müssen sie, um dazu fähig zu sein, weiter bestimmt werden? Indem nun in der Beantwortung dieser Frage kraft der Eigenthümlichkeit der Idee des Objektes der seinem authentischen Ausspruche zunächstliegende Kreis von Vorstellungen und Begriffen angezogen wird und sie so weiter bestimmt werden, wie sie bestimmt sein müssen, uni es inalterirt aufzunehmen und ihm ein vorgestelltes und be

griffliches Dasein im Bewusstsein zu geben, so ist das zur Differenzirung je darreichbare Kapital, ein Kapital, welches eines Theils in den vorräthigen Vorstellungen und Begriffen bestand, die nun in Bezug auf das Objekt bestimmt sind, andern Theils in den aus der unendlichen Möglichkeit des Bewusstseins in Bewusstseinswirklichkeit herausgetretenen Vorstellungen und Begriffen, zu welchem Heraustreten diejenigen aufgeboten wurden, die nöthig waren, um die vorräthigen so zu bestim men und zu vervollständigen, dass sie das Objekt inalterirt aufzunehmen fähig wurden. Wäre ein wirkliches Bewusstsein nur möglich bei absolutem Abschlusse und absolut vollständiger Wirklichkeit aller seiner Möglichkeiten, so würde an eine historische und individuelle Entwicklung des Bewusstseins nicht gedacht werden können. Ein wirkliches befriedigtes Bewusstsein findet aber in der historischen Menschheit schon bei einem relativ vollständigen Abschlusse statt, wenn das Objekt seine Vorstellungs- und Begriffswirklichkeit in den vorräthigen und zu ihrer nächsten Vervollständigung neuwirklich gewordnen Vorstellungen und Begriffen erlangt hat. In dem Vollzuge dieser Wirklichkeit und dem Einleben in sie konsumirt sich das den jedesmaligen Subjekten zuständige Kapital, und relativer Abschluss und Befriedigung sind gegeben. Erst eine fernere geistigerbende Nachkommenschaft, der diese Errungenschaft nun vollkommen geläufiger, durchlebter Besitz geworden, schreitet kraft des Triebes des Bewusstseins und in Folge der innerlich begrifflich zusammenhängenden Natur des Vorstellungs- und Begriffslebens, wornach ein zur Wirklichkeit gewordner Kreis des Bewusstseins cinen andern zum Hervortreten sollizitirt, zum Hervorarbeiten extensiv und intensiv weiterer Vorstellungs- und Begriffs-Vollständigkeit fort. Das eben ist die Natur der Entwicklung, dass jede neue Stufe zwar ein Neues, Eigenthümliches, Besondres ist, aber auch auf eine schon erreichte Stufe zurückweist, die zwar nicht die Wirklichkeit der neuen, wohl aber in ihrer Vollendung die Aufforderung zu ihr dem Leben stellt. Die Vorstellungen und Begriffe, in welchen das Dogma auf einer neuen Stufe seine Wirklichkeit im Bewusstsein gewinnt, sind nun theils solche, die

durch sein geläufiges Einleben in die vorhererreichte zum Hervortreten sollizitirt werden, theils aus anderweitigem Denken, besonders dem philosophischen, dem Bewusstsein gewonnene, die dann aus ihrer Indifferenz zu differenzirter Bestimmtheit in Bezug auf das Dogma gelangen. Wir wiederholen: Wäre das menschliche Bewusstsein der Art, dass alle seine Möglichkeiten auf jedem Punkte der Geschichte in absoluter Vorstellungs- und Begriffs-Vollständigkeit wirklich wären, so würde auch von dogmatischer Entwicklung nicht die Rede sein können, vielmehr würde sogleich beim Eintreten der Heilsbotschaft das Bewusstsein in seiner ganzen Vollständigkeit in Bezug auf sie bestimmt sein. Aber wie das Individuum, erst nachdem eine Sphäre von Möglichkeiten des Bewusstseins ihm wirklich geworden ist, d. i., in Vorstellungen und Begriffen bewusstes Besitzthum, auch einer weitern Sphäre sich bemächtigen kann, so folgt auch das Bewusstsein geistiger Gemeinschaften diesem Gesetze der Entwicklung, und das Dogma gewinnt so immer weiter und tiefer sein vorgestelltes und begriffliches Dasein in dem in geistiggesetzlicher Succession immer weiter wirklich werdenden Bewusstsein.

