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ist uninteressant, da das ganze fast nur aus gesprächen besteht, und von characteristik kann kaum die rede sein, da die personen nur verkörperungen von ansichten sind. Der roman ist vielmehr eine philosophische abhandlung im gewande einer erzählung, die wie Voltaire's in demselben jahre (1759) erschienener roman Candide, gegen den seichten optimismus der damaligen philosophen und dichter zu felde zieht und diesem die kehrseite des lebens gegenüberhält. Beide schriftsteller, der Franzose wie der Engländer, kommen zu dem schlusse, dass das einzige, was dem menschen gegenüber dem nicht wegzuleugnenden elend des lebens übrig bleibt, ist, zufrieden zu sein mit dem, was er hat, und ohne klage zu arbeiten oder, wie Voltaire sagt, seinen garten zu bebauen". Im übrigen aber sind die beiden schriften so verschieden, wie der character des geistvollen witzigen Franzosen, der gegen staat wie kirche die giftigen pfeile seines spottes richtete, von dem des melancholischen englischen moralisten, der in denken und fühlen durchaus conservativ, selbst am aberglauben zu rütteln sich scheute. Einen befriedigenderen eindruck hinterlässt entschieden Johnson's buch, welches voll ist von aussprüchen tiefer und echter lebensweisheit und ganz den stempel der tüchtigen, ernsten natur seines verfassers trägt, den Carlyle nicht mit unrecht in die gallerie seiner helden aufgenommen hat.

Die vorliegende ausgabe ist in jeder beziehung musterhaft. Der text ist nach dem ersten druck (März oder April 1759) hergestellt, nur unter modernisirung der orthographie und interpunction. Die ausführliche einleitung giebt erschöpfenden aufschluss über die abfassungszeit des werkes, seine historische grundlage und quellen, seinen character und seine tendenz und vor allem seinen styl. Johnson's schreibweise mit ihrer vorliebe für lange, ungewöhnliche wörter, besonders fremdworte, und für abstracte, der gegenüberstellung von worten und sätzen, meist in der figur der antithese und oft unter zuhülfenahme der alliteration, ist durchaus characteristisch für den schriftsteller, sowohl was seine stellung zur damaligen als auch zur heutigen litteratur angeht. Seine prosa ist klar, kräftig und wohlklingend, allerdings auch einförmig und etwas schwerfällig.

Die anmerkungen am schlusse geben sachliche und worterklärungen, weisen die quellen im einzelnen nach und führen parallelstellen an aus den übrigen schriften Johnson's, besonders den zeitschriften, sowie aus den aussprüchen in seinem leben von Boswell.

Berlin, Febr. 1897.

Ph. Aronstein.

Essays on the Novel as illustrated by Scott and Miss Austen, by Adolphus Alfred Jack. London, Macmillan, 1897. XIII, 297 SS. 8. Pr. 5 sh.

Was wir hier vor uns haben, ist nicht, wie man erwarten möchte, eine gründliche studie über die stellung Scott's und der Austen in der entwicklung des englischen romans und über den einfluss, den ihre vorgänger auf beide geübt, sondern nicht viel mehr als eine reihe von recht lesbaren aber nicht allzu tiefen feuilletons über die

kunst beider autoren. Scott wird hier stark überschätzt, Miss Austens bedeutung wird nicht mit vollem verständnis gewürdigt. Es fehlt dem buche nicht an einer reihe guter gedanken. Wissenschaftlichen wert besitzt es nicht.

Kaiserslautern, Okt. 1898.

Br. Schnabel.

Heinrich Gillardon, Shelley's einwirkung auf Byron. Heidelberger doktorschrift. Karlsruhe, M. Gillardon, 1899. pp. 114. 80. Dem verfasser ist es gelungen, die regen wechselbeziehungen und den geistigen gedankenaustausch der beiden dichter, der sich noch in ihren werken dokumentiert, in ausführlicher weise und mit einer reichen fulle von einzelnen beispielen uns vor augen zu führen. Er gruppiert die einzelnen partieen seiner beweisführung in einwirkungen 1) im persönlichen verkehr, 2) in ihrer weltanschauung, 3) in sonstigen motiven und 4) des Shelley'schen jugendromanes St. Irvyne auf Byron's Manfred, eine von Gillardon neu aufge deckte hypothese von der mutmasslichen quelle des vielumstrittenen dramas.

