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geltend gemacht, dass er aus Tirol stamme, wo an mehreren örtlichkeiten der name Vogelweide haftet. Zuerst entschied sich Pfeiffer 1) für ein Vogelweide, das er in einem unter der regierung des grafen Meinhard von Tirol († 1295) geschriebenen urbarbuche nachwies, und das im Eisak- oder obern Wiptale zwischen Schellenberg und Mittenwalde gelegen haben muss. Später wurden ansprüche erhoben für den Innervogelweiderhof im Layener Ried 2). Indessen ist Vogelweide als orts- und personenname und das davon abgeleitete Vogelweider als personenname auch anderweitig nachzuweisen 3), und die sonst für Tirol geltend gemachten gründe sind nicht stichhaltig. 4) Wir müssen eingestehen, dass uns die heimat des dichters unbekannt ist.

Walther stammte aus einem ritterbürtigen geschlechte. Das beweist der ihm übereinstimmend von den zeitgenossen und den jüngern ihm der zeit nach noch nicht zu fern stehenden dichtern und handschriftenschreibern beigelegte titel her. Dass er auch wirklich die ritterwürde erworben hat, ist an sich nach der sitte der zeit wahrscheinlich. Es würde sich mit sicherheit aus 2,3. 3,3. 4,3 unserer ausgabe ergeben, wenn die echtheit der betreffenden lieder über allen zweifel erhaben wäre, und wenn wir sie mit notwendigkeit auf ein reales liebesverhältniss des dichters beziehen müssten. Irgend ein besitztum oder lehen scheint er von hause aus nicht gehabt zu haben. Er war auf die gnade anderer angewiesen.

Sein bildungsgang wird der gewöhnliche eines. ritters gewesen sein. Es ist nicht wahrscheinlich, dass

1) In der einleitung zu seiner ausgabe s. XIX, sechste aufl. s. XXV. 2) Zuerst von A. Spiess und J. Haller. Vgl. über diese ansprüche besonders P. Anzoletti, Zur heimatfrage Walthers von der Vogelweide, Bozen 1876; J. Zingerle, Germania XX, 257; Ficker, ib. 271. 3) Vgl. Scheins, Zschr. f. deutsches altertum XIX, 239. J. M. Wagner ib. Palm, zschr. f. deutsche philol. V, 203. 4) Vgl. Schönbach, Anzeiger der zschr. f. deutsches altertum IV, 6; Zarncke, Beitr. zur gesch. d. deut schen sprache u. literatur II, 574.

er schulmässig in der gelehrsamkeit der zeit unterrichtet ist. Es kann sein, dass er nicht einmal lesen und schreiben gelernt hat. Die paar lateinischen brocken, die bei ihm vorkommen, und die theologische gelehrsamkeit seiner religiösen dichtungen waren gemeingut, das man sich auch ohne schule aneignen konnte.

Walther sagt 75,138, dass er in Oestreich die sangeskunst erlernt habe. Sein hauptlehrer darin (an einen förmlichen unterricht werden wir allerdings nicht zu denken haben) war Reinmar, zum unterschied von andern dichtern des gleichen namens „der alte“ beibenannt, wahrscheinlich identisch mit „der von Hagenau", die Gottfried von Strassburg in seinem Tristan 4777 ff. als die erste unter allen nachtigallen, d. h. unter allen minnesingern preist. Reinmar lebte am österreichischen hofe in einer stellung, die wir wol als die eines hofdichters bezeichnen können. In eine ähnliche stellung scheint auch Walther eingetreten zu sein. Er war so in der ersten zeit seiner dichterischen tätigkeit der sorge um seinen unterhalt enthoben, indem ihm alles, was er brauchte, von dem herzoge zu teil ward. Wann Walther zuerst nach Wien gekommen ist, lässt sich nicht ausmachen. 68,13 erwähnt er Friedrich von Oestreich (1194-98) als seinen gönner. Es ist aber wahrscheinlich, dass er schon unter dessen vater, Leopold VI am hofe geweilt hat. In dem liede 92,1 rechent er vierzig jahre oder noch mehr, während deren er von minne gesungen habe. Wir können dies lied aber nicht bestimmt datieren, sondern eben nur aus dieser äusserung schliessen, dass es den spätesten lebensjahren des dichters angehören muss, wozu der ganze ton stimmt. 1) Nach der stellung, welche Walther in der entwickelung der lyrik einnimmt, ist

