Obrazy na stronie
PDF
ePub

dem Papst nicht der Eid gehalten werden brauche, wenn er seine Würde missbrauche, er vielmehr wie ein wildes Thier aus der menschlichen Gemeinschaft ausgestossen werden könne, diese und ähnliche Gedanken erfüllten, wie wir sahen, die Niemschen Schriften. Einzig den Gedanken von der allgemeinen Kirche lesen wir nicht in ihnen. Dass Dietrich ihn kannte und billigte, beweist die Aufnahme der Colles reflexi in sein Nemus unionis. Hartwig behauptet, Andreas von Randuph habe sich mit Dietrich von Niem befreundet, als er Pönitentiar an der römischen Curie geworden sei. Er hat eine Beweisstelle hierfür nicht angegeben und ich habe keine gefunden, aber die Annahme liegt nahe, dass beide Männer, die sich in ihrer literarischen Thätigkeit so nahe berührten und in der Bekämpfung des Erzbischofs von Ragusa ein gemeinsames Ziel verfolgten, einander nahe getreten sind. Jedenfalls ist aber nichts erklärlicher als dass Dietrich eine seinen Theorieen so eng verwandte Schrift, die er selbst in sein publicistisches Sammelwerk aufnahm, für seine eigenen publicistischen Arbeiten verwerthete. Es ist ferner verbürgt, dass Dietrich auch eine Schrift über die Reformation der Kirche verfasst hat, und wir haben sie mit ausserordentlicher Wahrscheinlichkeit in den Avisamenta pulcherrima wieder erkannt. Auch in ihr kehrten, wie wir sahen, die Gedanken von De modis uniendi sowohl als aus den bekannten Schriften Dietrichs wieder.

Welche Annahme liegt nun näher: dass Andreas von Randuph die Theorieen, die er in den Colles reflexi und vielleicht noch in andern Schriften entwickelt hatte, die lediglich aus dem geltenden Kirchenrecht entnommen und begründet waren, die überall, wo das Kirchenrecht gelehrt wurde, Geltung finden konnten, mit den Ideeen versetzte, die wir nur bei Dietrich, aber bei diesem in wörtlich gleicher Ausprägung finden, die nirgends in dem geltenden Recht begründet waren und sich nur aus der Begeisterung eines deutschen Patrioten erklären lassen, oder dass jener deutsche Mann die ihm eigenthümlichen, ihm liebsten Gedanken mit den Ideeen verschmolz, die er, der trefflich gebildete Canonist, aufs beste kannte und auch sonst aufs eifrigste vertheidigte? Dass

Andreas die Reihe jener sprüchwörtlichen Wendungen aus Dietrichs Schriften heraussuchte und in seiner Schrift hier und da, meist bei andern Gelegenheiten als wo er sie gefunden, anbrachte oder dass sie diesem zwanglos, wo es gerade der Gedanke mit sich brachte, aus der Feder flossen?

Wollte man auch noch die Wiederkehr aller dieser Ideeen und Sätze in De modis uniendi in der Weise Schwabs erklären, wie kann man damit die Gemeinsamkeit reimen, die blos zwischen dieser Schrift und den Avisamenta besteht? Man käme zu dem Schlusse, dass Dietrich von Niem für diese Reformschrift wieder die Arbeit des Andreas von Randuph benutzt habe, nachdem diese zum grossen Theil aus seinen Schriften geschöpft war.

Schwab führt für seine Ansicht die Wiederkehr verschiedener italienischer Worte in De modis uniendi ins Feld. Das Erscheinen solcher Ausdrücke,wie ribaldi, soldati, sacmanni, discoli1), in Schriften der damaligen Zeit berechtigt uns noch nicht zu dem Schlusse auf die italienische Nationalität der Verfasser: sie waren schon international geworden und nicht nur in das Lateinische, sondern auch in die Vulgärsprachen übergegangen 2). Sonst würden auch sie ebenso gut, wie für den Spanier, für Dietrich sprechen, in dessen Werken, wie bei einem vierzigjährigen Aufenthalt an der Curie erklärlich, manche Italianismen vorkommen 3). Wenn eine Stelle auf die Curie als den Entstehungsort der Schrift hinweist), so

1) Mod. 24 (129).