Nach sehr knapper erledigung des persönlichen verkehrs der beiden poeten wendet sich G. zu ihrer weltanschauung, von Donners monographie über diesen gegenstand ausgehend, und weiss hiebei besonders den einfluss Shelley's auf die 2. hälfte von Childe Harold III sehr klar und richtig darzustellen. Beachtenswert ist seine wiederholte hervorhebung des umstandes, dass Byron motive, die zweifellos von Shelley ausgehen, vor diesem litterarisch verwertet; so das prometheus-motiv, das Byron von Shelley hergenommen hat (p. 33), wenn wir auch die p. 35 aufgestellte hypothese fir unwahrscheinlich halten. Auch die grundzüge der entwicklung in Shelley's pantheismus sind folgerichtig vorgeführt, sowie das resumé (p. 53) der auffassung Shelley's uber substanz, Gott, natur, und wieso Byron von ihr beeinflusst ward. Bei der philosophie uber leben und tod scheint uns autor jedoch zu weit zu gehen, wenn er direkte beeinflussung Byron's wahrnehmen will bei gedanken, die in der weltlitteratur allgemein zu finden sind, die Byron in ähnlicher weise schon früher ausgesprochen hat, die bei dem innigen geistesund gemuts-zusammenleben der familie Shelley mit dem dichterLord in Genf ihren ausdruck bei beiden in ahnlicher oder derselben weise finden mussten, ohne dass sich immer bestimmt nachweisen

lässt, wer der geistige urheber gewesen. So decken sich die schilderungen des gewitters im hochgebirge in bildern und similes so ziemlich, wobei allerdings auffällig ist, dass diese schilderung mit einer solchen in dem längst vergessenen jugendroman Shelley's St. Irvyne (p. 69) übereinstimmt. Doch ist dagegen wieder anzuführen, das die darstellung der hochalpen-scenerie bei dichtern von gleicher geistiger und gesellschaftlicher bildung auch ungefähr ähnliche ausdrücke und motive zeitigen mochte.

Damit kommen wir zu Gillardons Novum: die langgesuchte haupt-quelle zu Manfred sei jener jugendroman Shelley's. Wir müssen gestehen, dass die einzelnen deduktionen und zur beweisführung fast zu reichlich angeführten parallelen scharfsinnig und meist schlagend nachgewiesen sind. Jedoch konnte G. uns nicht sicher überzeugen, dass St. Irvyne wirklich diese gesuchte quelle sei, was er übrigens in richtiger zurückhaltung auch nicht beansprucht, da er uns » die Manfred-frage, wenn auch nicht gelöst, so doch den weg zu ihrer lösung gezeigt zu haben glaubt,« ein anspruch, den wir ihm mit dank für seinen wertvollen beitrag zur quellen- und stoffkunde der beiden grossen romantiker jedenfalls zuerkennen müssen. Dazu kommt, dass er besonders die geistigen beziehungen zwischen Shelley und Byron's Cain, auf die ja schon Thomas Moore hindeutete, in systematischer weise (bs. p. 76–80) entwickelt und im anschluss an Kölbing eine überzeugende fülle von übereinstimmung (cf. p. 71), besonders der auf Shelley zurückgehenden pantheistischen anschauung in Manfred gegeben hat. Sein fingerzeig zur lösung der quellen-frage des Manfred wäre so zu deuten, dass man die ungefähre summe von episoden und motiven aus der jugendlektüre Byron's kennen lernen muss, um mit sicherheit das eventuelle vorbild zu Manfred festzustellen, da ja bekanntlich solche gestalten, scenerien und hyperromantische begebenheiten, wie sie in St. Irvyne spuken, in den vom jungen Byron verschlungenen romanen jener zeit zahlreich aufzufinden sind, und zunächst die zwei oder mehr quellen zu St. Irvyne selbst festgestellt werden müssen, die dann vielleicht als die gemeinsame für beide sich erweisen. Möge der junge gelehrte fortfahren, seine forschungen diesem dankbaren gebiete auch ferner zuzuwenden!

Bamberg, 30. Dez. 1899.

Richard Ackermann.

Th. A. Fischer, Leben und werke Alfred Lord Tennyson's. Gotha,
Perthes, 1899. IV, 290 pp. 89. Pr.: geb. mk. 5.
Emil Koeppel, Tennyson. (Geisteshelden 32. bd.). Berlin, Ernst
Hofmann & Co., 1899. 174 PP. 8. Pr.: mk. 2.40.

Als Hallam Tennyson's Memoir im Oktober 1897 eine mächtige fulle neuen materials zur lebensgeschichte des verstorbenen poet laureate brachte, da lag die hoffnung nahe, diese veröffentlichung könnte den anstoss dazu geben, dass ds leben und wirken des englischen dichters dem deutschen volke in guter darstellung vorgeführt und so der englischen literatur ein zuwachs an freunden gewonnen würde.

