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F. Krause, Byron's Marino Faliero. Ein beitrag zur vergleichenden litteraturgeschichte. Progr. der königlichen oberrealschule zu Breslau. Ostern 1897. Breslau 1897. XXVIII ss. 4o.

Krause will den dramatiker Byron an der hand eines seiner historischen trauerspiele gegen die vielfachen anschuldigungen in schutz nehmen, die gegen ihn unverdient erhoben sind. Kaiser's Monographie „Byron's und Delavigne's Marino Faliero" ist dem verfasser nicht eingehend genug und enthält manches anfechtbare urtheil. Rud. Gottschall (Dramaturgische parallelen: Marino Faliero) betrachtet das stück von dem gesichtspunkte der wirksamkeit auf der bühne aus, zudem hat sich die zahl der Marino Faliero-dramen seit Gottschall's aufsatz um drei vermehrt, von Wilh. Walloth, Mart. Greif, Algern. Swinburne. Auf s. III u. IV bespricht Krause die zeit der abfassung des stückes; es wurde in der kurzen zeit vom 4. April bis 16. Juli 1820 geschrieben. Als quellen haben Byron vorgelegen, Dr. Moore's 'View of Italy', ferner die geschichtsschreiber Sanuto, Sandi, Navagero, Laugier, Daru, Sismondi. Da Dr. Moore's werk schwer zu erlangen ist, so giebt der verfasser auf s. VI u. VII dessen bericht in seinem werk "A View of Society and Manners in Italy: with Anecdotes relating to some eminent Characters. By John Moore. London 1781, bd. I, s. 144". Den auszug verdankt Krause Prof. Kölbing, der in London die betreffende stelle für ihn abschrieb. Byron selbst hat allerdings diesen bericht 'false and flippant' genannt. Seite VII-X folgt eine genaue inhaltsangabe des stückes, um dadurch seine beurtheilung zu erleichtern.

Die urtheile der zeitgenössischen kritiker sind durchweg kühl und ablehnend; Krause führt die betreffenden stellen aus folgenden englischen zeitschriften an, die ihm ebenfalls Prof. Kölbing zur verfügung stellte: Eclectic Review, New Edinb. Review, Monthly Review, Edinb. Review, British Review, Quarterly Review und British Critic. Allen beurtheilungen gemeinsam ist der vorwurf, dass der für das drama gewählte stoff unwahrscheinlich und an sich undramatisch sei. Von allen späteren beurtheilern tritt nur Karl Bleibtreu (Geschichte der englisch.en litteratur im 19. jahrhundert, s. 279) für Byron ein. Während alle andern beurtheiler die wahl des stoffes als verfehlt bezeichnen, ist für Bleibtreu „das motiv höchst innerlich und bedeutend. Der fürst, der sich theils aus selbstsüchtiger rachewuth theils aus nobleren patriotischen gründen gegen seinen eigenen staat verschwört, bietet eine tragische figur von seltener grösse. Weit entfernt, eine falsche stoff-wahl getroffen zu haben, wie man ihn beschuldigte, hat Byron vielmehr gerade durch die wahl des stoffes unwiderleglich sein talent zum dramatiker bekundet". Ohne die mängel des stückes zu verkennen, schliesst sich Krause diesem urtheil im grossen und ganzen an und begründet es eingehend auf s. XIII-XVII. Die charactere der handelnden personen sind in der anlage wie in der durchführung vortrefflich. Dies gilt vornehmlich von den beiden hauptpersonen, dem Dogen und der Angiolina. Ueber beide sind die urtheile zeitgenössischer und späterer kritiker sehr verschieden.

Der nächste abschnitt handelt über die aufführung des dramas. Byron erhob in leidenschaftlicher weise dagegen einspruch, dass sein drama auf die bühne gebracht wurde, für die es gar nicht geschrieben sei, und für die es sich auch nicht eigne. Wenn man aber von der darstellung des Marino Faliero im Drury-Lane-theater i. j. 1821 als von einem gänzlichen fiasko redet, so kann das doch nach anderen zeugnissen nicht so ganz der fall gewesen sein. Goethe E. Kölbing, Englische studien. XXVII. 1.