1) Ohne zureichenden grund setzt es Rieger (leben Walthers s. 75 ff.) und nach ihm Wilmanns in das jahr 1217, was einen so frühen anfangspunkt für die dichterische tätigkeit Walthers ergeben würde, wie er mit dem, was wir sonst von der entwickelung des minnesangs wissen, nicht zu vereinbaren ist.

es nicht wol gestattet den anfang seines dichtens viel über 1190 hinaus zurückzuschieben.

Herzog Friedrich starb am 15. oder 16. april in Palästina. Ihm folgte sein bruder Leopold VII. Zwischen diesem und Walther scheint ein missverhältniss bestanden zu haben, wovon wir die ursache nicht kennen. Denkbar wäre es, dass Reinmar dazu beigetragen hat, zu dem Walther in ein feindseliges verhältniss geraten war, wie aus den ihm gewidmeten klagestrophen (71,1) hervorgeht. In folge davon war es für Walther unmöglich länger in dem früheren verhältnisse in Wien zu bleiben, und er sah sich genötigt anderswo ein unterkommen zu suchen. Da er 68,13 den tod Friedrichs als den anfangspunkt seines unglücks bezeichent, so müssen wir wol annehmen, dass er Wien erst verlassen hat, nachdem die nachricht von diesem trauerfall dort angelangt war.

Walther ergreift jetzt, so viel wir wissen, als der erste unter den ritterlichen dichtern, das gewerbe eines fahrenden spielmanns. Als solcher treibt er sich mehr als zwanzig jahre lang in den verschiedensten gegenden umber. 75,161 bezeichent er die flüsse Seine und Mur (in Steiermark), Po und Trave als grenzen, innerhalb deren er das leben der menschen beobachtet habe. 52,30 spricht er sogar von vielen ländern, die er gesehen habe, und räumt Deutschland den vorzug vor allen ein. Der ausdruck ist wol etwas übertrieben, um die ehre Deutschlands kräftiger hervortreten zu lassen. Wir sind ausser stande die ganzen wanderungen des dichters im einzelnen zu verfolgen. Dazu reichen die mannigfachen anhaltspunkte doch nicht aus, die uns allerdings durch seine gedichte geboten werden. Die darin enthaltenen andeutungen sind vielfach zu unbestimmt und für uns nicht mehr verständlich. Wir sind ja aber auch gar nicht berechtigt zu erwarten, dass er auf jeden einigermassen wichtigen umstand seines lebens irgendwo anspielen müsste. Von vornherein muss cs als verfehlt betrachtet werden, wenn man, wie es gewöhnlich geschieht, die wanderungen Walthers und

seine beziehungen zu fürstenhöfen auf denjenigen kreis einschränkt, auf den wir durch die erhaltenen gedichte gewiesen werden. Das einzige, erst neuerdings bekannt gewordene, anderweitige zeugniss über Walthers wanderungen in dieser periode, zeigt ihn uns im jahre 1203 an einem orte und in einer beziehung, wovon bis dahin niemand etwas vermuten konnte. Es ist sehr geeignet die übliche art sein leben zu construieren zu discreditieren.

Walther hat an mehreren höfen längere zeit verweilt und vielleicht hier und da auf ein dauerndes verhältniss gerechnet. Dass er aber irgendwo jahre lang hinter einander sich aufgehalten habe, ist eine zwar nicht widerlegbare, aber auch nicht beweisbare annahme. Seine normale lage stellt er 75,77 und 76,38 ausdrücklich so dar, dass er von tag zu tag genötigt sei sein quartier zu wechseln. Den versuch Walthers lebensjahre auf einen thüringischen, meissnischen, östreichischen etc. aufenthalt, respective mehrere thüringische, östreichische aufenthalte zu verteilen hätte man niemals machen sollen. Ich verzichte auf eine derartige chronologie, indem ich die höfe aufzähle zu denen sich eine beziehung Walthers für diese periode nachweisen lässt.