Wir haben bis daher in unsrer Exposition nur die normale Entwicklung im Auge gehabt, deren Idee und Gesetz ist, den unverkürzten inalterirten Gehalt der Heilsverkündigung in allen Punkten des Bewusstseins geltend zu machen. Wider die Anerkennung dieses ihres Herrscherrechtes auch in der Gedankenwelt sträubt sich aber der natürliche Mensch und strebt seine anderweitig gewordnen Gedanken zur durchgreifenden Geltung zu bringen, auch trotz dem Evangelium und in ihm. Das Leben, das sich der Erlösung nicht hingeben will, sieht sich durch das eindringende Evangelium be droht und wird so von diesem selbst zum Hervortreten aus der Zuständlichkeit zu bewusster Wirklichkeit herausgetrie ben, die Voraussetzungen, auf denen sein Dasein und Sein beruht, als das Bewusstsein, durch herrschende Gedanken in der Gedankenwelt geltend zu machen, und so durch Verkürzung und Alteration die ihm zerstörende Gewalt des Evangeliums zu brechen. So treibt das in dem Bewusstsein vordringende Evangelium das der Erlösung widerstrebende Les

ben aus einer Sphäre des Bewusstseins nach der andern hinaus, nöthigt es in immer neue Sphären sich zu werfen und die darin liegenden Möglichkeiten seines Seins im Bewusstsein zur Wirklichkeit zu bringen, damit es auch auf diesem Punkte überwunden werde. So begleitet die Häresis die normale dogmatische Entwicklung und wird auf jeder neuen Stufe in neuer Gestalt wirklich, bald so, dass sie die den orthodoxen Vorstellungen und Begriffen entgegengesetzten zu Trägern des Dogma's macht, bald auch so, dass sie auf einer frühern Stufe des Bewusstseins mit der Negation der weitern orthodoxen verharren will, wodurch sie dann aber überwiesen wird, auch in die vorige, nach ihrer wahren Bestimmtheit, nicht eingegangen zu sein. Das orthodoxe Bewusstsein wird durch diese Begleitung auch zu negativen Bestimmungen getrieben und durch das Abweisen dieser wirklich gewordnen innormalen Möglichkeiten zu einer weitern Selbstbestimmtheit veranlasst, eben dadurch aber auch in der unendlichen Möglichkeit des Bewusstseins einen desto fester begrenzten Gang sich vorgezeichnet erkennen. Das Bewusstsein wird sich in bestimmter positiver und negativer Bezogenheit der intensiv und extensiv immer vollständiger wirklich werdenden Gedankenwelt auf den in selbsteigner Bezeugung eigenthümlichen Gehalt der Heilsverkündigung seiner selbst immer mehr bewusst.

Innerhalb der Entwicklung stehend weist demnach das Bewusstsein der Subjekte, die als Träger einer besondern Entwicklungsstufe zu betrachten sind, nach zwei Seiten über ihre Ursächlichkeit hinaus, einmal insofern ihre Stufe nur wirklich werden konnte dadurch, dass sie auf einer geistig vor ihnen wirklich gewordnen Stufe standen, andrerseits, indem im Vollzuge des Wirklichwerdens ihrer Stufe ihr Bewusstseinskapital sich aufzehrt, ihr Blick innerhalb dieser wirklichwerdenden Sphäre beschlossen ist, während einem geistig folgenden Geschlechte in dem Durchlebtsein dieser Errungenschaft zu weiterer Entwicklung die Bahn geöffnet ist.

Wodurch aber, diese Frage dringt sich nun auf, wird das Bewusstsein zu dieser Beziehung auf die Heilsbotschaft

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