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(Gespräche mit Eckermann, Reclam I, 146) sagt über das stück: „Wäre es meine sache noch dem theater vorzustehen, ich würde Byron's Dogen von Venedig auf die bühne bringen. Freilich ist das stück zu lang und es müsste gekürzt werden; aber man müsste nichts daran schneiden und streichen, sondern es so machen: man müsste den inhalt jeder scene in sich aufnehmen und ihn bloss kürzer wiedergeben. Dadurch würde das stück zusammengehen, ohne dass man ihm durch änderungen schadete, und es würde an kräftiger wirkung durchaus gewinnen, ohne im wesentlichen von seinem schönen etwas einzubüssen“. Ein solcher versuch ist von Arthur Fitger für das herzoglich Meiningen'sche hoftheater gemacht. Die fast 3500 verse Byron's sind dabei auf wenig über 2100 zusammengeschrumpft. Auf den gastspielreisen der Meininger ist das stück 19mal gegeben worden. Ueber die beiden aufführungen im Lobe-theater zu Breslau (Oktober 1887) hat sich die kritik lobend ausgesprochen, allerdings den dichter auch wieder wegen der stoffwahl getadelt. S. XX-XXVIII behandelt Krause die späteren Marino Faliero-dramen und nimmt zunächst eine genaue vergleichung zwischen Byron's und Delavigne's drama vor, das eine offenbare verschlechterung des Byron'schen stückes bedeutet. Der schluss der arbeit erscheint im programm von Ostern 1898.

Doberan i. M.

O. Glöde.

F. Krause, Byron's Marino Faliero. Ein beitrag zur vergleichenden litteraturgeschichte (schluss). Programm der königlichen oberrealschule zu Breslau. Ostern 1898. XXVII ss. gr. 8°.

An Byron und Delavigne, dessen werk Krause in dem ersten programm von Ostern 1897 zuletzt besprach, schliesst sich Heinrich Kruse's drama »Marino Faliero, trauerspiel in 5 aufzügen, Leipzig 1876" eng an. Den Inhalt giebt Krause auf s. III u. IV an; die kritik, die neben manchem lobenswerthen auch die mängel des dramas nicht verkennt, folgt bis s. VIII. Er geht dann zu Otto Ludwigs fragment1) über. Die ersten entwürfe entstanden schon 1839. Zwischen 1855 und 1860 wurde der plan vollständig umgearbeitet und bis in den 3. act ausgeführt. Ludwig beginnt schon vor der dogenwahl, und die vorhandenen scenen lassen vermuthen, dass der dichter ein höchst interessantes drama geschaffen haben würde. Die sprache Ludwig's ist edel und schön, kurz und treffend. Als probe druckt Krause Orio Steno's erwiderung auf Malpiero's befürchtung, der Doge könne dem adel gefährlich werden, ab. Mit Ludwig's drama hat das trauerspiel Lindner's2) manche züge gemeinsam (inhalt s. X u. XI). Beider vorbild ist Shakespeare. Lindner hat seinem stoffe eine ganz neue seite abgewonnen, indem er der Dogaressa die führende rolle zuweist, sie ist eine Römerin, eine heldin durch die that geworden. Ist ihr Character auch konsequent gezeichnet,

1) Marino Falieri, trauerspiel in 5 acten. Nachlassschriften Otto Ludwig's. Mit einer biographischen einleitung und sachlichen erläuterungen von Moritz Heydrich. I. band: Skizzen und fragmente. Leipzig 1874 (s. 383-448).

2) Marino Faliero. Trauerspiel in 4 acten von Albert Lindner. Leipzig 1875.

so bleibt er doch unwahrscheinlich. Von Lindner's diction rühmt Gottschall mit recht kühne und glückliche bildlichkeit.