*) Rybaldus z. B. liest man häufig bei Jacob Corner. In den Denkwürdigkeiten Ritter Ludwigs von Eyb findet sich die Stelle: „Demnach wurde ain vertrag gemacht umb die bewt, das man kain sackman macht“ (ed. Höfler, S. 123).

3) Z. B. Discolus Schism. II. 12. Contrada im Nemus unionis III. (S. 222).

*) Mod. 17 (112). Et iterum postquam ista nova talis qualis unio in Pisis facta processit, aliquibus cardinalibus Gallicis apud nos existentibus, plures angariae contra praelatos promovendos et reservationes papales prodierunt. Es sind die bei Alexander V. einflussreichen Cardinäle de Viviers und Thury gemeint. Die Stelle ist schon von Schwab bemerkt worden (487 A. 1).

[ocr errors]

werden wir auch hierdurch auf Dietrich hingeführt. Ebenso spricht die Erwähnung des alten Buches von Gervasius von Tilburg, der Otia imperialia, aus denen wir ein langes Citat finden, für ihn, denn Dietrich hat uns in seiner Geschichte des Schisma eine Notiz über eben dieses Buch hinterlassen 1). Endlich können wir noch eine Stelle nachweisen, die für den spanischen Abt und Bologneser Professor unerklärlich, dagegen ein unmittelbares Zeugniss für Dietrich ist. Unter den speciellen Vorschlägen, die im 10. Kapitel zur Besserung der Zucht unter den Geistlichen gemacht werden, wird auch die Reform der Predigermönche verlangt und als Beispiel für deren Nothwendigkeit eine deutsche Stadt und zwar Cöln angeführt: Nimis etiam multiplicantur hi fratres. Et quid opus est, ut in aliqua domo eorum fratrum, scilicet Coloniae, vel in alia egregia civitate, continue resideant LXX eorum aut plures. Inter quos forsan non sunt quinque vel sex sufficientes ad proponendum verbum Dei populo. Et tot pro una tota provincia sufficere possent 2). Mit Cöln aber stand Dietrich von Niem in enger Verbindung. Er hatte hier Besitzungen und war ein guter Freund des Erzbischofs Friedrich, dem er sein Nemus unionis widmete und wohl selbst im Herbst 1408 überbrachte, als er im Auftrage der Pisaner Cardinäle mit ihm verhandelte und eine einflussreiche, noch nicht aufgeklärte Thätigkeit in Deutschland entfaltete 3).

1) Mod. 14 (103) am Schlusse des Citats: Hoc Gervasius in suo libro, quem intitulat Otia Imperatorum. Schism. II. 19: quas descripsit (die Schwefelfelder bei Pozzuoli an der Solfatara) in quodam libello metrico Gervasius orator Arelatensis et cancellarius Ottonis hujus nominis quarti imperatoris, de quo fit mentio in c. venerabilem de electione, qui fuit Saxo, sed Pictaviae in Francia conversatus: ad ejus solatium idem Gervasius conscripsit etiam alterum librum, qui intitulatur Otia imperatoris.

*) Mod. 10 (94).

3) Vergl. Sauerland 45. Dietrichs intime Beziehungen zu Cöln sind auch ersichtlich aus dem Briefe, den er im Mai 1408 an Cardinal Johann von Lüttich schrieb (Nem. un. VI. 20). Ganz zusammenhangslos, als beide

[blocks in formation]

Mir scheint, durch die bisherige Beweisführung ist die Frage, ob Andreas oder Dietrich die Zusammenarbeitung der von Hardt herausgegebenen Schriftstücke versucht hat, wenigstens bis zu hoher Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des letzteren entschieden worden. Aber vielleicht ist noch eine dritte Lösung möglich. Haben etwa beide Männer gemeinsam daran gearbeitet? Wie es für den Defensor pacis von Marsilius von Padua und Johannes von Jandun überliefert ist.