Ich beginne mit dem deutschen königshofe. Gleich nachdem er Oestreich verlassen hatte, scheint sich Walther zu Philipp von Schwaben gewendet zu haben, in dessen interesse er bereits den spruch 67,1 gedichtet hatte. Er war zugegen wahrscheinlich bei der ersten krönung Philipps am 8. sept. 1198 (68,1) und sicher bei dessen Weihnachtsfeier in Magdeburg 1199 (68,25). Aus 68,13 geht hervor, dass er geradezu unter das hofgesinde Philipps aufgenommen war. Jedoch das verhältniss kann nicht von langer dauer gewesen sein, wenn die annahme richtig ist, dass er schon im jahre 1200 wider den Wiener hof aufgesucht hat (vgl. zu 69,1). Für das jahr 1203 ist uns sicher bezeugt, dass er nicht mehr in der umgebung Philipps weilte, sondern auf der wanderschaft begriffen war. In den

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kürzlich aufgefundenen reiserechnungen 1) Wolfgers von Ellenbrechtskirchen, bischofs von Passau, seit 1204 patriarchen von Aquileja, findet sich unter andern ausgaben auch folgende verzeichent: Sequenti die apud Zeize Walthero cantori de Vogelweide pro pellicio V. sol. longos. Walther erhält also vom bischof fünf solidi zur anschaffung eines pelzkleides geschenkt. Hinter Zeize ist ein stück fortgerissen; nach den voranstehenden und folgenden ortschaften kann es nicht zweifelhaft sein, dass wir es zu Zeizemurum zu ergänzen haben. Zeizemûre, jetzt Zeiselmauer liegt am

rechten ufer der Donau zwischen Tulln und Klosterneuburg. Eine weitere untersuchung über die rechnungen ergibt, dass die schenkung am 12. nov. 1203 erfolgte. 2) Hieraus erhellt die unrichtigkeit der früher gangbaren annahme, dass sich Walther um diese zeit noch an dem hofe Philipps befunden habe. In Philipps interesse dichtete er noch nach dem 29. juni 1201 den spruch 67,25. Zwei ermahnungen an Philipp, die wahrscheinlich einer späteren zeit angehören (68,36. 70,1), zeigen ihn nicht gerade in des königs dienste.

Nach Philipps tode hat sich auch Walther der allgemeinen anerkennung Ottos nicht entzogen. In persönliche beziehung zu diesem scheint er erst nach dessen rückkehr aus Italien im märz 1212 getreten zu sein. Der spruch, mit welchem er den heimkehrenden begrüsst (73,1), scheint der erste unter den in Ottos interesse verfassten zu sein. Beweisen lässt es sich freilich nicht, dass nicht auch einige schon gedichtet sein können, während Otto noch in Italien weilte.

1) Zuerst entdeckt von A. Wolf im communalarchiv zu Cividale und vollständig veröffentlicht von J. Zingerle, Reiserechnungen Wolfgers von Ellenbrechtskirchen, bischofs von Passau, patriarchen von Aquileja. Heilbronn 1877. Vgl. die frühere abhandlung von Zingerle in der Germania XXI, 193. 2) So hat Zingerle zuerst den termin bestimmt. Winkelmann in der Germania XXIII, 236 ff. nimmt das jahr 1199 an. Dagegen ist Zarncke in den berichten der königl. sächs. gesellschaft der wissenschaften, phil. - hist. classe 1878 für die ansetzung Zingerles eingetreten. Vgl. noch gegen Zarncke für Winkelmann die abhandlung von A. Nagele, Germania XXIV, 392 ff. und dagegen wider Zarncke, ebenda XXV, 71.

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