Murad Efendi's 1) Marino Faliero wurde in Graz, Prag, Temesvar, Dresden, Leipzig mit günstigem erfolge aufgeführt. Es ist später auch durch den buchhandel zugänglich gemacht worden. Krause weist dem werke Murad Efendi's einen der ersten plätze unter den dramatischen bearbeitungen des stoffes zu. Die sprache hat eine durchaus dramatische prägnanz und ist oft von hinreissender leidenschaftlichkeit. Das stück enthält eine fülle hervorragend schöner stellen. S. XVII flg. bespricht Krause Martin Greif's drama.2) Es ist kein historisches drama, sondern ein richtiges intriguenstück; die geschichtlichen ereignisse dienen der Familientragödie nur als wirksamer hintergrund. Ein jugendwerk ist das drama Walloths.3) Der dichter giebt selber an, dass er es schrieb, als er sich noch wenig von der dramatischen technik angeeignet hatte, ferner, dass er ein in versen geschriebenes stück in prosa aufgelöst hat, endlich zeigt sich auch das unfertige in der characteristik der personen und der motivirung der handlung.

Gleich der ersten dramatischen behandlung des historischen stoffes rührt auch die letzte von einem englischen dichter her, nämlich von Charles Swinburne.*) Der verfasser ist der ansicht, dass der jüngste dramatisirungsversuch dem werke des grossen dichterlords, ja auch denen seiner nachfolger keinerlei abbruch zu thun im stande ist. Es fehlt dem stück an dramatischem leben, nichts was die ereignisse vorwärts drängen könnte, geschieht vor den augen der zuschauer. Die sprache der tragödie ist sehr gesucht und schwülstig, der dichter verwendet die allitteration ungemein häufig.

Wenn auch Gottschall meint, dass die vorzüge und schwächen der einzelnen dramen eine kritische preisvertheilung schwierig, ja überflüssig machen, so fasst doch Krause sein urtheil dahin zusammen, dass von den beiden englischen bearbeitungen des historischen stoffes diejenige des neueren dichters an tiefe der gedanken, kraft und schärfe des ausdrucks und entwicklung der charactere weit hinter Byron's werk zurücksteht. Von den deutschen dichtungen Ludwig's fragment und Walloth's jugendarbeit lässt er ausser betracht stellt er Murad Efendi's trauerspiel am höchsten sowohl wegen seiner edlen, kernigen sprache, als wegen der dramatisch belebten handlung, die den hörer noch am ende des 4. actes in ungewissheit und spannung über den ausgang des stückes lässt. Die arbeiten Kruse's und Lindner's hält der verfasser deswegen für minderwerthig, weil sie von der höhe der charactertragödie mehr oder weniger auf das niveau von intriguenstücken herabsinken; bei Kruse wird sogar stellenweise ein lustspielartiger ton angeschlagen. In Greif's werk ist die historische grundlage völlig in der familientragödie untergegangen. Der französische dichter hat seiner dichtung dadurch geschadet, dass er das liebesmotiv in den vordergrund gerückt und sein werk zu einem ehebruchsdrama gemacht hat. Je mehr dramatische bearbeitungen

1) Marino Faliero. Trauerspiel in 5 aufzügen von Murad Efendi (pseudonym für Franz von Werner). Leipzig (Weigel) und Leiden (Brill) 1881.

2) Marino Falieri, oder: die verschwörung des Dogen zu Venedig. Trauerspiel in 5 acten von Martin Greif. Wien 1879.

3) Marino Falieri. Trauerspiel in 5 acten von Wilhelm Walloth. Leipzig, Friedrich.

*) Marino Faliero, a tragedy by Algernon Charles Swinburne. London 1885.

des geschichtlichen stoffes man betrachtet, desto klarer wird einem, wie Krause durch seine arbeit bewiesen hat, dass Byron's viel geschmähter Marino Faliero nicht nur einen glänzenden sieg über die andern gleichnamigen stücke davonträgt, sondern auch für sich betrachtet, trotz mancher unleugbarer schwächen, ein höchst achtungswerthes erzeugniss dramatischer dichtkunst ist.

Doberan i. M.

O. Glöde.

O. Siemt, Der stabreim bei Henry Wadsworth Longfellow. Beilage zum jahresbericht der städtischen Wilhelms-realschule in Liegnitz. 43 ss. 1897.