Ich gestehe, dass sich die Theilnahme des Andreas nicht mit solchem Erfolge wie seine alleinige Urheberschaft bekämpfen lässt. Selbst die Argumente, die uns am unmittelbarsten auf Dietrich hinführten, wie der Schluss aus den fünf Parallelerzählungen von Otto dem Grossen oder die Erwähnung Cölns würde dann nur eben für diese Partieen die Autorschaft Dietrichs nöthig machen. Allein, wenn sich auch nichts Positives gegen eine solche Annahme sagen liesse, so könnte man eben so wenig etwas für sie geltend machen und die Führung des Beweises würde ihren Vertretern obliegen. Das Argument, das Schwab gegen Gerson und d'Ailly mit so grossem Rechte verwerthet hat, die Unmöglichkeit solcher Anschauungen über das deutsche Kaiserthum seitens dieser Franzosen, liesse sich auch gegen die letzte Ansicht geltend machen. Es müsste erst der Beweis geführt werden, dass sich ein spanischer Abt zu den politischen Anschauungen Niems bekehren konnte 1).

Ein Beweis von zwingender Kraft lässt sich jedoch auch gegen diese Ansicht ins Feld führen: derselbe, der auch die stärkste Stütze für die vorhin gewonnenen Resultate über die Avisamenta pulcherrima abgiebt, der zugleich die Ansicht befestigt, dass der

interessirend, kommt hier die Notiz vor: Circa Coloniam, ut hic recens fama laborat, multi sacerdotes et alii etiam subitanea morte moriuntur. Et sic Deus plagat mundum etc.

1) Dass Andreas von Randuph auch in der Fremde ebenso wie Dietrich von Niem sich sein Nationalbewusstsein bewahrt hat, bezeugt der Nachdruck, den er im Gubernaculum stets auf die Erwähnung seines grossen Landsmannes, des heiligen Isidor, legt: z. B. Gub. 216.

Versuch, die andern beiden von Hardt edirten Schriftstücke zusammenzuarbeiten, von Dietrich von Niem gemacht ist, und der vielleicht die Fülle der in den beiden Untersuchungen bisher beigebrachten Argumente überflüssig macht.

Es ist vorhin von den Anhängseln der Avisamenta pulcherrima die Rede gewesen, die Hardt aus der Wiener Handschrift mit abgedruckt hat. Dem besprochenen dialogischen Bruchstücke 1) folgt eine Nachschrift zu Rathschlägen, die kurz vor Beginn des Constanzer Concils aufgestellt sind, jedenfalls also, wie auch Hardt erkannt hat, zu den Avisamenta selbst. Dann kommt ein Schriftstück,,De Romanorum imperatoris majestate supremoque jure“, wie der Herausgeber es betitelt hat, durch das dieser gleichfalls den Geist Pierres d'Ailly wehen fühlte es ist nichts anderes als die Vorrede Dietrichs von Niem zu seinen Privilegia aut jura imperii. Zum Schluss endlich zwei abgerissene Stücke, deren erstes, wie wir sahen, dieselbe Wendung hat, welche wir fünfmal in den Niemschen und den von Hardt herausgegebenen Schriften fanden, und die auch sonst nach Form und Inhalt seine Hand verrathen 2).

Nun hat der Abschreiber zwischen diesen beiden Stücken und der genannten Vorrede zwei Randbemerkungen angefügt: Sequitur in eadem epistola und Nota zelum, sensum et dictamen hujus auctoris. Hardt fügt hinzu, dieser Codex stamme aus der Zeit des Constanzer Concils. Leider können wir die Richtigkeit seiner Behauptung nicht mehr prüfen. Doch dürfen wir immer

1) Man wird bemerken, dass der Gedanke, der hier und in dem 29. Kapitel von De modis uniendi wiederkehrt, derselbe ist, den wir in den Avisamenta, in der Geschichte des Schisma und in den Privilegia im Anschluss an die Erzählung von Johann XII. durchgeführt fanden.

*) Einer seiner Lieblingsschriftsteller, Seneca, wird in beiden erwähnt; das Bild vom Hirten und den Schafen, das seine Schriften erfüllt, kehrt in dem ersten Fragment wieder. Ein Gleichniss von den Bienen liest man im zweiten und in dem Brief Dietrichs an Gregor XII. vom 27. Mai 1408 (Nem. un. 22).

« PoprzedniaDalej »