Diese hoffnung ist nun erfü lt. Zwei gute Tennysonbiographien liegen vor uns. Ein glücklicher zufall ist's, dass beide arbeiten, die so ziemlich gleichzeitig erschienen, sich gegenseitig ergänzen.

Fischer schildert uns in erster linie, wie der dichter lebte, Köppel zeigt uns vor allem, wie der dichter schrieb.

Es ist dem ersteren prächtig gelungen, die mannigfachen, zerstreuten und zerfahrenen einzelzüge, die das Memoir zusammengetra en, zu einem lebensvollen, plastischen bilde zu vereinigen. Er führt uns in den familien- und freundeskreis des dichters ein, lässt uns selbst in dem poetenhaus heimisch werden, versteht es durch saubere, korrekte und doch künstlerisch warme k einmalerei uns das leben Tennyson's, das so sturmlos und stille dahinfloss wie kaum je eines andern dichters dasein, fesselnd und anziehend zu machen.

Auch Köppel weiss uns zu fesseln, ebenso stark, wenn nicht noch stärker, aber durch ganz verschiedene mittel. Vom privatleben des dichters bringt er nur das unumgänglich nötige. Dafür lässt er uns fleissig dem dichter bei der arbeit zuschauen und lehrt uns alle vorzuge und fehler der aus der kunstlerwerkstatt hervorgegangenen erzeugnisse würdigen. Um uns eine getreue anschauung von dem werden und wachsen des dichtertalents zu geben, scheut Koeppel nicht die muhe, auch die schwer zugänglichen jugendgedichte grundlich zu prüfen und uns zu lehren, wie wir an dem selbstgeschnitzten kinderspielzeug den kunttigen bildner erkennen konnen. Fr geht den einflussen nach, die von aussen her auf die schoptungen des jungen pfarrerssohnes gewirkt haben, und schildert uns diese schopfungen, wie die der spateren jahre in knapper und klarer form. Wie kurz ist Godiva charakterisiert, und doch wie deutlich tritt jedem, der sich schon an dieser kostlichen dichtung gefreut hat, das keusche J. Hoops, Englische studien. XXVII. #

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bild vor augen, das der dichter in uns erstehen liess. Wie wirkungsvoll sind die gegenüberstellungen von Queen Mab und Timbuctoo von Love's Labour Lost und The Princess!

Fischer behandelt nur zwei dichtungscyklen ausführlich, diese aber weit ausführlicher wie Koeppel: die Königsidyllen und In Memoriam. Die besprechung beider dichtungen ist vollständig von der biographie getrennt und füllt die zweite hälfte des buches. Bei der schilderung des gedichtes Merlin and Vivien ist die mitteilung Fischer's sehr wertvoll, dass Tennyson in einem briefe an A. Haman die stelle:

Then fell on Merlin a great melancholy;

He walk'd with dreams and darkness and he found

A doom that ever poised itself to fall,

An ever moaning battle in the mist

World-war of dying flesh against the life,
Death in all life and lying in all love,

The meanest having power upon the highest,
And the high purpose broken by the worm.

als grundgedanken der König sidyllen aufgestellt habe. Gerade hier wäre es sehr dankenswert gewesen, wenn Fischer den wortlaut der briefstellen gegeben hätte.

Bibliographische angaben bringen beide arbeiten, Köppel mehr wie Fischer, dafür finden wir bei Fischer auch ein verzeichnis von deutschen übersetzungen einzelner werke des dichters.

Die Fischer'sche biographie bringt die photographische aufnahme des greisen Tennyson von Elliot & Try, die dem deutschen publikum durch die holzschnittreproduktion bei Wülker bekannt ist, in guter heliotypie, die Koeppel'sche des von Rudolf Leemann gezeichnete brustbild in autotypischer wiedergabe.

Beide bücher werden viel dazu beitragen, Tennyson und mit ihm die englische literatur der neuesten zeit den deutschen lieb und wert zu machen.

Kaiserslautern, Juni 1899.

Br. Schnabel.

Poems by the late John Lucas Tupper. Selected and edited by William Michael Rossetti. London, Longmans, Green & Co., 1897. 102 SS. 80. Pr. 5 sh.

I bd. XI

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John Lucas Tupper ist gewiss in dem strahlenden freundesbunde der »Präraphaelitischen brüderschaft die unbedeutendste er

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