Der verfasser weicht von den bisherigen sammlern alliterirender wortverbindungen insofern ab, als er, ten Brink folgend, zwischen formelhaften bindungen und alliterirenden wortbindungen loserer art unterscheidet. Zu den ersteren rechnet er parallel nebeneinander laufende oder durch and verbundene substantiva, adjectiva, verba und adverbia (s. 5-17). Zu bedauern ist, dass die citate in den abschnitten, welche die mit denselben consonanten anlautenden formeln enthalten, nicht alphabetisch geordnet, sondern fortlaufend nach ihrem vorkommen in der einbändigen ausgabe der Poetical Works of Henry Wadsworth Longfellow (Gall & Inglis, Edinburgh & London) verzeichnet sind; so kommt es, dass häufig vorkommende bindungen, wie z. b. heart and hand, wind and wave, watch and wait etc. an verschiedenen stellen zerstreut sind. Zu den „stabreimenden wortverbindungen loserer art" zählt der verf. a) stabreimende bindungen von eigennamen, b) wiederholung eines bedeutenden wortes in derselben oder einer andern form, c) bindung von wörtern desselben stammes, d) bindung von substantiv und adjectiv, e) bindung von substantiven, die in engerem oder loserem grammatischen verhältniss zu einander stehen, f) bindung von substantiv und verb, g) bindung von verb und adjectiv.

Der verfasser lässt es unentschieden, welche der von ihm zusammengestellten bindungen aus dem Alt- und Mittelenglischen stammen und welche neueren ursprungs oder gar eigenthum des dichters sind, da er der ansicht ist, dass sich dies erst dann mit einiger sicherheit wird ermitteln lassen, bis die mehrzahl der bedeutenderen schriftsteller der neuzeit auf die verwendung des stabreims hin durchforscht sein wird.

Die fleissige arbeit ist ein wichtiger beitrag zur kenntniss der verwendung des stabreims in der neuenglischen Poesie.

Wien, April 1898.

J. Ellinger.

F. Münzner, Die quellen zu Longfellow's Golden Legend. Beilage zum jahresbericht der öffentlichen realschule zu Dresden-Friedrichstadt. Ostern 1898. Dresden 1898. 37 ss. gr. 8°.

Longfellow's Golden Legend ist ein gemälde des mittelalters, das sein motiv dem armen Heinrich Hartmann's von Aue entlehnt und in characteristischen strichen alle bedeutenden geistesrichtungen jener zeit darstellen soll. Longfellow

hat den schauplatz der dichtung von Schwaben nach dem Rhein verlegt und die personen des mittelalterlichen gedichts, den anforderungen des dramas entsprechend, mit namen versehen. Bereits im ersten acte hat der dichter ausser der von ihm angeführten hauptquelle noch den ersten theil von Goethe's Faust in der ausgiebigsten weise benutzt. Man vergleiche z. b. folgende stellen:

[blocks in formation]

In dem 2. acte 1. scene wird die handlung des dramas durch einfügung zweier legenden unterbrochen. Die erste, die legende vom Mönche Felix, hat Longfellow nicht im urtext,1) auch nicht in der bearbeitung von Wolfgang Müller 2) benutzt, sondern in der überarbeitung von Joh. Grafen Mailath.3) Einzelne stellen kann man direct übersetzung nennen, z. b.:

These he heeded not, but pondered

On the volume in his hand,
A volume of Saint Augustine,
Wherein he read the unseen
Splendours of God's great town
In the unknown land,

And, with his eyes cast down

In humility, he said:

"I believe, O God,

What herein I have read,

But allas! I do not understand!

„Da traf er diese stelle an:
Dass in dem himmel wäre
Stets freude ohne schwere,
Und immer ohne ende.
Beide augen und hände
Hub er zu unserm herrn:
„Mein gott, ich glaubt' es gern,
was dieses buch da spricht;

Doch ich begreif es nicht.

Ebenso sind die verse der G. L. 625-627 eine übersetzung vom Mönch

Felix 146-151:

1) Altdeutsche wälder von Grimm. Bd. 2. S. 70 flg.

2) Der Mönch von Heisterbach.

3) Altdeutsche gedichte, s. 36: Mönch Felix.

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